Beschwerde d. Kl. wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.02.2012 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 106.071,59 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte Zahlungen i.H.v. insgesamt 106.071,59 Euro, die aufgrund eines Schuldanerkenntnisses erfolgt sind, zurückzuzahlen hat.
Der 1954 geborene Kläger erhielt unter dem 07.01.1997 seitens der Beklagten die Zulassung, Versicherte mit orthopädischen Schuhzurichtungen und Schuhreparaturen zu versorgen. Grundlage dieser Zulassung war eine Ausnahmebewilligung der Bezirksregierung Arnsberg gemäß § 8 der Handwerksordnung als Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle zur selbständigen Ausübung des Schuhmacherhandwerks, Teiltätigkeit: Schuhreparaturen und des Orthopädieschuhmacherhandwerks, Teiltätigkeit: orthopädische Schuhzurichtungen als stehendes Gewerbe sowie die nachfolgende entsprechende Eintragung in die Handwerksrolle. Die Zulassung der Beklagten war zunächst befristet bis zum 30.09.1997. In der Folgezeit wurde diese Befristung mehrfach verlängert. Nachdem der Kläger unter dem 20.12.1999 die Meisterprüfung im Orthopädieschuhmacherhandwerk bestanden hatte und entsprechend in die Handwerksrolle eingetragen worden war, ließ ihn die Beklagte mit Wirkung vom 23.12.1999 für die Anfertigung, Instandsetzung und Abgabe von orthopädieschuhtechnischen Hilfsmitteln für ihre Versicherten zu. Unter dem 22.05.2001 erhielt der Kläger neben dem Hauptbetrieb in I noch eine Zulassungserweiterung für einen Filialbetrieb in M.
Am 20.05.2008 wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet und am 21.05.2008 wurde der Geschäftsbetrieb gemäß § 35 Abs. 2 Insolvenzordnung aus der Insolvenzmasse freigegeben. Seit September 2008 ist die Beigeladene Inhaberin der Firma Orthopädie Schuhtechnik Q O. Betriebsleiter am Betriebssitz in M ist der Orthopädieschuhmachermeister K L und Betriebsleiter am Betriebssitz in I ist der Kläger.
Nachdem der Beklagten erhebliche Ausgabensteigerungen für orthopädieschuhtechnische Leistungen aufgefallen waren, für die der Kläger als mitverantwortlich angesehen wurde, da er im Vergleich zu anderen Orthopädieschuhmachern deutlich höhere Kosten verursachte, ermittelte die Beklagte für die Zeit von 1997 bis Juni 2001 mit ihr vom Kläger insgesamt abgerechnete Kosten i.H.v. 652.296,99 DM für 961 Behandlungsfälle. Verglichen mit den durchschnittlichen Fallwerten für entsprechende Versorgungen stellte die Beklagte einen Schaden durch zu hohe Abrechnungen i.H.v. 438.707,40 DM fest. Außerdem überprüfte die Beklagte 19 Versorgungsfälle und gelangte zu dem Ergebnis, es lägen zahlreiche Beanstandungen vor, da die Versorgungen nicht den Abrechnungen entsprächen und teilweise auch Mängel vorlägen. Von den für die überprüften Versorgungen in Rechnung gestellten 41.930,92 DM seien 14.395,42 DM zu Unrecht abgerechnet worden.
Aufgrund dieser Ermittlungen kam es am 20.07.2001 zu einer Unterredung der Beklagten mit dem Kläger. An dem Gespräch nahmen neben dem Kläger auch die Beigeladene sowie vier Mitarbeiter der Beklagten teil. Der Kläger unterzeichnete folgende Erklärung:
1. Hiermit erkenne ich an, bei Versicherten der AOK Märkischer Kreis in zahlreichen Fällen Versorgungen von orthopädischen Maßschuhen und Zurichtungen an Konfektionsschuhen abgegeben zu haben, die den ärztlichen Verordnungen nicht entsprachen.
