I. Die Klage gegen den Bescheid vom 24. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2015 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im August 1956 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Italien. In Deutschland hat der Kläger vom 07.02.1972 mit Unterbrechungen bzw. Zeiten der Arbeitslosigkeit bis 31.08.1986 versicherungspflichtig gearbeitet. Anschließend lagen Arbeitslosigkeit vom 01.09.1986 bis 30.11.1986 und eine erneute versicherungspflichtige Beschäftigung vom 02.07.1990 bis 22.07.1990 vor. Versicherungszeiten in Italien sind vom 01.10.1971 bis 31.10.1971 sowie vom 01.09.1986 bis 31.03.1987 im Versicherungskonto des Klägers gespeichert. In Italien bezieht der Kläger ab Juni 2001 eine sog. Zivilinvalidenrente.
In der Vergangenheit hat die Beklagte mit bindendem Bescheid vom 15.11.2002 Rente wegen Erwerbsminderung aus versicherungsrechtlichen Gründen abgelehnt. Nach sozialmedizinischer Feststellung ist sie dabei für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 31.10.2003 von einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgegangen.
Eine weitere Ablehnung einer vom Kläger am 26.03.2009 erneut beantragten Rente wegen Erwerbsminderung erfolgte mit Bescheid vom 19.11.2009 und Widerspruchsbescheid vom 02.07.2010 wiederum wegen fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Nach ärztlicher Feststellung sei der Kläger seit 17.01.2009 auf Zeit bis 31.01.2011 voll erwerbsgemindert. Im maßgeblichen Zeitraum vom 17.01.2004 bis 16.01.2009 seien jedoch statt der erforderlichen 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit keine Kalendermonate in der deutschen oder italienischen Rentenversicherung vorhanden. Ebenso sei aufgrund unbelegter Monate im Zeitraum vom 01.01.1984 bis 16.01.2009 nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, so dass kein Tatbestand der vorzeitigen Wartezeiterfüllung vorliege. Die unter dem Az.: S 12 R 1017/10 zum Sozialgericht Augsburg erhobene Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 19.08.2011 abgewiesen. Im anschließenden Berufungsverfahren unter dem Az.: L 14 R 1062/11 hat das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) die Berufung gegen den Gerichtsbescheid mit Urteil vom 21.06.2012 zurückgewiesen. Zwar liege Erwerbsminderung vor, allerdings fehle es zum Zeitpunkt des Eintritts des festgestellten Leistungsfalls an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Diese hätte der Kläger nur dann erfüllt, wenn die Erwerbsminderung spätestens bis März 1989 eingetreten wäre. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) unter dem Az.: B 13 R 363/12 B mit Beschluss vom 19.12.2012 als unzulässig verworfen.
Auf seinen am 14.11.2014 beim italienischen Versicherungsträger (INPS Caltanissetta) erneut gestellten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung überprüfte die Beklagte anhand des beigefügten Gutachtens vom 28.11.2014 des italienischen Rentenversicherungsträgers auf Vordruck E 213 IT einen früheren Leistungsfall. Nach sozialmedizinischer Feststellung ergab sich hierbei eine teilweise bzw. volle Erwerbsminderung seit 14.03.2002 auf Dauer.
Mit streitigem Bescheid vom 24.06.2015 lehnte die Beklagte eine Rente wegen Erwerbsminderung wiederum ab, da im maßgeblichen Zeitraum vom 14.03.1997 bis 13.03.2002 anstelle der Mindestzahl von 36 Monaten mit Pflichtbeiträgen keine Monate mit Pflichtbeiträgen vorhanden seien. Aufgrund der im Versicherungsverlauf des Klägers enthaltenen Lücken in der Zeit vom 01.01.1984 bis 28.02.2002 sei ebenso nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, so dass auch eine vorzeitige Wartezeiterfüllung ausscheide. Den vom Kläger hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2015 zurück. Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung sei das Vorliegen von teilweiser/voller Erwerbsminderung und die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Da Letztere nicht erfüllt seien, könne eine Rente trotz Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen nicht gewährt werden. Eine durchgehende Erwerbsminderung seit März 1989, dem letzten Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt wären, sei nicht nachgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 26.08.2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung teilte er mit, dass er aufgrund der Erkrankung seit 10.03.2012 ständig Tabletten wegen seiner Blutzirkulation einnehmen müsse und seine Rente brauche. Mit einer Untersuchung in Deutschland sei er einverstanden.
