Antrag für das Beschwerdeverfahren bei dem LSG PKH zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 16.02.2009 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 1750 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihrer Forderung gegen den Beklagten aus einem an den Beklagten gerichteten Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 19.03.1997 und einem an den Beklagten gerichteten Kostenersatzbescheid vom 19.03.1997 eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Beklagten zugrunde liegt.
Die Klägerin gewährte dem Beklagten, dessen Ehefrau und dessen 1991 und 1996 geborenen Söhnen in der Zeit vom 15.10.1995 bis zum 31.08.1996 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Außerdem zahlte sie dem Beklagten pauschaliertes Wohngeld. Der Beklagte gab bei der Antragstellung im Oktober 1995 an, einkommens- und vermögenslos zu sein. Während dieses Zeitraums war der Beklagte tatsächlich aber als freier Mitarbeiter verschiedener Firmen im Bereich der Anzeigenaquisition tätig und erzielte daraus Einkommen, das er der Klägerin gegenüber nicht angab.
Nachdem die Klägerin von dieser Tätigkeit des Beklagten Kenntnis erlangt hatte, hob sie mit Bescheiden vom 19.03.1997 die in der Zeit vom 15.10.1995 bis zum 31.08.1996 ergangenen Bescheide über die Bewilligung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt an den Beklagten und seine Familienangehörigen auf und forderte den Beklagten und seine Familienangehörigen auf, die geleistete Sozialhilfe zurückzuerstatten. Außerdem forderte sie vom Beklagten mit Bescheid vom 19.03.1997 Kostenerstattung für die an seine Ehefrau und seine Kinder gezahlten Beträge in Höhe von rund 12.000 DM. Schließlich hob sie ebenfalls mit Bescheid vom 19.03.1997 auch die Bewilligung des pauschalierten Wohngeldes auf und machte auch insoweit Erstattung geltend. Die gegen diese Bescheide eingelegten Widersprüche wies sie mit Widerspruchsbescheiden vom 06.08.1997 zurück.
Das Amtsgericht Bad J verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 20.03.2000 (Az. 2 Ls 4 Js 31076/96 (13/97)) auf Grund des Verschweigens der während des Bezuges von Sozialhilfe in der Zeit von Oktober 1995 bis August 1996 erzielten Einkünfte wegen Betruges in zwei Fällen sowie der Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, die es zur Bewährung aussetzte. Für den Bezug der Sozialhilfeleistungen 15.10.1995 bis zum 31.08.1996 verurteilte es den Beklagten wegen Betruges und bildete eine Einsatzfreiheitsstrafe von acht Monaten. Der Verurteilung lag ein Geständnis des Beklagten zu Grunde, der ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtete. Im Rahmen der Bewährungsauflage zahlte der Beklagte zur teilweisen Wiedergutmachung des Schadens während der dreijährigen Bewährungszeit monatlich 300 DM an die Klägerin.
Die Klage gegen die Bescheide vom 19.03.1997 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 06.08.1997 wies das Verwaltungsgericht P (Az. 4 A 107/02) mit Urteil vom 11.07.2002 ab. Es ging davon aus, dass der Beklagte und dessen Ehefrau gegenüber der Klägerin vorsätzlich falsche Angaben gemacht hätten. Im Rahmen des Klageverfahrens gaben der Beklagte und dessen Ehefrau ihre Einkünfte für die Zeit von Januar bis September 1996 mit 58.819 EUR netto an.
Der BekIagte betreibt nunmehr ein Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht N (Az. 85 IN 85/07). Die Klägerin meldete in diesem Verfahren Forderungen in Höhe von ca. 11.000 EUR gegen den Beklagten als Forderungen wegen unerlaubter Handlung an. Der Beklagte legte gegen diese Anmeldung Widerspruch ein.
