Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.11.1997 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung von 45.405,04 DM nach Aufhebung eines Beitragserstattungsbescheides.
Der Beigeladene zu 1) ist türkischer Staatsangehöriger und war bei der Beklagten rentenversichert. Er war mit der Beigeladenen zu 2) verheiratet, die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 22.06.1988 geschieden. Im Juli 1988 leitete die Beigeladene zu 2) ein Versorgungsausgleichsverfahren ein.
Am 23.06.1988 beantragte der Beigeladene zu 1) die Erstattung sei ner Rentenversicherungsbeiträge. Er erklärte, er habe im April 1988 zuletzt versicherungspflichtig gearbeitet und sei im selben Monat in die Türkei verzogen. Der Antrag wurde von der Klägerin eingereicht. Die Klägerin hatte dem Beigeladenen zu 1) einen Kredit in Höhe von 64.596,55 DM gewährt und sich zur Sicherung die Forderung des Beigeladenen zu 1) gegen die Beklagte aus der Beitragserstattung abtreten lassen.
Nach Vorlage einer Abmeldebestätigung sowie einer türkischen Wohnsitzbescheinigung erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.1988 in Unkenntnis des Versorgungsausgleichsverfahrens gemäß § 1303 Abs. 1 RV0 Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 64.901,83 DM. Der Bescheid wurde der Klägerin als Bevollmächtigter des Beigeladenen zu 1) bekanntgegeben. Der Betrag wurde auf ein Konto des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ausgezahlt.
Gegen diese Entscheidung legte die Beigeladene zu 2) Widerspruch ein, weil sie davon ausging, dass der Beigeladene zu 1) Deutschland noch nicht verlassen habe.
Nach Einholung einer Auskunft der Stadt K … wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 02.02.1990 zurück. Es sei davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1) sich seit Juli 1988 nicht mehr im Bundesgebiet aufhalte. Der Erstattungsbescheid sei auch im Hinblick auf das Scheidungsverfahren rechtmässig. Das Amtsgericht Köln habe eine Anfrage bezüglich des Versorgungsausgleiches im November 1988 an die LVA Rheinprovinz gerichtet. Deren Akte sei bei der Beklagten erst am 21.06.1989 eingegangen. Solange der Versicherungsträger vom Ausgleichsverfahren noch keine Kenntnisse erlangt habe, könne er trotz des anhängigen Scheidungsverfahrens mit befreiender Wirkung die Erstattung erbringen.
Das SG Köln wies die hiergegen erhobene Klage der Beigeladenen zu 2) ab. Im Berufungsverfahren vertrat der seinerzeit zuständige Senat die Auffassung, die Beklagte habe die Wartefrist des § 1303 Abs 1 S. 3 RVO verletzt. Außerdem sei zu monieren, dass das Antragsformular auf Beitragserstattung nicht nach dem Familienstand oder nach einem laufenden Scheidungsverfahren frage. Daraufhin erklärte die Beklagte folgendes zu Protokoll:
"Die Beklagte verpflichtet sich unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 23. August 1988 und 02. Februar 1990, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 23. August 1988 erneut unter Berücksichtigung der Bedenken des Senates zu entscheiden".
Die Klägerin war damit einverstanden und sah den Rechtsstreit als erledigt an.
In Ausführung dieser Erklärung hob die Beklagte mit an die Beigeladene zu 2) gerichtetem Bescheid vom 04.07.1991 den Beitragserstattungsbescheid vom 23.08.1988 nochmals auf und teilte mit, über den Beitragserstattungsantrag werde nach Abschluss des Verfahrens über den Versorgungsausgleich erneut entschieden.
Einen gleichlautenden Bescheid richtete die Beklagte am 29.11.1991 an die Klägerin.
Mit Bescheid vom 10.01.1992 forderte die Beklagte von der Klägerin den Erstattungsbetrag in Höhe von 64.901,83 DM – gestützt auf § 50 SGB X – zurück.
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie meinte, es gehe nicht an, dass ein bestandskräftiger Verwaltungsakt ohne ihre Beteiligung am Verfahren zu ihren Lasten aufgehoben werde. Außerdem sei sie nicht bereichert, weil der Beigeladene zu 1) lediglich eine Schuld bei ihr beglichen habe. Schließlich sei die Beklagte verpflichtet, die rechtsgrundlose Zahlung nicht von ihr, sondern von ihrem Versicherten zurückzufordern.
