NZB zurückgenommen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten rückwirkend die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2001.
Der am 00.00.1953 in der Türkei geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und lebt seit 1979 in Deutschland. Hier arbeitete er als angelernter Arbeiter der S H, Fa. G X GmbH & Co KG in X, zunächst als Pressen- und ab dem 01.09.1994 als Ofenarbeiter (Arbeitgeberauskunft vom 30.11.1998, eingeholt im Verfahren S 38 RJ 268/98 des Sozialgerichts Dortmund). Es handelte sich dabei um eine körperlich schwere Tätigkeit im Stehen.
Aufgrund eines Bandscheibenvorfall-Rezidiv L4/L5 rechts mit Operation am 19.08.1997 bestand bei ihm Arbeitsunfähigkeit ab dem 15.08.1997 (AU-Erstbescheinigung Dr. T, I, vom 15.08.1997). Wegen dieser Krankheit war der Kläger erstmals am 10.01.1990 arbeitsunfähig erkrankt. Unter Anrechnung von Krankengeldzeiträumen vom 16.01.- 26.01.1996 (11 Tage) und vom 27.05. – 16.07.1997 (51 Tage) berechnete die Beklagte einen Restanspruch auf Krankengeld bis zum 11.12.1998 (484 Tage). Vor Ablauf der Krankengeldzahlung zog die Beklage von der LVA-Oberfranken-Mittelfranken, heute Deutsche Rentenversicherung Oberfranken-Mittelfranken (im Folgenden: DRV Oberfranken-Mittelfranken), ein Rentengutachten des Internisten Dr. G (Gutachten vom 13.07.1998, Untersuchungstag 07.07.1998) bei, wonach der Kläger noch leichte bis mittelschwere vollschichtige Arbeiten ohne Wechselschicht und Zeitdruck verrichten könne.
Mit Bescheid vom 30.10.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Anspruch auf Krankengeld werde am 11.12.1998 enden. Sie führte aus, der Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit bestehe für längstens 78 Wochen innerhalb eines Drei-Jahres-Zeitraums. Dieser Zeitraum laufe am 09.01.1999 ab. Danach könne ein Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit erst wieder entstehen, " wenn Sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen. Sofern Sie diese Voraussetzungen erfüllen, bitten wir Sie, sich zur Klärung eines möglichen Krankengeldanspruchs mit uns in Verbindung zu setzen." Auf der Grundlage eines Sachverständigengutachten vom 31.08.1999 (Untersuchungstag 07.06.1999) des Orthopäden H (" aufgrund der doch sehr deutlichen Myeloneinengung im Segment L4/5 könne derzeit nicht unterstellt werden, dass der Kläger noch regelmäßig arbeiten könne") bewilligte die DRV Oberfranken-Mittelfranken dem Kläger mit Bescheid vom 17.11.1999 rückwirkend Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01. 08.1998 bis zum 31.03.2001 (außergerichtlicher Vergleich vom 21.10.1999 im Verfahren S 38 RJ 268/98 SG Dortmund). Die Beklagte meldete daraufhin gegenüber der DRV Oberfranken-Mittelfranken für den Zeitraum 01.08.1998 bis zum 11.12.1998 aufgrund ihrer Krankengeldzahlungen einen Erstattungsanspruch über 5.458,83 DM an (Schreiben vom 01.12.1999), der am 16.12.1999 abgerechnet wurde.
Mit Schreiben vom 18.12.2000 informierte die DRV Oberfranken-Mittelfranken den Kläger über den Wegfall der Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit zum 31.03.2001. Das Schreiben enthielt den Hinweis: "Auch wenn Sie bereits einen Antrag auf Weitergewährung der Rente gestellt haben, empfehlen wir Ihnen, noch vor einem möglichen Wegfall der Rente evtl. bestehende Ansprüche bei anderen Sozialleistungsträgern unverzüglich geltend zu machen. Dieser Hinweis ergeht, damit Ihnen keine Nachteile durch eine unterlassene, rechtzeitige Antragstellung, wie z.B. dem Arbeitsamt, entstehen."