2. Außerdem wurden in einer Vielzahl von Fällen Kostenvoranschläge und Abrechnungen über die Versorgungen mit der AOK vorgenommen, die den Leistungen nicht entsprachen. Den daraus entstandenen Schaden i.H.v. 184.000,- DM bin ich bereit zurückzuzahlen.
3. Innerhalb von 10 Tagen teile ich der AOK Märkischer Kreis die Zahlungsmodalitäten mit.
4. Mir ist bekannt und bewusst, dass es sich dabei um äußerst schwerwiegende Vertragsverstöße handelt.
5. Ich werde in Zukunft dafür Sorge tragen, dass Fehlabrechnungen der mir vorgetragenen Art nicht mehr vorkommen. Die AOK hat erklärt, dass ausdrücklich künftige Prüfungen der mir vorgenommenen Versorgungen vorbehalten bleiben.
6. Ich erkenne an, dass im Falle künftiger Vertragsverstöße eine Mitteilung an alle übrigen Kassen und deren Verbände sowie der Entzug meiner Zulassung sofortige Folge sein kann; ich kann dann zu Lasten aller gesetzlichen Krankenkassen keine Leistungen mehr erbringen.
Mit Schreiben vom 27.07.2001 teilte der Kläger der Beklagten mit, zur Zurückzahlung von 184.000,- DM unterbreite er den Vorschlag, monatlich 3.000,- DM plus Zinsen von monatlich 613,30 Euro zurückzuzahlen. Dies ergebe eine monatliche Überweisung von 3.613,30 DM jeweils zum 15. des Monats. Die Beklagte übersandte dem Kläger daraufhin ein "Unwiderrufliches Schuldanerkenntnis gemäß § 781 BGB, Zahlungsvereinbarung und Abtretungserklärung", das im Wesentlichen folgenden Inhalt hatte:
" 1. Ich, der Schuldner Q O erkenne hiermit an, der AOK 184.000,- DM aus Anlass von Fehlversorgungen und Falschabrechnungen zu schulden.
Der Schuldbetrag ist mit 4,00 v.H. seit dem 01.08.2001 zu verzinsen.
2. Die Krankenkasse nimmt das Anerkenntnis an.
3. Die Schuld wird in monatlichen Raten von 3.613,30 DM inklusive der Zinsen erstmals ab 15.08.2001 beglichen.
Die weiteren Zahlungen sind zum 15. eines Monats fällig.
Bleibt der Schuldner mit einer Rate länger als 14 Tage in Verzug, wird der dann noch bestehende Restbetrag sofort zur Zahlung fällig.
4. Zur Sicherung des unter 1. bezeichneten Anspruchs wird darauf hingewiesen, dass der AOK das Recht zur Aufrechnung mit den Ansprüchen der Schuldnerin im Falle des Zahlungsverzuges verbleibt. "
Das von der Beklagten bereits am 06.08.2001 unterzeichnete Schuldanerkenntnis wurde vom Kläger am 21.08.2001 unterschrieben und der Beklagten zurückgesandt.
Nachdem der Kläger zunächst fristgemäß die Raten gezahlt hatte, bat er im August 2002 im Hinblick auf einen Umsatzrückgang um eine Neuregelung der Rückzahlungsmodalitäten. Unter dem 21.08.2002 erklärte sich die Beklagte damit einverstanden, dass ab 15.09.2002 die monatlichen Ratenzahlungen i.H.v. 1.200,- Euro erfolgen. Bis dahin verbleibe es bei der bisherigen Absprache. Mangels Zahlung durch den Kläger wurden in der Folgezeit die Zahlungen durch Verrechnungen seitens der Beklagten realisiert. Diese Verrechnungen wurden bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt, wobei ausweislich der von der Beklagten übersandten Aufstellung noch ein Restbetrag von 861,15 Euro offen ist.
