Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 03.06.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I. Im Juni 2002 zog der 1954 geborene Antragsteller in das von der Zeugin I (I.) bewohnte Haus, X 00, Bad X. Im Oktober 2003 zog der Antragsteller zusammen mit der Zeugin I. in das neu errichtete Einfamilienhaus, B 00, Bad X1 um. Die Zeugin I. ist Eigentümerin des Hauses.
Im November 2007 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch zweites Buch (SGB II). Dem Antrag war eine Mietbescheinigung der Zeugin I. beigefügt, wonach sich die Miete auf 319,67 EUR brutto beläuft. Der Antragsteller legte einen Lageplan des Hauses vor, wonach er im Obergeschoss des Einfamilienhauses in einem 18,18 m² Raum wohnt, ein 3,11 m² großes Badezimmer nutzt, das mit einer Dusche, einem Handwaschbecken und einem WC ausgestattet ist, und ihm im Erdgeschoss ein Funkraum von 12,91 m² zur Verfügung steht. Hinsichtlich der übrigen Räume des Hauses war ihm laut Lageplan bis auf zwei Zimmer und ein 16,81 m² großes Badezimmer ein Nutzungsrecht eingeräumt. Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller unter dem 25.01.2008 mit einer Rechtsfolgenbelehrung auf, wegen des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft mit der Zeugin I. die Einkommens- und Vermögensnachweise der Zeugin I. und die Kosten- und Darlehensnachweise für das Haus, Alte Ziegelei 7, Bad Wünnenberg, vorzulegen. Der Antragsteller und die Zeugin I. bestritten gegenüber der Antragsgegnerin das Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Sie gaben an, eine Wohngemeinschaft zu bilden. Durch Bescheid vom 14.01.2008 versagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Leistungen ab dem 29.11.2007 unter Berufung auf § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin am 11.02.2008 als unbegründet zurück.
Am 18.02.2008 erhob der Antragsteller Klage vor dem Sozialgericht (SG), S 13 AS 8/08 SG Detmold.
Am 02.05.2008 hat der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt.
Das SG hat die Zeugin I. vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 30.05.2008 verwiesen.
Durch Beschluss vom 03.06.2008 hat das SG den Antrag abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 04.06.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 26.06.2008 Beschwerde eingelegt. Er verfolgt sein Begehren unter Vorlage einer schriftlichen Erklärung der Zeugin I. vom 17.06.2008 weiter.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist das Begehren des Antragstellers auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 02.05.2008.
Über die Beschwerde ist nach Maßgabe des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Die Antragsgegnerin hat durch Bescheid vom 16.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2008 dem Antragsteller wegen fehlender Mitwirkung die Leistung vollständig nach § 66 SGB I versagt. Eine auf § 66 SGB I gestützte Versagung einer Leistung kann im Hauptsacheverfahren zwar nur im Wege der isolierten Anfechtungsklage überprüft werden, wobei Streitgegenstand des Verfahrens nicht der materielle Anspruch des Antragstellers, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren ist (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2004, B 1 KR 4/02 R m.w.N.). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes würde im vorliegenden Fall aber ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den angefochtenen Versagungsbescheides nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 SGG keinen effektiven Rechtsschutz bewirken. Denn mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage könnte der Antragsteller die begehrten Leistungen für den streitigen Zeitraum nicht erlangen, da die Antragsgegnerin ihm nicht eine schon bewilligte Leistung wegen fehlender Mitwirkung entzogen hat, sondern von einer sachlichen Entscheidung über den Anspruch abgesehen hat.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der geltend gemachte Leistungsanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die besondere Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Dahinstehen kann, ob der Versagungsbescheid vom 16.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2008 nach § 66 SGB I rechtmäßig ist, insbesondere ob die Antragsgegnerin berechtigt war, die Weigerung der Zeugin I., am Verfahren mitzuwirken, dem Antragsteller zuzurechnen (bejahend im Fall des Bestehens einer Einstandsgemeinschaft LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2008, L 8 AS 3380/07; verneinend unter Verweis auf die Vorschrift des § 60 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB II LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.01.2008, L 7 AS 772/07 ER und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.05.2008, L 5 B 125/08 AS ER). Gleichfalls kann offen bleiben, ob die Antragsgegnerin das ihr bei einer Entscheidung nach § 66 SGB I obliegende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat.