Trotz dieses Hinweises meldete sich der Kläger erst Mitte Mai 2001 beim damaligen Arbeitsamt I, heute Bundesagentur/Geschäftsstelle I, arbeitsuchend und bezog ab dem 14.05.2001 Arbeitslosengeld (Leistungsnachweis vom 12.06.2002); eine Nachfrage oder Meldung bei der Beklagten erfolgte nicht. Sein Antrag auf Weiterzahlung seiner Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31.03.1999 hinaus blieb erfolglos (Bescheid vom 07.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2001 auf der Grundlage eines internistischen Gutachtens von Dr. G vom 26.03.2001 (Untersuchungstag 20.03.2001) und eines orthopädischen Gutachtens von Dr. G1 vom 10.04.2001 (Untersuchungstag 05.03.2001). Rechtsmittel gegen die Ablehnung legte der Kläger nicht ein.
Auf seinen weiteren Rentenantrag vom 15.01.2002 bewilligte ihm die DRV Oberfranken-Mittelfranken mit Bescheid vom 03.06.2004 (Ablehnungsbescheid vom 17.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2002, zusprechendes Urteil des SG Dortmund vom 25.07.2003 (Az: S 34 RJ 252/02), Berufungsrücknahme der DRV Oberfranken-Mittelfranken am 30.04.2004 (Az: L 14 RJ 143/03 LSG NRW) ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 01.01.2002. Grundlage hierfür war ein Sachverständigengutachten des Arztes für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. X vom 21.02.2003 (Untersuchungstag 10.02.2003).
Bereits am 08.01.2004 hatte der Kläger bei der Beklagten rückwirkend die Zahlung von Krankengeld für weitere 78 Wochen ab dem 01.04.2001 (Wegfall der Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit) beantragt. Als Ofenarbeiter sei er seit dem 15.08.1997 durchgehend bis heute arbeitsunfähig krank. Durch die rückwirkende Zahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 01.08.1998 sei es in rechtlicher Hinsicht nicht zu einer Ausschöpfung seines Krankengeldanspruchs innerhalb der bis zum 09.01.1999 laufenden Blockfrist gekommen. Mit Beginn der neuen Blockfrist ab dem 10.01.1999 habe ihm deshalb bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich wieder ein Anspruch auf Krankengeld zugestanden. Zwar sei seine Arbeitsunfähigkeit in der fraglichen Zeit der Beklagten nicht gemeldet worden, jedoch beruhe dies ausschließlich auf den unrichtigen Ausführungen im Bescheid der Beklagten vom 30.10.1998. Hierdurch sei ihm der rechtlich unrichtige Eindruck vermittelt worden, dass eine erneute Meldung der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit nach Wegfall der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ihn solange sinnlos sein müsse, als nicht die dort genannten Voraussetzungen erfüllte seien. Dabei sah er seine Rechtsauffassung durch eine Entscheidung des erkennenden Senats vom 05.02.1998 (Az.: L 16 Kr 82/97 LSG NRW) bestätigt, wonach die Beklagte sich nicht auf ein Ruhen des Krankengeldanspruchs nach § 49 Abs 1 Nr 5 Sozialgesetzbuch V (SGB V) berufen könne, wenn sie selbst durch ein unrichtiges Aussteuerungsschreiben bei einem Versicherten den Eindruck erweckt habe, eine erneute Meldung von Arbeitsunfähigkeit sei zur Erlangung von Krankengeld sinnlos.
Mit Bescheid vom 17.06.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, unabhängig von der Frage, ob der Kläger ab dem 01.04.2001 tatsächlich arbeitsunfähig gewesen sei, könne eine Gewährung von Krankengeld schon deshalb nicht erfolgen, weil eine solche Arbeitsunfähigkeit ihr jedenfalls nicht rechtzeitig gemeldet worden sei. Auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien nicht erfüllt. Der hiergegen am 23.06.2004 eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 07.09.2004).