Im Dezember 2005 wandte der Kläger sich, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, an die Beklagte und schlug vor, die Angelegenheit so zu erledigen, dass über die bereits geleisteten annähernd 60.000,- Euro keine weiteren Zahlungen mehr geschuldet würden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass er, der Kläger, damals mit der nicht angekündigten Verhandlung völlig überrascht worden sei. Es seien auch nur 10 Fälle diskutiert worden. Der Schaden habe sich in diesen Fällen allenfalls auf 20.000,- Euro nicht aber auf die nunmehr bereits gezahlten 60.000,- Euro belaufen können. Er habe sich seinerzeit nicht beraten lassen und könne die Unterschrift auch nicht ungeschehen machen. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin unter dem 09.01.2006 mit, sie wolle an der Vereinbarung zwingend festhalten.
Am 03.01.2007 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben und die Rückzahlung der bereits geleisteten Zahlungen sowie die Feststellung begehrt, zu weiteren Zahlungen nicht verpflichtet zu sein. Er hat vorgetragen, in dem Gespräch mit der Beklagten sei er erstmals mit dem Vorwurf des Abrechnungsbetruges konfrontiert worden und habe infolge der Überrumpelung seitens der Beklagten das Schuldanerkenntnis unterzeichnet. Das abstrakte Schuldanerkenntnis vom 21.08.2001 sei nach § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig, da es gegen die guten Sitten verstoße. Ein Schadensersatzanspruch scheide bereits aus Rechtsgründen aus. Die Beklagte habe ihm zu keiner Zeit das Recht der Nachbesserung eingeräumt. Im Übrigen verjährten Gewährleistungsansprüche nach sechs Monaten. Außerdem sei der Anerkennungsbetrag ungefähr zehnmal so hoch wie der möglicherweise in Betracht kommende Schadensbetrag. Hinzu komme die Tribunalsituation. Zumindest seien die Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht, da das Schuldanerkenntnis nach § 812 BGB kondiziert werden könne.
Der Kläger hat eine Sicherungsübereignung vom 08.08.2007 vorgelegt, wonach zur Sicherung der aktuell valutierten Darlehensansprüche der Frau F L und auch etwaiger weiterer Darlehen die Forderung gegen die AOK in voller Höhe abgetreten werde, die im Falle der Verwertung bzw. Verrechnung nur bis zur Höhe der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Gesamtforderung beansprucht werden dürfe. Während des Insolvenzverfahrens wurde die hier klageweise gegen die Beklagte geltend gemachte Forderung nochmals an die Beigeladene abgetreten und die Abtretung alsdann von der Gläubigerversammlung genehmigt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 106.071,59 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2008 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, das Abrechnungsverhalten des Klägers habe erhebliche Implausibilitäten aufgewiesen, was die Beklagte zum Anlass genommen habe, mit dem Kläger am 20.07.2001 ein Gespräch zu führen. Im Rahmen dieses Gesprächs habe er die Erklärung vom 20.07.2001 unterzeichnet und alsdann am 27.07.2001 Zahlungsmodalitäten zur Schadensbegleichung mitgeteilt. Erst unter dem 21.08.2001 habe er das Schuldanerkenntnis unterzeichnet. Dieser Zeitablauf verdeutliche, dass der Kläger hinreichend Gelegenheit gehabt habe, die Umstände seiner Erklärung zu reflektieren. Der Kläger habe auch bislang zu keinem Zeitpunkt die vergleichsweise festgesetzte Schadenshöhe in Frage gestellt.
Durch Beschluss vom 14.05.2009 hat das SG Frau F L (im Folgenden: Beigeladene) zunächst zum Verfahren beigeladen und durch weiteren Beschluss vom 02.09.2010 diese Beiladung wieder aufgehoben und gleichzeitig das Rubrum dahingehend geändert, dass wegen Parteiwechsels allein die Beigeladene Klagepartei sei. Mit Urteil vom 22.09.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Nachdem der Kläger und die Beigeladene Berufung eingelegt hatten, hat das SG am 30.05.2011 seinen Beschluss vom 02.09.2010 aufgehoben und das ursprüngliche Rubrum entsprechend dem Beschluss vom 14.05.2009 wiederhergestellt.
