Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 13. Juni 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten – Körperschaft des öffentlichen Rechts – lehnte es mit Entscheidung vom 11.06.1999 bzw. 31.08.1999 ab, dem Kläger Leistungen nach der Pflegestufe II zu gewähren. Der aufgrund des Verschlimmerungsantrags bzw. Einspruchs des Klägers eingeholte Untersuchungsbericht des Medizinischen Dienstes habe ergeben, dass der notwendige Hilfebedarf das hierfür notwendige Maß nicht erreiche. Dem Hinweis in der endgültigen Ablehnung entsprechend hat der Kläger am 01.10.1999 gegen die Gemeinschaft Privater Versicherungsunternehmen GbR, vertreten durch den Verband der privaten Versicherung e.V. Köln, dieser wiederum vertreten durch die KVB – Bezirksleitung Wuppertal, Klage erhoben. Nach Einholung ausführlicher Befundberichte seiner behandelnden Ärzte und einem Hinweis des Sozialgerichts, nahm der Kläger die Klage am 14.03.2000 zurück.
Die Beklagte hat daraufhin beantragt,
dem Kläger die Verfahrenskosten aufzuerlegen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 13.06.2000, auf den Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht entschieden, die Beteiligten hätten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, Träger der Entscheidungen über die Ablehnung von Leistungen aus der Pflegeversicherung sei allein die öffentlich-rechtliche KVB gewesen. Deren Kosten seien gemäss § 193 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erstattungsfähig. Auch wenn der Kläger dem Hinweis in der Ablehnungsentscheidung folgend unmittelbar gegen die Gemeinschaft der Privaten Versicherungsunternehmen Klage erhoben habe, begründe dies nicht deren Kostenerstattungsanspruch der GPV gegen ihn. Der Kläger habe nicht erkennen können, dass die Kostenregelung des § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG nicht mehr gelten würde. Wenn die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Vereinbarung vom 10.11./05.12.1994 zwischen ihr und der Gemeinschaft Privater Versicherungsunternehmen verpflichtet sei, bei der Durchführung einer Aufgabe im Pflegeversicherungsleistungswesen als bevollmächtigte Vertreterin der Gemeinschaft Privater Versicherungsunternehmen aufzutreten, zwinge sie diese Vereinbarung nicht, eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Wahrnehmung der Prozessvertretung zu beauftragen. Die rechtliche Konstruktion wäre eine unzulässige Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen des § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG, die nicht zu Lasten des Klägers gehe könne.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Kläger hat keine außergerichtliche Kosten zu erstatten. Denn die Regelung des § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG findet vorliegend Anwendung.
Zwar können private Pflegeversicherungsunternehmen Kostengläubiger nach § 193 Abs. 1 SGG sein und findet die Ausnahmevorschrift des § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG auf private Pflegeversicherungsunternehmen keine Anwendung (LSG NRW vom 24.08.1999 – L 10 B 10/99 P – Breithaupt 2000, 222 – 226; LSG Rheinland-Pfalz vom 21.05.1999 – L 5 P 9/98 – VersR 2000, 628; anderer Ansicht LSG für das Saarland vom 21.04.1998 – L 2 P 4/97 S und L 20 P 387/96 – VersR 1998, 1130 – 1132). Ebenso weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Leistungsbeziehungen vorliegend auf dem privaten Versicherungsvertrag beruhen, der auf der Grundlage des Versicherungsvertragsgesetzes und den allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten geschlossen worden ist. Versicherer ist dementsprechend die "Gemeinschaft Privater Versicherungsunternehmen zur Durchführung der Pflegeversicherung (nach dem Pflege-VG vom 26. Mai 194) für die Mitglieder der Postbeamtenkrankenkasse und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (GPV)".