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 14.09.2004 vor dem Sozialgericht Dortmund unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens Klage erhobenen. Er hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2004 zu verurteilen, ihm Krankengeld für die Zeit vom 01.04.2001 bis 31.12.2001 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 15.06.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe keine ihr obliegenden Beratungspflicht verletzt, da im Zeitpunkt des Aussteuerungsbescheides vom 30.10.1999 die spätere Rentengewährung nicht absehbar gewesen sei. Darüber hinaus sei dieser Hinweis der Beklagten auch nicht nur dahingehend zu verstehen gewesen, dass ausschließlich unter den dort genannten Voraussetzungen ein erneuter Krankengeldanspruch entstehen könne.
Gegen das ihm am 23.06.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.06.2005 Berufung eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag hat er weiter vorgetragen, der ihm am 30.10.1999 erteilte Hinweis sei in jedem Fall unvollständig gewesen und habe nur den Anschein der Vollständigkeit erweckt. Dies allein mache ihn bereits unrichtig, selbst wenn er teilweise zutreffend gewesen sei. Zudem habe sich spätestens mit der Abrechnung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs auf Seiten der Beklagten eine Spontanberatungspflicht unter Bezugnahme auf den Aussteuerungsbescheid geradezu aufdrängen müssen.
Der Kläger hat beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.06.2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2004 zu verurteilen, ihm Krankengeld für die Zeit vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2001 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ihrer Meinung nach zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Senat beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der ebenfalls beigezogenen Rentenakte des Klägers der DRV Oberfranken-Mittelfranken, Versicherungs-Nr.: 000, verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, kann der Kläger Krankengeld für die streitbefangene Zeit vom 01.04. bis zum 31.12.2001 nicht beanspruchen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und müssen daher Bestand haben.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2001. Nach § 44 Abs 1 Satz 1, 1. Alt SGB V haben Versicherte ua Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, ist ein Versicherter arbeitsunfähig, wenn er durch Krankheit gehindert ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete, zuletzt ausgeübte Arbeit zu verrichten (BSG Urt. V. 08.11.2005 – B 1 KR 18/04 R -: zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4; v. 07.12.2004 – B 1 KR 5/03 R -: SozR 4-2500 § 44 Nr 3). Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Dabei ruht nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V der Anspruch, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Das Ruhen des Anspruchs führt nicht dazu, dass der Anspruch auf Krankengeld entfällt. Das Stammrecht bleibt erhalten. Der Anspruch darf nur nicht erfüllt; die Leistung darf nicht ausgezahlt werden (BSG v. 29.06.1994 – Az: 1 RK 45/93 -: SozR 3-1300 § 48 Nr 33). Auch bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit bedarf es einer Meldung an die Krankenkasse, wenn – wie hier – nach einer vorübergehender leistungsfreien Zeit wieder Krankengeld gezahlt werden soll (BSG v. 08.02.2000 – B 1 KR 11/99 R -: SozR 4-2500 § 49 Nr 4).
Unabhängig, ob die Voraussetzungen des Stammrechts im benannten Zeitraum erfüllt gewesen sind (zur Unbeachtlichkeit des zwischenzeitlich durch den Rentenbezug veränderten Versicherungsstatus, vgl. BSG v. 29.09.1998 – B 1 KR 5/97 R -: SozR 3-2500 § 50 Nr 5), steht dem vom Kläger geltend gemachte Anspruch jedenfalls der Ruhenstatbestand des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V entgegen. Danach hätte er nach Wegfall seiner Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit zum Wiederaufleben eines möglichen Zahlungsanspruchs auf Krankengeld in der dann mittlerweile vierten Blockfrist (§ 48 Abs 1 SGB V) spätestens bis Montag, dem 08.04.2001, seine weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit der Beklagten anzeigen müssen (zur Fristberechnung: § 26 Abs 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X); dazu: KassKomm.-Höfler § 49 SGB V RdNr 20). Tatsächlich hat er der Beklagten seine behauptete durchgehende Arbeitsunfähigkeit erst am 08.01.2004, also mithin nach Ablauf des hier allein streitbefangenen Zeitraums, angezeigt. Zuvor war dies der Beklagten unbekannt.
