Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.02.2013 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 verurteilt, der Klägerin Krankengeld vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 10.10.2011 bis 21.09.2012.
Die 1957 geborene Klägerin war zuletzt als Montagearbeiterin für Armaturen beschäftigt. Dabei hatte sie Montage- und Verpackungsarbeiten zu verrichten, wobei Belastungsspitzen bis 5 – 10 kg auftraten. Die Beschäftigung endete am 03.05.2011 mit Auslaufen des Zeitvertrages.
Die Klägerin war seit dem 01.04.2011 wegen Schulter- und Wirbelsäulenbeschwerden arbeitsunfähig (au) erkrankt. Die Beklagte zahlte Krg ab dem 04.05.2011 im Rahmen des Auszahlscheinverfahrens. In dem Auszahlschein heißt es (adressiert an den Arzt): "Damit wir Krankengeld rechtzeitig überweisen können, bitten wir Sie, jeweils bis zum 20. des Monats die weitere Dauer der Arbeitsunfähigkeit auf diesem Auszahlschein zu bestätigen." Auf dem Auszahlschein ist allerdings Arbeitsunfähigkeit (AU) immer abschnittsweise ohne Orientierung an dem genannten Datum bescheinigt worden. Zahlungen der Beklagten erfolgten ohne förmliche Bescheidung, die Zahlbeträge wurde jeweils überwiesen, wobei im Überweisungstext der Zeitraum angegeben wurde, für den die Zahlung bestimmt war. Ausweislich der Zahlungsübersicht in der Verwaltungsakte erfolgten die Zahlungen für die Tage 04. und 05.05.2011 am 23.05.2011, für den Zeitraum 06.05. bis 31.05.2011 am 20.06.2011, für den Zeitraum vom 01.06. bis 24.06.2011 am 22.06.2011, für den Zeitraum vom 25.06. bis 30.06.2011 am 27.06.2011, für den Zeitraum vom 01.07. bis 31.07.2011 am 25.07.2011, für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis 17.08.2011 am 26.08.2011. Für die Zeit vom 09.09. bis 30.09.2011 wurde das Krankengeld am 23.09.2011 gezahlt, die abschließende Zahlung erfolgte am 11.10.2011 für die Zeit vom 01. bis 09.10.2011.
In einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 04.08.2011 wurde wegen belastungsabhängiger Schmerzen im rechten Schultergelenk und wegen einer lumbalen Schmerzsymptomatik eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bejaht und AU auf Zeit festgestellt. Vom 18.08. bis 08.09.2011 befand sich die Klägerin in einer vom Rentenversicherungsträger bewilligten stationären Rehabilitationsmaßnahme. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. Im Entlassungsbericht vom 07.09.2011 wurde ausgeführt, die Klägerin habe während ihrer bisherigen Berufstätigkeit stets Arbeiten mit Beanspruchung der Arme, Hände und der Schulter verrichtet. Da Tätigkeiten mit diesem Anforderungsprofil künftig kaum mehr übernommen werden könnten, habe man sie wegen beruflicher Reha-Leistungen beraten. Aufgrund der gegenwärtigen Schulterbeschwerden liege das Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich. Dieses Leistungsvermögen könne sich entsprechend dem Verlauf der Schulterverkalkung innerhalb der nächsten Monate ändern. Zum Leistungsbild heißt es dann: Keine ausschließlich mittelschweren Arbeiten, kein Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten vom mehr als 6 bis 8 kg, keine Arbeiten mit längerer Armvorhalte mit Beanspruchung. Im Anschluss an die Rekonvaleszenzphase bestehe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein Leistungsvermögen von mehr als 6 Stunden täglich.
Der (damals) behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin I bescheinigte auf dem Auszahlschein am 09.09.2011 AU bis 09.10.2011 (Sonntag). Die folgende Feststellung von AU erfolgte am 10.10. für die Zeit bis 05.11.2011. Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 11.10.2011 fest, dass ein Anspruch auf Krg nur für die Zeit bis 09.10.2011 bestehe. Die AU sei im Auszahlschein zuletzt bis 09.10.2011 befristet gewesen. Die Mitgliedschaft der Klägerin habe wegen Beendigung der Beschäftigung nur durch den Bezug von Krg weiterbestanden, d.h. die Mitgliedschaft bestehe nur bis zu dem Tag, bis zu dem der Arzt AU attestiert habe, hier der 09.10.2011. Da erst am 10.10.2011 erneut AU festgestellt worden sei, sei der Anspruch auf Krg erst am 11.10. entstanden, zu diesem Zeitpunkt habe keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krg mehr vorgelegen.
Die Klägerin brachte zunächst eine Bescheinigung des Arztes I vom 13.10.2011 bei, in der es heißt, aus terminlichen Gründen sei es nicht möglich gewesen, die Patientin am 07.10.2011 in die Sprechstunde zu bestellen. Deshalb habe sie sich am 10.10.2011 vorstellen sollen. Die Beklagte wies die Klägerin mündlich und sodann schriftlich am 04.11.2011 darauf hin, aus dem eingereichten Attest ergäben sich keine Auswirkungen auf den Bescheid vom 11.10.2011. Es bleibe bei dem Ende des Krg-Anspruchs bzw. der Mitgliedschaft. Die Klägerin habe entweder schon am 06.10.2011 die AU "fortschreiben" lassen oder am 07.10.2011 einen anderen Vertragsarzt aufsuchen müssen. Mit ihrem schriftlichen Widerspruch machte die Klägerin dann geltend, sie habe sich aus von ihr nicht zu beeinflussenden terminlichen Gründen nicht vor dem 09.10.2011 weiter krankschreiben lassen können. Die Forderung, einen Vertretungsarzt aufzusuchen, bedeute eine Übersteigerung ihrer Mitwirkungspflicht. Im Übrigen komme es darauf nicht an, weil die Beklagte es versäumt habe, sie über die Folgen des verspäteten Aufsuchens des Arztes aufzuklären (Hinweis auf die Senatsentscheidung vom 14.07.2011 – L 16 KR 73/10). Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies auf die ständige Rechtsprechung des BSG, wonach bei abschnittsweiser Gewährung von Krankengeld für jeden Bewilligungsabschnitt das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen neu zu prüfen sei. Danach sei die Klägerin bei Entstehung des neuen Anspruchs am 11.10.2011 nicht mit Anspruch auf Krg versichert gewesen. Aus dem genannten Urteil des LSG NRW ergebe sich nichts anderes. Zum einen handele es sich nicht um ein höchstrichterliches Urteil, zum anderen sei der Sachverhalt anders gelagert gewesen, da dort eine AU-Feststellung am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses in Frage gestanden habe.
