Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.03.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger am 14.09.2006 einen versicherten Arbeitsunfall erlitten hat.
Der Kläger beabsichtigte, am 14. und 15.09.2006 eine Dachseite seines Hauses, G-weg 00 in M, durch einen Dachdeckerbetrieb neu eindecken zu lassen. Neben den zwei Mitarbeitern dieses Betriebes halfen drei Bekannte und der Kläger selbst bei den Bauarbeiten mit. Am 14.09.2006 stürzte der Kläger beim Nageln von Dachlatten ab und verletzte sich schwer.
Am Tag vor dem Unfall ging um 19:33 Uhr bei der Beklagten ein vom Kläger unterschriebenes Telefax mit folgendem Wortlaut ein:
"Wie an Telefon besprochen möchte ich bescheit geben das wir am 14.09.06 und fileicht am 15.09.06 im G-weg 00 mit der Firma I aus M Mein Dach von einer seite neue Dachfannen draufmachen hir bei werden mir voraussichtlich Drei Sergute Bekante unendgeldlich helfen. Ich fermute das jeder helfer ungefer 5 Stunden bei mir Arbeitet.
Bauher K I G-weg 00 M Tel: xxx "
Der sodann mit Schreiben vom 19.09.2006 an den Kläger übersandte Vordruck zur Ermittlung des Versicherungsschutzes für mithelfende Personen wurde vom Kläger ausgefüllt übersandt am 28.09.2006. Darin wurden die Gesamtbaukosten mit ca. 6000 EUR, die Anzahl der Arbeitsstunden der drei Helfer mit jeweils 3 Stunden und ferner angegeben, dass der Kläger am 14.09.2006 um 11:30 Uhr einen Unfall erlitten habe.
Mit Bescheid vom 23.11.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen wegen des Ereignisses vom 14.09.2006 ab, da sich ein Versicherungsfall nicht ereignet habe. Als Bauherr habe der Kläger eine freiwillige Versicherung zum Unfallzeitpunkt nicht abgeschlossen gehabt. Zur Begründung seines hiergegen am 07.12.2006 erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, auf telefonischen Hinweis einer Mitarbeiterin der Beklagten habe er den Antrag des für ihn und seine mithelfenden Freunde sowie Familienmitglieder gewünschten Versicherungsschutzes vor Beginn der Bauarbeiten per Telefax gestellt. Ihm sei versichert worden, dass dies ausreiche. Selbstverständlich habe er diesen Antrag auch für sich selbst als Bauherr gestellt, die mithelfenden Bekannten seien ohnehin während der Tätigkeit gesetzlich unfallversichert gewesen. Eine andere Auslegung des Antrages sei nicht möglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, als Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten sei der Kläger nicht bereits kraft Gesetzes versichert gewesen, hätte aber über § 62 Abs. 1 ihrer, der Beklagten, Satzung die Möglichkeit gehabt, sich freiwillig zu versichern. Einen derartigen Antrag habe er nicht gestellt.
Der Kläger hat am 21.02.2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Münster erhoben und sein Begehren auf Gewährung von "Leistungen" wegen der Folgen des Unfalls vom 14.09.2006 weiterverfolgt. Dass er eine Versicherung für sich selbst und die Mithelfenden habe abschließen wollen, ergebe sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung seines Faxes vom 13.09.2006, wonach drei Bekannte mit ihm zusammen die Arbeiten durchführen würden.
