Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 28.07.2011 geändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ab dem 24.05.2011 bewilligt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung – Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von weiteren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 0,50 EUR mtl. für den Monat November 2007 – bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind die Einzelbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs. 2 SGB II i.d.F. bis zum 31.12.2010 (a.F.) zu runden (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 – B 4 AS 100/10 R = juris Rn 38) und die Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II a. F. auch bei den Kosten für Unterkunft und Heizung anzuwenden (BSG, Urteile vom 19.03.2008 – B 11b AS 23/06 R = juris Rn 25, vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R = juris Rn 22 und vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R = juris Rn 30). Insoweit sind die durch den bestandskräftigen Bescheid vom 26.11.2007 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Monat November 2007 von 583,90 mtl. (261,33 EUR Regelleistung + 322,27 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) auf 784,00 EUR mtl. zu runden. Mithin ist die Ablehnung des Überprüfungsantrags des Klägers nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch den angefochtenen Bescheid vom 10.03.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2011 rechtswidrig. Die Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) findet keine Anwendung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.06.2011 – B 4 AS 118/10 R).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Rechtsverfolgung auch nicht mutwillig. Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung, wenn ein verständiger Beteiligter, der für die Prozesskosten selbst aufzukommen hätte, seine Rechte nicht in der gleichen Weise geltend machen würde (BSG, Urteil vom 24.05.2000 – B 1 KR 4/99 BH = SozR 3-1500 § 73a Nr. 6 m.w.N.). Dies kann angenommen werden, wenn ein Beteiligter sein Ziel auf andere Weise mit geringerem Kostenaufwand erreichen könnte, einen einfacheren Weg einschlagen könnte oder die Durchführung eines Klageverfahrens zur Wahrung der Rechte des Antragstellers nicht erforderlich ist (BVerfG, Beschluss vom 07.04.2010 – 1 BvR 612/10). Vorliegend ist die Durchführung eines Klageverfahrens zur Wahrung der Rechte des Klägers erforderlich, da der Beklagte den Überprüfungsantrag des Klägers abgelehnt hat. Es ist auch nicht erkennbar, welcher einfachere Weg dem Kläger zur Durchsetzung seiner Rechte im Hinblick auf die ablehnende Haltung des Beklagten, der noch im Klageverfahren nicht bereit ist, den Anspruch des Klägers anzuerkennen, zur Verfügung gestanden hätte. Ein mutwilliges Handeln eines Klägers wird angenommen, wenn eine Klage möglicherweise hätte vermieden werden können, wenn der Kläger ihm schon früher bekannte, erstmals mit der Klage vorgetragene Umstände spätestens im Widerspruchsverfahren vorgebracht und so die Widerspruchsbehörde in die Lage versetzt hätte, den angefochtenen Verwaltungsakt unter allen maßgeblichen Gesichtspunkten zu überprüfen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011, – OVG 6 M 23.09). Eine derartige Fallkonstellation liegt hier aber gerade nicht vor. Vielmehr hat der Kläger den Beklagten auf die Rundungsvorschrift des § 40 Abs. 2 SGB II im Widerspruchsverfahren hingewiesen.
Jedoch ist Beiordnung eines Rechtsanwalts i.S.v. §§ 73a SGG, 121 Abs. 2 ZPO im vorlie-genden Fall aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls nicht erforderlich. Nach § 121 Abs. 2 ZPO ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich, wenn die Sach- und Rechtslage schwierig oder schwer zu überschauen ist oder ein Beteiligter nicht selbst in der Lage ist, seine Rechte angemessen wahrzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 09.07.2010 – 2 BvR 2258/09). Dabei handelt es sich um eine Einzelfallprüfung. Die Vo-raussetzungen der Erforderlichkeit einer Beiordnung beurteilen sich im Einzelfall nach dem Umfang und der (tatsächlichen oder rechtlichen) Schwierigkeit der Sache sowie nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken (BGH, Beschluss vom 23.06.2010 – XII ZB 232/09 = juris Rn 14f), aber auch nach der Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen (BVerfG, Beschluss vom 18.03.2003 – 1 BvR 329/03 = juris Rn 7; BGH, Beschluss vom 18.02.2009 – XII ZB 137/08 = FamRZ 2009, 857; BAG, Beschluss v. 18.5.2010, 3 AZB 9/10 = NJW 2010, 2748). Entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2011 – 1 BvR 1737/10, NJW 2011, 2039). Zwar stehen dem Kläger im vorliegenden Fall rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter des Beklagten gegenüber. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass Gegenstand des Verfahrens eine überschaubare Tatsachen- und Rechtsfrage ist. Das Verfahren ist dadurch geprägt, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht zu erfolgen hat. Denn die Höhe der bewilligten Leistung für den hier maßgeblichen Zeitraum steht fest, umstritten ist lediglich die Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II a.F. auf den Auszahlungsbetrag. Diese Rechtsfrage ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung eindeutig geklärt. Die eindeutige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Anwendung der Vorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II a.F. hat sogar den Gesetzgeber veranlasst, diese Vorschrift abzuschaffen (BT-Drs. 17/3404 S. 115). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger in dieser besonderen Fallkonstellation seine Interessen nicht selbst angemessen wahrnehmen kann, zumal er in den vorausgegangenen Verwaltungsverfahren anwaltlich vertreten gewesen ist, mithin rechtlich beraten worden ist. Hinzu tritt, dass das Verfahren für den Kläger eine geringe Bedeutung hat. Streitig ist ein Anspruch auf weitere Leistungen nach dem SGB II von insgesamt 0,10 EUR für die Dauer eines Monats.
Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73a SGG i.V.m. § 115 ZPO), so dass ihm ratenfrei Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass, wenn dem Beklagten die Kosten des gerichtlichen Verfahrens nach § 193 Abs. 1 SGG auferlegt werden, die gesetzlichen Gebühren und notwendigen Auslagen seines Bevollmächtigten nach § 193 Abs. 3 SGG erstattungsfähig sind. Die Vorschrift des § 193 Abs. 3 SGG stellt klar, dass die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Gerichtsverfahren nicht geprüft, sondern unterstellt wird (BSG, Urteil vom 29.11.1991 – 7 RAr 90/90 = SozR 3-1500 § 193 Nr. 3). Ob die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten sind, insbesondere die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als notwendig angesehen wird, bleibt der Kostenentscheidung nach § 193 SGG vorbehalten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 03.01.2012
Zuletzt verändert am: 03.01.2012