Zur Begründung ihrer Klage, mit der die Klägerin unter Hinweis auf das noch nicht absehbare Ende der AU Krg über den 10.10.2011 hinaus begehrt hat, hat sie sich auf ihre Widerspruchsbegründung und das genannte Senatsurteil bezogen. Nach Ergehen der Entscheidung des BSG vom 10.05.2012 (B 1 KR 17/11 R) hat die Klägerin auf einen Hinweis des Sozialgerichts auf diese Entscheidung und die Möglichkeit, am 07.10.2011 einen Vertretungsarzt aufzusuchen, ausgeführt, der gerichtliche Hinweis gehe an der Realität vorbei. Es sei kaum möglich, derart kurzfristig einen Vertretungsarzt zu finden, der zum einen einen freien Termin habe und zum anderen angesichts der Unkenntnis des bisherigen Krankheitsverlaufes bereit sei, AU zu bescheinigen. Aufgrund der von ihr geschilderten
"Notsituation" dürfe ihr der Versicherungsschutz nicht entzogen werden, zumal ihr die Sprechstundenhilfe die Auskunft gegeben habe, es genüge, wenn sie sich am 10.10.2011 vorstelle.
Mit Urteil vom 20.02.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei am 10.10.2011 nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert gewesen. Nach dem Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses sei der Versicherungsschutz als Arbeitnehmerin gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aufrechterhalten worden. Bei Feststellung der AU am 10.10.2011 habe die Klägerin weder Krg bezogen noch für diesen Tag einen Anspruch auf Krg gehabt. Entsprechend der zuvor erteilten AU-Bescheinigung habe ihr Krg-Anspruch am 09.10.2011 geendet. Bei befristeten AU-Feststellungen müssten die Voraussetzungen des Krg-Anspruchs für jeden Abschnitt neu festgestellt werden. Eine Nachholung der AU-Feststellung komme nicht in Betracht, denn es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegende Umstände an der rechtzeitigen Verlängerung der AU-Feststellung gehindert gewesen sei. Bloße Unkenntnis reiche nicht aus, Unkenntnis des behandelnden Arztes könne nur zu einem Schadensersatz gegen diesen führen. Im Übrigen hätte die Klägerin einen Vertretungsarzt, ggf. den kassenärztlichen Notdienst aufsuchen können, um fristgerecht die AU bescheinigen zu lassen.
Gegen das ihr am 13.03.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.04.2013 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Vortrag und macht unter Hinweis auf ihre berufliche Tätigkeit und die damit verbundene Belastung geltend, im Entlassungsbericht der Rehabilitationsmaßnahme sei festgestellt worden, dass eine Besserung der Schulterbeschwerden in den "nächsten Monaten" zu erwarten sei. Dieser Zeitraum sei zum Zeitpunkt 09.10./10.10.2011 noch nicht abgelaufen gewesen. Somit liege auch für diesen Zeitpunkt die ärztliche Feststellung der AU vor. Nach dem Urteil des BSG vom 10.05.2012 (B 1 KR 20/11 R) könne auch eine einzige ärztliche Bescheinigung einen Anspruch auf Krankengeld für mehrere Zeitabschnitte begründen. Somit liege eine rechtzeitige ärztliche Feststellung der AU für die Zeit ab 10.10.2011 vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.02.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 zu verurteilen, ihr Krankengeld vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Rechtsprechung des BSG sowie die Ausführungen des Sozialgerichts. Ausführungen zum Leistungsvermögen im Reha-Entlassungsbericht seien keine ärztliche Feststellung der AU im Sinne des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V.
Im Berufungsverfahren ist eine schriftliche Auskunft des Arztes für Allgemeinmedizin I eingeholt worden. Er hat mitgeteilt, die Klägerin sei bereits am 05.10.2011 wegen einer anderen Erkrankung in der Praxis bei einem anderen Arzt der Gemeinschaftspraxis gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie keinen Auszahlschein dabeigehabt. Am 06.10.2011 habe sie nicht nach einem Termin gefragt, um den Auszahlschein auszufüllen. Am 07.10.2011 sei er nicht in der Praxis gewesen. Sodann führt er auf die entsprechende Frage aus: "Selbstverständlich ist uns die Rechtsprechung des BSG bekannt, dass bei befristeten AU-Bescheinigungen spätestens am letzten Tag des bescheinigten Zeitraums eine neue Feststellung der AU erfolgen muss. Das BSG regelt aber nicht, dass ich persönlich bei den Patienten vorbeikommen muss, dieser muss sich schon selber um seine Termine bemühen!"
Nach den vorliegenden Auszahlscheinen ist AU vom 09.09.2011 bis zum 07.08.2012 bescheinigt worden. Vom 08.08. bis 21.09.2012 hat sich die Klägerin in stationärer Behandlung in einer Klinik für Psychosomatik befunden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Klägerin ist statthaft und auch sonst zulässig.
II. Sie ist auch begründet. Der Bescheid vom 11.10.2011 ist rechtswidrig, denn der Klägerin steht Krg auch für die Zeit vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 zu, so dass das Sozialgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen hat.
Nach § 44 Abs. 1 1. Alt. SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn Krankheit sie au macht. Ob der Betreffende mit Anspruch auf Krg versichert ist, bestimmt sich nach seinem Status zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der AU (so jetzt BSGE 111, 18, Rn. 15; anders allerdings erneut BSG, Urteil vom 04.03.2014 – B 1 KR 17/13 R – Rn. 14, wo wieder die frühere Formulierung aufgegriffen wird, für den Umfang des Versicherungsschutzes sei auf den Tag abzustellen, der dem Tag der Feststellung der AU folge). Die Klägerin war 03.05.2011 aufgrund ihrer Beschäftigung als Montagearbeiterin mit Anspruch auf Krg versichert (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 44 SGB V). Ihre Mitgliedschaft endete aber nicht mit dem Wegfall der Beschäftigung gegen Entgelt, sondern blieb nach Maßgabe des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V durch den Bezug von Krg bzw. einen Anspruch auf Krg erhalten. Somit bestand die Mitgliedschaft aus der Beschäftigtenversicherung bis zum 09.10.2011 schon aufgrund der Gewährung von Krg fort. Sie bestand aber auch im Zeitraum vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 fort, da der Klägerin aufgrund der am 01.04.2011 eingetretenen und festgestellten AU ein durchgehender mitgliedschaftserhaltender Krg-Anspruch zustand, der unabhängig vom Zeitpunkt weiterer ärztlicher AU-Feststellungen bestand.