Mit Urteil vom 03.12.1992, dass am 02.04.1993 rechtskräftig wurde, übertrug das Amtsgericht Köln einen Teil der Rentenanwartschaften vom Konto des Beigeladenen zu 1) auf das Konto der Beigeladenen zu 2).
Daraufhin berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 04.06.1993 den Erstattungsbetrag neu. In Anwendung von § 210 Abs. 4 SGB VI minderte sie die Erstattungssumme auf 19.800,85 DM, so dass sich eine Überzahlung in Höhe von 45.405,04 DM ergab.
Mit Bescheid vom 22.07.1993 hob die Beklagte den Bescheid vom 10.01.1992 auf und forderte – wiederum gestützt auf § 50 SGB X – den Betrag von 45.405,04 DM von der Klägerin.
Mit Bescheid vom 11.10.1993 wies die Beklagte den Widerspruch im übrigen zurück. Sie leitete ihre Befugnis hierzu aus § 49 SGB X ab.
Mit Urteil vom 25.11.1997 hat das Sozialgericht die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Es hat die Befugnis der Beklagten zur Aufhebung des Erstattungsbescheides ebenfalls aus § 49 SGB X abgeleitet. Die Beklagte habe die Beitragserstattung zu Recht aufgehoben, weil sie bei Erlass des Bescheides die Wartefrist nach § 1303 Abs. 1 Satz 3 RV0 nicht beachtet habe. Zudem habe die Beklagte das Zahlungsverbot des § 10 d VAHRG verletzt. Sie sei von sich aus gehalten gewesen, alles zu tun, um Ansprüche der geschiedenen Ehefrau nicht zu vereiteln. Sie sei deshalb verpflichtet gewesen, sich durch entsprechende Gestaltung des Antragsformulares Sicherheit über den Familienstand des rückkehrwilligen Versicherten sowie über möglicherweise bevorstehende Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleiches zu verschaffen. Die Rückzahlungsverpflichtung resultiere aus § 50 Abs. 1 SGB X. Nach Aufhebung eines Verwaltungsaktes lasse dieser öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch keinen Raum für die Heranziehung von zivilrechtlichen Rechtsgrundsätzen.
Gegen diese der Klägerin am 29.12.1997 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 26.01.1998 erhobene Berufung.
Die Beteiligten wiederholen und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.11.1997 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 29.11.1991, 4.6.1993 und 22.7.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.1993 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt. Der Beigeladene zu 1) ist im Termin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen; er war auch nicht vertreten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Vorprozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache im Termin am 14.05.2001 trotz der Abwesenheit des Beigeladenen zu 1) verhandeln und entscheiden, da dieser auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist (§§ 153, 110 Abs. 1, 126 SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zurecht abgewiesen, weil die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs 2 S. 1 SGG sind.
Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der Beitragserstattung ist § 45 Abs. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt aufgehoben werden. § 49 SGB X ist nicht Ermächtigungsgrundlage für das Handeln der Beklagten. Diese Vorschrift enthält nämlich keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes. Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift werden die §§ 45 ff. SGB X im Anwendungsbereich von § 49 SGB X nicht vollständig verdrängt, sondern lediglich die in diesen Vorschriften enthaltenen einschränkenden Rücknahmevorschriften sind nicht anzuwenden. Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes bleibt § 45 SGB X (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht – Niesel – Rdnr. 7 zu § 49 SGB X).
Die Bescheide sind formell rechtmäßig. Zwar hat die Beklagte vor Erlass des Bescheides vom 29.11.1991 die Klägerin nicht ordnungsgemäß im Sinne § 24 SGB X angehört. Das Schreiben vom 31.07.1991 ist als Anhörung nicht ausreichend, denn das Schreiben enthält keinen Hinweis auf eine Äußerungsmöglichkeit. Dieser Fehler ist jedoch im Widerspruchsverfahren geheilt worden.
Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
1) Die Beitragserstattung war als begünstigender Verwaltungsakt bis zur Höhe von 45.405,04 DM rechtswidrig im Sinne § 45 SGB X.
a) Rechtsgrundlage für die Beitragserstattung war der im Jahr 1988 noch geltende § 1303 RVO: Entfällt die Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung, ohne dass das Recht zur freiwilligen Versicherung besteht oder endet die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung aus einem anderen Grunde als dem Entstehen einer Versicherungspflicht in einem Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung, so ist dem Versicherten nach Abs. 1 dieser Vorschrift auf Antrag die Hälfte der für die Zeit nach dem 20. Juni 1948 im Bundesgebiet entrichteten Beiträge zu erstatten.
Bei Versicherten, von denen Rentenanwartschaften nach § 1587 b Abs. 1 BGB an ihren früheren Ehegatten übertragen sind, mindert sich der Erstattungsbetrag nach Maßgabe des § 1303 Abs. 9 RVO. Eine entsprechende Regelung findet sich jetzt in § 210 Abs. 1, Abs. 4 SGB VI.
Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Beigeladenen zu 1) hiernach lediglich einen Anspruch auf Erstattung von 19.800,85 DM hatte. Die Beitragserstattung war damit in Höhe – die Berechnung ist zwischen den Beteiligten nicht strittig – von 45.405,04 DM rechtswidrig, ohne dass es auf die Frage des Aufenthaltes des Beigeladenen zu 1) ankommt.
b) Die Rechtswidrigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Erlasses des Erstattungsbescheides am 23.08.1988 noch keine Kenntnis von dem im Juli 1988 anhängig gewordenen Versorgungsausgleichsverfahren hatte:
Gemäß § 1303 Abs. 1 Satz 3 RVO konnte der Erstattungsanspruch nur geltend gemacht werden, wenn seit dem Wegfallen der Versicherungspflicht zwei Jahre verstrichen waren und inzwischen nicht erneut eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden war. Diese Wartefrist hat die Beklagte verletzt, denn der Versicherte hat nach eigenen Angaben zuletzt bis April 1988 versicherungspflichtig gearbeitet.
Allerdings ist fraglich, ob die Verletzung dieser Norm die Aufhebung der Beitragserstattung zugunsten der Beigeladenen zu 2) rechtfertigt. Denn die Wartefrist soll in erster Linie verhindern, dass bei jedem – auch nur kurzfristigen – Ausscheiden aus der Versicherungspflicht eine Beitragserstattung begehrt wird (so Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, RNr. 9 zu § 1303 RV0). Die Beigeladene zu 2) wäre dann nicht vom Schutzzweck der Norm begünstigt, so daß allein eine Verletzung der Wartefrist eine Aufhebung der Beitragserstattung zu ihren Gunsten nicht rechtfertigen könnte.
Jedenfalls aber hat die Beklagte auch § 10 d VAHRG verletzt. Nach dieser Vorschrift ist der Versorgungsträger verpflichtet, bis zum wirksamen Abschluss eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich Zahlungen an den Versorgungsberechtigten zu unterlassen, die auf die Höhe eines in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechts Einfluss haben können.
Grundsätzlich beginnt dieses Zahlungsverbot allerdings erst, sobald der Versicherungsträger von einem Versorgungsausgleichsverfahren erfährt (Palandt, BGB, 60. Aufl. Rdnr. 3 zu § 1587; Schmeiduch/Krumnack, Mitteilungen LVA Rheinprovinz 1987, 493 (495)). Im vorliegenen Fall war der Beklagten am 23.08.1988 noch nichts über das anhängige Versorgungsausgleichsverfahren bekannt.
Jedoch steht der positiven Kenntnis das Kennenmüssen gleich.
Der Wortlaut von § 10 d VAHRG ist hinsichtlich der Dauer des Zahlungsverbotes offen. Ein Vergleich mit der Rechtslage zu § 1587p BGB gebietet eine Gleichstellung der schuldhaften Nichtkenntnis mit der positiven Kenntnis. Nach dieser Vorschrift muss ein berechtigter Ehegatte nach Übertragung von Rentenanwartschaften zu seinen Gunsten eine Leistung des Versicherungsträgers an den verpflichteten Ehegatten gegen sich gelten lassen, die der Versicherungsträger bis zum Ablauf des Monats an den verpflichteten Ehegatten bewirkt, der dem Monat folgt, in dem die Entscheidung zugestellt worden ist. Das BSG hat hierzu entschieden, dass der Kenntnis vom Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich das Kennenmüssen dieses Ereignisses gleichsteht (BSG, SozR 7610 § 1587p Nr. 2). Es hat aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Rentenversicherungsträgers gegenüber Versicherten, wie sie sich aus § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I ergibt, abgeleitet, dass der Versicherungsträger verpflichtet ist, sich z.B. durch Rückfrage darüber zu informieren, wann die Entscheidung des Familiengerichtes über die Übertragung der Rentenanwartschaften rechtskräftig wird. Genügt er dieser Verpflichtung nicht, so kann er sich dem Rentenberechtigten gegenüber nicht auf seine Unkenntnis berufen.