Die Beklagte durfte die Ausschlusswirkung der Ruhensregelung dem Kläger auch entgegenhalten; dessen gegenteilige Einwände greifen nicht durch.
Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten; das Risiko des Rechtsverlustes durch eine unterbliebene oder nicht rechtzeitige Meldung ist deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Sinn und Zweck des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V ist es ua, die Krankenkassen davon freizustellen, die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen. Diese strikte Anwendung gilt selbst dann, wenn die die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und dem Versicherten keinerlei Verschulden an dem Meldeversäumnis trifft (BSG v. 08.11.2005 aaO; v. 24.06.1969 – 3 RK 69/66 -: SozR Nr 11 zu § 216 RVO). Als einzige Ausnahme dieser strikten Anwendung der Ruhensregelung ist anerkannt, wenn das Meldeversäumnis allein auf Umständen beruht, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem des Versicherten zuzurechnen ist (BSG v. 28.10.1981 – 3 RK 39/80 -: SozR 2200 § 216 Nr 5). In seiner Entscheidung vom 08.11.2005 (aaO) hat das BSG im Falle einer unrichtigen ärztlichen Beurteilung diese Ausnahme zu Recht dahingehend konkretisiert, dass es auf eine Meldung dann nicht entscheidend ankomme, wenn der Versicherte (1.) alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, er (2.) aber daran durch eine von der Krankenkasse zu vertretenen Fehlentscheidung gehindert wurde und er (3.) zusätzlich seine Rechte bei der Kasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V) nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht hat. Diese Grundsätze gelten nach Überzeugung des Senats auch für eine Fehlberatung durch die Krankenasse mit der Folge, dass ohne Rückgriff auf das von der Rechtsprechung entwickelte Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (dazu: BSG v. 26.04.2005 – B 5 RJ 6/04 R -: SozR 4-2600 § 4 Nr 2, mwN) bereits unter diesen engen Voraussetzungen der Kläger ausnahmsweise bei einer verspäteten Meldung rückwirkend die Zahlung von Krankengeld beanspruchen kann.
Im Falle des Klägers sind bei Anwendung dieser vom BSG aufgezeigten Grundsätze die Voraussetzungen dafür, trotz unterbleibender Meldung nachträglich die Zahlung von Krankengeld beanspruchen zu können, nicht erfüllt. Im hier allein streitigen Zeitraum vom 01.04. bis zum 31.12.2001 hat er bereits nicht alles in seiner Macht stehende getan, um seine Ansprüche auf weitere Zahlung von Krankengeld zu wahren. Daran ist er insbesondere nicht durch den im Aussteuerungsbescheid der Beklagten vom 30.10.1998 enthaltenen Hinweis gehindert worden.
Der im Aussteuerungsbescheid vom 30.10.1998 enthaltene Hinweis auf einen neuen Krankengeldanspruch nach § 48 Abs 2 SGB V in der nächsten Blockfrist vom 10.01.1999 bis zum 09.01.2001 war nach der damaligen Sachlage inhaltlich korrekt und vollständig. Die Beklagte musste den Kläger nicht auf die fiktive Möglichkeit eines wiederauflebenden Krankengeldanspruch in der nächsten Blockfrist (§ 48 Abs 1 SGB V) hinweisen, sondern hat zu Recht nur die Möglichkeit eines neuen Krankengeldanspruchs nach § 48 Abs 2 SGB V in ihrem Hinweis angeführt. Nach Lage der Akten hatte sie nur Kenntnis von der Rentenablehnung im Widerspruchsbescheid vom 28.09.1998 (Eingang: 05.10.1998), nicht jedoch von der am 14.10.1998 erhobenen Klage (S 38 RJ 268/98 SG Dortmund). Selbst wenn sie eine bestandskräftige Rentenablehnung nicht positiv unterstellen konnte, verpflichtete sie dies nicht, auf alle etwaigen und erdenklichen Entwicklungsmöglichkeiten und deren rechtliche Auswirkungen hinzuweisen. Sie war zum damaligen Zeitpunkt an die Entscheidung der DRV Oberfranken-Mittelfranken gebunden, die insbesondere aufgrund des übersandten Rentengutachtens von Dr. G vom 13.07.1998 und einem aktenkundig gemachten Vermerk vom 16.10.1998 (der Kläger sei bei privaten Tätigkeiten mit Rückenbelastung gesehen worden) mehr als plausibel erschien.