Allerdings geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch bei fortdauernder AU, "aber abschnittsweiser Krg-Bewilligung" in jedem Bewilligungszeitraum rechtlich selbstständige Ansprüche auf Krg bestehen. Das BSG verlangt "bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung", dass die Voraussetzungen des Krg-Anspruchs, vor allem ein Mitgliedschaftsverhältnis mit Anspruch auf Krg, für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden müssen, wobei § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V uneingeschränkt auch dann Anwendung finden soll, wenn es um die Folge-AU wegen derselben Krankheit geht (vgl. BSGE 94, 247; 95, 219; SozR 4-2500 § 44 Nr. 12; SozR 4-2500 § 46 Nr. 12; Urteil vom 26.07.2007 – B 1 KR 2/07 R = USK 2007-33; SozR 4-2500 § 44 Nr. 14; SozR 4-2500 § 192 Nr. 4; BSGE 111, 9; 111, 18; Urteil vom 04.03.2014 – B 1 KR 17/13 R). Das BSG nimmt somit eine Kette rechtlich selbstständiger Ansprüche an, die jeweils neu entstehen müssen. Da nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V ein Krg-Anspruch am Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU entsteht, muss die weitere AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts (und zwar spätestens am letzten Tag des Bewilligungszeitraums) erneut ärztlich festgestellt werden, damit eine nahtlose Reihe von Krg-Ansprüchen besteht, die für die Erhaltung der Mitgliedschaft erforderlich ist. Wegen der verzögerten Anspruchsentstehung erst am Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU (anders allerdings bei Versicherten im Rahmen der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA), § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V, s. dazu unten 2 f) führt eine "Lücke" in den AU-Feststellungen (in Wahrheit liegt allerdings insoweit keine Lücke vor, weil eine AU-Feststellung am Tag nach dem zuletzt bescheinigten Zeitraum nahtlos an die vorangegangene Feststellung anknüpft; lediglich wegen der Anwendung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V kommt es zu einer Lücke in den Krg-Anspruchszeiträumen) dazu, dass mit dem Ende des Krg-Anspruchs auch die über ihn aufrechterhaltene Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krg endet und anschließend allenfalls ein nachgehender Krg-Anspruch (§ 19 Abs. 2 SGB V) in Betracht kommt (s. dazu BSGE 111, 9 Rn. 30 ff.).
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung haben die Beklagte und das Sozialgericht angenommen, die Klägerin sei am 10.10.2011 bei der erneuten ärztlichen Feststellung der AU nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert gewesen, da ihre Mitgliedschaft mit dem Krg-Anspruch am 09.10.2011 geendet habe. Diese Annahme ist allerdings schon auf dem Boden der zitierten Rechtsprechung des BSG deshalb fragwürdig, weil dessen Argumentation immer auf das Ende des Krg-Bewilligungszeitraums abstellt. Da hier die Beklagte am 23.09.2011 Krg nur für den Zeitraum 09.09. – 30.09.2011 gezahlt hat, gab es keinen am 09.10.2011 ablaufenden Krg-Bewilligungsabschnitt, so dass die Forderung nach erneuter AU-Feststellung "vor Ablauf des letzten Bewilligungsabschnitts" ins Leere geht.
Der Senat, der bisher ebenso wie andere Obergerichte (s. nur LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.11.2011 – L 9 KR 563/11; LSG Hamburg, Urteil vom 04.12.2012 – L 1 KR 25/11; LSG Hessen, Urteil vom 24.10.2013 – L 8 KR 114/12; LSG NRW, Urteil vom 19.12.2012 – L 11 KR 538/12; Urteil vom 11.04.2013 – L 5 KR 462/12) der genannten Rechtsprechung des BSG gefolgt ist (s. etwa Senat, Urteil vom 14.07.2011 – L 16 KR 73/10; Urteil vom 15.03.2012 – L 16 KR 146/11), hält nach Überprüfung hieran nicht fest und ist der Auffassung, dass es der ärztlichen Feststellung der AU als Voraussetzung der Entstehung des Krg-Anspruchs nur für den Beginn des Krg-Anspruchs bedarf und dieser – unabhängig von ärztlichen Feststellungen und Bescheinigungen – so lange fortbesteht, wie objektiv AU wegen derselben Krankheit vorliegt (ebenso SG Trier, Urteil vom 24.04.2013 – S 5 KR 77/12; SG Mainz, Urteil vom 24.09.2013 – S 17 KR 247/12; SG Speyer, Urteil vom 22.11.2013 – S 19 KR 600/11). Es ist demnach unerheblich, dass hier nach der AU-Bescheinigung bis 09.10.2011 die Folgebescheinigung erst am 10.10.2011 erfolgte.
1. Das BSG hat erstmals im Urteil vom 22.03.2005 (BSGE 94, 247) angenommen, dass bei abschnittsweiser Gewährung von Krg das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt zu prüfen sei. Es hat dabei an frühere Rechtsprechung angeknüpft (nach dem Leitsatz zu 1) wird das Urteil unter anderem als Fortführung von BSGE 70, 31 bezeichnet), die allerdings nur den Inhalt von Krg-Bewilligungen betraf. Das BSG hatte insoweit entschieden, dass in einer Gewährung von Krg wegen AU auf der Grundlage einer befristeten AU-Bescheinigung vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung regelmäßig die Entscheidung der Kasse zu sehen sei, dass Krg für die Zeit der bescheinigten AU gewährt werde, so dass damit mit der Krg-Bewilligung auch über das – vorläufige – Ende der Krg-Bezugszeit entschieden werde (grundlegend BSG SozR 2200 § 182 Nr. 103; BSGE 70, 31). Rechtliche Bedeutung hat diese Aussage des BSG aber allein auf der verfahrensrechtlichen Ebene: Aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Bewilligung kann die Kasse über die Weiterbewilligung von Krg ungeachtet der vorangegangenen Bewilligung ohne die Bindungen der §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) entscheiden. Sie kann also eigenständig prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Krg-Anspruchs (weiter) vorliegen und dürfte ohne Rücksicht auf die vorangegangene Bewilligung eine Weitergewährung ablehnen, wenn etwa die AU unzutreffend beurteilt oder ein gesetzlicher Ausschlussgrund (s. § 50 Abs. 1 SGB V) nicht beachtet worden wäre. Ebenso liegt in der Ablehnung der Weitergewährung nicht der Entzug der Leistung, so dass § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht eingreift (s. Bayerisches LSG, NZS 2012, 341; Schleswig-Holsteinisches LSG, Breith. 2013, 657). In den genannten Entscheidungen wird dementsprechend auch nicht vom Ende des Krg-Anspruchs, sondern nur vom "Ende der Krg-Bezugszeit" gesprochen.