Mit gerichtlichen Schreiben vom 16.10.2015 wurden die Beteiligten zur Absicht des Gerichts, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, gehört. Die Beklagte hat sich hiermit einverstanden erklärt, der Kläger hat ein Attest des behandelnden Arztes vom 29.10.2015 übersandt, in dem aufgrund der gesundheitlichen Leiden mitgeteilt wird, dass eine berufliche Tätigkeit nicht möglich sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2015 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen. Beigezogen war zudem die Gerichtsakte zum Az.: S 12 R 1017/10.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist. Die Rechte der Beteiligten wurden gewahrt, da sie zur Absicht des Gerichts, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, nach § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG ordnungsgemäß gehört worden.
Das Sozialgericht Augsburg ist das für die Entscheidung sachlich und örtlich zuständige Gericht (§§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 57 Abs. 3 SGG). Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. In der Sache ist sie aber nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da er die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Leistung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Sofern die Erwerbsfähigkeit unter sechs Stunden täglich liegt und der Versicherte keine Teilzeitbeschäftigung ausübt, ist von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen, weil der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (ständige Rechtsprechung des BSG).
Der Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung setzt weiterhin voraus, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Versicherten haben daher zum einen bis zum Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit zu erfüllen. Zudem haben sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorzuweisen. Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
Nach Überzeugung des Gerichts erfüllt der Kläger die vom Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nicht. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist somit rechtmäßig und verletzt diesen nicht in seinen Rechten. Aufgrund der im Rahmen der Beweiserhebung in den früheren und dem aktuellen Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten ärztlichen Befunde und Gutachten ist der Sachverhalt in medizinischer Hinsicht hinreichend erklärt. Nach Auswertung dieser Nachweise sieht es das Gericht im Einvernehmen mit der Beklagten als erwiesen an, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter sechs Stunden täglich abgesunken ist.
Die Feststellung des Leistungsvermögens ergibt sich aufgrund der vorgelegten italienischen Rentengutachten auf Vordruck E 213 IT sowie den ergänzenden ärztlichen Unterlagen und Befunden. Danach ist eine dauerhaft eingeschränkte Leistungsfähigkeit zumindest ab dem 14.03.2002 nachgewiesen.
Für eine Rentengewährung sind jedoch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Kläger hat unstreitig zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren für einen Rentenanspruch erfüllt. Er hat jedoch in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des festgestellten Leistungsfalls am 14.03.2002, also im Zeitraum vom 14.03.1997 bis 13.03.2002, nicht drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorzuweisen. In dem für den Kläger maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum liegen keine Verlängerungstatbestände vor. Dies ergibt sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf, in dem die rentenrechtlich relevanten Zeiten des Klägers zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen sind und dessen inhaltliche Richtigkeit auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen wird. Laut diesem Versicherungsverlauf liegen keine Monate mit berücksichtigungsfähigen Versicherungszeiten vor. Damit wären aufgrund der Erwerbsbiographie bei diesem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig bei Eintritt eines Leistungsfalles im März 1989 erfüllt. Insbesondere steht der Bezug einer italienischen Zivilinvalidenrente einer Zeit des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht gleich. Zudem ist kein Tatbestand der vorzeitigen Wartezeiterfüllung nach §§ 43 Abs. 5, 53 SGB VI zu erkennen. Im Versicherungskonto des Klägers sind die letzten versicherungsrechtlichen Zeiten für eine Beschäftigung bzw. für einen Leistungsbezug in Deutschland bis 22.07.1990 gespeichert. Anschließend hat der Kläger weder in Deutschland noch in Italien eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt und auch keine weiteren Beiträge, weder Pflichtbeiträge noch freiwillige Beiträge, an die Beklagte oder den italienischen Versicherungsträger entrichtet. Die erforderlichen 36 Monate sind somit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des festgestellten Leistungsfalles nicht erfüllt. Auch bei Zugrundelegung eines früheren Leistungsfalles, der mit Bescheid vom 15.11.2002 am 01.03.2001 angenommen wurde, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.
Eine durchgehende Belegung mit rentenrechtlichen Zeiten seit 01.01.1984, durch die eine weitere Ausnahme von der "36 in 60-Regelung" nach der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI möglich wäre, erfüllt der Kläger ebenso nicht. Nach dieser Vorschrift sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Monat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Monaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.
Einen Eintritt des Leistungsfalles zu einem Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt wären (bis März 1989), kann der Kläger nicht nachweisen. Auch ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Aufgrund der im Verwaltungs- sowie im Klageverfahren übersandten bzw. beigezogenen ärztlichen Unterlagen, Befundberichte und Gutachten ergibt sich dies schlüssig und nachvollziehbar.
Damit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch beim Kläger nicht erfüllt. Die streitigen Bescheide vom 24.06.2015 und 13.08.2015 erweisen sich somit als rechtmäßig. Damit ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 28.03.2018
Zuletzt verändert am: 28.03.2018