Nach Auffassung des Senats kann in diesem Zusammenhang aber nicht unbeachtet bleiben, dass die Mitversicherungsgemeinschaft GPV wesentliche Aufgaben bei der Durchführung der privaten Pflegeversicherung auf die Postbeamtenkrankenkasse und die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten übertragen hat (§ 3 des Mitversicherungsvertrages vom 28.05.1997). Zu den von diesen übernommenen Funktionen zählen u.a. das Leistungswesen mit der Feststellung der bedingungsgemässen Leistungsvoraussetzungen, insbesondere der Veranlassung der ärztlichen Untersuchung, und die bedingungsgemäße Auszahlung der beantragten Tarifleistungen. Zur Abwicklung der Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung der Versicherten der Postbeamtenkrankenkasse und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten nach dem Pflegeversicherungsgesetz stehen, haben die Postbeamtenkrankenkasse, die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten und die GPV eine Vereinbarung vom 30.11.1994 getroffen. Unter Ziffer 3 dieser Vereinbarung sind die Aufgaben nach Abschluss des Versicherungsvertrages geregelt. Nach Abs. 1 Ziff. 2 obliegen bei Abwicklung der Pflegeversicherung der Postbeamtenkrankenkasse und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten u.a. die Aufgaben "Feststellung der Leistungsvoraussetzungen im Sinne der allgemeinen Versicherungsbedingungen einschliesslich des Tarifs"; bei der Durchführung der ihnen im Leistungswesen übertragenen Aufgaben sind die Postbeamtenkrankenkasse und die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten – auch in Streitfällen – verpflichtet, als bevollmächtigte Vertreter der GPV aufzutreten. In dieser Rechtsstellung ist die KVB im vorliegenden Fall auch aufgetreten (anders beim Auftreten als Prozeßstandschafter, vgl. die vom BSG entschiedenen Fälle, siehe unten).
Die Postbeamtenkrankenkasse und die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten sind unstreitig Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne des § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG. Sie erfüllen vertragliche Verpflichtungen gegenüber der GPV aus dem vorgenannten Mitversicherungsvertrag bzw. der Vereinbarung. Ihnen obliegt die praktische Durchführung der privaten Pflegeversicherung, einschließlich der Vertretung der GPV im Streitverfahren. Mit der Abwehr vermeintlich unbegründeter Leistungsbegehren unter Einschluss der gerichtlichen Verfahren nehmen sie eigene vertraglich begründete Aufgaben wahr (vgl. dazu auch BSG Sozialrecht – SozR – 3-3300 § 36 Nr. 1). Das Gesetz geht davon aus, dass Körperschaften des öffentlichen Rechts, denen die Durchführung sozialrechtlicher Aufgaben obliegt, über die erforderliche Sachkunde verfügen, um Rechtsstreitigkeiten in solchen Angelegenheiten selbständig und ohne Beauftragung rechtskundiger Dritter führen zu können (vgl. § 166 Abs. 1 SGG) und dass dies auch zumutbar ist (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl. 1998, § 193 Rdnr. 3). Da die Einschaltung externer Prozessbevollmächtigter, insbesondere von Rechtsanwälten, für diese Beteiligten nicht notwendig ist, besteht grundsätzlich auch kein Anlass, im Falle des Obsiegens eine Kostenerstattung durch den unterliegenden Beteiligten vorzusehen. Eine Ausnahme hiervon ist auch für den Fall, dass die Körperschaft des öffentlichen Rechts lediglich als Vertreter einer juristischen Person des Privatrechts auftritt, nicht anzunehmen, solange die Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie hier, eigene Aufgaben wahrnimmt. Denn auch in diesem Falle verfügt die Körperschaft des Öffentlichen Rechts über die notwendige Sachkunde und gilt die Befreiung vom Vertretungszwang gemäss § 166 Abs. 1 SGG (vgl. in Fällen der Aufgabenwahrnehmung als Prozeßstandschafter: BSG vom 14.12.2000 – B 3 P 1/00 R -, zur Veröffentlichung in SozR 3 vorgesehen = Juris – Dok. 25164). Deshalb hält es der Senat für gerechtfertigt, hier den in § 193 Abs. 4 Satz 1 aufgestellten Grundsatz analog anzuwenden, dass die Aufwendungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht erstattungsfähig sind (anderer Auffassung Bayerisches LSG, unveröffentlichter Beschluss vom 14.10.1999 – L 7 B 213/99 P).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 10.08.2003
Zuletzt verändert am: 10.08.2003