Die Feststellungsklage des Klägers wird als unzulässig verworfen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten war zunächst im Wesentlichen die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 10). Nunmehr begehrt der Kläger im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der von dem Beklagten getroffenen Entscheidungen.
Unter dem 11.06.2002 schlossen die Beigeladenen zu 9) und 10) – beide Fachärzte für Augenheilkunde – einen notariellen "Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis mit nachfolgender Praxisübernahme". In § 1 des Vertrages ist bestimmt: "Herr Prof. Dr. T und Herr L verbinden sich mit Wirkung zum 1. Juli 2002 zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen und privatärztlichen Tätigkeit. Sie führen die bisher von Herrn Prof. Dr. T allein ausgeübte Kassen- und Privatpraxis in N ab dem 1. Juli 2002 als Gemeinschaftspraxis weiter und errichten zu diesem Zweck eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes. Die Vorschriften der §§ 705 ff BGB finden Anwendung, soweit sich aus diesem Vertrag nichts Abweichendes ergibt.
Die Gemeinschaftspraxis wird bis zum 31. Dezember 2003 geführt. Sollte der Beteiligte zu 2. bis dahin die von ihm erstrebte rechtskräftige Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht erreicht haben, setzen die Beteiligten die Gemeinschaftspraxis bis auf weiteres zu den selben Bedingungen fort."
Mit Beschluss des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen (Zulassungsausschuss) vom 19.06.2002 wurde der Beigeladene zu 9) als Facharzt für Augenheilkunde als Vertragsarzt mit Wirkung vom 01.07.2002 nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit (i.V.m.) Ziffer (Ziff.) 23 a ff der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte und § 19 Abs. 1 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) mit Sitz in N, L 00, zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen. Ferner wurden den Beigeladenen zu 9) und 10) gestattet, ab 01.07.2002 eine Gemeinschaftspraxis im Sinne (i.S.) von Ziff. 23 a der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte als Fachärzte für Augenheilkunde in N, L 00, zu führen.
Mit Schreiben vom 06.02.2003 beantragte der am 27.06.1942 geborene Beigeladene zu 10) die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes "mit der Absicht, dass mein Job-Sharing Partner I L diesen Kassenarztsitz zum 01.07.2003 übernimmt". Er verzichtete ferner mit Ablauf des 30.06.2003 auf seine Zulassung zu den gesetzlichen Krankenkassen als Arzt für Augenheilkunde "unter der Voraussetzung, dass Herr I L bestandskräftig zugelassen wird und somit meine Praxis rechtswirksam als Nachfolger übernehmen kann."
Auf die im März 2003 erfolgte Ausschreibung des Vertragsarztsitzes im Westfälischen Ärzteblatt bewarben sich der Kläger und der Beigeladene zu 9). Aus den Bewerbungsunterlagen ergibt sich:
Der 1949 geborene Kläger erhielt die Approbation als Arzt am 11.02.1977. Seit dem 27.03.1982 hat er die Facharztanerkennung Urologie und seit dem 19.08.1998 die Facharztanerkennung Augenheilkunde. Er ist seit dem 03.03.1982 im Arztregister der Beigeladenen zu 1) eingetragen. Seit 1975 arbeitete er ärztlich in verschiedenen Krankenhäusern und war in der Zeit vom 01.10.1982 bis zum 31.12.1988 als praktischer Arzt niedergelassen. Seit dem 01.01.1999 ist er als Facharzt für Augenheilkunde gemäß § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i.V.m. Ziff. 23 a ff der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte und § 19 Ärzte-ZV in Gemeinschaftspraxis mit Frau Dr. U zugelassen. Auf der Warteliste der Beigeladenen zu 1) ist er seit dem 28.01.2003 auf Position 8 für den Kreis N eingetragen.
Der 1967 geborene Beigel. zu 9) erhielt die Approbation als Arzt am 07.01.1998. Seit dem 04.05.2002 hat er die Facharztanerkennung Augenheilkunde; seit dem 13.06.2002 ist er im Arztregister der Beigeladenen zu 1) eingetragen. Nachdem er in verschiedenen Krankenhäusern ärztlich tätig war, übernahm er Anfang 2002 Praxisvertretungen. Seit dem 01.07.2002 ist er als Facharzt für Augenheilkunde in Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen zu 10) zugelassen. Er ist auf der Warteliste der Beigeladenen zu 1) seit dem 17.06.2002 auf Position 6 für den Kreis N eingetragen.
