Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.11.1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, nach welchem Bemessungsentgelt der Klägerin Arbeitslosenhilfe zu bewilligen ist.
Die Klägerin bezog bis zum 17.01.1997 Arbeitslosengeld und im Anschluss daran bis zum 06.12.1997 Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 870 DM. Vom 08.12.1997 bis 04.09.1998 nahm sie an einer Vollzeit-Weiterbildungsmaßnahme teil und erhielt Unterhaltsgeld sowie nach Beendigung der Maßnahme bis zum 05.12.1998 Anschluss-Unterhaltsgeld, zuletzt nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 880 DM.
Mit Bescheiden vom 29.12.1998 und 08.01.1999 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab 06.12.1998 bzw. 01.01.1999 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 860 DM und legte der Bewilligung die Leistungsgruppe D zu Grunde; mit Bescheid vom 27.01.1999 wurde Arbeitslosenhilfe ab 18.01.1999 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 840 DM unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A bewilligt.
Dem hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 15.02.1999 teilweise, änderte die Bescheide vom 29.12.1998 und 08.01.1999 ab dem 06.12.1998 ab und bewilligte Arbeitslosenhilfe nach der Leistungsgruppe A. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück, weil gemäß § 201 Satz 1 SGB III das Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe angepasst werden müsse. Der am 18.01.1997 entstandene Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe habe zum 18.01.1998 und 18.01.1999 angepasst werden müssen. Nach § 201 SGB III komme es lediglich auf das Entstehen des Anspruchs und nicht auf den tatsächlichen Bezug der Arbeitslosenhilfe an.
Zur Begründung ihrer am 03.03.1999 erhobenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, zum 18.01.1999 hätte eine Anpassung der Arbeitslosenhilfe nicht erfolgen dürfen. Eine Anpassung könne nur nach einjährigem ununterbrochenem Leistungsbezug erfolgen. § 201 SGB III enthalte keine Zeitpunkt-, sondern eine Zeitraumregelung. Dies ergebe sich aus Wortlaut, Systematik und Sinn der Vorschrift. Mit § 201 SGB III habe der Gesetzgeber einem Verlust an beruflicher Qualifikation Rechnung tragen wollen, der eine Minderung des Bemessungsentgelts von 3 % nach sich ziehe. Dies komme aber nur in Betracht, wenn der Arbeitslose ein Jahr lang ununterbrochen arbeitslos gewesen sei und Arbeitslosenhilfe bezogen habe. Sie sei demgegenüber Teilnehmerin einer Bildungsmaßnahme gewesen und habe dadurch ihre Vermittlungschancen verbessert.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 29.12.1998, 08.01.1999 und 21.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.1999 zu verurteilen, ihr ab 06.12.1998 Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 870 DM zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide bezogen und weiter ausgeführt, mit dem Tatbestandsmerkmal "seit dem Entstehen des Anspruchs" stelle das Gesetz in § 201 Satz 1 SGB III auf einen Zeitpunkt und nicht auf einen Zeitraum ab.
Mit Urteil vom 30.11.1999 hat das Sozialgericht Duisburg die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihr am 15.12.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.01.2000 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Beklagte könne sich nicht auf § 201 SGB III berufen, da der Arbeitslosenhilfeanspruch für die Zeit ab 18.01.1998 nicht bereits am 18.01.1997 entstanden sei. Vielmehr gelte hierfür der neue Entstehungszeitpunkt des 06.12.1998. Erst von diesem Zeitpunkt an gerechnet könnten Herabbemessungen vorgenommen werden. § 201 SGB III setze voraus, dass Leistungen der Arbeitslosenhilfe tatsächlich bezogen werden können. Die Jahresfrist der Vorschrift sei nicht erfüllt, wenn das Stammrecht auf Arbeitslosenhilfe nicht ununterbrochen für die Dauer eines Jahres bestanden habe. Das subjektive Stammrecht entstehe erst, sobald die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen vorlägen. Im zu entscheidenden Fall habe das Stammrecht auf Arbeitslosenhilfe nicht ein Jahr lang bestanden. Es habe in der Zeit vom 08.12.1997 bis 04.09.1998 geruht, weil es während des Bezuges von Unterhaltsgeld an dem für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe unerlässlichen Tatbestandsmerkmal der Verfügbarkeit gefehlt habe. Voraussetzung für den Bezug von Unterhaltsgeld sei nämlich u.a., dass der Teilnehmer sich in einer Maßnahme befinde und deswegen einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen könne. Demgegenüber führe der Bezug von Anschluss-Unterhaltsgeld nicht zum Ausschluss des Stammrechts auf Arbeitslosenhilfe. Die Voraussetzungen seien bei beiden Ansprüchen teilweise identisch.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin vom 15.03. und 22.05.2000 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.11.1999 abzuändern und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide vom 29.12.1998 und 08.01. sowie 21.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.1999 zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 870 DM ab dem 06.12.1998 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und führt weiter aus, durch die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 06.12.1998 sei kein neuer Anspruch auf Arbeitslosenhilfe entstanden, sondern die Leistung auf Grund des alten Anspruchs vom 18.01.1997 wieder bewilligt worden.