Über diese Rechtsprechung geht das BSG im Urteil vom 22.03.2005 (und in den folgenden Entscheidungen) hinaus, wenn es ausführt, dass auch nach vorangegangener Krg-Gewährung "die rechtlichen Voraussetzungen des Krg-Anspruchs und damit ein neuer Leistungsfall" zu prüfen seien (juris Rn. 31). Es nimmt jetzt also an, dass mit Ablauf des bisher bewilligten Krg-Bezugs ein neuer Krg-Anspruch entstehen muss, so dass folgerichtig auch § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V zur Anwendung kommt (so ausdrücklich BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 Rn.16).
Demgegenüber hatte das BSG im Urteil vom 26.11.1991 (BSGE 70, 31) noch betont, Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bestimmten sich nach dem Recht, das zur Zeit der Anspruchsentstehung gegolten habe, sofern nicht später entstandenes Recht etwas anderes bestimme (juris Rn. 14), so dass es in einem Fall, in dem ein (in der sechsten Blockfrist) im November 1988 wiederaufgelebter Krg-Anspruch für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB V (01.01.1989) in Frage stand, ungeachtet einer abschnittsweisen Krg-Bewilligung entschieden hat, dass auf die weitere Dauer des wiederaufgelebten Krg-Anspruchs das alte Recht Anwendung finde (juris Rn. 16). Es war also ersichtlich der Ansicht, dass auch bei abschnittsweiser Krg-Bewilligung ein einheitlicher Leistungsanspruch vorliegt und nicht entsprechend den Bezugszeiträumen jeweils ein neuer selbstständiger Leistungsanspruch entsteht. Diese Sichtweise bestimmt auch noch das Urteil vom 08.02.2000 (BSGE 85, 271). Es beschäftigt sich nur mit der Frage, ob einem rückwirkend nach zwei Jahren erhobenen Anspruch auf Krg das Ruhen wegen der unterbliebenen Meldung (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) entgegenstehe. Das BSG hat zwar in der Entscheidung gefordert, dass die AU vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg angezeigt werden müsse und dazu ausgeführt, auch wenn bei ununterbrochenem Leistungsbezug wegen der Befristung der bisherigen Krankschreibung über die Weitergewährung neu zu befinden sei, müsse der Versicherte die AU rechtzeitig vor Fristablauf feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, wenn er das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden wolle (a.a.O. S. 275). Dass das BSG in diesem Zusammenhang aber nur das Ruhen des Anspruchs anspricht, zeigt, dass es offensichtlich die ärztliche Feststellung nicht als Entstehensvoraussetzung des weiteren Krg-Anspruchs angesehen hat, sondern (nur) als selbstverständliche Voraussetzung der Meldung (denn Ruhen kann nur ein entstandener Anspruch).
Weshalb das BSG in dem Urteil vom 22.03.2005 hiervon abgerückt und – wie der Verweis auf BSGE 90, 72, 83, wo es um die erstmalige Entstehung des Krg-Anspruchs gegangen war, zeigt – jetzt annimmt, dass mit jedem Bewilligungszeitraum ein neuer Anspruch auf Krg entstehen muss, wird in der Entscheidung nicht näher begründet. Ohnehin ging es in der genannten Entscheidung auch nur um die Frage, ob bei einem während des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) au gewordenen Versicherten die bei Beginn der AU geltenden Zumutbarkeitsbestimmungen des (damals geltenden) § 121 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ((SGB III), jetzt § 140 Abs. 3 SGB III) maßgeblich für die Beurteilung der AU auch für die späteren Bewilligungsabschnitte sind. Insoweit hat das BSG sein Abrücken von dem Grundsatz, dass der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche nach dem zur Zeit der Anspruchsentstehung geltenden Recht zu beurteilen sei, u.a. damit begründet, es gehe hier nicht um eine Rechtsänderung, sondern um die Anwendung abgestufter Zumutbarkeitskriterien, die dem Anspruch auf Alg von vornherein innewohnten (juris Rn. 32).
Im Urteil vom 08.11.2005 (BSGE 95, 219) hat das BSG diese Rechtsprechung nunmehr auch auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogen. Da es zu Lücken bei der ärztlichen Feststellung der AU gekommen sei, habe es an einer den Krg-Anspruch erhaltenden ärztlichen Feststellung durchgehender AU gefehlt, so dass die an die frühere Beschäftigung anknüpfende Mitgliedschaft mangels durchgehenden Krg-Anspruchs bei der späteren Geltendmachung des Krg-Anspruchs nicht mehr bestanden habe (a.a.O. Rn. 14).
2. Der Senat hält diese Rechtsprechung des BSG nicht für überzeugend.
a) Es fehlt schon an einer nachvollziehbaren Begründung, weshalb das BSG abweichend von seiner früheren Auffassung jetzt annimmt, dass trotz durchgehender AU bei den in der Praxis üblichen zeitlich befristeten AU-Bescheinigungen und Krg-Bewilligungen jeweils rechtlich selbstständige Leistungsansprüche bestehen, auf die jeweils § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V Anwendung findet. Der Wortlaut der Vorschrift spricht nur von der Entstehung "des" Anspruchs auf Krg. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Anspruch nur für die Dauer des prognostizierten Zeitraums entsteht oder an dessen Ende erlischt und damit bei Fortbestehen der AU eine Kette von Krg-Ansprüchen besteht. Regelungen zum Ende bzw. dem Wegfall des Krg-Anspruchs trifft das Gesetz in § 50 Abs. 1 SGB V und § 51 Abs. 3 SGB V. Gerade mit Blick auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach Krg wegen derselben Krankheit von Beginn der AU für begrenzte Zeit gezahlt wird, liegt es näher, dass der durch die Feststellung der AU ausgelöste Krg-Anspruch so lange besteht, wie die durch dieselbe Krankheit verursachte AU objektiv vorliegt.