Mit Beschluss vom 23.04.2003 stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die Zulassung zur Vertragsarztpraxis des Beigeladenen zu 10) als Facharzt für Augenheilkunde für den Arztsitz N infolge seines Verzichts mit Ablauf des 30.06.2003 unter der aufschiebenden Bedingung der bestandskräftigen Zulassung des Beigeladenen zu 9) ende. Ferner ließ der Zulassungsausschuss den Beigeladenen zu 9) als Facharzt für Augenheilkunde für den Arztsitz N, L 00, mit Wirkung vom 01.07.2003 zur Vertragsarztpraxis zu. Den Zulassungsantrag des Klägers lehnte er zugleich ab. Seine Entscheidung begründete der Zulassungsausschuss damit, dass die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes ausschlaggebend gewesen seien. Es habe eine vertragliche Einigung der Beigeladenen zu 10) und 9) vorgelegen; diese Kriterien seien stärker zu gewichten als die leistungsbezogenen Kriterien auch im Hinblick auf die Aussage, dass der Beigeladene zu 10) nur dann bereit sei, seinen Vertragsarztsitz abzugeben, wenn der Beigeladene zu 9) sein Nachfolger werde. Zudem bestehe durch die Zulassung nach dem 2. NOG bei dem Beigeladenen zu 9) bereits eine Anbindung an die Patienten. Schließlich habe dieser auch den Mietvertrag für die Räumlichkeiten in N, L 00, vorlegen können.
Seinen gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen mit besserer Eignung.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 05.08.2003 zurück: Der Zulassungsausschuss habe unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kriterien rechtsfehlerfrei im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens den Beigeladenen zu 9) zugelassen und den Antrag des Klägers auf Zulassung abgelehnt. Das wirtschaftliche Interesse des ausscheidenden Vertragsarztes habe hier dazu geführt, den Beigeladenen zu 9) zuzulassen. Dieses habe sich in dem von den Beigeladenen zu 9) und 10) am 11.06.2002 geschlossenen Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis mit nachfolgender Praxisübernahme niedergeschlagen, der als eindeutige Willenserklärung zugunsten des Beigeladenen zu 9) zu werten sei. Die Akzeptanz der Ärzte untereinander, d. h. des abgebenden Arztes und des designierten Praxisübernehmers, sei ein elementares Kriterium der Auswahl. Die Höhe des Kaufpreises stehe dem nicht entgegen; denn dieser übersteige nicht die Höhe des Verkehrswerts der Praxis. Zwar habe die Beigeladene zu 1) bei der Ausschreibung der Praxis keine konkrete Verkehrswertberechnung durchgeführt. Sie unterbleibe aber in den Fällen, in denen wie hier in den letzten drei Jahren vor der Ausschreibung eine wesentliche Änderung in der Praxisführung z.B. durch Gründung einer Gemeinschaftspraxis eingetreten sei. Die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Praxis hätten sich in diesen Fällen noch nicht stabilisiert, so dass eine zuverlässige Berechnung nicht möglich sei. Jedoch entspreche der von den Beigeladenen zu 10) und 9) vereinbarte Praxiswert dem Verkehrswert der Praxis. Aufgrund der Sachkunde seiner Mitglieder habe er – der Berufungsausschuss – festgestellt, dass der von den Beteiligten zugrunde gelegte reale Praxiswert nicht überhöht sei. Für die Entscheidung sei ferner maßgebend, dass die Beigeladenen zu 9) und 10) die Praxis gemeinsam seit dem 01.07.2002 ausübten. Demgegenüber müsse das höhere Lebensalter des Klägers und die Tatsache, dass er das Staatsexamen und die Facharztanerkennung früher erhalten habe, zurücktreten. Auch sein Interesse an dem Standort N könne nicht ausschlaggebend sein; denn dasjenige des Beigeladenen zu 9) sei mindestens genau so zu bewerten. Auch er stamme aus dem Raum N und sei dort von Geburt an ansässig.
