Der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 24.09.2007 wird aufgehoben. Der Klägerin wird für die Durchführung des Klageverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Q aus H für die Zeit ab Antragstellung gewährt.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin, der das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 09.10.2007 nicht abgeholfen hat, ist zulässig und begründet. Denn die Rechtsverfolgung der Klägerin, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Denn der Sachverhalt bedarf weiterer Aufklärung. Derzeit ist nicht abschließend zu beurteilen, ob dem Begehren der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 SGB II anspruchsvernichtend entgegensteht.
1. Das SG hat in seinem angefochtenen Beschluss vom 24.09.2007 ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 4 SGB II seien erfüllt. Ob dies zutrifft, kann ohne weitere Sachverhaltsermittlung nicht beurteilt werden.
a) Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II erhält Leistungen nach dem SGB II nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlicher angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt (§ 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Die Regelung des § 7 Abs. 4 SGB II ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl I S. 1706) mit Wirkung vom 01.08.2006 entsprechend geändert worden.
b) Das SG wird aufzuklären haben, ob die Justizvollzugsanstalt eine "Einrichtung" im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II darstellt. Denn das Bundessozialgericht (BSG) hat zwischenzeitlich entschieden, dass der Begriff der "Einrichtung" objektiv und funktional zu bestimmen ist. Maßgebend ist danach, ob es dem Hilfebedürftigen auf Grund der Struktur der Einrichtung möglich ist, drei Stunden täglich (bzw. 15 Stunden wöchentlich) einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen (BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 16/07 R, Juris). Entscheidend sei, ob der in der Einrichtung Verweilende auf Grund der Vollversorgung und auf Grund seiner Einbindung in die Tagesabläufe der Einrichtung räumlich und zeitlich so weitgehend fremdbestimmt ist, dass er für die für das SGB II im Vordergrund stehenden Integrationsbemühungen zur Eingliederung in Arbeit (§§ 14 ff. SGB II) nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht (BSG a.a.O., Juris (Rn. 16)).
Der Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt soll "im Regelfall" die Unterbringung in einer stationären "Einrichtung" darstellen (BSG a.a.O., Juris (Rn. 18)). Ob hier ein Ausnahmefall vorliegt, bedarf weiterer Aufklärung. Anlass für weitere Ermittlungen besteht deshalb, weil der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18.12.2007 auf Nachfrage des Senats mitteilte, die Klägerin könne sich außerhalb der Justizvollzugsanstalt derzeit 15 Stunden pro Woche bewegen. Die Erwiderung der Beklagten, es erschließe sich ihr nicht, "was eine derzeit evtl. bestehende Ausgangsregelung mit der in 2007 gekündigten Wohnung zu tun hat" (Schriftsatz vom 17.01.2008), verkennt, dass genau dieser Umstand angesichts der Rechtsprechung des BSG der Aufklärung bedarf. Das SG wird also zu prüfen haben, ob und ggf. in welchem Umfang sich die Klägerin bereits zu Beginn ihrer Haftzeit außerhalb der Justizvollzugsanstalt bewegen durfte. Ein Ausnahmefall im erwähnten Sinn kann ggf. etwa bei "Freigängern" vorliegen (BSG vom 06.09.2007, B 14/7b AS 60/06 R, Juris m.w.N.; vgl. für den offenen Vollzug auch Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 7 Rn. 63 (Stand: II/2007)).
c) Das SG wird für den Fall, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 SGB II nicht greifen sollte, zu ermitteln haben, ob der Klägerin eine vorherige Beendigung ihres Mietverhältnisses rechtlich oder tatsächlich nicht möglich war. Im Übrigen könnte sich die Frage stellen, ob die begehrten Leistungen für Unterkunft "angemessen" i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind. Denn die Klägerin war im streitigen Zeitraum bereits inhaftiert (vgl. zum Sozialhilferecht etwa SG Münster, Beschluss vom 02.05.2005, S 12 SO 31/05 ER, Juris).
2. Aus der Verwaltungsakte ist nicht zu ersehen, ob die Beklage die Klägerin vor Erlass des angefochtenen Teilaufhebungsbescheides vom 28.03.2007 die Gelegenheit gab, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Durch die Möglichkeit, sich im Widerspruchsverfahren hierzu zu äußern, dürfte diese offenbar unterbliebene Anhörung jedoch wirksam nachgeholt worden sein gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X (vgl. von Wulffen in: ders., SGB X, 5. Aufl. 2005, § 41 Rn. 8 m.N. zur Rspr. des BSG).
3. Das SG wird schließlich zu prüfen haben, ob ein Sozialhilfeträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen ist (vgl. auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.10.2006, L 19 B 54/06 AS, Juris).
4. Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 26.02.2008
Zuletzt verändert am: 26.02.2008