I. Die Klage gegen den Bescheid vom 27. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2008 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Regelaltersrente.
Der Kläger wurde am 1943 in der ehemaligen Sowjetunion (T., Gebiet S., Ukrainische Unionsrepublik) geboren. Er wurde nach seinen Angaben mit seinen Eltern im Jahr 1943 von den deutschen Behörden in den Warthegau (L.) umgesiedelt. Im Oktober 1944 erwarb der Kläger zusammen mit seinen Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung (Einbürgerungsurkunde vom 20.10.1944). Im Zuge der weiteren Kriegsereignisse gelangte er zusammen mit seiner Familie nach W. in Deutschland. Im Jahr 1945 wurde die Familie des Klägers ausweislich einer Bestätigung des Innenministeriums der Russischen Föderation vom 14.04.2007 aus Deutschland oder Polen in die UdSSR repatriiert. Die Familie kam in die Stadt I., Gebiet S … Dort wurde die Mutter des Klägers unter behördliche Aufsicht mit Meldepflicht gestellt. Der Kläger wurde als Familienmitglied einer unter behördlicher Aufsicht stehenden Familie geführt. Von der Aufsicht mit Meldepflicht wurde die Mutter des Klägers am 22.07.1955 befreit ("Bestätigung der Rehabilitierung", ausgestellt vom Innenministerium der Russischen Föderation am 14.04.2007).
Der Kläger reiste am 07.05.2007 ohne vorherige Statusfeststellung nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) mit einem deutschen Reisepass, ausgestellt von der Deutschen Botschaft in Moskau am 09.02.2007 in das Bundesgebiet ein. Vom 09.05.2007 bis 31.03.2008 legte er Pflichtbeitragszeiten aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II zurück. Nunmehr bezieht er Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Die Regierung von Schwaben bestätigte am 14.01.2008 mit einer Bescheinigung gemäß § 100 BVFG, dass der Kläger Vertriebener im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG (Umsiedler) ist. Das Bundesverwaltungsamt – Außenstelle Friedland – teilte der Stadt A-Stadt mit Schreiben vom 28.06.2007 mit, dass der Kläger über die Möglichkeit informiert wurde, einen Antrag auf Erteilung eines Ausnahmebescheides nach § 27 Abs. 2 BVFG (Härtefall) zu stellen und ihm die entsprechenden Vordrucke übersandt wurden.
Am 23.05.2007 stellte die Tochter des Klägers für diesen formlos einen Rentenantrag. Mit Schreiben vom 11.12.2007 bat der Kläger dann die Beklagte, die Regierung von Schwaben um Feststellung seines Vertriebenenstatus nach § 100 Abs. 2 Satz 2 BVFG zu ersuchen. Er berief sich auf seinen Status als Vertriebener. Er fügte u.a. die Einbürgerungsurkunde vom 20.10.1944, die Bestätigung der Rehabilitierung vom 14.04.2007 und das Abschlusszeugnis über die Ausbildung zum Elektroinstallateur vom 03.06.1970 bei. Ein Arbeitsbuch oder sonstige Bestätigungen über seine Beschäftigungen und Versicherungszeiten bis zur Ausreise aus der Russischen Föderation legte er nicht vor. Die Beklagte fragte bei der Regierung von Schwaben wegen der Ausstellung eines Bundesvertriebenenausweises bzw. einer Spätaussiedlerbescheinigung nach und erhielt die Bescheinigung vom 14.01.2008 über die Anerkennung als Umsiedler. In seinem Antrag auf Kontenklärung sowie im Formblatt zur Rentenantragstellung, die im Februar 2008 bei der Beklagten eingingen, machte der Kläger ebenfalls keine konkreten Angaben zu seinen Beschäftigungszeiten. Er habe ab 18.10.1994 Rente bezogen. Er gab eine Verschleppung wegen deutscher Volkszugehörigkeit ab 1945 bis 09.03.2007 an. Die Rückkehr nach Deutschland sei durch feindliche Maßnahmen verhindert worden. In Begleitschreiben vom 11.02.2008 und 18.02.2008 vertrat er die Auffassung, dass seine Verschleppung mit dem Zeitpunkt der Verbringung aus dem Deutschen Reich begonnen und erst mit der Rückkehr in das Bundesgebiet am 07.05.2007 geendet habe. Er sei daher Versicherter im Sinne von § 2 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) seit 1944 gewesen und gehöre auch zum Personenkreis des § 250 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Er beantragte am 13.02.2008 konkret, die Zeiten vom 01.04.1957 (nach Vollendung des 14. Lebensjahres) bis 31.12.1991 als Ersatzzeiten im Sinne von § 250 SGB VI anzuerkennen.