Ergänzend hat der Kläger vorgetragen, am Tag vor Beginn der Bauarbeiten Herrn I von der privaten LVM-Versicherung in M angerufen zu haben, der ihn wegen des besseren und günstigeren Versicherungsschutzes an die Berufsgenossenschaft verwiesen habe. Im anschließenden Telefonat mit der Mitarbeiterin der Beklagten habe er dieser gegenüber erklärt, dass die drei Bekannten und er während der Dacharbeiten versichert sein wollten. Sie habe ihm gesagt, dass er mittels Telefax sich selbst als Bauherren und die mithelfenden Personen habe benennen sollen. In diesem Fall wären sie versichert. Er habe nur das Fax absenden sollen, bevor sie auf das Dach gehen würden. Dieser Auskunft entsprechend habe er das Fax am 13. September 2006 aufgesetzt, das am selben Tag gegen 19:33 Uhr bei der Beklagten eingegangen sei. Seine und die Mitarbeit der drei Bekannten seien deshalb erfolgt, um die Kosten der Dachsanierung zu reduzieren. Welche finanziellen Verpflichtungen mit dem Abschluss der freiwilligen Versicherung verbunden sein würden, sei im Rahmen des Telefonats nicht angesprochen worden. Ihm sei die Höhe der Kosten auch gleichgültig gewesen, da es ihm darum gegangen sei, in jedem Fall versicherungsmäßig abgesichert zu sein. Vermutlich habe er auch nicht mit der Zeugin F, sondern mit einer Kollegin telefoniert.
Ferner hat der Kläger auf eine schriftliche Bestätigung des Versicherungsagenten I, LVM-Versicherungsbüro in M, vom 12.02.2010 verwiesen, in der dieser das Telefonat am 13.09.2006 zum Thema "Bauhelferunfallversicherung" und seinen Hinweis auf den kostengünstigen Versicherungsschutz aller nichtgewerblich am Bauvorhaben tätigen Personen durch die Berufsgenossenschaft sowie die Übereinkunft, dass eine Absicherung für den Kläger persönlich und die anderen am Bau beteiligten Personen über die BG notwendig sei, bestätigt. Der am Bauvorhaben beteiligte Bekannte H hat mit Schreiben vom 01.03.2010 die Information des Klägers über den Abschluss einer Unfallversicherung für sich und seine Helfer bei der Berufsgenossenschaft und die Einsichtnahme in das entsprechende Telefax vom 13.09.2006 bestätigt.
Das SG hat dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers den Antrag entnommen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.11.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2007 zu verurteilen, das Unfallereignis vom 14.09.2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Auffassung bekräftigt, wonach auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sowie der Zeugin F ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Abschluss einer freiwilligen Versicherung für den Kläger nicht festgestellt werden könne. Dass die Zeugin im Rahmen des Telefonats vom 13.09.2006 derart indifferente Aussagen, wie vom Kläger behauptet, zu Versicherungsschutzangelegenheiten getätigt haben solle, werde bestritten. Aufgrund der enormen Kosten einer freiwilligen Bauherren-Versicherung in Höhe von ca. 500 EUR habe diese Versicherung keine Praxisrelevanz. Soweit der Kläger selbst angegeben habe, über die Kosten der Versicherung sei im Rahmen des Telefonats nicht gesprochen worden, sei dies ein Indiz dafür, dass der Kläger gerade nicht erwähnt habe, selbst versichert sein zu wollen. Gegenstand des Gesprächs sei ihrer Auffassung nach ausschließlich die Versicherung der Bauhelfer gewesen, so dass dementsprechend mit Schreiben vom 13.09.2006 lediglich die Anmeldung eines Bauvorhabens erfolgt sei; denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse der Kläger als Unternehmer in erkennbarer Weise seinen Willen zum Ausdruck bringen, von seinem Antragsrecht Gebrauch machen zu wollen (BSGE 50, 16, 18). Eine diesbezügliche Auslegung des Fax-Schreibens des Klägers als Antrag auf freiwillige Versicherung komme nicht in Betrachtt. Soweit der Kläger ausweislich des von ihm vorgelegten Einzelverbindungsnachweises seiner Telefongesellschaft die Nebenstelle der Zeugin F angewählt habe, entbehre seine Behauptung, mit einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten telefoniert zu haben, jeglicher Nachvollziehbarkeit.
Das SG hat Beweis erhoben durch Befragung der Verwaltungsangestellten F als Zeugin. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des SG vom 21.10.2009 Bezug genommen.
Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 24.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt weder als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) noch als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert gewesen, da seine Mitarbeit im Rahmen der Dacharbeiten hauptsächlich von dem Eigeninteresse bestimmt gewesen sei, sein Bauvorhaben durchzuführen und Kosten zu sparen. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass sich der Kläger bei den Arbeiten an die Weisungen der Mitarbeiter des Dachdeckerbetriebes zu halten gehabt habe. Der Kläger sei der Unfallversicherung auch nicht freiwillig beigetreten, denn das Faxschreiben vom 13.09.2006 stelle keinen wirksamen Antrag dar. Das Erfordernis der Unmissverständlichkeit und Vorbehaltslosigkeit erfülle dieses Schreiben offensichtlich nicht. Auch der telefonische Kontakt des Klägers mit der Mitarbeiterin der Beklagten F erfülle das Formerfordernis eines Antrages nicht.
Gegen das ihm am 09.04.2010 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 10.05.2010 (Montag), zu deren Begründung er sich auf den bisherigen Sachvortrag beruft. Dass er einen telefonischen Antrag bei der Beklagten gestellt habe, habe er nie behauptet. Vielmehr habe er auf die dortige Mitteilung, eine wirksame Beantragung für sein Bauvorhaben könne formlos per Telefax geschehen, einen entsprechenden Antrag für sich und die drei Bauhelfer gestellt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.03.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2007 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 14.09.2006 einen Arbeitsunfall darstellt.
Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG hat zu Recht die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage abgewiesen, denn der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht beschwert. Vielmehr hat sie darin zutreffend die Anerkennung (Feststellung) des Ereignisses vom 14.09.2006 als Arbeitsunfall abgelehnt.
Die Voraussetzungen zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) liegen nicht vor, da der Kläger seinen Unfall nicht infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erlitten hat. Insbesondere aber bestand zum Zeitpunkt des Unfalls keine freiwillige Unternehmerversicherung (§ 6 SGB VII).
Dass der Kläger im Rahmen der zum Unfall führenden Tätigkeit nicht als Beschäftigter des Dachdeckerunternehmens I nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII oder als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, hat das SG zutreffend begründet dargelegt, so dass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Im Übrigen hat der Kläger dieser Rechtsauffassung ausdrücklich nicht widersprochen. Zu Recht ist daher auch die zunächst erfolgte Beiladung des seinerzeit zuständigen (§ 129 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII) Gemeindeunfallversicherungsverbandes Westfalen-Lippe (nunmehr Unfallkasse NRW) vom SG wieder aufgehoben worden.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat zum Unfallzeitpunkt auch keine freiwillige Unternehmerversicherung bestanden. Nach § 6 Abs. 1 SGB VII können sich unter anderem Unternehmer (nach § 62 Abs. 1 der Satzung der Beklagten in der Fassung vom 01.05.2005 Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten) auf schriftlichen Antrag freiwillig versichern. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 SGB VII beginnt die Versicherung mit dem Tag, der dem Eingang des Antrages folgt. Das als einzige schriftliche Verlautbarung des Klägers in Betracht kommende Fax-Schreiben vom 13.09.2006 – die vom Kläger angegebenen mündlichen Erklärungen sowohl gegenüber der Zeugin F als auch gegenüber dem Versicherungsvertreter der LVM-Versicherung sind schon mangels Schriftform unbeachtlich (BSGE 108, 194 ff) – erfüllt jedoch nicht die Anforderungen an eine wirksame Antragstellung im Sinne der Vorschrift.
Zwar war der Kläger als Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten berechtigt, den für seinen Versicherungsschutz erforderlichen Beitritt zur freiwilligen Unternehmerversicherung zu erklären. Auch wäre aufgrund des am Tage vor Beginn der Bauarbeiten bei der Beklagten zugegangen Fax-Schreibens ein Versicherungsschutz fristgerecht zu Stande gekommen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Jedoch kann dieses Schreiben nicht als Antrag auf Beitritt zur freiwilligen Unternehmerversicherung gedeutet werden. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, bedarf es für die freiwillige Unternehmerversicherung einer auf die Begründung des Versicherungsverhältnisses gerichteten Willenserklärung in der Gestalt des vom Unternehmer zu stellenden Antrags. Der Unternehmer muss dabei in erkennbarer Weise seinen Willen zum Ausdruck bringen, von seinem Antragsrecht Gebrauch zu machen. Der Antrag muss unmissverständlich und ohne Vorbehalt erklärt werden (BSGE 64, 89 ff m.w.N.). Diese Voraussetzungen erfüllen die Angaben in dem Faxschreiben des Klägers vom 13.09.2006 nicht.