Durch Urteil vom 8.02.2012 hat das SG die Klage des Klägers abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm an die Beklagte geleisteten Beträge i.H.v. 106.071,59 Euro. Die Voraussetzungen des allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 812 BGB seien nicht erfüllt. Die Zahlung sei nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt. Rechtsgrund der Zahlung sei vielmehr das unwiderrufliche Schuldanerkenntnis, welches rechtswirksam sei.
Gegen das ihm am 17.02.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.03.2012 Berufung eingelegt.
Durch Urteil des Senats vom 29.11.2012 sind die Urteile des SG Dortmund vom 22.09.2010 und vom 08.02.2012 aufgehoben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückverwiesen worden. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers und der Beigeladen ist durch Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.09.2013 das Urteil des Senats geändert worden, soweit der Rechtsstreit hinsichtlich des Urteils des SG vom 22.09.2010 zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückverwiesen worden ist und hinsichtlich des Urteils des SG Dortmund vom 08.02.2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden.
Der Kläger verfolgt sein Begehren nunmehr weiter und meint, es sei nicht zutreffend, dass mit dem Schuldanerkenntnis sämtliche Einwendungen gegen das Grundgeschäft wegen eines vergleichsähnlich wirkenden Anerkenntnisses ausgeschlossen sein sollten. Vielmehr sei der Kläger hier "überfahren" worden. Eine Zahlungsverpflichtung seitens des Klägers habe nicht bestanden. Entsprechend dem Rahmenvertrag seien Mängel nach den Vorgaben des BGB zu bearbeiten und deshalb bei mangelhaften oder angeblich mangelhaften Leistungen zunächst eine Nachbesserung anzubieten, bevor ein Schadensersatzanspruch in Betracht komme. Es bestehe deshalb ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückgängigmachung des Anerkenntnisses. Außerdem sei das Schuldanerkenntnis wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Wenn lediglich 10 Einzelstücke mangelhaft gewesen und erwähnt worden seien, könne nicht ein Pauschalbetrag vom Gesamtumsatz als Schaden geltend gemacht werden. Selbst bei Mangelhaftigkeit bestehe ein Wahlrecht zwischen Minderung, Rücktritt oder Schadensersatz. Im Übrigen seien Plausibilitätsprüfungen im Bereich der Hilfsmittelversorgung nicht vorgesehen und überdies im Hinblick auf die erfolgten Genehmigungen auch unsinnig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.02.2012 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Beigeladene 106.071,59 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 16.05.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger sei bereits während seiner anfänglichen befristeten Zulassung hinsichtlich seines Abrechnungsverhaltens und seiner Leistungserbringung auffällig gewesen. Bezogen auf das Abrechnungsverhalten sei festzustellen, dass der Kläger im Vergleich zu seinen Fachkollegen je Abrechnungsfall weitaus höhere Kosten in Rechnung gestellt habe. So habe er beispielhaft im Jahre 1998 den durchschnittlichen Fallwert seiner Kollegen in Westfalen-Lippe um das Vierfache überschritten. Neben dieser Betrachtungsweise habe die Beklagte im Vorfeld zu den Gesprächen mit dem Kläger versucht, die statistisch auffälligen Überschreitungen einzelfallbezogen zu hinterfragen und im Rahmen von Stichproben Versichertenbefragungen vorgenommen. Hierbei sei anzumerken, dass in 18 von 19 Fällen Beanstandungen, die zu einer höheren Abrechnung geführt hätten, festzustellen gewesen seien. Lediglich eine der zu begutachtenden Versorgungen sei nicht zu beanstanden gewesen. Die bei den Versicherten durchgeführten Prüfungen hätte die erhebliche statistische Auffälligkeit des Abrechnungsverhaltens des Klägers untermauert. Besonders problematisch sei, dass die abgerechneten Leistungen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen hätten. Für die Beklagte habe damit festgestanden, dass zu Unrecht überhöhte Abrechnungen erfolgt seien. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen habe die Beklagte sodann das Gespräch mit dem Kläger gesucht und ihn auf die erheblichen Überschreitungen im Vergleich zur Fachgebietsgruppe hingewiesen und ihn mit den Feststellungen in 18 Einzelfällen konfrontiert. Der Kläger habe daraufhin in dem Gespräch am 20.07.2001 die Fehlabrechnungen eingestanden und aus diesem Grunde die Erklärung vom 20.07.2001 abgegeben. Am 27.7.2001 habe er Zahlungsmodalitäten mitgeteilt und am 21.8.2001 das Schuldanerkenntnis unterzeichnet. Es liege somit ein hinreichender Leistungsgrund vor. Der Kläger habe auch ausreichend Gelegenheit gehabt, die Rechtsangelegenheit bereits vor Unterzeichnung des Schuldanerkenntnisses rechtlich prüfen zu lassen. Es sei auch keine unverhältnismäßig hohe Zahlung vom Kläger verlangt worden. Im Übrigen indiziere der Umstand, dass der Kläger die Schadensrückführung bis zum letzten Zahlbetrag geduldet habe, die bei ihm bestehende subjektive Sicht, zur Rückzahlung auch verpflichtet gewesen zu sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des streitigen Betrages in Höhe von 106.071,59 Euro nebst Zinsen.
Der Kläger, der gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 265 Zivilprozessordnung (ZPO) prozessführungsbefugt ist, weil die Veräußerung der streitbefangenen Forderung an die Beigeladene keinen Einfluss auf den Fortgang des Rechtsstreits hat (vergleiche Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 141 Rz. 18b; BSG, Urteil vom 25.11.1998, B 6 KA 75/97 R, SozR 3-2500 § 116 Nr. 17), macht sein Begehren zulässigerweise mit der echten Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend, denn es handelt sich bei der auf Rückzahlung des streitigen Betrages gerichteten Klage eines Leistungserbringers gegen die Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis; zwischen den Beteiligten besteht hier insoweit kein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis.
Da der Kläger die Zahlungen, deren Rückerstattung er nunmehr begehrt, infolge des zwischen ihm und der Beklagten geschlossenen Anerkenntnisses geleistet hat, besteht der Rückerstattungsanspruch nur, wenn und soweit diese Zahlungen zu Unrecht erfolgt sind. Dies ist, wovon auch der Kläger ausgeht, der Fall, sofern das Anerkenntnis unwirksam ist oder kondiziert werden kann bzw. ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch besteht. Beide Alternativen scheiden jedoch aus.
Rechtsgrundlage der Leistungsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Hilfsmittellieferanten und deren vertraglicher Ausgestaltung ergaben sich in der hier maßgeblichen Zeit von 1997-2001 aus § 126 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 127 SGB V jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der Gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21.12.1992. Während die Zulassung zur Versorgung der Versicherten als Grundverhältnis stets dem öffentlichen Recht zugeordnet wurde, wurden die vertraglichen Beziehungen zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen – ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur der Beziehungen der Krankenkassen zu ihren Mitgliedern – bis Dezember 1999 nach herrschender Meinung dem privaten Recht zugeordnet. Mit der Neufassung des § 69 SGB V durch das Gesundheitsreformgesetz vom 22.12.1999 sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern und ihren Verbänden seit dem 1.1.2000 öffentlich-rechtlicher Natur (vergleiche BSG, Urteil vom 25.09.2001, B 3 KR 3/01 R, SozR 3-2500 § 69 Nr.1). Nach § 69 S. 1SGB V werden die Leistungsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern und deren Verbänden nunmehr abschließend durch die §§ 69-140h SGB V und die §§ 63, 64 SGB V geregelt. § 69 S. 3 SGB V ordnet ergänzend die entsprechende Heranziehung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches an, soweit diese mit den Vorgaben des SGB V vereinbar sind.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze sollte durch die als unwiderrufliches Schuldanerkenntnis gemäß § 781 BGB bezeichnete Erklärung des Klägers vom 21.08.2001 ein öffentlich-rechtlicher Anspruch der Beklagten begründet werden.