Diese Ausführungen, denen der Senat sich anschließt, sind auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar (so auch Palandt a.a.O., a.A. Schmeiduch/Krumnak a.a.O.). Denn mit der Regelung des § 10 d VAHRG soll verhindert werden, dass dem Versorgungsausgleich die Grundlage entzogen wird, weil sich ein Ehegatte noch im Laufe des Verfahrens eine Auszahlung auf ein Versorgungsanrecht leisten lässt und damit für diese Ansprüche einen Versorgungsausgleich unmöglich macht (Bergner, SV 1987, 97). Der Versicherungsträger hat daher gegenüber dem Versorgungsausgleichberechtigen die Pflicht, zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass der Versorgungsausgleichsanspruch durch Verfügungen zu Gunsten des Versicherten vereitelt wird. Der Versicherungsträger muss daher nach dem Familienstand und danach fragen, ob ein Scheidungsverfahren anhängig ist. Unterlässt er dies, verletzt er bei Zahlung das Zahlungsverbot des § 10 d VAHRG.
Hierdurch werden den Versicherungsträgern keine unzumutbaren Ermittlungspflichten auferlegt, weil eine schlichte Frage im Antragsvordruck ausreichend ist. Wenn der Antragsteller geschieden oder ein Ehescheidungsverfahren anhängig ist, kann der Versicherungsträger den geschiedenen Ehegatten gem. § 12 Abs 2 SGB X am Verfahren beteiligen und hierdurch feststellen, ob und ggf. in welcher Höhe die Beitragserstattung ausgeschlossen ist.
2) Die die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes einschränkenden Vorschriften des § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X gelten im vorliegenden Fall nicht.
Die Beklagte beruft sich insoweit zu Recht auf § 49 SGB X. Nach dieser Vorschrift gelten die einschränkenden Rücknahmevoraussetzungen nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.
a) Der Beitragserstattungsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung im Sinne des § 49 SGB X. Kennzeichnend für einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung ist, dass die Regelung eine Personbegünstigt, während die andere rechtlich belastet wird (Pickel, SGB X, Rdnr. 10 zu § 49). Ein Beitragserstattungsbescheid erfüllt diese Voraussetzungen, denn der ausgleichsberechtigte Ehegatte verliert durch die Beitragserstattung den Ausgleichsanspruch (§ 1303 Abs 7 RVO, jetzt § 210 Abs 6 S. 2 und 3 SGB VI, für den Versorgungsausgleich ausdrücklich BGH NJW 1995, 135).
Dies gilt auch, wenn die Beitragserstattung unter Verletzung von § 10 d VAHRG erfolgt ist. Anders wäre dies nur, wenn die Beitragserstattung bei Verletzung dieser Vorschrift dem ausgleichsberechtigten Ehegatten gegenüber (relativ) unwirksam wäre, d.h. der Versorgungsausgleich durchgeführt werden könnte, ohne dass dem die Beitragserstattung entgegenstünde. Dies wäre dann der Fall, wenn die Regelung des § 135 Abs 1 BGB für § 10 d VAHRG einschlägig wäre.