Vielmehr hat er unter Bezugnahme auf ein nicht näher bezeichnetes Telefonat lediglich mitgeteilt, wann und wo die Bauarbeiten durchgeführt werden sollen und dass ihm voraussichtlich drei sehr gute Bekannte unentgeltlich jeweils 5 Stunden helfen wollen. Außerdem hat er unter Angabe seiner Adresse sich selbst als Bauherrn bezeichnet. Dass er damit bei seinen Eigenbauarbeiten Unfallversicherungsschutz für die am Bauvorhaben eingesetzten privaten Bauhelfer geltend machen wollte, rmag den Angaben noch zu entnehmen sein. Unter Berücksichtigung der entsprechend anwendbaren allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) lässt sich der schriftlichen Erklärung des Klägers jedoch nicht in der gebotenen Unmissverständlichkeit der eindeutige Wille zum Abschluss einer freiwilligen Unternehmerversicherung für ihn selbst als Unternehmer entnehmen. Auch wenn der Kläger in Behördenangelegenheiten ungeübt sein mag, hätte er seinen Wunsch nach einem Unfallversicherungsschutz gegenüber der Beklagten deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Hingegen bezieht sich die in der Wir-Form formulierte Beschreibung allein auf die geplanten Dacharbeiten, wobei schon nicht ersichtlich ist, ob der Kläger dabei selbst mitarbeiten wollte oder lediglich die drei Bekannten den Mitarbeitern des Dachdeckerunternehmens helfen sollten. Der Begriff "Versicherung" fällt ebenso wenig wie der Begriff "Bauherrenversicherung".
Daran vermag auch der Hinweis auf ein zuvor geführtes Telefonat nichts zu ändern. Abgesehen davon, dass der Kläger nicht einmal einen Ansprechpartner namentlich benennt, kann nach den Gesamtumständen auch nicht festgestellt werden, dass im Rahmen des Telefonates überhaupt über den Abschluss einer freiwilligen Bauherren-Versicherung gesprochen worden ist. Nach den glaubhaften Angaben der im ersten Rechtszug gehörten Zeugin F rät sie in Beratungsgesprächen wegen der hohen Kosten regelhaft vom Abschluss einer freiwilligen Versicherung für den Bauherrn ab, so dass ihr kein Fall bekannt war, in dem ein Bauherr gleichwohl eine Versicherung für sich abgeschlossen hätte. Vielmehr berät sie in der Regel lediglich über die sogenannte Bauhelferversicherung. Da dem Kläger nach eigenen Angaben über – exorbitant hohe – Kosten einer Bauherren-Versicherung im Anschluss an das Telefonat nichts bekannt war, ist zur Überzeugung des Senates dieses Thema nicht Gegenstand des Gespräches gewesen. Die Bezugnahme auf das Telefonat in dem Fax-Schreiben des Klägers vom 13.09.2006 vermag daher ebenfalls keinen wirksamen Antrag auf Abschluss einer Bauherren-Versicherung zu begründen. Auch wenn die Zeugin F sich nicht mehr an das Telefonat mit dem Kläger erinnern konnte, ist im Hinblick auf die vom Kläger vorgelegte Verbindungsübersicht mit der Durchwahlnummer der Zeugin davon auszugehen, dass er mit ihr auch gesprochen hat. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass eine andere Mitarbeiterin abweichende Angaben gemacht hätte.