Gegenstand und Zweck des Anerkenntnisses sind insoweit öffentlich-rechtlich geprägt. Sie betreffen die Abwicklung des Verhältnisses zwischen einer Krankenkasse und einem Leistungserbringer und damit einen öffentlich-rechtlich geordneten Sachbereich, in dem Regelungen des BGB nur ergänzend Anwendung finden. Die schriftliche Erklärung des Klägers diente der Festlegung und Konkretisierung eines Rückforderungsanspruchs der Beklagten als Auswirkung der Beziehungen zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer und damit der Erfüllung der der Beklagten obliegenden Aufgabe, überzahlte Leistungen zurückzufordern. Zumindest in den Fällen, in denen ein Schuldanerkenntnis letztlich der Realisierung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bzw. eines zuvor bestandenen Anspruchs gemäß § 812 BGB dienen soll, ist ein Schuldanerkenntnis in entsprechender Anwendung der §§ 780,781 BGB grundsätzlich auch im Verhältnis Krankenkasse und Leistungserbringer zulässig, was letztlich auch der Kläger nicht in Abrede stellt (Häuser in: Soergel, BGB, §§ 780,781 Nr. 4; wohl verneinend LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.11.2010, L 1 KR 72/09). Das SGB V enthält keine abschließende Regelung zu Rückerstattungsansprüchen und ihrer Geltendmachung mittels eines Schuldanerkenntnisses.
Selbständige, auch als abstrakt oder konstitutiv bezeichnete Schuldversprechen oder -anerkenntnisse nach §§ 780, 781 BGB begründen eine vom zugrundeliegenden Rechtsverhältnis unabhängige Verpflichtung (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.1987 – III ZR 205/86 – ). Dagegen haben bestätigende auch als deklaratorisch oder kausal bezeichnete Schuldversprechen oder -anerkenntnisse den Zweck, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen und dieses Schuldverhältnis insoweit endgültig festzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 27.01.1988 – IV b ZR 82/86 -). Welche Form des Schuldversprechens oder -anerkenntnisses vorliegt, ist eine Frage der Auslegung.
Ein Schuldanerkenntnisvertrag i.S.d. § 781 BGB begründet ein selbständiges, von den zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen losgelöstes Schuldverhältnis, das für sich allein eine ausreichende Grundlage für den anerkannten Anspruch bildet. Jene Rechtsbeziehungen, die zur Abgabe des Schuldanerkenntnisses geführt haben, stellen aber dessen Rechtsgrund dar, was zur Folge hat, dass, wenn sie den anerkannten Leistungsanspruch nicht rechtfertigen, das Anerkenntnis zurückgefordert werden kann. Ein solcher Rückforderungsanspruch kommt lediglich dann nicht in Betracht, wenn die Parteien mit dem Anerkenntnis einen Streit über eine Unsicherheit oder den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses beenden und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des anerkannten Anspruchs eine klare Rechtslage schaffen wollten. Ist dies der Fall, dann unterscheidet sich der konstitutive Schuldbestätigungsvertrag vom sog. deklaratorischen Schuldanerkenntnis nur dadurch, dass er im Gegensatz zu diesem abstrakt ist, also einen selbständigen Anspruchsgrund bildet (vgl. BGH, Beschluss vom 24.10.1985 – III ZR 35/85 – ). Ob ein Schuldanerkenntnisvertrag i.S.d. § 781 BGB im konkreten Fall nach dem Willen der Vertragschließenden den endgültigen Ausschluss etwaiger bis dahin begründeter Einwendungen zur Folge haben soll, ist eine Frage der Auslegung (vgl. BGH a.a.O.).