Die Vorlage weiterer Unterlagen (Arbeitsbuch, Rentenbescheid) lehnte der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung durch die Beklagte ab. Zur Begründung verwies er darauf, Tatbestände, die nach seiner Vertreibung lägen, könnten gemäß §§ 15, 16 Fremdrentengesetz – FRG – nicht gleichgestellt werden. Eine Anerkennung seiner ausländischen Arbeitszeiten nach dem FRG sei daher nicht möglich.
Mit angefochtenem Bescheid vom 27.02.2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente ab, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei. Erforderlich hierfür seien 60 Kalendermonate mit Beitragszeiten, Zeiten der Kindererziehung, Ersatzzeiten oder Wartezeitmonaten aus übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften aufgrund eines Versorgungsausgleichs sowie aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung. Insoweit seien jedoch keine Kalendermonate nachgewiesen. Die geltend gemachten Ersatzzeiten könnten nicht als rentenrechtliche Zeiten anerkannt werden, da auch hierfür die Versicherteneigenschaft erforderlich sei. Die im Herkunftsland zurückgelegten Zeiten könnten nicht als rentenrechtliche Zeiten berücksichtigt werden, da der Kläger als Umsiedler nicht zum Personenkreis des § 1 FRG zähle.
Dagegen legte der Kläger am 26.03.2008 Widerspruch ein. Als Umsiedler gehöre er zum Personenkreis des § 1 FRG. Es liege jedoch eine Verschleppung im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI vor, eine Ersatzzeit sei bis 31.12.1991 anzuerkennen und daher sei die Wartezeit erfüllt. Das Bundesverwaltungsamt teilte am 02.06.2008 mit, dass dort kein Antrag des Klägers auf Erteilung eines Aufnahmebescheides eingegangen sei. Die Beklagte erläuterte dem Kläger am 30.05.2008 die Rechtslage aus ihrer Sicht und fragte zudem nach, ob eine Spätaussiedlerbescheinigung erteilt oder überhaupt beantragt worden sei. In seinem Antwortschreiben vom 25.06.2008 ging der Kläger darauf nicht ein, sondern beharrte auf seinen bisherigen Ausführungen. Die Beklagte wies den Widerspruch dann mit Bescheid vom 13.08.2008 zurück. Das Begehren des Klägers war auch Gegen-stand einer Petition an den Bayerischen Landtag und den Deutschen Bundestag vom 19.03.2008.
Der Kläger hat am 11.09.2008 Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben und gleichzeitig Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Zur Begründung hat er sich wie im Widerspruchsverfahren darauf berufen, dass Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI anzuerkennen seien. Auf die Nachfrage des Gerichts vom 11.01.2010, ob zwischenzeitlich über die Spätaussiedlereigenschaft neu entschieden worden sei, hat der Kläger auch auf Erinnerung hin nicht geantwortet.
Mit Beschluss vom 13.08.2010 hat das Gericht den Antrag auf Gewährung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde hin hat das Bayer. Landessozialgericht am 13.12.2010 PKH bewilligt und dabei darauf abgestellt, dass bislang noch keine ausreichenden Informationen zur Beschäftigung des Klägers mit notwendiger Auswertung des Arbeitsbuches vorlägen.
Der Kläger hat dann nach Aufforderung das Arbeitsbuch vorgelegt. Dieses weist folgende Angaben über Einstellungen, Versetzungen und Entlassungen auf:
Angaben über Arbeit
Gesamtdienstzeiten – 7 Monate 20 Tage laut urkundlicher Bestätigung
09 09 1959 K. Steinbruch Baukombinat "K. – Baustoffhandel" – Eingestellt als Elektriker LK 7
02 02 1960 Entlassen gemäß Eigenkündigung
20 02 1960 Eingestellt als Elektriker LK 6 in der Abteilung Mechanik der Baubehörde Nr. 11 des Baukombinats "D."
05 03 1960 Entlassen gemäß Eigenkündigung
25 04 1960 Eingestellt als Arbeiter LK 4 – Expedition Nr. 3 L.
24 12 1960 Entlassen gemäß Eigenkündigung
16 05 1961 Eingestellt als Arbeiter bei der Landwirtschaftlichen Versuchsstation des Instituts für Futtermittel und Freilandhaltung "T."
24 04 1963 Entlassen gemäß Eigenkündigung
15 05 1963 Eingestellt als Elektriker in der Elektroabteilung – Stahlbetonerzeugnisse und -bauten K.
10 06 1963 Versetzung als Elektriker LK 5 in den Steinbruch K.