Mit seiner Klage vom 27.10.2003 hat der Kläger u.a. seine Zulassung anstelle der des Beigeladenen zu 9) begehrt: Der Beklagte habe sein Ermessen falsch ausgeübt. Bei keinem der in § 103 Abs. 4 SGB V angegebenen Kriterien stehe der Beigeladene zu 9) besser da als er. Der Beigeladene zu 9) sei auch erst zwei Jahre angestellter Arzt bei dem Beigeladenen zu 10); nach § 101 Abs. 3 Satz 4 SGB V sei bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisführung erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei § 103 SGB V nicht verfassungsgemäß. Zudem stehe ihm auch ein Schadensersatzanspruch zu, da er seitens der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nicht umfänglich informiert worden sei.
Die Beigeladenen zu 9) und 10) haben die Vollziehung des Beschlusses der Beklagten vom 05.08.2003 beantragt (Sozialgericht (SG) Detmold S 12 KA 1/04 ER). Das SG hat dem Antrag im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, dass nach § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V die gemeinsame Tätigkeit eines Bewerbers mit dem bisherigen Vertragsarzt privilegiert sei (Beschluss vom 19.02.2004). Im anschließenden Beschwerdeverfahren (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) – L 11 B 8/04 KA ER -) hat der Senat u.a. auf Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der Verzichtserklärung des Beigeladenen zu 10) unter der Bedingung der Zulassung des Beigeladenen zu 9) hingewiesen und im Übrigen darauf aufmerksam gemacht, dass nach § 101 Abs. 3 Satz 4 SGB eine Berücksichtigung als Gemeinschaftspraxispartner im so genannten Jobsharing bei der Auswahlentscheidung nach § 103 Abs. 4 SGB V erst nach mindestens 5-jähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen sei. Die Beigeladenen zu 9) und 10) haben daraufhin ihren Antrag auf Anordnung des sofortigen Vollzuges zurückgenommen (Schriftsatz vom 06.07.2004).
Im Hauptsacheverfahren hat sich das SG Detmold diese Bedenken zu Eigen gemacht; der Beklagte hat daraufhin den angefochtenen Beschluss vom 05.08.2003 aufgehoben und sich verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers erneut zu entscheiden (Sitzung vom 08.04.2005). Nachdem der Beigeladene zu 10) seinen Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes zurückgenommen hat (Schreiben vom 05.08.2005), hat der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17.08.2005 mitgeteilt, dass das Widerspruchsverfahren damit erledigt sei.
Dagegen hat der Kläger eingewandt, dass der Rechtsstreit sich hierdurch nicht vollständig erledigt habe. Hinsichtlich der ursprünglichen Anfechtung liege eine Erledigung durch die Rücknahme vor. Der Antrag auf Verurteilung des Beklagten, ihn zuzulassen bzw. hilfsweise unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, sei keinesfalls erledigt. Er habe von Anfang an begehrt, dass ihm die Zulassung erteilt werde.
Der Kläger hat nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihn – den Kläger – als Praxisnachfolger des Beigeladenen zu 10) mit dem Vertragsarztsitz N zuzulassen, hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, ihn – den Kläger – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage als unzulässig zu verwerfen.
Er hat die Auffassung vertreten, eine Entscheidung in der Sache sei nicht mehr möglich, da der Beigeladene zu 10) seinen Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes zurückgenommen habe. Im Übrigen sei zwischenzeitlich in einem erneuten Zulassungsverfahren wiederum der Beigeladene zu 9) als Praxisnachfolger des Beigeladenen zu 10) zugelassen worden; dagegen habe der Kläger beim SG Detmold Klage erhoben.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2007 abgewiesen: Die ursprünglich zulässige Klage sei zwischenzeitlich sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch des Hilfsantrags unzulässig geworden. Der angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten habe sich nämlich dadurch im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erledigt, dass der Beigeladene zu 10) seinen Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes zurückgenommen habe. Darüber hinaus habe der Beklagte den angefochtenen Beschluss aufgehoben, so dass dieser hinsichtlich der Zulassung des Beigeladenen zu 9) keine Wirkung mehr entfalte. Erledigt habe sich auch die zusammen mit der Zulassung des Beigeladenen zu 9) getroffene Entscheidung des Beklagten, den Zulassungsantrag des Klägers abzulehnen. Die Zulassungsablehnung teile ebenso wie das Begehren der Klägers, zugelassen zu werden, als rechtlich notwendige Folgeregelung der Zulassung des Beigeladenen zu 9) deren Schicksal. Soweit der Kläger noch die Feststellung begehren sollte, dass die KV gemäß § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den durch Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien beim Ausschreibungsverfahren verursachten Schaden zu ersetzen habe, sei die Klage weder zulässig noch begründet.