Dagegen spricht auch nicht der Zweck der Vorschrift. Sie soll den Versicherten bewegen, rechtzeitig die AU durch einen Arzt feststellen zu lassen, um damit Missbrauch und Unsicherheiten wegen eines behaupteten früheren Eintritts von AU vorzubeugen (BSGE 95, 219 Rn.16). Die Erforderlichkeit einer ärztlichen Feststellung der AU geht auf eine Neufassung der Vorgängerregelung in § 182 Abs. 3 RVO zurück. Während davor der Nachweis der AU auch rückwirkend geführt werden konnte, hat dann der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität und zur Missbrauchsabwehr die Feststellung durch den Arzt für maßgeblich erklärt. Es ging also bei der Neuregelung (nur) darum, den Eintritt des Versicherungsfalls zuverlässig feststellen zu können und die Zuerkennung von Krg vor Aufsuchen eines Arztes auszuschließen (vgl. BSGE 24, 278, 279; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung – SGB V, § 46 Rn. 21). Dieses Ziel ist erreicht, wenn man die erstmalige Gewährung von Krg von der ärztlichen Feststellung abhängig macht, weil damit das Vorliegen des Versicherungsfalls festgestellt ist und von der Kasse überprüft werden kann. Im Folgenden geht es nur noch um die Prüfung, ob dieser Versicherungsfall weiter vorliegt. Daher ist die Auffassung überzeugend, dass nach der Erstfeststellung der AU alle weiteren Krg-Ansprüche allein in Abhängigkeit vom tatsächlichen Fortbestehen des Versicherungsfalles entstehen und die weiteren AU-Feststellungen nur dem Nachweis des Fortbestehens der AU und nicht der Feststellung einer neuen AU dienen (Berchtold, Krankengeld, 2004, Rn. 527; Schmidt, a.a.O. § 44 Rn. 35a, § 46 Rn.32, § 49 Rn. 110a).
b) Auch die Leistungsentscheidungen der Krankenkasse können nicht bewirken, dass ein entstandener Krg-Anspruch bei fortbestehender AU erlischt und neu entstehen muss. Dass bei zeitlich befristeten Krg-Bewilligungen schon das Ende des Bezugszeitraums festgelegt wird und dementsprechend eine neue Entscheidung für den Folgezeitraum zu ergehen hat, bedeutet nur, dass über die Folgezeit neu entschieden werden muss, ist aber unerheblich für die Frage, ob auch für die Folgeperiode der Krg-Anspruch neu entstehen muss. Wie oben gezeigt, hat die Rechtsprechung, wonach Krg nur für die Dauer des bescheinigten Zeitraums bewilligt wird, verfahrensrechtliche Bedeutung. Zwar müssen auch für den weiteren Krg-Bezug die gesetzlichen Voraussetzungen, namentlich fortbestehende AU vorliegen und es dürfen keine entgegenstehende Gründe wie die Anspruchserschöpfung (§ 48 Abs. 1 SGB V) oder ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand (§ 50 Abs. 1 SGB V) eingreifen. Damit wird aber nur der Fortbestand des materiellen Krg-Anspruchs geprüft. Mit Recht ist daher in den Ausgangsentscheidungen des BSG nicht vom Ende des Krg-Anspruchs, sondern des Krg-Bezugsraums die Rede.
Wenn demgegenüber das BSG jetzt meint, der Krg-Anspruch müsse für jeden Bewilligungsabschnitt neu entstehen und eigenständig geprüft werden, werden die Fragen des Ent- bzw. Bestehens des materiellen Krg-Anspruchs und dessen Zuerkennung durch die Kasse miteinander vermengt. Der materielle Krg-Anspruch besteht unabhängig von der Entscheidung der Kasse; ein zu Unrecht abgelehnter Anspruch geht, wie schon § 44 SGB X zeigt, nicht unter, sondern muss nur gegen die Kasse durchgesetzt werden. Im Übrigen geht das BSG auch selbst davon aus, dass die Entscheidung der Kasse nicht maßgeblich für das Bestehen des materiellen Krg-Anspruchs ist, wenn es annimmt, dass eine zeitlich nicht eingegrenzte ärztliche AU-Bescheinigung auch einen über den gegenwärtigen Krg-Bewilligungsabschnitt hinausreichenden Anspruch für weitere Bewilligungsabschnitte begründen kann (BSGE 111, 18 Rn. 18; BSG, Urteil vom 12.03.2013 – B 1 KR 7/12 R juris Rn. 15). Demnach besteht der materielle Krg-Anspruch unabhängig von der Verwaltungsentscheidung der Kasse.
c) Wenn das BSG von zeitlich befristeten AU-Bescheinigungen und dementsprechender Krg-Bewilligung spricht und fordert, dass die weitere Feststellung der AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts erfolgen müsse, liegt dem offenbar die Vorstellung zugrunde, dass Krg im Voraus für die Zeit der ärztlich prognostizierten Dauer der AU gewährt werde (s. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.11.2011 – L 9 KR 563/07 juris Rn. 39 ff., das unter Zitierung der Rechtsprechung des BSG meint, nach der "gesetzlichen Konzeption" könne ein Anspruch auf Krg nur für zukünftige, der Feststellung der AU folgende Zeiträume begründet werden, so dass es "grob fehlerhaft" sei, wenn eine Kasse für abgelaufene Zeiträume AU-Bescheinigungen verlange und nur für diese Zeiträume Krg zahle).
Dem entspricht aber die sich auch in § 6 Abs. 2 Satz 2 der "Richtlinien des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der AU und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB V" ((AU-RL) i.d.F. vom 14.11.2013 (BAnz AT 27.01.2014 B4)) ausdrückende Praxis der Krankenkassen nicht. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung, während der der Krg-Anspruch ruht (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), erfolgt die Krg-Gewährung in der Praxis nach Kenntnis des Senats aus zahlreichen Verfahren verbreitet unter Verwendung von Auszahlscheinen. Dabei wird überwiegend das Krg nur bis zum Zeitpunkt der Ausstellung des Auszahlscheins gezahlt, auch wenn der Arzt darüber hinaus für eine Folgezeit AU bescheinigt hat. Andere Kassen – wie hier die Beklagte – zahlen das Krg auch über das Datum der Ausstellung hinausgehend bis zum Ende des Monats. In allen Fällen erfolgt aber immer die Gewährung von Krg rückwirkend für einen (zumindest weitgehend) bereits abgelaufenen Zeitraum. Wird sogar von der Krankenkasse Krg nachträglich nur bis zum Datum der Ausstellung der letzten AU-Bescheinigung gezahlt, gibt es nie einen Bewilligungsabschnitt, vor dessen Ablauf AU erneut festgestellt werden könnte. Dieser Praxis der Kassen entspricht § 6 Abs. 2 Satz 1 AU-RL, der vorsieht, dass die Bescheinigung für die Krg-Zahlung rückwirkend für einen nicht mehr als sieben Tage umfassenden Zeitraum (und nur für zwei Tage im Voraus) erfolgen soll, wobei Abs. 3 sogar davon ausgeht, dass rückwirkend AU auch dann bescheinigt werden darf, wenn der Versicherte mit triftigem Grund einen ärztlichen Behandlungstermin nicht wahrgenommen hat. Die Regelung geht also davon aus, dass es ausreicht, wenn rückblickend zuverlässig das objektive Bestehen von AU festgestellt werden kann. Auch wenn die AU-RL nicht einer gesetzlichen Regelung widersprechen oder sie modifizieren können, zeigen sie doch, dass die Praxis der Krg-Gewährung nicht (und noch nie) dem "Modell" des BSG einer Krg-Zahlung für einen der Bescheinigung nachfolgenden Zeitraum entspricht. Es ist somit festzustellen, dass die Krankenkassen zwar verbal die Rechtsprechung des BSG rezipieren, ihre Praxis der Krg-Zahlung aber einem anderen "Modell" folgt. Warum die Krankenkassen gleichwohl meinen, auf der Grundlage dieser Rechtsprechung Krg verweigern zu dürfen, wenn Versicherte zu einem späteren als dem im Auszahlschein angegebenen Datum den Arzt aufsuchen, um weiter AU bescheinigen zu lassen, bleibt offen. Sie können sich jedenfalls nicht darauf berufen, aufgrund ihrer befristeten Bewilligung habe der Krg-Anspruch mit dem Ende des Bewilligungszeitraums geendet, wenn sie ohnehin nicht für die voraussichtliche weitere Dauer der AU, sondern nur für den zurückliegenden Zeitraum Krg bewilligt haben (daher unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium der Krankenkasse die Berufung auf eine rückwirkende Feststellung von AU versagend, wenn bislang immer im Auszahlscheinverfahren Krg für rückwirkend bescheinigte AU-Zeiten gezahlt worden ist, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2012 – L 11 KR 384/10, juris Rn. 38).
