I. Die Klage gegen den Bescheid vom 1. Juli 2002 in Gestalt des Bescheides vom 15. Juli 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2002 wird abgewiesen.
I. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Kostenerstattung für eine Untersuchung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET).
Die Klägerin leidet an einem metastasierenden Ovarial-Carzinom. Sie beantragte am 28.06.2002 Kostenübernahme für eine PET-Untersuchung. Hierzu legte sie eine Bescheinigung der Dr. J. von der L.-Klinik vom 21.06.2002 vor. Danach sei die PET die einzige Möglichkeit, vor einer eventuellen Operation ein exaktes Staging zu machen, um auch Tumormassen im Millimeterbereich aufzuzeigen. Eine Kontraindikation für die geplante Operation sei gegeben, wenn außer den bekannten Metastasen eine Peritonealcarcinose vorläge. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 01.07.2002 die Kostenübernahme ab, da es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmaßnahme handle, die in die Anlage B der BUB-Richtlinien (Richtlinien zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V) aufgenommen sei als Methode, die nicht als ambulante vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfe.
Die Klägerin legte dagegen am 04.07.2002 Widerspruch ein und verwies auf die Art ihrer Erkrankung und den geäußerten Verdacht auf eine Periteonalcarzinose, welche mit den zugelassenen Untersuchungsverfahren weder ausgeschlossen noch bestätigt werden könne. Da mit der PET der Nachweis von Metastasen bereits im Millimeterbereich geführt und damit eine entsprechende Behandlung um Monate früher eingeleitet werden könne, sei eine Chance auf Heilung gegeben. Die PET gehöre an den Universitäten bereits zum Standard der medizinischen Versorgung, zudem werde auch am Zentralklinikum Augsburg demnächst ein solches Gerät in Betrieb genommen. Am 04.07.2002 ließ die Klägerin eine PET-Untersuchung durchführen. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme nochmals mit Bescheid vom 15.07.2002, diesmal versehen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung, ab. Auch hiergegen legte die Klägerin am 31.07.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung bezog sie sich auf das Ergebnis der PET-Untersuchung, das fünf neue Herde von Metastasen habe ermitteln können, sodass nun eine gezielte Behandlung möglich sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 14.10.2002 zurück.
Hiergegen haben die Bevollmächtigten der Klägerin am 14.11.2002 zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben. Zur Begründung haben sie vorgetragen, dass der Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur PET fehlerhaft sei, da in den Beratungen lediglich einzelne Indikationen berücksichtigt worden seien. Die Beschlussfassung beruhe daher auf willkürlichen Erwägungen. Die Beklagte hat die Kurzbegründung des Beschlusses des Bundesausschusses zur PET vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass bei Durchführung der PET radioaktive Tracer-Substanzen benutzt werden, die dem Patienten vor der Untersuchung intravenös injiziert werden. Dabei handelt es sich laut Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) um Arzneimittel. Arzneimittelrechtlich zugelassen sei allein eine einzige Substanz für fünf Indikationen. Das Bundesgesundheitsministerium teilte dem Bundesausschuss mit, dass eine Empfehlung nur für solche Anwendungsgebiete abgegeben werden könne, für die die notwendigen radioaktiv markierten Substanzen eine entsprechende arzneimittelrechtliche Zulassung hätten. Ergänzend haben die Klägerbevollmächtigten vorgetragen, dass vor dem Sozialgericht Aachen ein Musterverfahren angestrebt werde. Auch handle es sich bei der PET lediglich um die Weiterentwicklung der bereits zugelassenen Gamma-Untersuchung, und somit nicht um eine neue Untersuchungsmethode. Zudem sei bei der Begründung des Ausschusses der neueste Stand der Literatur nicht berücksichtigt bzw. falsch bewertet worden.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 01.07.2002 und 15.07.2002 in Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 14.10.2002 zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die Untersuchung mittels PET am 04.07.2002 in Höhe von 750,00 EUR zu erstatten.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die am 04.07.2002 von Dr. H. durchgeführte Ganzkörper-PET-Untersuchung in Höhe von 750,00 EUR. Die Bescheide der Beklagten vom 01.07.2002 und 15.07.2002 sowie der Widerspruchsbescheid vom 14.10.2002 sind rechtmäßig.
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistungen erbracht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V -). Eine Kostenerstattung kommt hier unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Danach hat die Krankenkasse dem Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht (1. Alternative) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative) und dadurch dem Versicherten Kosten für die selbstbeschaffte Leistung entstanden sind. Die Klägerin hat, wie von der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für die 2. Alternative gefordert, vor Inanspruchnahme der Leistung einen Antrag gestellt und die Entscheidung der Beklagten abgewartet. Die Beklagte hat eine PET-Untersuchung zu ihren Lasten jedoch nicht zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 27 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dabei dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine entsprechende positive Empfehlung abgegeben hat u.a. zum diagnostischen und therapeutischen Nutzen, der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der neuen Methode (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Bei der PET handelt es sich um eine neue Untersuchungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V. Dies beruht auf der Tatsache, dass im EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab Ärzte), der Grundlage für die Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen gegenüber den Krankenkassen, eine eigene Gebührennummer für die PET nicht vorhanden ist. Der Bundesausschuss hat mit Beschluss vom 26.02.2003 die PET der Anlage B der BUB-Richtlinien zugeordnet, d.h. den nicht anerkannten Methoden, die im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Behandlung nicht zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfen. Da der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine positive Empfehlung für die PET nicht abgegeben hat, darf diese Therapie nicht zu Lasten der Beklagten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden. Ist eine neue Methode vom Bundesausschuss noch nicht in die Liste der anerkannten Methoden aufgenommen worden, dann kann nach ständiger Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2500 § 135 Nr. 4) ein Anspruch auf Kostenübernahme für die noch nicht empfohlene Methode nur dann entstehen, wenn ein sog. "Systemversagen" beim Bundesausschuss vorliegen würde. Ein Systemversagen ist dann gegegeben, wenn die Einleitung oder Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert würde (BSG in SozR 3-2500 § 135 Nr. 14). Zusätzlich muss aber auch die Wirksamkeit der Methode in Studien nachgewiesen sein. Da der Bundesausschuss über die PET bereits entschieden und sie der Anlage B zugeordnet hat, kann ein Systemversagen in sinngemäßer Anwendung der BSG-Rechtsprechung nur dann angenommen werden, wenn diese Beschlussfassung willkürlich oder aus sachfremden Gründen erfolgt wäre.