10 11 1963 Entlassen gemäß Eigenkündigung
19 11 1963 Eingestellt als Motorelektriker – S. "P."
17 08 1964 Entlassen wegen Einberufung in die Sowjetarmee
26 08 1964 Eingestellt als Elektriker – S.
18 11 1964 Entlassen wegen Wehrdienst in der Sowjetarmee
19 11 1964 Wehrdienst in der Sowjetarmee
01 09 1966
07 09 1966 Eingestellt als Traktorfahrer bei der Kolchose "L."
13 02 1967 Entlassen gemäß Eigenkündigung
22 02 1967 Eingestellt als Monteur für Radiofizierung 2 bei der Regionalen Post- und Fernmeldetechnik T.
03 07 1967 Entlassen gemäß Eigenkündigung
20 07 1967 Eingestellt als Schlosser – Kolchosegemeinschaft T.
13 10 1967 Entlassen gemäß Eigenkündigung
29 07 1971 Eingestellt als Monteur für Elektrische Bodenanlagen – Baubehörde B. "Hydromechanisierung"
21 05 1974 Versetzung in die Backfabrik der Lebensmittelversorgung – U. Wasserkraftwerk
21 05 1974 Eingestellt als Arbeiter LK 6 Instandhaltung der Großbäckereianlage der Lebensmittelversorgung – Wasserkraftwerk U.
01 10 1974 Versetzung in die Backfabrik
01 10 1974 Eingestellt als Sicherheitsingenieur
12 01 1976 Entlassen gemäß Eigenkündigung
26 01 1976 Eingestellt als Autoschlosser – Baumechanisierungsbehörde 5, Stempel des Wasserkraftwerkbau B.
01 08 1977 Versetzung als Arbeiter LK 5 in die Akkumulatorenabteilung
01 01 1978 Versetzung zusammen mit der Belegschaft zu Baumechanisierungsbehörde 6 in Zusammenhang mit der Reorganisation der Behörde
01 07 1980 Entlassen in Zusammenhang mit der Versetzung zu Baumechanisierungsbehörde Nr. 7
02 07 1980 Eingestellt als Arbeiter LK 6 in die Akkumulatorenabteilung – Baumechanisierungsbehörde Nr. 7
27 01 1984 Entlassen gemäß Art. 29, P. 2 AGB RSFS (Fristablauf des Arbeitsvertrages)
27 01 1984 Eingestellt als Elektroschlosser LK 5 – "Hydromechanisierung" Baubehörde B. – Bauabschnitt B.
26 07 1984 Es wurde die Leistungsklasse 6 für Elektroschlosser zuerkannt
26 01 1988 Entlassen gemäß Art. 29, P. 2 AGB RSFS nach Fristablauf des Arbeitsvertrages-Nord
12 02 1988 Eingestellt als Elektromonteur LK 6 – Baumechanisierungsbehörde Nr. 7 – Baukombinat "Baumechanisierung"
17 08 1988 Versetzung nach 29, P. 5 AGB RSFS – "Hydromechanisierung" Baubehörde B.
02 09 1988 Versetzung von der Baumechanisierungsbehörde Nr. 7 als Monteur für Installation von Stahlbetonanlagen LK 4 und nebenberufliche Elektriker LK 6 – "Hydromontage" Baubehörde B.
21 06 1991 Entlassen gemäß Eigenkündigung
13 05 1997 Eingestellt als Autoelektriker LK 6 in die Autoreparaturwerkstätte – Tagebau "T.", AGOT "W." (Ostsibkohle)
15 01 2001 Versetzung ebenda als Vulkanisierer LK 6
01 02 2002 Versetzung ebenda als Meister für Elektroanlageninstandsetzung
15 10 2002 Versetzung ebenda als Elektroschlosser LK 6 für Kfz-Elektroanlageninstandsetzungsarbeiten
31 12 2002 Entlassen gemäß Art. AGB RF wegen Personalabbau
19 10 2004 Eingestellt laut Arbeitsvertrag als Elektroschlosser LK 6 (sechs) für Anlageninstandsetzungsarbeiten der Zweigniederlassung der OAG "Verlade-Transportbehörde T."
28 07 2005 Entlassen gemäß Eigenkündigung aufgrund des Anspruchs auf Invalidenrente nach Art. 80 Arbeitsgesetzbuch der Russischen Föderation
Die Nachfrage nach einer eventuellen Ausbildung vor September 1959 hat der Kläger nicht beantwortet. Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass die Lücken im Arbeitsbuch lediglich 44 Monate betragen würden und damit weiterhin die Wartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt sei. Zudem sei ungeklärt, ob die Beschäftigung nur wegen eines Ersatzzeittatbestandes unterblieben sei oder wegen völlig anderer Gründe.
