Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.04.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger war vom 01.05.2010 bis 31.10.2013 Mitglied der Beklagten. Gegen den Bescheid der Beklagten vom 20.09.2016, mit dem diese eine Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung ablehnte, legte er am 20.09.2016 per E-mail und am 30.09.2016 schriftlich (per Post) Widerspruch ein.
Am 23.12.2016 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben.
Am 16.01.2017 hat die Beklagte über den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid entschieden.
Am 27.01.2017 hat der Kläger seine Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Diese sei wegen seines Rehabilitationsinteresses und Amtshaftungsansprüchen zulässig.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 04.04.2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass für eine Fortsetzungsfeststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Gegen den Widerspruchsbescheid habe der Kläger gesondert Klage erhoben.
Gegen den ihm am 08.04.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.04.2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er an, dass eine Wiederholungsgefahr bestehe, weil er noch die Korrektur alter Bescheide von der Beklagten erwarte. Derzeit seien keine Widersprüche von ihm bei der Beklagten mehr offen. Er rechne aber damit, dass die Beklagte wieder Verwaltungsverfahren verzögern werde, wenn es um die Beitragsrückzahlung gehe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.04.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.09.2016 ohne sachlichen Grund in angemessener Frist nicht beschieden habe.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die (Fortsetzungs-)Feststellungsklage war unzulässig.
Die Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat sich durch den Erlass des Widerspruchsbescheids erledigt. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach dem Wortlaut des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG statthaft, wenn sich ein Verwaltungsakt während eines laufenden Klageverfahrens durch Zurücknahme oder anders erledigt hat. Aufgrund der Tatsache, dass neben der Anfechtungssituation weitere Fälle denkbar sind, in denen der Kläger auch nach Erledigung der Hauptsache ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns hat, wird die Fortsetzungsfeststellungsklage über ihren Wortlaut hinaus auch auf andere Klagearten angewandt oder es ist jedenfalls die allgemeine Feststellungsklage nach § 55 SGG statthaft (Schütz in jurisPK-SGG, 1. Auflage, 2017, § 131 Rn. 34). In jedem Fall bedarf es eines besonderen Feststellungsinteresses. Vorliegend besteht kein solches schützenswertes Interesse des Klägers auf die Feststellung, dass die Beklagte seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.09.2016 ohne sachlichen Grund in angemessener Frist nicht beschieden habe.
Dass eine solche Entscheidung auch in einem anderen Rechtsstreit von Bedeutung sein könnte, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat kein entsprechendes Verfahren benannt. Soweit er eine Amtshaftungsklage beabsichtigen sollte, wäre für ein Feststellungsinteresse erforderlich, dass die beabsichtigte Amtshaftungsklage eine gewisse Aussicht auf Erfolg hat. Dies ist schon mangels erkennbarem Schaden nicht der Fall. Zwar sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit daran gehindert, den Amtshaftungsanspruch vollständig zu prüfen. Allerdings entspricht es dem Grundsatz, dass niemand die Gerichte in Anspruch nehmen darf, ohne dass eine Aussicht besteht, dass er seine Rechtschutzposition verbessern kann, den über das Fortsetzungsfeststellungsinteresse befindenden Gerichten, eine oberflächliche Prüfung zuzubilligen, ob ein Erfolg der beabsichtigten Amtshaftungsklage möglich ist. Dies bedeutet, dass das (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresse jedenfalls dann zu verneinen ist, wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass der behauptete Amtshaftungsanspruch – wie hier – unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht und sich dies ohne eine ins Detail gehende Würdigung aufdrängt (Schütz in jurisPK-SGG, 1. Auflage, 2017, § 131 Rn. 47).
Ein Rehabilitationsinteresse ist ebenfalls nicht gegeben. Ein solches kann angenommen werden, wenn der Kläger durch das Verwaltungshandeln ideell geschädigt worden ist. In Betracht kommt dies bei Entscheidungen mit diskriminierender, die Menschenwürde bzw. die Persönlichkeitsrechte oder das Ansehen erheblich beeinträchtigender Wirkung (Schütz in jurisPK-SGG, 1. Auflage, 2017, § 131 Rn. 48). Selbst wenn der Kläger vorliegend am 20.09.2016 wirksam Widerspruch eingelegt haben sollte und die Beklagte bis zum 20.12.2016 hätte entscheiden müssen, ist – insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kläger nicht mehr Mitglied der Beklagten war – eine erhebliche Beeinträchtigung durch eine Verzögerung von weniger als einem Monat nicht im entferntesten denkbar. Darüber hinaus dürfte der Widerspruch per E-Mail nicht wirksam eingelegt worden sein (§ 84 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG). Eine E-Mail genügt nicht der Schriftform. Ab dem Zeitpunkt, zu dem der Widerspruch in Schriftform vorlag, waren bis zur Erhebung der Untätigkeitsklage keine drei Monate vergangen.
Die zuletzt vom Kläger behauptete Widerholungsgefahr besteht nicht. Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (Schütz in jurisPK-SGG, 1. Auflage, 2017, § 131 Rn. 49). Derzeit sind keine Widerspruchsverfahren des Klägers bei der Beklagten offen. Allein dass der Kläger beabsichtigt, zu irgendeinem nicht näher spezifizierten Zeitpunkt in der Zukunft erneut Anträge bei der Beklage zu stellen, begründet keine konkrete Gefahr, dass die Beklagte dann über einen eventuellen Widerspruch des Klägers nicht in angemessener Frist entscheiden wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 16.07.2018
Zuletzt verändert am: 16.07.2018