Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 10.05.2010 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beklagte bewilligte dem Kläger in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn mit Bescheid vom 16.07.2009 Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.08.2009 bis 31.01.2010. Im August 2009 zeigte der Kläger eine Arbeitsaufnahme an. Nach der Lohnabrechnung seiner Arbeitgeberin, I GmbH, vom 02.09.2009 wurde für August 2009 ein Nettoentgelt von 253,15 EUR abgerechnet. Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung des Arbeitslosengeldes II für September 2009 in Höhe von 93,15 EUR auf und stellte diesen Betrag zur Aufrechnung. Auf den Widerspruch des Klägers ermäßigte sie den Erstattungsbetrag auf 38,22 EUR – Umlage des Erstattungsbetrages auf die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft – und wies den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 23.11.2009).
Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Dortmund hat mit Beschluss vom 10.05.2010 Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Anrechnung des Einkommens rechtmäßig erscheine und im Hinblick auf die Höhe des streitigen Betrages es der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht bedürfe.
Die dagegen gerichtete Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.
Das Klagebegehren bietet nicht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht (§§ 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -, 114 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Nach der insoweit erforderlichen summarischen Prüfung hat die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes II zu Recht gestützt auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Zehntes Buch (X) in der streitigen Höhe für den Monat September 2009 aufgehoben. In diesem Monat ist durch die Zahlung des Nettoarbeitslohns in Höhe von 253,15 EUR, abgerechnet am 02.09.2009, eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers eingetreten, da dieses Einkommen auf den gesamten Monat des Zuflusses anzurechnen ist (§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V). Von diesem Einkommen ist der Grundfreibetrag von 100,00 EUR (§ 11 Abs. 2 S. 2 SGB II) sowie 20% des 100,00 EUR überschreitenden Arbeitsentgelts (§ 30 S. 2 Nr. 1 SGB II) abzusetzen. Da die Beklagte 160,00 EUR in Abzug gebracht hat, wird dieser Betrag sogar überschritten. Die anzurechnenden 93,15 EUR sind anteilig auf die Bedarfe der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft umzulegen (vgl. BSG Urt. v. 18.06.2008 – B 14 AS 55/07 R = www.juris.de Rn 26). Da der Bedarf des Kindes im Verhältnis zu den Eltern geringer ist, hat die Beklagte zutreffend einen höheren Einkommensanteil beim Kläger in Abzug gebracht.
Da die Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X weder Verschulden des Leistungsempfängers voraussetzt noch den Verbrauch des Geldes durch diesen berücksichtigt, ist der Bescheid insoweit nicht zu beanstanden.
Auf die vom SG zur Begründung seiner Entscheidung zusätzlich herangezogene Frage, ob die Höhe des streitigen Betrages im Hinblick auf das Prozesskostenrisiko der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entgegensteht, kommt es daher nicht an (bejahend LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 10.02.2009 – L 5 B 1956/08 AS PKH = ASR 2009, 130 sowie Beschl. vom 19.05.2008 – L 10 B 184/08 AS PKH = www.juris.de; Hessisches LSG Beschl. v. 15.07.2008 – L 9 B 39/08 SO = SAR 2008, 110; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschl. v. 17.06.2008 – L 9 B 156/08 SO PKH = www.juris.de; LSG Niedersachsen-Bremen Beschl. v. 15.02.2008 – L 13 B 40/07 AS = www.juris.de; ablehnend bzw. einschränkend LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 16.04.2009; L 15 SO 52/09 B PKH = www.juris.de; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a Rn 9b mwN). Es bestehen allerdings erhebliche Bedenken, einen Geldbetrag, der mehr als 10% des Regelsatzes nach § 20 Abs. 2 SGB II beträgt, dem Bagatellbereich zuzuordnen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Gericht bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe abzuwägen hat, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BVerfG Beschl. v. 20.06.2006 – 1 BvR 2673/05 = info also 2006, 279, 280; Beschl. v. 18.12.2001 – 1 BvR 391/01 = Breithaupt 2002, 486, 487). Es hat dabei aber soweit ersichtlich bisher nicht den Streitwert bzw. den Umfang des Gegenstandes des Verfahrens als maßgebliches Kriterium berücksichtigt (BVerfG aaO; Beschl. v. 17.02.1997 – 1 BvR 1440/96 = NJW 1997, 2103; vgl. dazu auch LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 10.02.2009 – L 5 B 1956/08 AS PKH aaO Rn 4).
Allerdings misst auch der Senat dem Umfang, in dem das Rechtsmittel begründet sein kann, im Verhältnis zum gesamten Streitgegenstand Bedeutung zu. Daher ist Prozesskostenhilfe abzulehnen, wenn die Erfolgsaussichten nur für einen völlig untergeordneten Teil des Klagebegehrens bestehen. Anderenfalls würde dem Umstand, dass im sozialgerichtlichen Verfahren bei einheitlichem Streitgegenstand auch bei nur teilweiser Aussicht auf Erfolg uneingeschränkte Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist (Beschl. des Senats v. 11.12.2006 – L 19 B 111/06 AS; LSG NW Beschl. v. 13.03.2008 – L 20 B 6/08 SO; LSG Niedersachsen-Bremen Beschl. v. 03.08.2007 – L 7 B 232/05 AS), keine hinreichende Rechnung getragen, weil sonst die bedürftige Partei eine staatliche Unterstützung auch dort erhielte, wo die begüterte Partei von vornherein nahezu keine Aussicht auf Übernahme ihrer Prozesskosten hätte (ständige Rechtsprechung des Senats seit Beschl. v. 12.01.2009 – L 19 B 10/08 AL).
Dieser Gesichtspunkt kommt hier zum Tragen, weil der angefochtene Bescheid – was das SG nicht geprüft hat – hinsichtlich der erklärten Aufrechnung rechtswidrig erscheint. Eine solche ist mit Erstattungsforderungen gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 SGB II nur zulässig, wenn der Hilfebedürftige durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige und unvollständige Angaben diese veranlasst hat (zur Beschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit vgl. Conradis in LPK SGB II, 3. Aufl., § 43 Rn 12). Der Kläger hat seine Arbeitsaufnahme aber ordnungsgemäß angezeigt und konnte vor Auszahlung des Arbeitslosengeldes II für den September 2009 auch noch keinen Entgeltzufluss nachweisen, sodass die Voraussetzungen des § 43 SGB II nicht erfüllt sein dürften.
Ferner hat die Beklagte die Rundungsvorschriften des § 41 Abs. 2 SGB II möglicherweise nicht ordnungsgemäß berücksichtigt (vgl. dazu Conradis aaO § 41 Rn 10). Die insoweit verbleibende Beschwer – möglicher Zinsverlust für die vorzeitige Erfüllung der Erstattungsforderung von 38,22 EUR zzgl. 22 Cent Rundungsbetrag – ist aber im Verhältnis zu der Erstattungsforderung selbst so gering, dass sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht gebietet.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Die Nichterstattungsfähigkeit der Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 17.08.2010
Zuletzt verändert am: 17.08.2010