Das Gericht hat dann die Akten der Regierung von Schwaben (Ausgleichsamt) beigezogen. Der Kläger hat erneut betont, verschleppt worden zu sein und damit die Voraussetzungen des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in Gewahrsam genommen wurden (HHG) zu erfüllen. Seine Tätigkeit in der Sowjetunion könne nicht als Arbeitstätigkeit im Sinne deutscher Gesetzgebung betrachtet werden, da er den Regeln eines totalitären Staates habe folgen müssen, der jeden gezwungen habe, zu arbeiten, und von dem er in Gewahrsam gehalten worden sei. Daher könne seine ausländische Arbeitszeit auch keine Beschäftigung nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI darstellen. Außerdem hat er sich auf ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19.01.2011 (Az: L 2 R 51/09) berufen.
Auf Anregung des Gerichts hat die Beklagte bei der Regierung von Schwaben die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG beantragt. Diese hat am 09.01.2012 festgestellt, dass der Kläger die Eigenschaft als politischer Häftling (Gewahrsam aus politischen Gründen) im Sinne von § 1 Abs. 1 und § 10 Abs. 4 HHG erfülle. Auf gerichtliche Nachfrage hat die Regierung von Schwaben mit Schreiben vom 25.01.2012 ergänzt, dass ein politischer Gewahrsam des Klägers einschließlich der Zeiten, die nach § 1 Abs. 5 Satz 2 HHG als Gewahrsam gelten, für den Zeitraum Sommer/Herbst 1945 (genaues Datum der Verschleppung nicht bekannt) bis 31.12.1989 vorgelegen habe.
Mit Beschluss vom 16.03.2012 hat das Gericht den PKH-Beschluss dahingehend abgeändert, dass der nunmehrige Prozessbevollmächtigte beigeordnet wurde.
In der mündlichen Verhandlung hat sich der Kläger zu seiner Schulausbildung und anschließenden Arbeitstätigkeit eingehend geäußert. Zur Lücke von 1967 bis 1971 hat er erklärt, in dieser Zeit in einer Kolchose gearbeitet und auch eine Ausbildung zum Elektroinstallateur gemacht zu haben. Er habe ab 1994 Rente bezogen, aber noch weiter gearbeitet. Außerdem legte er eine Rentenbescheinigung über den Beginn einer Rentenzahlung in Russland ab 15.05.1997 vor. Anerkannt ist dabei eine berufliche Tätigkeit von insgesamt 37 Jahren, 3 Monaten und 11 Tagen.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2008 zu verurteilen, dem Kläger ab 01.04.2008 Altersrente zu gewähren unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten im Zeitraum vom 01.04.1957 bis 31.12.1991.
Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten sowie der Akte der Regierung von Schwaben Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 27.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2008 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Regelaltersrente, denn er erfüllt nicht die notwendige allgemeine Wartezeit von fünf Jahren.
Anspruch auf Regelaltersrente nach § 35 SGB VI haben Versicherte, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 35 SGB VI). Die allgemeine Wartezeit beträgt fünf Jahre (§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Auf die allgemeine Wartezeit werden Kalendermonate mit Beitragszeiten und mit Ersatzzeiten (5. Kapitel des SGB VI) angerechnet (§ 51 Abs. 1 und Abs. 4 SGB VI).
Beitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung hat der Kläger nur im Zeitraum vom 09.05.2007 bis 31.03.2008 in Form von Pflichtbeitragszeiten wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld II zurückgelegt. Damit sind nur 11 Kalendermonate statt der erforderlichen 60 Kalendermonate belegt.
Mit der Russischen Föderation hat die Bundesrepublik Deutschland auch kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen, das die Berücksichtigung von in der Russischen Föderation zurückgelegten Beitragszeiten für die Wartezeit erlauben würde.
Eine Berücksichtigung von in der Russischen Föderation zurückgelegten Beitragszeiten kommt auch nicht nach §§ 14, 15, 16 FRG i.V.m. § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in Betracht. Voraussetzung für die Feststellung von Versicherungszeiten nach dem FRG ist, dass der Betroffene zu dem vom FRG begünstigten Personenkreis gehört, der in § 1 FRG definiert wird. In Betracht käme insoweit für den Kläger nur § 1 Buchstabe a FRG, wonach das FRG auf Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG, die als solche in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt sind, Anwendung findet.