d) In Wahrheit ist aber auch für das BSG die Krg-Bewilligung letztlich ohne rechtliche Bedeutung. Obwohl es immer die Formulierung von "zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung" gebraucht bzw. die "Feststellung von AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts" fordert, prüft es in den Entscheidungen nie, wann Bewilligungen erfolgt waren und welchen Inhalt diese hatten. Tatsächlich geht das BSG immer nur vom Inhalt der ärztlichen Bescheinigungen aus. Dies wird besonders deutlich in den Fällen, in denen überhaupt keine Krg-Bewilligung vorlag. So hatte in einem der am 26.06.2007 entschiedenen Fälle der Versicherte Entgeltfortzahlung auf der Grundlage einer entsprechend befristeten AU-Bescheinigung bis zum Ende der Beschäftigung am 31.05. erhalten. Die weitere ärztliche Feststellung der AU erfolgte dann am 01.06. Das BSG behauptet in der Entscheidung ohne weiteres, es gebe einen neuen Bewilligungsabschnitt ab dem 01.06., für den es dann an der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft fehle (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 Rn. 16), obwohl mit Sicherheit wegen der Entgeltfortzahlung keine Entscheidung über das Krg ergangen war und der noch während der Beschäftigung entstandene Krg-Anspruch lediglich wegen des Bezugs von Arbeitsentgelt geruht hatte (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Auch in dem dem Urteil vom 10.05.2012 (BSGE 111, 9) zugrunde liegenden Fall war keine Krg-Bewilligung erfolgt. Die Kasse hatte nämlich schon von Anfang an die Entstehung eines Krg-Anspruchs verneint, weil die AU erst am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden war, was die Kasse unter Hinweis auf ein Besprechungsergebnis der (früheren) Spitzenverbände der Krankenkassen (Besprechungsergebnis vom 07.05.2008, Die Leistungen 2008, 751) nicht für ausreichend gehalten hatte. Ebenso hatte in der Entscheidung vom 02.11.2007 die Krankenkasse aus Rechtsgründen von Anfang an die Zahlung von Krg abgelehnt – das BSG bejahte wohl grundsätzlich einen Krg-Anspruch, hielt aber bei der Prüfung dessen Dauer bei einer Lücke in den AU-Feststellungen den Verlust der Mitgliedschaft mit Krg-Anspruch für möglich (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 14 Rn. 21). In allen diesen Fällen konnte es mangels Entscheidungen über das Krg auch keine Entscheidung der Kasse über das Ende des Anspruchs geben, so dass entgegen der Formel von "zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung" allein der Inhalt der ärztlichen AU-Bescheinigungen über den Bestand des Krg-Anspruchs entscheiden sollte. Bezeichnenderweise verlangt das BSG in einem obiter dictum sogar bei einem Streit zwischen Kasse und Versichertem über das Bestehen von AU als Voraussetzung eines Krg-Anspruchs, dass der Versicherte sich bei befristeten AU-Bescheinigungen vor Fristablauf die AU erneut ärztlich bescheinigen lassen und der Kasse melden müsse, wenn er das Erlöschen oder das Ruhen des Anspruchs vermeiden wolle (BSGE 111, 18 Rn. 20), obwohl in dieser Zeit gerade keine "dementsprechenden" Krg-Bewilligungen erfolgen. Das behauptete Erlöschen des Krg-Anspruchs mit Ablauf des bescheinigten AU-Zeitraums konnte somit nicht durch eine das Ende des Krg-Anspruchs festlegende Entscheidung der Kasse über den Bezugszeitraum bewirkt worden sein.
e) Wie dargelegt stellt somit das BSG allein auf den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung für den Bestand des Krg-Anspruchs ab. Bescheinigt der Arzt AU auf unbestimmte Zeit, bestünde demnach ein zeitlich nicht begrenzter Krg-Anspruch, während eine befristete Feststellung von AU dazu führen würde, dass auch nur ein entsprechend zeitlich begrenzter Anspruch auf Krg entsteht. Hierfür gibt aber weder der Wortlaut des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V etwas her, noch wäre diese Annahme mit der Bedeutung der ärztlichen Feststellung vereinbar. Die AU ist ein Rechtsbegriff, dessen Bestimmung jenseits der medizinischen Kompetenz des Arztes liegt (Tischler in BeckOK Sozialrecht SGB V, § 46 Rn.15). Der Arzt muss nur die medizinischen Anteile des AU-Begriffs feststellen, also Art und Schwere der Gesundheitsstörung und die damit verbundene Einschränkung des Leistungsvermögens. Demgegenüber obliegt die Entscheidung, ob der Versicherte damit au ist, weil er mit diesem Leistungsvermögen weder seine letzte noch eine ähnliche Tätigkeit verrichten kann, der Krankenkasse. Mit der Befristung trifft der Arzt nur eine prognostische Aussage, wie lange voraussichtlich die Einschränkung des Leistungsvermögens bestehen wird. Auch wenn er in der Bescheinigung eine Aussage über das Vorliegen von AU trifft, hat seine Bescheinigung nur die Bedeutung einer die Kasse nicht bindenden ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme (BSGE 111, 18 Rn. 14; KassKomm/Brandts, § 46 SGB V Rn. 14). Dementsprechend hat das BSG in anderem Zusammenhang dezidiert ausgeführt, der Arzt habe nicht über das rechtliche Bestehen von Leistungsansprüchen – hier auf Krg – zu befinden oder gar hierüber Verwaltungsakte zu erlassen (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 7 Rn. 28; BSGE 95, 219 Rn. 25). Mit dieser Aussage wäre unvereinbar, wenn die ärztliche Bescheinigung für die Dauer des entstandenen Anspruchs auf Krg maßgeblich wäre, weil damit faktisch der Arzt doch über den rechtlichen Bestand des Krg-Anspruchs "entscheiden" würde. Der Befristung einer ärztlichen Bescheinigung kann damit nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass nur für den bescheinigten Zeitraum ein Krg-Anspruch entstanden ist. Damit fehlt es aber an einer tragfähigen Begründung für das Erlöschen des Krg-Anspruchs mit dem Ende des ärztlich bescheinigten AU-Zeitraums und die Notwendigkeit der Erfüllung aller leistungsrechtlichen Voraussetzungen einschließlich der ärztlichen Feststellung nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V für die Weiterbewilligung des Krg.