Daraufhin hat die Klägerin am 09.06.2008 die vorliegende Klage erhoben mit dem Ziel, den deliktischen Charakter ihrer Forderungen (Sozialhilfe und Wohngeld) gegen den Beklagten feststellen zu lassen. Zur Begründung hat sie auf die Gründe des Urteils des Verwaltungsgerichts P vom 11.07.2002, 4 A 107/02, sowie auf das Strafurteil des Amtsgerichts Bad J vom 20.03.2000, 2 Ls 4 Js 31076/96 (13/97) verwiesen.
Das Sozialgericht hat das Verfahren getrennt, soweit es der Klägerin um die Feststellung des deliktischen Charakters ihrer Forderungen aus dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid betreffend die Gewährung des pauschalierten Wohngelds (ca. 4000 EUR) geht und das abgetrennte Verfahren an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass ihren Forderungen gegen den Beklagten aus dem an den Beklagten gerichteten Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 19.03.1997 und den an den Beklagten gerichteten Kostenersatzbescheid vom 19.03.1997 eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Beklagten zugrunde liegt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, bei den Urteilen des Amtsgerichts J und des Verwaltungsgerichts P handele es sich um Fehlurteile. Aus ihnen lasse sich der deliktische Charakter der Forderungen der Klägerin nicht herleiten. Denn erst hätte das Verwaltungsgericht entscheiden müssen und erst dann hätte das Amtsgericht entscheiden dürfen.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.02.2009 hat das Sozialgericht festgestellt, dass den Forderungen der Klägerin gegen den Beklagten aus dem an den Beklagten gerichteten Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 19.03.1997 und aus dem an den Beklagten gerichteten Kostenersatzbescheid vom 19.03.1997 eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Beklagten zugrunde liege. Gemäß § 185 Insolvenzordnung (InsO) sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Danach komme es für die Zulässigkeit des Rechtswegs auf den Charakter der Forderung an, die oder deren deliktischer Charakter festzustellen sei. Hier gehe es um eine sozialhilferechtliche Forderung, so dass das Sozialgericht gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zuständig sei. Gemäß § 184 Abs. 1 InsO sei der Feststellungsantrag zulässig. Denn der Beklagte bestreite den deliktischen Charakter der Forderung der Klägerin, so dass die Klägerin als Gläubigerin dieser Forderung Klage auf Feststellung des deliktischen Charakters erheben könne. Das Feststellungsbegehren sei in der Sache begründet, denn das Verhalten des Beklagten, das dem Rückforderungsbegehren der Klägerin zugrunde liege, stelle ohne Zweifel eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung im Sinne des § 174 Abs. 1 InsO dar. Dies ergebe sich nicht nur daraus, dass der Beklagte durch Urteil des Amtsgerichts Bad J u. a. wegen des hier in Rede stehenden Verhaltens strafrechtlich belangt worden sei. Auch das Verwaltungsgericht P gehe in seinem Urteil davon aus, dass der Beklagte vorsätzlich falsche Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen gemacht habe, um in den Genuss der hier in Rede stehenden zurückgeforderten Sozialhilfeleistungen für sich und seine Familienangehörigen zu gelangen. Das Gericht habe keinen Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei den beiden Urteilen dieser Gerichte um ,,Fehlurteile” handele, wie der Beklagte meine, sondern teile vielmehr die Einschätzung sowohl des Amtsgerichts Bad J als auch des Verwaltungsgerichts P unter Berücksichtigung des Akteninhalts der beigezogenen Verwaltungsvorgänge. Danach sei der Beklagte bereits bei Antragstellung umfassend über seine Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I aufgeklärt wurde, insbesondere darüber, unaufgefordert jede Änderung in seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen anzugeben. Auch sei er eingehend nach bereits vorhandenem Einkommen und Vermögen befragt worden. Wenn der Beklagte gleichwohl sein Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit als Anzeigenaquisiteur verschwiegen habe, sei es es ihm bewusst und gewollt um die rechtswidrige Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen für sich und seine Familienangehörigen gegangen.