Die Auslegung ergibt, was seitens der Beteiligten auch nicht in Abrede gestellt wird, dass der Kläger ein selbständiges Schuldanerkenntnis abgegeben hat. Das folgt schon aus der in der Überschrift der Erklärung des Klägers vom 21.08.2001, die seitens der Beklagten am 06.08.2001 unterzeichnet wurde, ausdrücklich erwähnten Kennzeichnung als "Unwiderrufliches Schuldanerkenntnis gemäß § 781 BGB". Auch aus den übrigen Umständen ergibt sich, dass die gesamte Zahlungsverpflichtung des Klägers, wie von ihm auch nicht in Abrede gestellt wird, unabhängig und losgelöst von dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis als Leistungserbringer begründet werden sollte.
Am 20.7.2001 fand eine Unterredung zwischen der Beklagten und dem Kläger statt, die die von der Beklagten festgestellten Überzahlungen betraf. Die Beklagte hatte zuvor die an den Kläger geleisteten Zahlungen in 19 Versorgungsfällen überprüft, dabei ergab sich, dass Leistungen i.H.v. 14.395,42 DM – bei insgesamt in Rechnung gestellten 41.930,92 DM ohne Rechtsgrund erfolgte waren, da die Versorgungen in 18 Versorgungsfällen nicht den Abrechnungen entsprachen. Außerdem hatte der Kläger im Vergleich zu den übrigen orthopädieschuhtechnischen Leistungserbringern je Abrechnungsfall weitaus höhere Kosten in Rechnung gestellt und den durchschnittlichen Fallwert regelmäßig um ein Mehrfaches überschritten. Die Beklagte ging auf dieser Basis von ungerechtfertigten Zahlungen i.H.v. 438.707,40 DM aus. Durch die Erklärung vom 20.7.2001 haben die Beteiligten Zweifel und Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der Überzahlungen endgültig beigelegt, indem der Kläger die Ausstellung überhöhter Rechnungen sowie dadurch erhaltene ungerechtfertigte Zahlungen i.H.v. 184.000 DM anerkannt hat. Nachdem der Kläger mithin am 20.7.2001 eine Erklärung unterzeichnet hatte, mit der der Streit zwischen den Beteiligten über Ausmaß und Höhe der Überzahlungen beigelegt werden sollte, wäre die Unterzeichnung eines weiteren deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ins Leere gelaufen; auch dies spricht dafür, dass die Erklärungen der Beteiligten vom 06.08.2001 und 21.08.2001 ein abstraktes Schuldanerkenntnis begründeten. Auch die Formulierung in dem Schuldanerkenntnis, dass die Summe von 184.000,- DM "aus Anlass von Fehlversorgungen und Falschabrechnungen" geschuldet werden, macht deutlich, dass eine unabhängige Verpflichtung begründet werden sollte.
Dieses Schuldanerkenntnis ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang behauptet, eine mangelhafte Versorgung habe nicht bzw. nicht in dem Umfang des in dem Schuldanerkenntnis genannten Betrages von 184.000,- DM vorgelegen bzw. sei nicht nachgewiesen und die Beklagte habe auch die Vorgaben des Rahmenvertrages bei mangelhafter Leistungserbringung nicht eingehalten, liegen diese Ausführungen neben der Sache. Grundlage des Schuldanerkenntnisses war zu keinem Zeitpunkt – wie der Kläger vorgibt – eine schlechte bzw. mangelhafte Leistung des Klägers. In Rede stand vielmehr allein ein über viele Jahre begangener Abrechnungsbetrug. Dies ergibt sich sowohl aus der Formulierung in dem Schuldanerkenntnis, das aus Anlass von "Fehlversorgungen und Falschabrechnungen" der streitige Betrag geschuldet werde als auch aus der Erklärung des Klägers, die er unter dem 20.07.2001 abgegeben hat. Diese Erklärung beinhaltet sowohl unter Ziff. 1 als auch unter Ziff. 2 die Einräumung eines Abrechnungsbetruges, da entweder den ärztlichen Verordnungen nicht Folge geleistet wurde bzw. die Abrechnungen nicht den Versorgungen entsprachen.