Der fehlende Hinweis auf einen Anspruch auf Krankengeld nach § 48 Abs 1 SGB V bei einer fiktiven späteren Rentengewährung macht entgegen der Ansicht des Klägers den Aussteuerungsbescheid nicht inhaltlich unvollständig, vielmehr war die schriftliche Beratung (§ 14 Sozialgesetzbuch I (SGB I)) nur in dieser Form praktikabel und durchführbar. Würde man von einem Versicherungsträger verlangen, im Vorfeld alle erdenklichen – nahe liegenden wie unwahrscheinlichen – Entwicklungsmöglichkeiten abzuschätzen und entsprechende Hinweise zu erteilen, würde dies nach Überzeugung des Senats nicht zur Verständlichkeit und Qualität einer Beratung beitragen. Die Beklagte hat sich zu Recht darauf beschränkt, den Gesetzeswortlaut nur insoweit wiederzugeben, als dies nach den gegebenen Umständen zum damaligen Zeitpunkt einzig in Betracht kam.
Soweit der Kläger sich auf das Urteil des erkennenden Senats vom 05.02.1998 (aaO) beruft, folgt der Senat nicht der Auffassung des Klägers. Im dort entschiedenen Fall hatte die beklagte Krankenkasse im Aussteuerungsschreiben fälschlich den Begriff "dieselbe Krankheit" mit dem der "hinzugetretenen Erkrankung" verwechselt und so ihren Versicherten objektiv falsch informiert. Eine solche schriftliche Fehlinformation lag im Fall des Klägers, wie ausgeführt, gerade nicht vor.
Selbst wenn man zugunsten des Klägers eine Informationspflichtverletzung in Form eines unvollständigen Hinweises unterstellt, würde dies zudem nicht zu einer Verlagerung der Verantwortungskreise bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit ab April 2001 führen. Der Senat folgt auch insoweit der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 06.03.2003 – B 4 RA 38/02 R -: SozR 4-2600 § 115 Nr 1), wonach eine solche Pflichtverletzung nur dann beachtlich wäre, wenn sie wesentliche, d.h. zumindest gleichwertige, Bedingung für die Beeinträchtigung eines sozialen Rechts – hier: Anspruch auf Krankengeld – war. Das war hier nicht der Fall. Der Kläger hat bestenfalls fahrlässig gegen sich selbst die erforderliche Meldung gegenüber der Krankenkasse nicht getätigt und auch keine weiteren Informationen eingeholt. Tatsächlich hat er nach eigener Einlassung zunächst nichts unternommen und sich auch nicht arbeitslos gemeldet. Zudem konnte er, worauf das Sozialgericht bereits zu Recht hingewiesen hat, nach Bewilligung und späteren Wegfall seiner Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit nicht davon ausgehen konnte, dass die im Aussteuerungsbescheid vom 30.10.1998 skizzierte Rechtslage nach Wegfall der Zeitrente unverändert Bestand haben werde. Er war darüber informiert, dass die DRV Oberfranken-Mittelfranken der Beklagten Leistungen erstattet hatte und wusste daher bzw. hätte es wissen müssen, dass sich damit die rechtlichen Grundlagen im Bescheid vom 30.10.1998 geändert hatten. Zudem ist er mit Wegfall seiner Zeitrente (Schreiben der DRV Oberfranken-Mittelfranken vom 18.12.2000) ausdrücklich darauf hingewiesen worden, "bestehende Ansprüche bei anderen Sozialleistungsträgern unverzüglich geltend zu machen". Es oblag damit ihm selbst, sich anlässlich veränderter Umstände erneut an die Beklagte oder einen anderen Sozialleistungsträger zu wenden und ggf weitere Beratung (§ 14 SGB I) einzufordern. Dass er diese ihm obliegende Pflicht unterlassen hat, lag jedenfalls zu diesem Zeitpunkt außerhalb des Verantwortungsbereichs der Beklagten.