Der Kläger ist kein Spätaussiedler, wobei der Nachweis einer Spätaussiedlereigenschaft durch eine vom Kläger selbst zu beantragende Bescheinigung des Bundesverwaltungsamtes zu erbringen wäre (§ 15 BVFG; vgl. Bundessozialgerichts – BSG -, Urteil vom
26.01.2003 – B 13 RJ 39/98 R). Der Kläger hat trotz mehrfacher Nachfrage keine Spätaussiedlerbescheinigung vorgelegt.
Der Kläger ist zwar als Vertriebener nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG (Umsiedler) anerkannt. Dies führt jedoch nicht – wie vom Kläger auch akzeptiert – zu einer Berücksichtigung der in der Russischen Föderation von ihm selbst zurückgelegten Beitragszeiten. Denn mit der Vertriebeneneigenschaft können längstens bis zum maßgeblichen Vertreibungstatbestand der Umsiedlung im Ausland zurückgelegte Zeiten nach dem FRG berücksichtigt werden. Der Kläger war jedoch im vermutlichen Zeitpunkt der Umsiedlung 1943/1944 noch ein Kleinkind, so dass allein schon deshalb keine rentenrechtlich berücksichtigungsfähigen Zeiten vorliegen.
Die notwendige allgemeine Wartezeit von 60 Monaten wird auch nicht durch die Berücksichtigung von Ersatzzeiten erfüllt. Denn es sind jedenfalls nicht 49 oder mehr Kalendermonate an Ersatzzeiten anzuerkennen.
Die Anerkennung von Ersatzzeiten bestimmt sich nach § 250 SGB VI. Dieser lautet:
"(1) Ersatzzeiten sind Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr
1. militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne der §§ 2 und 3 des Bundesversorgungsgesetzes aufgrund gesetzlicher Dienstpflicht oder Wehrpflicht oder während eines Krieges geleistet haben oder aufgrund dieses Dienstes kriegsgefangen gewesen sind oder deutschen Minenräumdienst nach dem 8. Mai 1945 geleistet haben oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind,
2. interniert oder verschleppt oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, wenn sie als Deutsche wegen ihrer Volks- oder Staatsangehörigkeit oder in ursächlichem Zusammenhang mit den Kriegsereignissen außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland interniert oder in ein ausländisches Staatsgebiet verschleppt waren, nach dem 8. Mai 1945 entlassen wurden und innerhalb von zwei Monaten nach der Entlassung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ständigen Aufenthalt genommen haben, wobei in die Frist von zwei Monaten Zeiten einer unverschuldeten Verzögerung der Rückkehr nicht eingerechnet werden,
3. während oder nach dem Ende eines Krieges, ohne Kriegsteilnehmer zu sein, durch feindliche Maßnahmen bis zum 30. Juni 1945 an der Rückkehr aus Gebieten außerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze oder danach aus Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs dieser Gesetze, soweit es sich nicht um das Beitrittsgebiet handelt, verhindert gewesen oder dort festgehalten worden sind,
4. in ihrer Freiheit eingeschränkt gewesen oder ihnen die Freiheit entzogen worden ist (§§ 43 und 47 Bundesentschädigungsgesetz) oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind oder infolge Verfolgungsmaßnahmen
a) arbeitslos gewesen sind, auch wenn sie der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfü-
gung gestanden haben, längstens aber die Zeit bis zum 31. Dezember 1946, oder
b) bis zum 30. Juni 1945 ihren Aufenthalt in Gebieten außerhalb des jeweiligen Gel-
tungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze oder danach in Gebieten außer-
halb des Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze nach dem Stand vom
30. Juni 1945 genommen oder einen solchen beibehalten haben, längstens aber
die Zeit bis zum 31. Dezember 1949,
wenn sie zum Personenkreis des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gehö-
ren (Verfolgungszeit),
5. in Gewahrsam genommen worden sind oder im Anschluss daran wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, wenn sie zum Personenkreis des § 1 des Häftlingshilfegesetzes gehören oder nur deshalb nicht gehören, weil sie vor dem 3. Oktober 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet genommen haben, oder
5. a. im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 30. Juni 1990 einen Freiheitsentzug erlitten haben, soweit eine auf Rehabilitierung oder Kassation erkennende Entscheidung ergangen ist, oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind,
6. vertrieben, umgesiedelt oder ausgesiedelt worden oder auf der Flucht oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, mindestens aber die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1946, wenn sie zum Personenkreis der §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes gehören.
(2) Ersatzzeiten sind nicht Zeiten,
1. für die eine Nachversicherung durchgeführt oder nur wegen eines fehlenden Antrags nicht durchgeführt worden ist,
2. in denen außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet eine Rente wegen Alters oder anstelle einer solchen eine andere Leistung bezogen worden ist,
3. in denen nach dem 31. Dezember 1956 die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 2, 3 und 5 vorliegen und Versicherte eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit auch aus anderen als den dort genannten Gründen nicht ausgeübt haben."