f) Gegen die Auffassung des BSG ist auch einzuwenden, dass sie zu einer unterschiedlichen Behandlung von Versichertengruppen führt, die auch bei der Umsetzung der Rechtsprechung in der Praxis zu Verwirrungen führen kann. Für Versicherte in der KVdA gilt nämlich nicht § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V, sondern § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V, der ihnen einen Krg-Anspruch schon vom ersten Tag der AU an einräumt. Selbst wenn man entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, der nur auf das Bestehen von AU abstellt (daher einen Krg-Anspruch unabhängig von einer ärztlichen AU-Feststellung bejahend Just in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 47b Rn. 5; Joussen in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl., § 47b Rn. 2; Berchtold, Krankengeld, 2004, Rn. 888; Meyerhoff in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 47b Rn. 35; Tischler in BeckOK-Sozialrecht, § 47b SGB V, Rn. 5; Krauskopf/Vay, Soz. Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 47b SGB V Rn. 7), mit dem BSG annimmt, "mit Rücksicht auf § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V" komme es auch bei § 47b Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht auf den wirklichen Beginn der AU, sondern deren ärztliche Feststellung an (BSGE 90, 72, 82; ebenso KassKomm/Brandts, § 47b SGB V, Rn. 13), entsteht der Krg-Anspruch bereits mit dem ersten Tag der AU-Feststellung. Bei Annahme rechtlich selbstständiger Einzelansprüche müsste die Vorschrift nach Ablauf der Leistungsfortzahlung (§ 146 SGB III) auch für die Folgeansprüche gelten, so dass bei befristeten AU-Bescheinigungen die Folgefeststellungen nicht schon am letzten Tag des bescheinigten Zeitraums erfolgen müssen, sondern eine Feststellung am folgenden Tag ausreichend wäre. Denn damit würde bereits für diesen Tag der (weitere) Anspruch auf Krg entstehen und somit eine nahtlose Reihe von Krg-Ansprüchen vorliegen, die zur Aufrechterhaltung der mit Krg-Anspruch verbundenen Mitgliedschaft in der KVdA ausreichen würde (so jetzt ausdrücklich BSGE 111, 9 Rn. 18 für die Beschäftigtenversicherung; soweit das BSG in einem Urteil vom 26.07.2007 (B 1 KR 2/07 R) gemeint hat, die Versicherung in der KVdA sei bei einem bis zum 14.08. bestehenden Krg-Anspruch am 15.08. bei der weiteren ärztlichen AU-Feststellung bereits beendet gewesen (juris Rn. 14), dürfte es entweder übersehen haben, dass unabhängig vom Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung an diesem Tag der Krg-Anspruch für den 15.08. entstanden war und dieser Anspruch sich damit nahtlos an den Krg-Bezug bis 14.08. anschloss oder es hat damals noch nicht eine nahtlose Kette von Krg-Ansprüchen für ausreichend gehalten). Es liegt auf der Hand, dass sowohl für Versicherte als auch Ärzte diese unterschiedlichen Voraussetzungen kaum verständlich sind und es damit zu Unsicherheiten hinsichtlich des Zeitpunkts eines Wiedervorstellungtermins kommen kann.
Der Senat ist somit der Auffassung, dass lediglich für die erstmalige Entstehung des Krg-Anspruchs die ärztliche Feststellung der AU nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erforderlich ist, während es bei durchgehender AU allein darauf ankommt, ob im gesamten Zeitraum objektiv AU bestanden hat. Aufgrund der vorliegenden AU-Bescheinigungen bestehen keine Zweifel, dass die Klägerin auch im Zeitraum vom 10.10.2011 bis 07.08.2012 durchgehend au war. Für die Zeit vom 08.08. bis 21.09.2012 steht ihr wegen der stationären Krankenhausbehandlung unabhängig vom Vorliegen von AU Krg zu (§ 44 Abs. 1 2. Alt. SGB V). Die Beklagte hat auch trotz ausdrücklicher Nachfrage des Senats weder das Vorliegen von AU bestritten noch sonst einem durchsetzbaren Krg-Anspruch entgegenstehende Gründe geltend gemacht, so dass weitere Ermittlungen des Senats nicht veranlasst waren. Die Beklagte war daher zur Gewährung von Krg für den Zeitraum vom 10.10.2011 bis 21.09.2012 zu verurteilen
3. a) Der Senat kann somit offen lassen, ob hier eine über den 09.10.2011 hinausreichende Feststellung der AU vorlag. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik aufgrund der akuten Schulterbeschwerden ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich festgestellt worden ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten lag darin unabhängig von der weiter im Entlassungsbericht getroffenen Aussage, die Klägerin werde als arbeitsunfähig entlassen, die Feststellung der AU, da mit diesem Leistungsvermögen keine zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichenden Arbeiten verrichtet werden können und bei einem Dauerzustand volle Erwerbsminderung vorliegt (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)). Fraglich könnte allenfalls sein, ob diese Leistungsbeurteilung auch noch für die Zeit nach dem 09.10.2011 gilt, denn im Entlassungsbericht wird davon ausgegangen, dass sich das Leistungsvermögen "innerhalb der nächsten Monate" bessern könne. Ob man aufgrund dieser Aussage mit der Klägerin davon ausgehen müsste, dass einen Monat nach der Entlassung noch keine wesentliche Besserung des Leistungsvermögens vorliegen konnte oder sie nicht als ausreichend konkret für eine AU-Feststellung über den 09.10.2011 hinaus ansieht, kann aber ebenso dahinstehen wie die Frage, ob durch die befristete AU-Bescheinigung des Arztes I die Prognose der Rehabilitationsklinik "überlagert" worden ist und seine Beurteilung somit allein maßgebend wäre.
b) Ebenso braucht nicht entschieden werden, ob nicht deshalb die Nachholung der AU-Feststellung möglich wäre, weil der behandelnde Arzt in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG AU bis zu einem Sonntag (9.10.2011) bescheinigt hat, so dass eine weitere AU-Feststellung an diesem Tag nicht möglich war (und der Arzt noch nicht einmal an dem davor liegenden Freitag in der Praxis anwesend war). Das BSG hat zwar im Urteil vom 04.03.2014 (B 1 KR 17/13 R) für eine vergleichbare Konstellation entschieden, dass die Nachholung der AU-Feststellung nicht möglich sein soll. Seine Ausführungen dazu können aber nicht überzeugen.