Zur Überzeugung des Gerichts liegt ein Systemversagen nicht vor. Insbesondere ist eine willkürliche bzw. sachfremde Entscheidung nicht darin zu sehen, wie die Klägerseite meint, dass der Bundesausschuss tatsächlich nur über fünf Indikationen der PET-Anwendung beraten hat, zu denen die bei der Klägerin gestellte Diagnose eines metastasierenden Ovarial-Carzinoms unzweifelhaft nicht gehört. Die PET ist eine Untersuchungsmethode, bei der nicht nur Befunde mittels eines neuen "Geräts" erhoben werden, sondern wo vielmehr gleichzeitig auch die Notwendigkeit einer Arzneimittelgabe besteht, um die Untersuchung durchführen zu können. Dem Patienten werden vor der Untersuchung radioaktive Tracer-Substanzen intravenös injiziert. Bei diesen handelt es sich laut BfArM um Arzneimittel gemäß § 2 AMG, die bei der Zulassung und Anwendung den hierfür erlassenen arzneimittelrechtlichen Vorgaben unterliegen. Die in Deutschland einzig zugelassene Tracer-Substanz beschränkt sich auf fünf Indikationen, die vom Bundesausschuss näher beraten wurden. Der in § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 31 SGB V normierte Anspruch des Versicherten auf Bereitstellung der für die Krankenbehandlung bzw. Untersuchung benötigten Arzneimittel unterliegt den Einschränkungen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V und besteht nur für solche Pharmakotherapien, die sich bei dem vorhandenen Krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Diese Anforderungen sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht erfüllt, wenn das verabreichte Medikament nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedarf, aber nicht zugelassen ist. Wie das BSG in seiner Entscheidung zum off-lable-use (B 1 KR 37/00 R vom 19.03.2003) klargestellt hat, gilt für Arzneimitteltherapien (bzw. Untersuchungen mittels Arzneien) der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V nur, soweit es sich um die Anwendung von Rezepturarzneien oder anderen Arzneimitteln handelt, die im Einzelfall auf besondere Anforderung hergestellt werden, nicht jedoch für Fertigarzneimittel wie die bei der PET verwendete Tracer-Substanz. Soweit das Arzneimittelrecht eine Zulassung vorschreibt, ist ein Nachweis der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Medikaments in dem neuen Anwendungsgebiet nach der Gesetzessystematik im Zulassungsverfahren nach dem AMG und nicht im Wege einer Zertifizierung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zu führen. Es ist nicht Aufgabe des Bundesausschusses, zulassungspflichtige Arzneimittel für den Einsatz in der vertragsärztlichen Versorgung einer nochmaligen, gesonderten Begutachtung zu unterziehen und die arzneimittelrechtliche Zulassung durch eine für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Empfehlung zu ergänzen oder zu ersetzen. Hintergrund ist dabei auch die eventuelle Haftung für gesundheitliche Schäden, die bei einer entsprechenden Empfehlung durch den Bundesausschuss die Krankenkasse bzw. den Staat treffen würde. Außerhalb der vom Bundesausschuss beratenen fünf Indikationen wäre bei einer Entscheidung zur PET nach § 135 SGB V nicht nur über die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode selbst zu entscheiden, sondern inzident müsste der Bundesausschuss gleichzeitig auch eine Entscheidung über die Zulassung eines off-lable-use der Tracer-Substanz treffen. Da letzteres aber nicht Aufgabe des Bundesausschusses ist, ist in der Beschränkung der Beratung zur PET auf die Indikationen, für die die Tracer-Substanz zugelassen ist, keine Willkür zu sehen. Vielmehr liegen dem sachliche Erwägungen zugrunde. Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, bei der Begründung des Ausschusses sei der neueste Stand der Literatur nicht berücksichtigt bzw. falsch bewertet worden, führt ebenfalls nicht dazu, dass der Beschluss nicht zu beachten wäre. Zum einen wird nicht dargestellt, welche Literatur nicht oder falsch bewertet worden sein soll. Andererseits reichen eine Nichtberücksichtigung von neuester Literatur oder eine falsche Bewertung nicht aus, vielmehr müsste dies willkürlich bzw. aus sachfremden Erwägungen geschehen sein, wozu von Klägerseite keinerlei Argumente vorgetragen worden sind.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Erstellt am: 03.04.2006
Zuletzt verändert am: 03.04.2006