Gegen das am 14.01.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.02.2008 Berufung eingelegt: Das Klagebegehren werde auf die nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG mögliche Feststellung umgestellt, dass der Verwaltungsakt des Beklagten rechtswidrig gewesen sei. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag sei zulässig, weil sich der angefochtene rechtswidrige Verwaltungsakt erledigt und er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe. Im für die Beurteilung des Feststellungsinteresses maßgebenden Zeitpunkt habe eine ausreichend konkrete, in naher Zukunft oder absehbarer Zeit tatsächlich bevorstehende Gefahr der Wiederholung des Verwaltungsaktes bei wesentlich unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen bestanden. Da er im Verfahren vor dem SG Detmold weiterhin an der Zulassung auf den ursprünglichen Vertragsarztsitz des Beigeladenen zu 10) interessiert sei, sei ein Rechtsschutzinteresse für die gerichtliche Klärung anzuerkennen, ob der Beklagte die Rechtsposition des Beigeladenen zu 9) und dessen Einfluss auf die Nachbesetzungsentscheidung zutreffend gewichtet habe. Er beabsichtige zudem eine Amtshaftungsklage. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten binde die ordentlichen Gerichte; bei einem entsprechenden Ergebnis des Feststellungsantrages werde er Amtshaftungsklage erheben. Ein Anspruch aus Amtshaftung komme auch dem Grunde nach in Betracht; bereits das SG habe darauf hingewiesen, dass rechtliche Bedenken hinsichtlich des Bescheides vom 05.08.2003 bestünden. Da dieser Hinweis jedoch nicht verbindlich sei, bestehe ein Feststellungsinteresse. Der Feststellungsantrag sei auch begründet, weil die Auswahlentscheidung des Beklagten fehlerhaft gewesen sei. Der Beklagte habe seine Entscheidung zu Gunsten des Beigeladenen zu 9) damit begründet, dass das wirtschaftliche Interesse des ausscheidenden Beigeladenen zu 10) es gebiete, den Beigeladenen zu 9) zuzulassen. Die in § 103 Abs. 4 Satz 3 und 4 SGB V genannten Kriterien habe der Beklagte völlig unberücksichtigt gelassen; er habe bei der Auswahl der Bewerber weder die berufliche Eignung, das Approbationsalter noch die Dauer der ärztlichen Tätigkeit berücksichtigt. Er habe auch kein Verkehrswertgutachten eingeholt und sodann zu Gunsten des Beigeladenen zu 9) seine Tätigkeit als Jobsharing-Partner berücksichtigt, obwohl gem. § 101 Abs. 3 Satz 4 SGB V i.V.m. § 103 Abs. 4 SGB V bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen sei. Der Beklagte habe aufgrund seiner – des Klägers – beruflichen Eignung quasi keinen Entscheidungsspielraum mehr gehabt; die Auswahlentscheidung hätte zu seinen Gunsten erfolgen müssen.
Ferner begehre er die Feststellung, dass der Verwaltungsakt des Beklagten vom 17./22.08.2005, in dem er das Widerspruchsverfahren für erledigt erklärt hat, da der Beigeladene zu 10) mit Schreiben vom 05.08.2005 seinen Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes zurückgenommen habe, rechtswidrig sei. Der Antrag auf Ausschreibung und damit auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens könne nur bis zur Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses zurückgenommen werden; ansonsten hätte es der Praxisabgeber in der Hand, ihm nicht genehme Praxisnachfolger zu verhindern. Der Beklagte habe jedoch die offensichtlich verspätete Antragsrücknahme des Beigeladenen zu 10) zugelassen und es diesem damit ermöglicht, nur einen ihm genehmen Praxisnachfolger zu akzeptieren. Insoweit stelle auch die Erledigungserklärung des Beklagten einen Verwaltungsakt dar, der rechtswidrig sei und ihn in seinen Rechten verletze.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt:
Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 05.08.2003 in Gestalt der Rücknahme vom 08.04.2005, in Gestalt der Erledigungserklärung vom 17./22.08.2005 aufgrund der Rücknahme des Antrages auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes mit Schreiben vom 05.08.2005 des Prof. Dr. T rechtswidrig gewesen ist, hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 05.08.2003 rechtswidrig gewesen ist.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 4) beantragen,
die Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise abzuweisen.