Jedenfalls ist kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat zur Überzeugung des Senats nicht glaubhaft gemacht, dass er hilfebedürftig nach §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II ist. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann (Nr. 2) und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Nach Aktenlage erzielt der Antragsteller zwar kein Einkommen und bezieht keine Sozialleistungen. Jedoch ist das Einkommen der Zeugin I. nach § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II zu berücksichtigen. Nach § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Der Antragsteller und die Zeugin I bilden eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II i. d. ab dem 01.08.2006 geltenden Fassung und damit eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, vorliegend des Antragstellers, eine Person, die mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein solcher wechselseitiger Wille wird u.a. nach § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II i.d. ab dem 01.08.2006 geltenden Fassung vermutet, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vermutungsregelung nach § 7 Abs. 3a SGB II vor, trägt ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger die objektive Beweislast für das Vorliegen des Gegenteils. Will ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger die gesetzliche Vermutung widerlegen, muss er damit einen Beweis dahingehend erbringen, dass entweder die von der Vermutungsregelung vorausgesetzten Hinweistatsachen nicht vorliegen oder aber andere Hinweistatsachen vorliegen, die die Vermutung entkräften, es sei der wechselseitige Wille vorhanden, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (siehe LSG NRW, Beschluss vom 18.04.2007, L 7 B 69/07 AS ER m.w.N; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. § 7 Rdz. 48). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren setzt dies anstatt eines Vollbeweises die entsprechende Glaubhaftmachung voraus.
Vorliegend greift nach Auffassung des Senats die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II ein. Der Antragsteller und die Zeugin I. leben seit mehr als 6 Jahren zusammen. Der übereinstimmende Vortrag des Antragstellers und der Zeugin I., sie bildeten lediglich eine Wohngemeinschaft sowie die schriftliche Einlassung der Zeugin I. im Beschwerdeverfahren, sie hätten keine gemeinsame Lebensgestaltung bzw. sie habe zu keinem Zeitpunkt den Antragsteller unterstützt, sind nicht geeignet die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II zu widerlegen. Dabei kann der Senat offenlassen, ob § 7 Abs. 3a SGB II nur eine Vermutungsregelung hinsichtlich des von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II geforderten wechselseitigen Einstandswillen der Partner trifft oder sich auch auf das in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II geforderte Tatbestandsmerkmal des " Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt" erstreckt (siehe zum Meinungstand LSG NRW, Beschluss vom 18.04.2007, L 7 B 69/07 AS ER m.w.N; Erstreckung der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II auf das Tatbestandsmerkmal "gemeinsamer Haushalt" bejahend: OVG Bremen, Beschluss vom 28.06.2007, S 2 B 203/07; verneinend: Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 7 Rdz. 46).
Nach derzeitigem Sach- und Streitstand besteht nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zwischen dem Antragsteller und der Zeugin I. keine reine Wohngemeinschaft, sondern eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, die das Tatbestandsmerkmal des "Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt" erfüllt. Insoweit verweist der Senat auf Gründe der angefochtenen Entscheidung (§ 142 Abs. 2 S. 2 SGG). Die vom SG genannten Hinweistatsachen insbesondere die räumliche Aufteilung der Wohnbereiche, die gemeinsame Nutzung von Mobiliar und Hausratsgegenständen der Antragstellerin, die Aufteilung der anfallenden Arbeiten im und um das Haus, die Berücksichtigung des Hobbys des Antragstellers bei Errichtung des Haus durch den Anbau eines Funkraums, das Auftreten nach Außen als wirtschaftliche Einheit, das Mitwirken der Zeugin I. an der Erziehung des Sohnes des Antragstellers in einem Zeitraum von über zwei Jahren die Verrechnung von Mietforderungen mit hohen Vorleistungen des Antragstellers, sind durch die schriftliche Einlassung der Zeugin I. im Beschwerdeverfahren nicht wirksam entkräftet worden. Das bloße Abstreiten des Vorliegens der Voraussetzungen der Vermutungsregelung und die schlichte Erklärung, nicht in einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zu leben, genügen nicht zur Widerlegung der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II (vgl. BT-Drucks. 16/1410 S. 19). Da es sich bei der Frage des Vorliegens des von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II geforderten wechselseitigen Einstandswillen im Wesentlichen um eine innere Tatsache handelt, ist der Senat auf Indizien angewiesen und es kann nicht den schlichten Behauptungen der Partner einer derartigen Gemeinschaft ausschlaggebendes Gewicht beigemessen werden (OVG Bremen, Beschluss vom 28.06.2007, S 2 B 203/07). Nach Aktenlage sind keine Umstände erkennbar, dass die Zeugin I. durch ihr berücksichtigungsfähiges Einkommen und Vermögen nicht in der Lage ist, den Bedarf des Antragstellers zu decken. Die Zeugin I. danach zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nicht auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit angewiesen. Bei ihrer Vernehmung hat sie als Beruf Hausfrau angegeben. Des weiteren ist sie in der Lage gewesen, im Jahr 2003 ein Haus zu errichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist nach § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) unbegründet, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den vorstehenden Gründen keine hinreichende Erfolgsaussicht aufweist.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG)
Erstellt am: 25.08.2008
Zuletzt verändert am: 25.08.2008