Tatbestände nach Nr. 1, Nr. 4 und Nr. 5a scheiden aus.
Der Tatbestand der Umsiedelung nach Nr. 6 ist zwar erfüllt, jedoch ist der maßgebliche Zeitpunkt die noch im Kleinkindalter des Klägers stattgehabte Umsiedelung, so dass bis dahin keine rentenrechtlich berücksichtigungsfähigen Zeiten vorliegen. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist es nämlich, diejenigen beitragsrechtlichen Nachteile zu ersetzen, die Versicherte aus den Vertreibungsgebieten dadurch erlitten haben, dass sie infolge des Vertreibungsgeschehens gehindert waren, sich nach dem Krieg eine neue Existenz aufzubauen und rentenbegründende Versicherungszeiten zurückzulegen. Selbst wenn der Kläger noch nachträglich als Spätaussiedler anerkannt werden würde, käme nur die pauschale Vertreibungszeit bis 1946 in Betracht, weil die Aussiedelung nach dem 31.12.1992 liegt.
Ein Tatbestand nach Nr. 2 ist zur Überzeugung des Gerichts nicht nachgewiesen.
Zwar lag eine Internierung vor, jedoch war diese beendet, noch bevor der Kläger das 14. Lebensjahr vollendet hatte. Laut der Bestätigung der Rehabilitierung vom 14.04.2007 wurde die Familie des Klägers von der Aufsicht mit Meldepflicht bereits am 22.07.1955 befreit. Bei Russlanddeutschen, die aus dem Deutschen Reich in die ehemalige UdSSR verschleppt worden sind, gilt jedoch nicht nur die Dauer des tatsächlichen Festgehaltenwerdens auf eng begrenztem Raum unter dauernder Bewachung während der Umsiedlung und der anschließenden Kommandanturaufsicht als Gewahrsam, sondern auch die Zeit, während der sie an der Rückkehr aus dem Ausland gehindert wurden, längstens jedoch bis zum 31.12.1989. Dies folgt aus § 1 Abs. 5 Satz 2 HHG. Aufgrund des in der Sowjetunion herrschenden allgemeinen Ausreiseverbots war der Kläger nach der Umsiedlung und nach Vollendung seines 14. Lebensjahres an der Rückkehr nach Deutschland gehindert. Unerheblich ist dabei, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Ingewahrsamnahme das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Denn er teilt insoweit das Schicksal seiner erziehungsberechtigten Mutter.
Die Anerkennung als Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI setzt jedoch auch voraus, dass der Kläger innerhalb von zwei Monaten nach der Entlassung aus dem Gewahrsam im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland seinen ständigen Aufenthalt genommen haben muss, wobei in die Frist von zwei Monaten Zeiten einer unverschuldeten Verzögerung der Rückkehr nicht eingerechnet werden. Angesichts der Tatsache, dass jedenfalls seit 1987/1988 eine liberale Ausreisepraxis vorherrschte und durch das am 01.01.1993 in Kraft getretene "Gesetz der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken über das Verfahren zur Ausreise sowjetischer Staatsangehöriger aus der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken und Einreise sowjetischer Staatsangehöriger in die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken" auch noch die letzten rechtlichen Hindernisse (die tatsächlich schon nicht mehr bestanden hatten) für eine Ausreise beseitigt wurden, ist für das Gericht nicht erwiesen, dass dem Kläger unverschuldet eine Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland erst im Jahr 2007 möglich gewesen ist. Hierzu hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, bereits in den 1990-iger Jahren in der Deutschen Botschaft vorgesprochen zu haben. Er habe jedoch keinen Eintritt erhalten. Erst als seine Tochter im Internet gelesen habe, dass eine Ausreise möglich sei, hätten sie es nochmals versucht. Dieser Vortrag ist aus Sicht des Gerichts nicht ausreichend, um eine unverschuldete Ver-
hinderung an der Ausreise darzulegen. Unkenntnis von den rechtlichen Möglichkeiten zur Ausreise ist nicht gleichzusetzen mit "unverschuldet".
Ein Tatbestand nach Nr. 5 ist erfüllt. Der Kläger zählt zum Personenkreis des § 1 HHG. Ausweislich der Bescheinigung der Regierung von Schwaben vom 09.01.2012 und ergänzend des Schreibens vom 25.01.2012 liegt ein Gewahrsam im Sinne des HHG ab dem Datum der Verschleppung im Sommer/Herbst 1945 bis 31.12.1989 vor.