Der Beklagte verneint ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers. Insbesondere bestehe keine Wiederholungsgefahr. Der Beigeladene zu 9) sei mittlerweile mehr als fünf Jahre in der Praxis des Beigeladenen zu 10) tätig. Damit habe sich der zugrunde liegende Tatbestand geändert. Auch die angekündigte Amtshaftungsklage begründe kein Feststellungsinteresse, da sie offensichtlich aussichtslos sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die Akten des SG Detmold S 12 KA 1/04 ER und S 5 KA 5/07 ER Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne Anwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da der Kläger auf diese Möglichkeit in der ihm zugegangenen Ladung hingewiesen worden ist (§ 126 SGG).
Die Fortsetzungsfeststellungklage ist unzulässig, da es dem Kläger an dem dafür erforderlichen Feststellunginteresse fehlt.
Mit Schriftsatz vom 01.08.2008 hat der Kläger seine ursprünglich im Wesentlichen auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung am Vertragsarztsitz N, L 00, gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage fallen gelassen und diese auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG umgestellt. Zulässigkeitsbedenken bestehen insoweit nicht. Bei dem Übergang vom Anfechtungs- zum Fortsetzungsfeststellungsantrag handelt es sich nicht um eine Klageänderung i.S.d. § 99 SGG; der Übergang ist auch im Rechtsmittelverfahren möglich (BSG, Urteil vom 11.12.2002 – B 6 KA 32/01 R – in SozR 3-1500 § 54 Nr. 47). Entsprechendes gilt hinsichtlich einer Verpflichtungsklage (Humpert in Berliner Kommentare, 2. Auflage, § 131 Rn. 31 m.w.N.)
Es fehlt dem Kläger indes das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
1) Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf eine so genannte Wiederholungsgefahr. Eine Wiederholungsgefahr, die grundsätzlich die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage begründen kann, ist dann zu bejahen, wenn Änderungen in den Tatsachenumständen, die für die Entscheidung der Beklagten maßgeblich waren, ausgeschlossen erscheinen und die Entscheidung des Beklagten ansonsten maßgeblich von Rechtsfragen abhing, die voraussichtlich künftig wieder relevant werden (BSG a.a.O.).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Es kommt zunächst nicht darauf an, ob eine Wiederholungsgefahr zum Zeitpunkt der Aufhebung des ursprünglich angefochtenen Bescheides vom 05.08.2003 am 08.04.2005 bestand. Entscheidend ist vielmehr die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats am 27.08.2008; denn zu diesem Zeitpunkt muss ein Feststellungsinteresse bestanden haben (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, § 131 Rn. 10 m.w.N.).
Eine Wiederholungsgefahr steht aber nicht zu befürchten, weil es nämlich ausgeschlossen ist, dass eine wiederholende Entscheidung des Beklagten mit gleicher Begründung wie im angefochtenen Beschluss vom 05.08.2003 ergeht. Dies hat auch der Kläger nicht darzulegen vermocht und sich lediglich pauschal auf eine Wiederholungsgefahr berufen. Der Beklagte hat zwar zwischenzeitlich in seiner weiteren Entscheidung vom 19.09.2007 erneut den Beigeladenen zu 9) am Vertragsarztsitz N, L 00, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Es ist aber auch eine Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen dergestalt eingetreten, dass der Beigeladene zu 9) nunmehr eine mindestens fünfjährige gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit i.S.d. § 101 Abs. 3 Satz 4 SGB V mit dem Beigeladenen zu 10) aufweisen kann und dass der Beklagte seine Entscheidung vom 19.09.2007 auch im Wesentlichen auf diese geänderten Umstände gestützt hat (s. dazu auch den Beschluss des Senats vom 14.04.2008 – L 11 B 5/08 KA ER -, vorgehend Beschluss des SG Detmold vom 07.02.2008 – S 5 KA 8/07 ER -). Dementsprechend ist insoweit auch das Vorbringen des Klägers, er sei in dem vor dem SG Detmold wegen der Entscheidung des Beklagten vom 19.09.2007 anhängigen Rechtsstreit an der Klärung der Frage interessiert, ob der Beklagte in seinem Beschluss vom 05.08.2003 die Rechtsposition des Beigeladenen zu 9) und dessen Einfluss auf die Nachbesetzungsentscheidung zutreffend gewichtet habe, irrelevant.
2) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist aber auch aufgrund des Vorbringens des Klägers, dass er möglicherweise im Falle eines Prozesserfolgs im vorliegenden sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Beklagte zivilrechtlich Schadensersatzansprüche geltend machen will, nicht festzustellen.
a) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wird in der Regel bei einer bereits erhobenen Amtshaftungsklage schon vor dem Hintergrund bestehen, dass das dafür zuständige Zivilgericht an die Entscheidung der Sozialgerichtsbarkeit über die Rechtswidrigkeit des in Rede stehenden Verwaltungsakts gebunden ist (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 131 Rn. 10d). Eine Amtshaftungsklage hat der Kläger aber nicht erhoben.
Die bloße Behauptung, einen Amtshaftungsprozess folgen lassen zu wollen, wird schnell aufgestellt, reicht jedoch nicht aus. Es sind vielmehr ausreichende Anhaltspunkte dafür unerlässlich, dass die Erhebung einer solchen Klage ernsthaft beabsichtigt ist (Schnellenbach, NVwZ 1990, 140 m.w.N.; vgl. auch Meyer-Ladewig, a.a.O., § 131 Rn. 10e). So verlangt der Bundesfinanzhof für das besondere Feststellungsinteresse nach § 100 Abs. 1 Satz 4 Finanzgerichtsordnung die substantiierte Darlegung, dass ein Schadensersatzprozess mit hinreichender Sicherheit bevorsteht (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 27.01.2004 – VII R 54/02 -). Entsprechende Anhaltspunkte sind vorliegend aber nicht ersichtlich; substantiierte Darlegungen – u.a. auch zu einem von dem Beklagten schuldhaft verursachten konkreten Schaden – lässt das Vorbringen des Klägers missen. Es steht lediglich seine pauschale Behauptung, Amtshaftungsansprüche geltend machen zu wollen, im Raum. Gegen sein Vorbringen spricht im Übrigen auch, dass der Kläger, obwohl er zumindest seit dem 08.04.2005, also nunmehr seit über 3 Jahren, weiß, dass der Bescheid des Beklagten keinen Bestand hat, keine entsprechenden Schritte eingeleitet hat.
b) Eine Feststellung des Senats, dass der Bescheid des Beklagten vom 05.08.2003 rechtswidrig war, würde in einem Amtshaftungsprozess auch nicht weiterführen.
Es steht zwar außer Zweifel, das der Bescheid vom 05.08.2003 schon deshalb rechtswidrig war, weil der Beklagte in seine Auswahlentscheidung i.S.d. § 103 Abs. 4 SGB V Umstände einbezogen hat, die die Entscheidung nicht tragen. Kriterien für die nach pflichtgemäßem Ermessen bei mehreren Bewerbern zu treffende Auswahlentscheidung sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (§ 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Ergänzend sind die wirtschaftlichen Interessen des Veräußerers bzw. seiner Erben nach Maßgabe des § 103 Abs. 4 Satz 6 SGB V sowie die Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V) zu berücksichtigen. Die Interessen eines Vertragsarztes, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich i.S.d. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V geführt wurde, sind indes nur nach mindestens 5-jähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen (§ 101 Abs. 3 Satz 4 SGB V).
Der Beigeladene zu 9) ist erst mit Wirkung zum 01.07.2002 nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden; erst seit diesem Zeitpunkt übt er eine gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit mit dem Beigeladenen zu 10) aus. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten am 08.05.2003 lag mithin noch keine mindestens 5-jährige gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit mit dem Beigeladenen zu 10) vor. Der Beklagte hat deshalb in seiner ausdrücklich auf den Umstand, dass der Beigeladene zu 9) bereits seit dem 01.07.2002 gemeinsam die Praxis mit dem Beigeladenen zu 10) ausübt, gestützten Entscheidung von dem ihm eingeräumten Auswahlermessen nicht erfasste, mithin sachfremde Erwägungen einfließen lassen. Dies hätte bei streitiger Entscheidung dazu geführt, dass der Bescheid des Beklagten – wegen Ermessensfehlgebrauch – aufgehoben und der Beklagte zur Neubescheidung verurteilt worden wäre. Das Gericht hat die Auswahlentscheidung nämlich allein darauf zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Bei dieser Prüfung darf das Gericht nicht eigenes Ermessen an die Stelle der Zulassungsgremien setzen (vgl. z.B. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 54 Rn. 28).
