Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.11.2004 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage der Rechtmäßigkeit einer sachlich rechnerischen Berichtigung der Honorarabrechnung der Klägerin für das Quartal II/2000. Gegenstand des Streits ist die Frage, ob die Klägerin berechtigt war, Leistungen nach dem Diabetesvertrag zur Verbesserung der Qualität der ambulanten Versorgung von Diabetikern zur Intensivierung der interdisziplinären Kooperation von Vertragsärzten (DV) für vor dem 30.09.1999 behandelte Patienten abzurechnen, die versehentlich nicht in einer zu erstellenden Patientenliste aufgeführt waren.
Die als Internistin in L tätige und dort auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Klägerin nimmt im Rahmen des DV in Form der diabetologischen Schwerpunktpraxis (DSP) an der strukturellen Versorgung von Diabetikern Typ II Patienten teil.
Mit Bescheid vom 11.08.2000 führte die Beklagte die streitige sachlich-rechnerische Berichtigung durch, die sie auf die Streichung von Leistungen bezog, die die Klägerin nach den im DV enthaltenen Ziffern 9321 und 9322 als diabetologisch geschulter Hausarzt (DHA) erbracht hat. Der DV sehe für in der Funktion des DHA tätige Ärzte die diabetologische Versorgung eigener Patienten in der DSP vor, wenn diese Patienten bereits in der Vergangenheit betreut worden seien. Hierbei habe es sich um eine bis zum 31.12.1999 befristete Übergangsregelung gehandelt, zu deren Einhaltung eine namentliche Patientenliste zu erstellen war. Da eine Erweiterung des eigenen Diabetesklientels zur Abrechnung von Leistung als DHA somit ausgeschlossen sei und einige von den Patienten, die die Klägerin als DHA abrechnet habe, auf der eingereichten Patientenliste fehlten, seien die entsprechenden Gebührenziffern in der Abrechnung gestrichen worden.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 06.09.2000 machte die Klägerin geltend, bei den genannten Patienten habe es sich nicht um neue eigene Patienten und auch nicht um Erstmanifestationen eines Diabetes Mellitus bei eigenen Patienten gehandelt, vielmehr seien diese Patienten in den vorangegangenen Quartalen ebenfalls von ihr kontinuierlich betreut worden. Recherchen mit ihrem Softwarehouse Turbomed hätten ergeben, dass die Patienten aus nicht mehr aufklärbaren Gründen nicht in der Liste genannt worden seien. Aus diesem Grunde habe sie eine korrigierte Liste erstellt, in der alle von ihr im III. Quartal behandelten Patienten aufgeführt und die von der Beklagten nicht aufgefundenen Patienten kenntlich gemacht worden seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2001 wies die Beklagte aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtete sich die am 24.07.2001 erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin zunächst unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren die Auffassung vertrat, die Beklagte lehne die Berücksichtigung der namentlich nicht genannten Patienten bei der Abrechnung zu Unrecht ab. Darüber hinaus war die Klägerin der Ansicht, soweit die Beklagte sich zur Ablehnung der Korrektur der Liste unter Berufung auf § 4 Abs. 7 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) berufe, sei bereits zweifelhaft, ob diese Vorschrift bei leichtesten und ohne weiteres zu korrigierenden Fehlern überhaupt anwendbar sei. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob diese Vorschrift nicht bereits deshalb unanwendbar sei, weil sie vollständige Abrechnungsunterlagen eingereicht habe, denn unvollständig sei allein die von ihr eingereichte Patientenliste gewesen, die jedoch keine Abrechnungsunterlage im Sinne der genannten HVM-Vorschrift darstelle. Diese Patientenliste beinhalte lediglich einen Nachweis für die Anzahl der eigenen Diabetespatienten nach dem DV. Dieser sehe im Übrigen auch keine Ausschlussfrist für das Einreichen der Liste vor. Hilfsweise müsse ihr zugestanden werden, die betroffenen Leistungen nach den allgemeinen Ziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) abzurechnen und insofern eine Umwandlung vorzunehmen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 11.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die gestrichenen Leistungen der Nrn. 9321 und 9322 nach dem DV nachzuvergüten.
Hilfsweise hat sie beantragt,
ihr zu gestatten, die von der Beklagten in dem angegriffenen Bescheid berichtigten Leistungsziffern nach dem DV nachträglich umzuwandeln in Leistungen nach dem EBM.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und für den Fall der Klageabweisung die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Streichung sei zu Recht erfolgt. Die Patientenlisten des DV seien Abrechnungsunterlagen im Sinne des § 4 Abs. 7 HVM, denn sie seien unverzichtbare Voraussetzung für die Abrechnung der Leistungen nach dem DV und müssten daher auch vollständig zum Zeitpunkt der Abrechnung vorliegen, um eine Überprüfung zu ermöglichen.
