Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08. Auzgust 1996 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Als Rechtsnachfolgerin des am … 1921 in S …/Polen geborenen und am 19. Januar 1991 verstorbenen N … L … – Versicherter – begehrt die Klägerin Altersrente aus der deutschen Arbeiterrentenversicherung sowie Witwenrente. Im Vordergrund steht die Frage, ob nach § 17 Abs. 1 b des Fremdrentengesetzes – FRG – polnische Beitragszeiten anzuerkennen sind.
Der Versicherte war von 1939 bis Anfang 1945 nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt und hat als Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes – BEG – Entschädigung wegen Freiheitsschadens sowie Schadens an Körper und Gesundheit erhalten. Nach Aufenthalt im DP-Lager F … im Jahre 1949 ist er nach Israel eingewandert, wo er bis zu seinem Tode gelebt hat.
Der Versicherte beantragte am 04. Januar 1990 die Anerkennung polnischer Versicherungszeiten gemäß § 17 Abs. 1 b FRG. Die Klägerin beantragte außerdem am 12. Juli 1991 die Gewährung der Witwenrente. Zur Begründung trug die Klägerin vor, der Versicherte habe von Juli 1936 bis September 1939 als Schlosser bei der Firma S … in S …/Polen gearbeitet.
Nachdem die Beklagte die Entschädigungsakten des Versicherten beigezogen hatte, lehnte sie das Begehren der Klägerin mit Bescheid vom 29. September 1993 mit der Begründung ab, es seien keine auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten nachgewiesen oder glaubhaft gemacht.
Zur Begründung ihres am 25. Oktober 1993 eingelegten Widerspruches verwies sich die Klägerin auf schriftliche Erklärungen des I … K … vom 10. Oktober 1993 und der H … G …- K … vom 12. Oktober 1993. Beide bestätigten, daß der Versicherte in der Schlosserei S … in S … "fix angestellt" gewesen sei und daß für ihn Sozialabgaben geleistet worden seien. Zur Begründung ihres ablehenden Widerspruchsbescheides vom 07. März 1995 führte die Beklagte aus, es könne zwar nach den vorgelegten Erklärungen und den Angaben im Entschädigungsverfahren davon ausgegangen werden, daß der Versicherte vor der Verfolgung eine Schlosserlehre absolviert habe. Nach § 17 Abs. 1 b FRG anrechenbare Beitragszeiten könnten jedoch nicht festgestellt werden, weil nach den damals geltenden polnischen Rechtsvorschriften während einer Lehrzeit keine Versicherungspflicht bestanden habe.
Zur Begründung der am 22. März 1995 erhobenen Klage hat die Klägerin ausgeführt, der Versicherte sei möglicherweise nicht in dreijähriger Lehre zum Schlosser ausgebildet worden, sondern könne ebensogut nur angelernt worden sein. Aber selbst dann, wenn der Versicherte die dreijährige Lehrzeit erst im Frühjahr 1936 begonnen hätte, sei diese spätestens im Frühjahr 1939 beendet gewesen, so daß zumindest die Zeit von Frühjahr bis September 1939 als beitragspflichtige Zeit anzuerkennen sei.
Nach ihrem schriftlichen Vorbringen hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. September 1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. März 1995 zu verurteilen, ihr Witwenrente sowie Altersruhegeld aus der Versicherung des N … L … unter der Anerkennung polnischer Beitragszeiten von Juli 1936 bis September 1939 gemäß § 17 Abs. 1 b FRG nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 08. August 1996 die Klage abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 21. August 1996 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 16. September 1996. Die Klägerin trägt zur Begründung vor, der Versicherte habe bis zum Beginn des Krieges im September 1939 mindestens ein Jahr, wenn nicht noch länger, versicherungspflichtig als Schlossergeselle arbeiten können, weil er gleich nach Beendigung der Volksschule im Jahre 1935 die dreijährige Lehre begonnen habe. Möglicherweise sei er aber auch nur zum Schlosser angelernt worden, so daß sich die Zeit seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung noch verlängere.