Ob ein Tatbestand der Rückkehrverhinderung im Sinne der Nr. 3 erfüllt ist, erscheint nicht nachgewiesen. Hierzu hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass bereits seine im Jahr 1969 verstorbene Mutter ihm immer gesagt habe, dass er unbedingt nach Deutschland zurückkehren müsse und die Idee zur Ausreise die ganze Zeit da gewesen sei. Allerdings stellt sich für das Gericht die Frage, weshalb diese Idee zur Ausreise dann erst im Jahr 2007 und nicht bereits wesentlich früher verwirklicht wurde.
Dies mag jedoch dahingestellt bleiben, da ebenso wie für den Tatbestand nach Nr. 5 nur eine eingeschränkte Anerkennung von Ersatzzeiten möglich ist.
Es ist nicht der gesamte Zeitraum ab 01.04.1957 (Vollendung des 14. Lebensjahres) bis zum 31.12.1989 bzw. bis zum 31.12.1991 als Ersatzzeit anerkennungsfähig. Denn nach § 250 nach Abs. 2 Nr. 3 sind Zeiten ab dem 01.01.1957 keine Ersatzzeiten, in denen Versicherte eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausgeübt haben.
Rein nach dem Wortlaut des § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI greift die Ausnahmeregelung gerade nur dann ein, wenn kein Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat. Aus Sinn und Zweck der Regelung folgt jedoch zwingend, dass eine Ersatzzeit dann nicht vorliegt, wenn der Versicherte während des entsprechenden Zeitraums eine Beschäftigung ausgeübt hat. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz – Rü-ErgG) (Bundestagsdrucksache 12/5017). Diese lautet:
"Mit der vorgeschlagenen Änderung soll die Anrechnung von Ersatzzeiten nach Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 auf das ursprüngliche Regelungsziel zurückgeführt werden: Ersatzzeiten sollen Zeiten ersetzen, in denen der Versicherte aus nicht in seiner Person liegenden Gründen an der Beitragszahlung gehindert war, weil durch die mit diesen Zeiten verbundenen außergewöhnlichen Umstände eine Beitragsleistung nicht zu erwarten war. Nicht zuletzt aufgrund der jüngeren Rechtsprechung zu den genannten Ersatzzeitreglungen hat sich die Praxis von dieser ursprünglichen Zielsetzung entfernt. Über die Anrechnung von Ersatzzeiten nach Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 werden in zunehmendem Maße Lücken im Versicherungsleben geschlossen, die nicht durch Ersatzzeittatbestände (z.B. Verschleppung oder Rückkehrverhinderung) entstanden sind, sondern in denen Versicherte aus anderen Gründen (z.B. Rentenbezug, Kindererziehung, Hausfrauentätigkeit) eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt haben. Zum einen führt dies zu einer Besserstellung gegenüber Versicherten, die trotz Vorliegens von Ersatzzeittatbeständen eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausgeübt haben und die für diese Zeiten oftmals geringere Rentenleistungen erhalten als über die Ersatzzeitregelung. Zum anderen führt die extensive Auslegung der genannten Ersatzzeitregelung auch zu einer Besserstellung gegenüber Versicherten im Bundesgebiet. Während Versicherte im Bundesgebiet bei einem Rentenbezug nach dem 55. Lebensjahr in der Regel keine rentenrechtlichen Zeiten mehr erwerben können, erhalten Russlanddeutsche aufgrund der Rechtsprechung des BSG für die Rentenbezugszeit bis zum 65. Lebensjahr eine volle Abgeltung und somit eine Besserstellung gegenüber den Versicherten im Bundesgebiet durch die Anerkennung von Ersatzzeiten von bis zu zehn Jahren. Frauen im Bundesgebiet erhalten für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder ein Jahr Kindererziehungszeiten; im Übrigen führen die mit der Kindererziehung entstandenen Lücken nicht unmittelbar zu Rentenleistungen. Demgegenüber erhalten z.B. viele russlanddeutsche Frauen über die o.g. Ersatzzeitregelungen für Zeiten einer Kindererziehung ohne Beschäftigung ein Vielfaches an Rentenleistung. Mit der vorgeschlagenen Änderung wird sichergestellt, dass Ersatzzeiten nur noch dann angerechnet werden, wenn Versicherte aus den den Ersatzzeittatbeständen zugrunde liegenden Gründen (z.B. wegen Haft oder Gewahrsam) eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht ausüben können. Haben Versicherte aus anderen Gründen (z.B. wegen Rentenbezugs, Kindererziehung oder Hausfrauentätigkeit) eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt, ist eine Anrechnung dieser Zeiten als Ersatzzeiten ausgeschlossen."