Ob neben dem Tatbestand des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V auch ein allgemeiner sozialrechtlicher Herstellungsanspruch (dazu: BSG v. 26.04.2005 aaO) in Betracht kommen kann, bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Kläger auf die Meldeobliegenheit hinzuweisen. Der Aussteuerungsbescheid vom 30.10.1998 war – wie bereits ausgeführt vor den damaligen Umständen des Falles – inhaltlich korrekt und nach Aktenlage vollständig. Der Kläger hat sich auch nicht mit der Bitte um Beratung (§ 14 SGB I) an die Beklagte gewandt. Das entspricht seinem Vorbringen im Einklang mit dem Akteninhalt. Aus § 13 SGB I folgt kein Individualanspruch auf Information über die Gesetzeslage (BSG v. 21.06.1990 – B 2 RK 27/88 -: SozR 3-1200 § 13 Nr 1; LSG NRW v. 09.12.2004 – L 2 KR 54/04 -). Die Beklagte war auch nicht zu einer sog. Spontanberatung des Klägers verpflichtet. Unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren ist ein Leistungsträger nur gehalten, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (BSG v. 27.04.2004 – B 7 SF 1/03 R; v. 10.12.2003 – B 9 VJ 2/02 R -: SozR 3-4100 § 110 Nr 2).
An einem solchen konkreten Anlass fehlt es hier. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers war die Beklagte insbesondere aufgrund der Abrechung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs (Schreiben der DRV Oberfranken-Mittelfranken vom 17.11.1999, Eingang bei der Beklagten am 29.11.1999) nicht zu einer Spontanberatung gehalten. Bei der bloßen Abrechnung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs handelte es sich um einen lediglich internen buchungstechnischen Vorgang, der die Beklagte nicht dazu veranlassen musste, in eine neue Sachprüfung einzusteigen. Zudem entspricht es – wie im Übrigen auch geschehen – der üblichen Praxis der Rentenversicherungsträger, noch vor Wegfall der Zeitrente den Versicherten auf die Möglichkeit der Geltendmachung anderer sozialer Rechte hinzuweisen. Aus Sicht der Beklagten drängte auch nach vorausschauernder Betrachtungsweise sich deshalb kein weiterer Beratungsbedarf des Klägers auf, vielmehr stand zu erwarten, dass dieser bei Wegfall der Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit einen Antrag auf Weiterzahlung stellen bzw. um weitere Beratung bei ihr oder einem anderen Sozialleistungsträger nachsuchen werde. Entsprechende Überwachungspflichten hatte sie nicht.
Der Senat hat schließlich keine Anhaltspunkte für eine Verletzung von Informationspflichten der DRV Oberfranken-Mittelfranken oder der Bundesagentur für Arbeit (zur Beachtlichkeit im Falle einer sog. Funktionseinheit, BSG v. 26.04.2005 aaO). Entsprechendes hat weder der Kläger vorgetragen noch ist dies nach Lage der Akten ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183 und 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision hat der Senat keine Veranlassung gesehen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind, § 160 Abs. 2 SGG.
Erstellt am: 20.07.2006
Zuletzt verändert am: 20.07.2006