Zwar kann sich bei Prüfung eines Auswahlermessens ein Fall ergeben, dass das Ermessen nur in einem Sinne ausgeübt werden kann (Ermessensreduzierung auf Null). Ob ein Gericht in diesem Fall bei Auswahlentscheidungen i.S.d. § 103 Abs. 4 SGB überhaupt sein Ermessen anstelle des der Zulassungsgremien setzen kann, bedarf schon deshalb keiner Entscheidung, weil eine derartige Ermessensreduzierung auf Null nicht vorliegt. Zwar sprachen für den Kläger die Beurteilungskriterien "Approbationsalter" und "Dauer der ärztlichen Tätigkeit". Insbesondere aber im Hinblick auf die Beurteilungskriterien "Dauer der Eintragung in die Warteliste", "berufliche Eignung" und "wirtschaftliche Interessen des Veräußerers" – nach Maßgabe des § 103 Abs. 4 Satz 6 SGB V -, die der Beklagte nach seiner Auffassung zu Recht nicht weiter geprüft hat, wäre dem Beklagten bei einer neuen Entscheidung ein Beurteilungs- bzw. Ermessenspielraum verblieben, den ein Gericht nicht ersetzen kann und darf.
Da der Kläger damit allenfalls eine Neubescheidung hätte erreichen können, wäre damit für einen Amtshaftungsprozess gegen den Beklagten Nichts darüber ausgesagt, ob er anstelle des Beigeladenen zu 9) die Zulassung erreicht hätte. Die Rechtsstellung des Klägers würde damit in einem Amtshaftungsprozess nicht verbessert.
Dies gilt umso mehr, als dass der Beklagte schon durch Aufhebung des Bescheides vom 05.08.2003 hinreichend deutlich seine Erkenntnis über die Rechtswidrigkeit seiner Entscheidung zum Ausdruck gebracht hat. Jedes andere Vorbringen im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses wäre treuwidrig, zumal der Beklagte zudem auch in der mündlichen Verhandlung diese Erkenntnis ausdrücklich bestätigt hat. 3) Inwieweit die Entscheidung des Beklagten vom 08.04.2005, den Bescheid vom 05.09.2003 aufzuheben, rechtswidrig und Grundlage für einen Amtshaftungsanspruch des Klägers sein könnte, erschließt sich nicht. Die Aufhebung des Bescheides vom 05.09.2003, nämlich die Beseitigung der Zulassung des Beigeladenen zu 9), ist Grundvoraussetzung für den von dem Kläger postulierten eigenen Zulassungsanspruch und beschwert ihn nicht.
4) Hinsichtlich des Antrags, die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten vom 17.08.2005, dass das Widerspruchsverfahren erledigt sei, festzustellen, verweist der Senat auf seine Ausführungen zu 2). Der Kläger hat auch hier weder dargelegt, dass insoweit
ein Schadensersatzprozess mit hinreichender Sicherheit bevorsteht, noch würde die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung seine Rechtsstellung in einem Amtshaftungsverfahren verbessern. Selbst wenn dieser Bescheid – wie der Kläger vorträgt – rechtswidrig gewesen und nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden wäre, hätte der Kläger bei streitiger Entscheidung allenfalls eine Neubescheidung durch den Beklagten erreichen können. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass dann, wenn dieser Bescheid nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist, schon deshalb kein schützenswertes Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers mehr besteht, weil sich dann der Rechtsstreit insoweit nicht i.S.d. § 131 Abs. 3 Satz 3 SGG erledigt hat und der Kläger dementsprechend vielmehr seine auf Zulassung gerichtete Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hätte fortführen müssen. Denn auch bei der Fortsetzungsfest-stellungsklage gilt wie bei der Feststellungsklage i.S.d. § 55 SGG der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 131 Rn. 7c a.E., 10 und § 55 Rn. 19). Eine Fortsetzungsfeststellungsklage wäre damit unzulässig (s. dazu Meyer-Ladewig, a.a.O., § 131 Rn. 9; Humpert, a.a.O., § 131 Rn. 33). Ist die Entscheidung vom 17.08.2005 hingegen nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden, ist darüber auch nicht zu befinden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 09.10.2008
Zuletzt verändert am: 09.10.2008