Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.04.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger war vom 01.03.2015 bis 29.02.2016 Mitglied der Beklagten. Wegen Arbeitsunfähigkeit bezog er ab 01.04.2015 Krankengeld. Am 04.07.2016 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2015. Die Beklagte erstattete daraufhin mit Bescheid vom 12.07.2016 die aus dem Krankengeld gezahlten Beiträge zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01.05.2015 bis 09.06.2015 sowie vom 30.07.2015 bis zum 29.02.2016. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 05.08.2016 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen. Mit Schreiben vom 19.09.2016 forderte die Beklagte den Kläger auf mitzuteilen, welches Ziel er mit dem Widerspruch verfolge. Die Beiträge zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung seien vollständig erstattet worden, über anderweitige Beiträge irgendwelcher Art oder eine sonstige Versicherungs- oder Beitragspflicht sei mit dem Bescheid keine Entscheidung getroffen worden. Der Kläger äußerte sich hierzu nicht.
Am 07.11.2016 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2016 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 15.11.2016 hat der Kläger erklärt, die Klage dennoch wegen eines Rehabilitationsinteresses aufrecht zu erhalten und um Amtshaftungsansprüche geltend zu machen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie angegeben, dass sich die Widerspruchsentscheidung aufgrund des unklaren Widerspruchsbegehrens des Klägers verzögert habe. Der Kläger habe das Schreiben vom 19.09.2016 nicht beantwortet. Der Widerspruchsbescheid sei ergangen, bevor ihr die Klageschrift zugegangen sei.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 04.04.2017 abgewiesen. Zwar habe die Beklage die dreimonatige Frist des § 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht eingehalten. Grund dafür sei jedoch, dass nicht erkennbar gewesen sei, worin das Widerspruchsbegehren habe liegen sollen. Durch die Entscheidung über den Widerspruch sei das Klagebegehren für eine Untätigkeitsklage entfallen.
Gegen den ihm am 08.04.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.04.2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er angegeben, es drohe eine Wiederholungsgefahr, weil er von der Beklagten noch die Korrektur älterer Bescheide verlange. Im Verwaltungsverfahren bei der Beklagten sei noch die Entscheidung über eine Teilrückerstattung von Krankenversicherungsbeiträgen. Weiterhin rechne er damit, dass es ein Verwaltungsverfahren geben werde zur Rückerstattung von Krankengeld. Außerdem sei noch eine Entscheidung zur Zuzahlung bei meinem Arbeitsunfall im Verwaltungsverfahren.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.04.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte den Widerspruch vom 05.08.2016 gegen den Bescheid vom 12.07.2016 ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden habe.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann verhandeln und entscheiden, obwohl für die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Die Beklagte hat sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die (Fortsetzungs-)Feststellungsklage war unzulässig.
Die Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat sich durch den Erlass des Widerspruchsbescheids erledigt. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach dem Wortlaut des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG statthaft, wenn sich ein Verwaltungsakt während eines laufenden Klageverfahrens durch Zurücknahme oder anders erledigt hat. Aufgrund der Tatsache, dass neben der Anfechtungssituation weitere Fälle denkbar sind, in denen der Kläger auch nach Erledigung der Hauptsache ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns hat, wird die Fortsetzungsfeststellungsklage über ihren Wortlaut hinaus auch auf andere Klagearten angewandt oder es ist jedenfalls die allgemeine Feststellungsklage nach § 55 SGG statthaft (Schütz in jurisPK-SGG, 1. Auflage, 2017, § 131 Rn. 34). In jedem Fall bedarf es eines besonderen Feststellungsinteresses. Vorliegend besteht kein solches schützenswertes Interesse des Klägers auf die Feststellung, dass die Beklagte den Widerspruch vom 05.08.2016 gegen den Bescheid vom 12.07.2016 ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden habe.
Dass eine solche Entscheidung auch in einem anderen Rechtsstreit von Bedeutung sein könnte, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat kein entsprechendes Verfahren benannt. Soweit er eine Amtshaftungsklage beabsichtigen sollte, wäre für ein Feststellungsinteresse erforderlich, dass die beabsichtigte Amtshaftungsklage eine gewisse Aussicht auf Erfolg hat. Dies ist schon mangels erkennbarem Schaden nicht der Fall. Zwar sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit daran gehindert, den Amtshaftungsanspruch vollständig zu prüfen. Allerdings entspricht es dem Grundsatz, dass niemand die Gerichte in Anspruch nehmen darf, ohne dass eine Aussicht besteht, dass er seine Rechtschutzposition verbessern kann, den über das Fortsetzungsfeststellungsinteresse befindenden Gerichten, eine oberflächliche Prüfung zuzubilligen, ob ein Erfolg der beabsichtigten Amtshaftungsklage möglich ist. Dies bedeutet, dass das (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresse jedenfalls dann zu verneinen ist, wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass der behauptete Amtshaftungsanspruch – wie hier – unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht und sich dies ohne eine ins Detail gehende Würdigung aufdrängt (Schütz in jurisPK-SGG, 1. Auflage, 2017, § 131 Rn. 47).
Ein Rehabilitationsinteresse ist ebenfalls nicht gegeben. Ein solches kann angenommen werden, wenn der Kläger durch das Verwaltungshandeln ideell geschädigt worden ist. In Betracht kommt dies bei Entscheidungen mit diskriminierender, die Menschenwürde bzw. die Persönlichkeitsrechte oder das Ansehen erheblich beeinträchtigender Wirkung (Schütz in jurisPK-SGG, 1. Auflage, 2017, § 131 Rn. 48). Selbst wenn die Beklagte vorliegend bis zum 05.11.2016 hätte entscheiden müssen, ist – insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kläger nicht mehr Mitglied der Beklagten war – eine erhebliche Beeinträchtigung durch eine Verzögerung von vier Tagen nicht im entferntesten denkbar.
Die zuletzt vom Kläger behauptete Widerholungsgefahr besteht nicht. Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (Schütz in jurisPK-SGG, 1. Auflage, 2017, § 131 Rn. 49). Bei den derzeit offenen Verwaltungsverfahren des Klägers bei der Beklagten ist das Widerspruchsbegehren erkennbar. Darüber hinaus stellte es – wie erstinstanzlich zutreffend ausgeführt – einen hinreichenden Grund i.S.v. § 88 Abs. 2 SGG dar, wenn der Kläger bei vollständiger Beitragserstattung die Frage nach seinem Widerspruchsbegehr nicht beantwortet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 16.07.2018
Zuletzt verändert am: 16.07.2018