Das Sozialgericht Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 24.11.2004 stattgegeben. Die auf §§ 45 Abs. 1 des Bundesmantelvertrages Ärzte (BMVÄ) bzw. 34 Abs. 4 Ersatzkassenvertrag Ärzte (EVKÄ) gestützte sachlich-rechnerische Berichtigung sei zu Unrecht erfolgt. Die Regelung des § 4 Abs. 7 HVM stehe einer nachträglichen Korrektur der Patientenliste nicht entgegen. Die in § 5 Abs. 2 Nr. 2.3 des DV enthaltene Regelung bezüglich der Behandlung bis 30.09.1999 vorhandener eigener Patienten auch in der Funktion des DHA in der DSP erfordere die Feststellung, wieviele Diabetespatienten bis zu diesem Zeitpunkt als eigenes Klientel behandelt worden seien. Die Überprüfung sei anhand einer namentlichen Aufstellung vorgenommen, da die Anzahl der Patienten in den nächsten Quartalen auch nicht im Rahmen der Abrechnung überschritten werden dürfte. Die Behauptung der Klägerin, sämtliche beanstandete Behandlungsfälle seien vor dem Stichtag bei ihr in der Funktion des DHA in Behandlung gewesen, sei unbestritten. Damit habe die Klägerin eine Berechtigung zur Behandlung dieser Patienten ohne Überweisung gehabt. Diese Berechtigung entfalle nicht aufgrund der anfänglich fehlerhaften Patientenliste, deren Korrektur § 4 Abs. 7 HVM nicht entgegenstehe. Ungeachtet der Frage, ob diese Regelung angesichts der spezielleren Regelung des DV überhaupt Anwendung finde handele es sich bei der Patientenliste nicht um originäre Abrechnungsunterlagen im Sinne dieser Vorschrift. Die Liste diene lediglich dem Zweck, die grundsätzliche Behandlungs- und Abrechnungsberechtigung nachzuweisen, sie sei daher nicht Bestandteil der Abrechnungsunterlagen des jeweiligen Quartals. Die Klägerin habe erst im Quartal II/00 – und nicht schon im Quartal I/00 – erfahren, dass die Liste fehlerhaft gewesen sei. Im Übrigen habe sich die Klägerin auch auf die Vollständigkeit der Liste, die mit einer von der Beklagten genehmigten Software erstellt worden sei, verlassen dürfen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 10.01.2005. Die Beklagte ist der Ansicht, die Patientenliste würde mit Einreichung Teil der Abrechnungsunterlagen, da nur mittels dieser Liste festgestellt werden könne, welche Patienten die DSP weiterhin als DHA behandeln dürften. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei es irrelevant, dass der DV keine Frist für die Überreichung der Patientenlisten vorsehe. Im Übrigen sei die Ansicht des Sozialgerichts unzutreffend, die Klägerin dürfe sich auf die Vollständigkeit der Listen verlassen, da diese mit einer genehmigten Software erstellt worden sein. Die Genehmigung der Beklagten beziehe sich allein darauf, dass die Hardware im Zusammenhang mit der Software funktionsfähig sei und den Anforderungen genüge. Keinesfalls übernehme die Beklagte damit die Verantwortung für jeden erdenklichen Fehler der Software.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.11.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf für zutreffend.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist sowie auf den Vortrag der Beteiligten im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die gestrichenen Leistungen der Nr. 9321 und Nr. 9322 nach dem DV nachzuvergüten, denn der Bescheid vom 11.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Hierzu verweist der Senat voll inhaltlich auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch der Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren führt zu keiner abweichenden Entscheidung, denn er besteht im Wesentlichen in einer Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es entgegen der Auffassung der Beklagten vorliegend nicht auf die Klärung der Frage ankommt, in wessen Verantwortungsbereich die Fehlerhaftigkeit bzw. Unvollständigkeit der erstellten namentlichen Patientenliste fällt. Der DV ist hinsichtlich der Abrechnungsmodalitäten und speziell der Regelung im Zusammenhang mit der zu erstellenden Patientenlisten als verschuldensunabhängige Vereinbarung abgefasst worden. Als in diesem Zusammenhang von Bedeutung und die sozialgerichtliche Entscheidung noch stützend ist nach Auffassung des Senats vielmehr der bisher unberücksichtigt gebliebene Umstand anzusehen, dass die Beklagte erstmals im Quartal II/00 eine sachlich-rechnerische Berichtigung hinsichtlich der Patienten vorgenommen hat, für die die Klägerin nach den Vereinbarungen des DV eine Abrechnungsberechtigung erworben hat, weil diese Patienten bereits zum Stichtag 30.09.1999 von ihr diabetologisch versorgt worden sind. Durch die unbeanstandete Abrechnung der von der Klägerin bezüglich dieser Patienten erbrachten Leistungen in den Quartalen IV/1999 und I/2000 hat die Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen die Klägerin nicht davon ausgehen konnte und musste, dass ihr hinsichtlich der selben Patienten zwei Quartale später die Abrechnungsberechtigung abgesprochen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01.01.2002 gültigen Fassung.
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 29.08.2006
Zuletzt verändert am: 29.08.2006