Da der Kläger in der Erklärung vom 20.07.2001 nach Konfrontation mit den Ermittlungen der Beklagten, die Überzahlungen von mehr als 400.000 DM ergaben, ungerechtfertigte Leistungen seitens der Beklagten i.H.v. 184.000,- DM eingeräumt hat, ist nicht ersichtlich, dass – wie der Kläger meint – ein auffälliges Missverhältnis zwischen den in Betracht kommenden Überzahlungen und dem Anerkenntnisbetrag besteht. Das abstrakte Schuldanerkenntnis ist auch entgegen der Behauptung des Klägers nicht bereits in dem ersten Gespräch mit der Beklagten unterzeichnet worden, sondern der Kläger hat nach dem Gespräch am 20.07.2001 eine hinreichende Überlegungszeit gehabt und unter dem 27.07.2001 sogar selbst in einem Brief an die Beklagte einen Vorschlag zur Zurückführung des Betrages von 184.000,- DM plus Verzinsung und der insoweit monatlich aufzubringenden Raten unterbreitet. Erst nach Eingang dieses Schreibens ist dem Kläger seitens der Beklagten das Anerkenntnis gemäß § 781 BGB zugesandt worden und alsdann vom Kläger am 21.08.2001 unterschrieben worden.
Maßgebliche Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des abstrakten Schuldanerkenntnisses hat der anwaltlich vertretene Kläger offenbar auch erst mit Klageerhebung erkannt. Ansonsten wäre der vorgerichtliche anwaltliche Schriftsatz von Dezember 2005, in dem der Kläger vorgeschlagen hat, dass der Beklagten die bereits gezahlte Summe von 60.000,- Euro verbleiben und sie nur auf weitere Zahlungen verzichten solle, nicht verständlich.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist auch die Rückforderung des Anerkenntnisses ausgeschlossen. Es lagen hier – wie oben dargelegt – gerade Unsicherheiten über die in Frage stehenden Rechtsbeziehungen vor. Es war unklar, in welchem genauen Ausmaß ein Abrechnungsbetrug vorlag. Anlass für das Schuldanerkenntnis waren die seitens der Beklagten festgestellten fehlerhaften Abrechnungen und Abrechnungsimplausibilitäten, die erhebliche Überzahlungen seitens der Beklagten ergaben. Mit dem Schuldanerkenntnis haben sich die Beteiligten auf die Höhe der betrugsbedingten Überzahlung und die zurückzuzahlende Summe geeinigt, so dass der Zweck des Schuldanerkenntnisses auch die Beseitigung eines Streits bzw. der Ungewissheit über die genaue Höhe des durch die Falschabrechnungen verursachten ungerechtfertigten Zahlungen ist. Da durch das Schuldanerkenntnis, wie dargelegt, eine klare, für beide Beteiligte verbindliche konstitutive Regelung getroffen wurde, scheidet ein Rückforderungs- bzw. Erstattungsanspruch hinsichtlich des Anerkenntnisses aus.
Soweit der Kläger meint, Implausibilitäten seien seitens der Beklagten im Berufungsverfahren erfunden worden, ist dies mehr als befremdlich, da die entsprechenden Aufstellungen seitens der Beklagten bereits 2001 gefertigt wurden und offensichtlich auch der Unterredung mit dem Kläger zugrundelagen. Auch ist auffällig, dass der Prozessbevollmächtigte offensichtlich stets missverstehen will, dass es nicht um mangelhafte Versorgung, sondern allein um fehlerhafte bzw. falsche Abrechnungen und damit um ein betrügerisches Verhalten geht.
Nach alledem besteht der geltend gemachte Zahlungsanspruch des Klägers nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht, da die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Gemäß § 197 a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) ist der Streitwert auf 106.071,59 Euro festzusetzen.
Erstellt am: 08.01.2015
Zuletzt verändert am: 08.01.2015