Diese Tätigkeit habe der Versicherte auch im Entschädigungsverfahren angegeben, denn es heiße z. B. in der Vorgeschichte des ärztlichen Gutachtens, er habe bis 1936 die Volksschule besucht und dann Schlosserei gelernt. Die unrichtige Angabe, er habe vor der Verfolgung keiner Krankenkasse angehört und die Bezugnahme auf die Erwerbstätigkeit seines Vaters und dessen wirtschaftliche Verhältnisse hätten ihren Grund darin, daß das Anfangseinkommen des Versicherten im streitigen Zeitraum keineswegs hoch gewesen sei, weil er erst am Beginn seiner beruflichen Tätigkeit gestanden habe. Da sich die Höhe der Rente wegen Gesundheitsschadens nach den Einkommensverhältnissen gerichtet habe, sei es für ihn günstiger gewesen, sich auf das Einkommen des Vaters zu beziehen. Es sei auch richtig, daß die Zeugen die Sozialversicherungspflicht des Versicherten nicht aus eigener Wahrnehmung hätte bestätigen können; jedoch sei es nicht auszuschließen, daß sie mit dem Versicherten über die Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses gesprochen hätten.
Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin ist von dem Verhandlungstermin am 25. Juli 1997 nach dem Empfangsbekenntnis am 03. Juli 1997 benachrichtigt worden. Weder er noch die Klägerin sind im Termin erschienen oder vertreten gewesen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte und der den Versicherten bzw. die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf den Inhalt der Entschädigungsakte des Bayerischen Landesentschädigungsamtes, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden dürfen. Auf diese Möglichkeit, die sich aus der in den §§ 124 Abs. 1, 126, 127 Sozialgerichtsgesetz – SGG – getroffenen Regelung ergibt, ist der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der die Gewährung der Altersrente und der Witwenrente ablehnende Bescheid der Beklagten vom 29. September 1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. März 1995 ist rechtmäßig. Die Klägerin ist durch diese Verwaltungsentscheidungen nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Sie hat keinen Anspruch als Rechtsnachfolgerin auf Zahlung des Altersruhegeldes für den Versicherten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung und auch keinen Anspruch auf Witwenrente; denn eine insoweit erforderliche und berücksichtigungsfähige Beitrags- oder Beschäftigungszeit ist weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b, 15, 16 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und 2 des Fremdrentengesetzes – FRG -).
Daß die von der Klägerin zur Begründung ihrer Ansprüche geltend gemachte Beitrags- bzw. Beschäftigungszeit des Versicherten von Juli 1936 bis September 1939 nicht in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden kann, hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil vom 08. August 1996 eingehend und rechtsfehlerfrei dargelegt. Nach eigener Überprüfung schließt sich der Senat den entsprechenden Ausführungen in dem Urteil vollinhaltlich an, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin weist der Senat lediglich ergänzend auf folgendes hin: Es mag zwar richtig sein, daß der Versicherte im Entschädigungsverfahren – bewußt – ungenaue oder gar falsche Angaben gemacht hat, um damals eine Besserstellung zu erreichen. Das wirft jedoch die Frage auf, welche Gründe dafür sprechen sollen, daß den im jetzigen Rentenverfahren gemachten Angaben ein höherer Wahrhaftigkeitswert zukommen soll als den im Entschädigungsverfahren dokumentierten Erklärungen, zumal diese viel zeitnäher gemacht wurden und nach aller Lebenserfahrung mit dem Ablauf der Zeit auch die Erinnerung an Geschehnisse verblaßt. Auch und gerade unter Berücksichtigung des schweren Schicksals der Juden aufgrund der nationalsozialstischen Verfolgungsmaßnahmen hält es der Senat bei dieser Sachlage jeden falls nicht für ausgeschlossen, daß die Klägerin – auch – im jetzigen Rentenverfahren zweckgerichtete Angaben macht, um einen Anspruch durchzusetzen, der ihr nicht zusteht.
Wegen der insgesamt widersprüchlichen Angaben der Klägerin und ihres Eingeständnisses, der Versicherte habe gegenüber der Entschädigungsbehörde zweckgerichtet bewußt unwahre Angaben gemacht, ist ihre Glaubwürdigkeit bzw. die des Versicherten stark erschüttert. Bei Abwägung aller Umstände bleiben deshalb so viele Zweifel, daß der Senat eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Versicherte in dem Zeitraum von Juli 1936 bis September 1939 eine nach den vorgenannten Vorschriften in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigungsfähige Beitrags- oder Beschäftigungszeit zurückgelegt hat auch nicht im Sinne einer guten Möglichkeit hat feststellen können.
Nach alledem hat die Klägerin mit ihrem Begehren keinen Erfolg haben können.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Es hat kein Anlaß bestanden, die Revision zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 11.08.2003
Zuletzt verändert am: 11.08.2003