Die Auslegung der Rentenversicherungsträger, wonach die Anerkennung von Ersatzzeiten auch für Zeiten ausgeschlossen ist, in denen eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit bestanden hat, wobei unerheblich ist, ob hierdurch anerkennungsfähige Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden (VDR-Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, Bd. 5, § 250 SGB VI Rn. 13), stützt sich auf die Gesetzesbegründung und wird auch von Landessozialgerichten (z.B. LSG Bremen vom 28.01.1999 – L 2 RA 21/98) und dem BSG geteilt (siehe z.B. BSG vom 30.10.1997
– 13 RJ 3/97; BSG vom 01.12.1999 – B5 RJ 20/98 R; BSG vom 30.10.1997 – 13 RJ 71/96).
Soweit sich der Kläger im Verlauf des Verfahrens auf das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 19.01.2011 (L 2 R 51/09) berufen hat, hat das LSG im Rahmen seiner Entscheidung offensichtlich vollkommen die Existenz des § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI übersehen. Hierzu finden sich keinerlei Ausführungen.
Betrachtet man den Beschäftigungsverlauf des Klägers laut vorgelegtem Arbeitsbuch, dann finden sich ab 01.04.1957 nur wenige Monate, die nicht mit einer Beschäftigungszeit belegt sind. Im SGB VI gilt für rentenrechtliche Zeiten das Monatsprinzip, d.h. ein Monat, der auch nur mit einem Tag an versicherungspflichtiger Beschäftigung mit Beiträgen belegt ist, gilt für den gesamten Monat als Beitragszeit. Dies ist zur Überzeugung des Gerichts auch auf die Regelung des § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI zu übertragen. Dies bedeutet, dass nur volle Monate ohne Beschäftigungszeit als Monate einer Ersatzzeit anerkennungsfähig sind.
Nicht anzuerkennen als Ersatzzeit ist zur Überzeugung des Gerichts auch die Zeit des Wehrdienstes in der Sowjetarmee. Zwar handelt es sich um keine Beschäftigung im üblichen Sinne. Dies gilt jedoch auch für den Wehrdienst bei der Bundeswehr in Deutschland, für den jedoch Pflichtbeiträge entrichtet werden. Selbst wenn man aber den Wehrdienst (mit 21 Monaten) als Ersatzzeit anerkennen würde, führte dies dennoch nicht zu Ersatzzeiten von insgesamt mindestens 49 Monaten.
Die Lücke im Arbeitsbuch in der Zeit vom 14.10.1967 bis 28.07.1971 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung damit erklärt, dass er in einer Kolchose beschäftigt war, und für diesen Zeitraum kein Arbeitsbuch existiert.
Die vermeintliche Lücke ab 21.06.1991 hat sich dahingehend aufgeklärt, dass der Kläger in derselben Firma weiterbeschäftigt war und eine Kündigung nicht stattgefunden hatte.
Eine Lücke zwischen Entlassung und Neueinstellung von mindestens einem vollen Kalendermonat findet sich nur im Zeitraum vom 25.12.1960 bis 15.05.1961, also mit vier vollen Kalendermonaten.
Eine weitere Zeit ohne Beschäftigung liegt in der Zeit ab 01.04.1957 bis 08.09.1959 vor, bevor der Kläger laut Arbeitsbuch ab 09.09.1959 als Elektriker eingestellt wurde. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung dazu angegeben, dass seine Schulzeit etwa 1956 beendet war und er bis September 1959 zeitweise gearbeitet hatte, einen Kanal gegraben oder Stromversorgung gelegt. Für diese Arbeiten habe er immer nur ein paar Groschen als Lohn bekommen. Dazu korrespondiert die im Arbeitsbuch enthaltene Bestätigung über eine Beschäftigungszeit von sieben Monaten und 20 Tagen vor September 1959. Daher kann keinesfalls die gesamte Zeit vom 01.04.1957 bis August 1959 als Ersatzzeit anerkannt werden, vielmehr müssen mindestens acht Monate einer Zeit der Beschäftigung abgezogen werden. Damit ergeben sich lediglich 21 Kalendermonate.
Zusammengefasst ergeben sich damit, einschließlich der Wehrdienstzeit, lediglich 46 Monate an möglichen Ersatzzeiten. Notwendig wären jedoch 49 Monate, damit zusammen mit den 11 Monaten an Pflichtbeitragszeit die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten/
5 Jahren für einen Anspruch auf Regelaltersrente erfüllt wäre.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Erstellt am: 11.01.2017
Zuletzt verändert am: 11.01.2017