Das BSG prüft insoweit im Rahmen eines Herstellungsanspruchs eine der Krankenkasse zuzurechnende Pflichtverletzung, die sie – unter Hinweis auf BSGE 111, 9 – verneint, weil die Krankenkassen nicht verpflichtet seien, die Versicherten über ihre Obliegenheiten zur Feststellung der AU aufzuklären. Bei dieser Argumentation bleibt aber die entscheidende Frage ausgeblendet, ob die rechtzeitige Feststellung der AU aus Gründen unterblieben ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzurechnen sind. Insoweit will das BSG jedenfalls eine Fehlbeurteilung der AU durch einen Vertragsarzt der Krankenkasse zurechnen (siehe BSGE 95, 219 Rn. 24 f. bei einer übereinstimmenden Fehlbeurteilung von Arzt und MDK; früher schon BSGE 54, 62, 65 für eine Fehlbeurteilung durch einen Vertragsarzt). Es liegt daher nicht fern, dass in gleicher Weise die Handhabung der Ausstellung von AU-Bescheinigungen durch einen Vertragsarzt, die das Risiko in sich birgt, dass Folgebescheinigungen "zu spät" erfolgen, ein der Krankenkasse zuzurechnender Grund für die Versäumung der rechtzeitigen Feststellung der weiteren AU sein kann. Wenn der Arzt I die Rechtsprechung des BSG kennt, ist es unverständlich, warum er eine AU-Bescheinigung bis Sonntag ausstellt, einem Tag, an dem der Versicherte keine neue AU-Bescheinigung erlangen kann. Soweit das BSG in dem Urteil vom 04.03.2014 (a.a.O.) insoweit meint, ein Versicherter könne gegebenenfalls über den vertragsärztlichen Notdienst eine Folgebescheinigung erlangen (Rn. 20), erscheint dies fernliegend. Der Senat hält es für grundsätzlich verfehlt, Versicherte zwecks Erlangung einer AU-Bescheinigung an den vertragsärztlichen Notdienst zu verweisen. Dieser ist hierfür nicht eingerichtet, er dient der ambulanten Notfallbehandlung außerhalb der Sprechstundenzeiten und ist auf die Behebung einer akuten Notfallsituation durch Sofortmaßnahmen i.S. einer vorläufigen Versorgung gerichtet (Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung – SGB V, § 75 Rn. 12). Es liegt auf der Hand, dass die Erlangung einer AU-Bescheinigung außerhalb dieses Rahmens liegt. Gleichzeitig wird kaum ein Versicherter ohne entsprechenden Hinweis in Erwägung ziehen, dass er sich schon vor Ablauf des bescheinigten Zeitraums vorsorglich um eine Folgebescheinigung bemühen muss, zumal – wie bereits oben ausgeführt – eine AU-Feststellung am Montag nahtlos an die vorangegangene Bescheinigung anschließt (und dies bei einem arbeitslosen Versicherten sogar ausreichend für die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes wäre, s. oben 2 f).
Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, den Arzt für verpflichtet zu halten, entweder Bescheinigungen so auszustellen, dass eine zeitgerechte weitere AU-Feststellung sichergestellt ist oder aber den Patienten entsprechend rechtzeitig wieder einzubestellen. Dabei ist im vorliegenden Fall auch noch zu berücksichtigen, dass nach dem – für den Senat glaubhaften – Vortrag der Klägerin sie von der Sprechstundenhilfe die Auskunft erhalten hatte, eine Wiedervorstellung am Montag, dem 10.10.2011, sei ausreichend. Offenbar hatte der Arzt I sein Wissen nicht an seine Mitarbeiter weitergegeben und seine Praxisorganisation nicht so eingerichtet, dass eine Terminvergabe zur Erlangung rechtzeitiger neuer AU-Bescheinigungen gewährleistet war.
Soweit das BSG in diesem Zusammenhang auf Schadensersatzansprüche gegen die Ärzte verweist (a.a.O. Rn. 20), erscheint dies dem Senat nicht zielführend. Unabhängig davon, dass für viele Patienten eine Klage gegen den behandelnden Arzt nicht in Betracht kommen wird, drängt sich die Frage auf, warum nicht eben jene Pflichtverletzung des Arztes, die zur Versäumung der AU-Feststellung geführt hat und einen Schadensersatzanspruch gegen den Arzt begründen soll, nicht auch im Rahmen der Organisation der gesetzlichen Krankenversicherung dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzuweisen ist. Das BSG weist im Rahmen der Zurechnung einer Fehlbeurteilung der AU zu Recht darauf hin, insoweit müsse berücksichtigt werden, dass sich die Krankenkassen im Rahmen des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zur Erfüllung der Ansprüche der Versicherten, zur Konkretisierung ihrer Behandlungsansprüche sowie zur Feststellung, ob die Voraussetzungen von AU erfüllt sind, zugelassener Leistungserbringer bedienen (BSGE 95, 219, Rn. 26). Das BSG hat auch im Zusammenhang mit der Meldung der AU der Kasse einen Fehler des Vertragsarztes zugerechnet und zur Begründung darauf hingewiesen, die Feststellung und Bescheinigung der AU durch einen Vertragsarzt seien Tätigkeiten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, für die die Kassen eine Mitverantwortung trügen, so dass eine fehlerhafte Verfahrensweise des Arztes nicht dem Versicherten zugerechnet werden könne (BSG SozR 2200 § 216 Nr. 5). Vor diesem Hintergrund dürfte es daher näher liegen, bei einem fehlerhaften Handeln eines Vertragsarztes im Zusammenhang mit der Ausstellung von AU-Bescheinigungen die Nachholung der AU-Feststellung zuzulassen als den Versicherten auf einen Schadensersatzanspruch gegen den Arzt zu verweisen (ein der Kasse zuzurechnendes Fehlverhalten des Vertragsarztes in einem solchen Fall bejahend Mack in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 19 Rn. 39).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen Abweichung von der Rechtsprechung des BSG und wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) zugelassen.
Erstellt am: 01.10.2014
Zuletzt verändert am: 01.10.2014