Gegen den ihm nach eigenen Angaben am 18.02.2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 19.02.2009 vom Beklagten eingelegte Berufung. Zu deren Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. So habe das Sozialgericht nicht berücksichtigt, dass in rechtsstaatlich angemessener Weise zunächst das Verwaltungsgericht hätte entscheiden müssen und dann erst das Amtsgericht. Das Urteil des Amtsgerichts resultiere aus einem dem Beklagten von seinem damaligen Pflichtverteidiger, dem Staatsanwalt und dem Richter eingesagten Geständnis. Bezeichnenderweise sei ihm im Zuge der vorherrschenden Rechtsunsicherheit nur die teilweise Rückzahlung des vermeintlich entstandenen Schadens auferlegt worden, wobei es sich um einen Betrag handele, den die Klägerin niemals hätte zurückbekommen dürfen. Das Sozialgericht habe offenbar keine Lust gehabt, sich durch die Aktenberge zu wühlen.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 16.02.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Münster zu Az. S 12 RJ 80/08 Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die vom Sozialgericht bejahte Statthaftigkeit des Rechtswegs ist gemäß § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht mehr zu prüfen. Allerdings geht der Senat entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts davon aus, dass der Schwerpunkt des Rechtsstreits nicht bei der Anwendung von Vorschriften des Sozialversicherungsrechts liegt, sondern bei der Frage, ob die Forderung der Klägerin auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Beklagten beruht. Dabei handelt es sich aber um eine Feststellung zivilrechtlicher Art (so auch LSG Bad.-Württ., Beschl. v. 30.08.2005 – L 9 SF 863/05 B; VGH Schl.-Holst., Beschl. v. 22.05.2009 – 15 A 56/09).
In der Sache hat das Sozialgericht zu Recht und mit überzeugender Begründung festgestellt, dass den Forderungen der Klägerin eine vorsätzlich und rechtswidrig begangene unerlaubte Handlung des Beklagten zu Grunde liegt.
Der Senat nimmt zur Begründung nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG in vollem Umfang Bezug auf den angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 16.02.2009 und sieht von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Den Ausführungen des Sozialgerichts ist nichts hinzuzufügen, zumal der Kläger im Berufungsverfahren im Wesentlichen lediglich sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Auch dem Senat erschließt sich nicht, aus welchem Grund der Beklagte unter Berücksichtigung der völlig eindeutigen Sach- und Rechtslage, die nur den Schluss auf Vorsatz – wenn nicht sogar Betrugsabsicht – zulässt, das Vorliegen einer unerlaubten Handlung nach wie vor in Abrede stellt. Der Beklagte ist wegen seines Verhaltens bereits im Jahre 2000 rechtskräftig vom Amtsgericht Bad J zu einer Einsatzfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Dieser Verurteilung lag ein Geständnis des Beklagten zu Grunde, der damals zudem auf Rechtsmittel ausdrücklich verzichtet hatte. Auch das Verwaltungsgericht ist hinsichtlich des Verschweigens der vom Beklagten im damaligen Verfahren mehrfach ausdrücklich eingeräumten Einkünfte während des Sozialhilfebezuges vom Vorsatz auf Seiten des Beklagten ausgegangen. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren keine auch nur ansatzweise nachvollziehbare Erklärung dafür geliefert, aus welchem Grund es sich bei den genannten Urteilen um "Fehlurteile" handeln und das vorsätzliche Verschweigen erheblicher Einkünfte gegenüber der Klägerin keine vorsätzliche unerlaubte Handlung darstellen soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG). Danach ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Dabei geht der Senat davon aus, dass sich bei Klagen, mit denen die Feststellung begehrt wird, dass eine eine angemeldete Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht, der Streitwert nicht nach dem Nennwert der Forderung, sondern nach den späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens richtet (vgl. BGH, Beschl. v. 22.01.2009, Az. IX ZR 235/08). Sind diese, wie vorliegend, nur als gering einzuschätzen, ist es angemessen, einen Abschlag von 75 % auf den Nennwert der Forderung vorzunehmen (BGH a.a.O). Ausgehend von einem Nennwert der Forderung von etwa 7000 EUR ergibt sich der festgesetzte Streitwert in Höhe von 1750 EUR.
Erstellt am: 12.09.2011
Zuletzt verändert am: 12.09.2011