Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 30.10.2008 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt E aus X beigeordnet.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Münster vom 30.10.2008 ist begründet. Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung vom Rechtsanwalt E für das Klageverfahren zu Unrecht abgelehnt. Denn die Rechtsverfolgung der Klägerin, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Verfahrensführung nicht aufbringen kann, hat hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Klage der Klägerin, gerichtet auf Rücknahme der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 05.11.2007 und 04.03.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2008, bietet bei der gebotenen summarischen Prüfung hinreichende Aussicht auf Erfolg. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht genügt, dass eine nicht ganz entfernt liegende Möglichkeit des Obsiegens besteht, weil entweder eine schwierige Rechtsfrage zu beantworten ist oder vor einer abschließenden Beantwortung der streiterheblichen Frage(n) weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen sind. Denn die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern mit der Folge, dass dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens tritt. Das Prozesskostenhilfeverfahren will somit den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz in Verbindung mit Art. 3 Grundgesetz (GG) erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Daher müssen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht stets konkretisiert und begrenzt werden durch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen (BverfG, Beschluss vom 20.02.2002 – 1 BvR 1450/00, Rn. 11). Wird eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist, muss Prozesskostenhilfe gewährt werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rn. 7b).
Streiterheblich ist, ob die Beklagte die mit Bescheid vom 15.03.2006 ab 01.03.2006 bewilligten Grundsicherungsleistungen wegen Erzielung von Einkommen der Klägerin aus einer geringfügigen Beschäftigung ab 01.02.2006 zu Recht teilweise für die Vergangenheit (Zeitraum von März bis Juli 2006) nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben und in Höhe von 326 EUR von der Klägerin zurückgefordert hat. Zur Klärung dieser Frage bedarf es weiterer Ermittlungen. Denn zum einen ist den Akten nicht zu entnehmen, wann der Klägerin das Einkommen jeweils zugeflossen ist. Davon ist abhängig, ob die Aufhebung und Rückforderung für den März 2006 auf § 45 SGB X gestützt werden kann. Denn dies ist nur dann zu bejahen, wenn der Zufluss des Einkommens für Februar 2006 zwischen der Antragstellerung am 28.02.2006 und der Erteilung des Bescheides lag. Bejahendenfalls ist dann weiter zu klären, ob für den Fall, dass beim Ehemann der Klägerin, der die Grundsicherungsleistungen im Rahmen des § 38 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beantragte und entgegen nahm, grobe Fahrlässigkeit nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X vorlag und inwieweit dessen Verschulden der Klägerin zugerechnet werden kann. Bei der Frage, ob das vertretene Mitglied der Bedarfsgemeinschaft das Verschulden insoweit gegen sich gelten lassen muss, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist (vgl. insoweit Udsching/Link, SGb 9/07, 513, 516; Link in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 38 Rn. 19 m.w.N.). Danach erscheint eine Zurechnung unter Hinweis auf § 38 SGB II entgegen der Ansicht des SG fraglich.
Für die teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 15.03.2006 wegen Erzielung von Einkommens für den Zeitraum ab März 2006 kommt entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X, § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II, § 330 SGB II, § 43 SGB X in Betracht.
Aus den oben genannten Gründen war daher Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Denn zum einen ist auch bei nur teilweise zu bejahender Erfolgsaussicht in der Regel in den gerichtskostenfreien Verfahren Prozesskostenhilfe unbeschränkt zu bewilligen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.08.2007 – B 7 B 232/05 AS). Zum anderen wird eine ungeklärte Rechtsfrage aufgeworfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Der Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 24.04.2009
Zuletzt verändert am: 24.04.2009