Dem Gericht haben die Verwaltungsunterlagen der Beklagten über die Klägerin vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig.
Die Klägerin besitzt für die Zeit vom 06.12.1998 bis 17.01.1999 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 860 DM und ab dem 18.01.1999 bis zum 17.01.12000 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 840 DM.
Dem Sozialgericht ist zuzustimmen, wenn es § 201 Satz 1 SGB III entnimmt, dass die Vorschrift sowohl eine Zeitraum- als auch eine Zeitpunktregelung enthält und folgert, dass der Gesetzgeber in § 201 SGB III bei der Anpassung der Arbeitslosenhilfe abweichend von einem Anknüpfen an das Ende des Bemessungszeitraums nun auf das Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe abstellt und damit das Stammrecht und nicht der aktuelle Leistungsbezug gemeint sei. Insoweit folgt der erkennende Senat den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 153 Abs. 2 SGG ab, s. im Übrigen hierzu auch Niesel, Kommentar zum SGB III § 323 Rdnr. 10 m.w.N.
Der Senat folgt damit der einhellig in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Meinung, wenngleich er nicht verkennt, dass die Entscheidung im vorliegenden Fall von Sinn und Zweck des § 201 SGB III nicht gedeckt ist. Nach der Gesetzesbegründung zu § 136 Abs. 2b AFG (BT-Drucks. 13/2898, S. 7 zu Nr. 5) soll die Arbeitslosenhilfe, die das Arbeitsentgelt ersetzt, u.a. von der beruflichen Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen abhängig sein. Diese solle nunmehr gegenüber dem bisherigen Rechtszustand jährlich berücksichtigt werden. Dabei solle pauschalierend davon ausgegangen werden, dass in jedem Jahr ein Verlust beruflicher Qualifikation eintrete, der zu einer genau festgesetzten Minderung des Bemessungsentgelts führen müsse.
Im vorliegenden Fall ist bei der Klägerin aber gerade kein Verlust an beruflicher Qualifikation eingetreten, vielmehr hat sie theoretische Kenntnisse hinzugewonnen. Die Anwendung des § 201 SGB III führt damit in allen Fällen zu unbilligen Ergebnissen, in denen der Arbeitslose innerhalb eines Jahres Arbeitslosenhilfe nur sehr kurze Zeit bezogen hat, er in der überwiegenden Zeit aber einer Beschäftigung nachgegangen ist, ohne die Anwartschaft zu erfüllen, oder sich in einer Weiterbildungsmaßnahme befand.
Andererseits darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass bei einer entgegengesetzten Entscheidung Arbeitslose die Herabbemessung dadurch verhindern könnten, dass sie nach dem Bezug von Arbeitslosenhilfe über fast ein Jahr sich einer Beschäftigung über nur kurze Zeit unterziehen würden, um sich danach wieder arbeitslos zu melden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die zu erwartende Entscheidung die Weiterentwicklung des Rechts fördern kann.
Erstellt am: 14.08.2003
Zuletzt verändert am: 14.08.2003