Es erscheint zudem bei Gesamtkosten von 6000 EUR für das Bauvorhaben wenig wahrscheinlich, dass der Kläger für sich eine freiwillige Unfallversicherung zu einem Preis von 500 EUR hat abschließen wollen, wenn es ihm ansonsten im Rahmen der Baumaßnahme um eine Reduzierung der Kosten durch persönlichen oder den Einsatz von unentgeltlich tätigen werdenden Bauhelfern ging. Wenn zudem der Kläger betont, dass über die Kosten einer freiwilligen Versicherung nicht gesprochen worden sei, kann dies im Hinblick auf die Angaben der Zeugin F nur bedeuten, dass er seinen Wunsch zum Beitritt zur Unternehmer-Versicherung nicht – oder jedenfalls nicht mit der zu fordernden Deutlichkeit – erklärt hat.
Soweit der Kläger – bestätigt durch die schriftlichen Angaben des Versicherungsagenten der privaten LVM-Versicherung I – gegenüber diesem den ausdrücklichen Willen zum Abschluss einer Unfallversicherung auch für sich selbst zum Ausdruck gebracht haben sollte, fehlt es zum einen schon an der erforderlichen Schriftform und zum anderen an einer Antragstellung gegenüber dem zuständigen Leistungsträger oder einem unzuständigen Leistungsträger im Sinne von § 16 Abs. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I), der gegebenenfalls zur Protokollierung und Weiterleitung an den zuständigen Sozialleistungsträger verpflichtet gewesen wäre. Die LVM-Versicherung als privates Versicherungsunternehmen ist aber kein Sozialleistungsträger im Sinne der §§ 18 bis 29 SGB I.
Bestand danach keine Amtspflicht des privaten Versicherungsunternehmens auf schriftliche Protokollierung eines Antrages und Weiterleitung an den zuständigen Sozialleistungsträger, kommt auch ein so genannter sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht in Betracht. Der vom BSG richterrechtlich entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch knüpft an die Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten als Nebenpflichten im Sozialrechtsverhältnis und gewährt einen Anspruch auf (eine Art von) Naturalrestitution (vgl. BSGE 89, 50, 53 ff.). Er ist auf die Vornahme einer zulässigen Amts- bzw. Rechtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenden Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. z. B. BSGE 65, 21, 26 m. w. N.; zuletzt BSG Urteil vom 16.5.2012 – B 4 AS 166/11 R – juris RdNr. 27).
Die Beklagte muss sich dementsprechend eine eventuell zu Nachteilen führende Rechtshandlung oder Unterlassung durch das private Versicherungsunternehmen nicht zurechnen lassen.
Ein wirksamer Antrag auf Beitritt zur Bauherren-Versicherung lässt sich über die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auch nicht in Bezug auf das am 13.09.2006 zwischen dem Kläger und der Zeugin F geführte Telefonat herleiten. Es fehlt bereits an einer Verletzung von Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten. Ein Anlass zu einer sog. Spontanberatung liegt nur dann vor, wenn sich klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (vgl. etwa BSG SozR 4-1200 § 14 Nr. 5 RdNr. 17; BSGE 92, 34, BSG SozR 3-4100 § 110 Nr. 2; BSG SozR 3-1200 § 14 Nrn. 6 und 16). Danach scheidet eine Verpflichtung zu einer Beratung über die satzungsrechtlich mögliche Option einer Bauherren-Versicherung aus; denn die damit verbundenen, außerordentlich hohen Kosten hätten den Beitritt zu dieser Versicherung keineswegs als zweckmäßige Gestaltungsmöglichkeit aufgedrängt. Dafür spricht im Übrigen, dass die Bauherren-Versicherung praktisch keine Relevanz hat. Dass der Kläger selbst nach einer entsprechenden Versicherung gefragt haben und unzureichend beraten worden sein sollte, ist ebenfalls auszuschließen. Er war nach eigenen Angaben nicht über die damit verbundenen Kosten unterrichtet. Wäre das Thema in dem oben genannten Telefonat zur Sprache gekommen, so hätte die Zeugin F, wie sie dies typischerweise und nachvollziehbar regelmäßig in vergleichbaren Fallkonstellationen handhabt, die im Verhältnis zu einer privaten Unfallversicherung damit verbundenen Kosten angesprochen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Revisionszulassung bestand keine Veranlassung, denn die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 04.04.2013
Zuletzt verändert am: 04.04.2013