Dies ist entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (Hanseatisches OLG v. 1.10.1993 – 7 UF 82/91; Schmeiduch/Krumnack a.a.O.; in diesem Sinne auch Bergner, a.a.O.) indes nicht der Fall. Gegen eine Anwendung des § 135 BGB spricht schon der Wortlaut des § 10 d VAHRG, wonach eine Unterlassungsverpflichtung statuiert wird, nicht eine Verfügungsbeschränkung. Durch § 135 BGB werden rechtsgeschäftliche Verfügungen des Privatrechts erfasst; dass ein Verwaltungsakt des öffentlichen Rechts dem Begünstigten gegenüber als wirksam, anderen gegenüber als unwirksam anzusehen ist, kann dagegen – außerhalb des Anwendungsbereiches von § 39 Abs. 1 SGB X – nicht angenommen werden (so BGH a.a.O.; auch Palandt a.a.0. Rnr 4 zu § 10d VAHRG bezeichnet die Regelung als "echte Unterlassungsverpflichtung").
b) Schließlich wurde der Beitragserstattungsbescheid während des sozialgerichtlichen Verfahrens aufgehoben.
Die entsprechende Prozesserklärung der Beklagten wurde während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens LSG NRW, L 14 J 201/90 abgegeben. Allerdings wurde dieser Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin nicht wirksam, weil er der Klägerin nicht bekanntgegeben wurde (§ 39 Abs. 1 SGB X). Indes haben die Beteiligten ausdrücklich erklärt, dass über den Widerspruch der (damaligen) Klägerin gegen den Bescheid vom 23.08.1988 erneut entschieden werden soll. Der Vergleich enthält insoweit perplexe Erklärungen, denn einerseits hebt die Beklagte den Bescheid vom 23.08.1988 auf, andererseits verpflichtet sie sich, über einen Widerspruch hiergegen erneut zu entscheiden. Dem Vergleich ist jedoch zu entnehmen, dass zwar das gerichtliche Verfahren beendet sein soll, nicht aber der Streit zwischen den Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Beitragserstattung. Diese sollte weiter angefochten bleiben. Damit ist das Vorverfahren weiter anhängig gewesen und der Anwendungsbereich von § 49 SGB X ist eröffnet.
Der angefochtene Bescheid vom 29.11.1991 erging auch im Rahmen dieses Vorverfahrens. Der Bescheid vom 04.07.1991 ist der zugunsten der Beigeladenen zu 2) ergangene Abhilfebescheid, der angefochtene Bescheid vom 29.11.1991 ist der korrespondierende Bescheid zu Lasten der Klägerin.
3) Ermächtigungsgrundlage für die Rückforderung des überzahlten Betrages mit Bescheid vom 22.07.1993 ist § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Nach dieser Vorschrift sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.
Bei der Zahlung des Erstattungsbetrages handelt es sich um an die Klägerin erbrachte Leistungen im Sinne dieser Vorschrift. Die Klägerin hatte die Beitragserstattung als Zessionarin erhalten. Der Beigeladene zu 1) hatte ihr mit Abtretungsvertrag seine entsprechenden Forderungen abgetreten, so dass die Klägerin nunmehr Inhaberin der Forderung war. Es ist entgegen der Meinung der Klägerin nicht so, dass die Beklagte an den Beigeladenen zu 1) gezahlt und dieser dann eine Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin beglichen hat.
Die Klägerin war damit als Rechtsnachfolgerin Inhaberin des Anspruchs auf Beitragserstattung. Die Rückforderung vom Rechtsnachfolger nach § 50 SGB X ist möglich, wenn der bewilligende Verwaltungsakt auch ihm gegenüber aufgehoben worden ist. Die "Rückforderungs-Automatik" bezieht ihre Rechtfertigung daraus, dass die Belange des Rückforderungschuldners bereits im Rücknahmeverfahren genügend zu berücksichtigen waren (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht – Steinwedel – Rdnr. 17 zu § 50 SGB X). Deswegen ist ein Abtretungsempfänger nach Aufhebung der Bewilligung auch ihm gegenüber erstattungspflichtig (so ausdrücklich zur insoweit parallelen Problematik der Auszahlung einer Sozialleistung an einem Pfändungsgläubiger BSG SozR 1300 § 50 Nr. 17 S. 40, 42; Kasseler Kommentar a.a.O. Rdnr. 18 zu § 50). Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sich lediglich an den Beigeladenen zu 1) zu halten.
Die Beklagte war gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X befugt, die erstattetene Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Entscheidungserheblich sind u.a. die Fragen, ob die Beklagte die Beitragserstattung unter Verletzung des § 10 d VAHRG erbracht hat, und ob die Beigeladene zu 2) sich auf die Verletzung der Frist des § 1303 Abs 1 S. 3 RVO berufen kann. Nur bei Bejahung einer der beiden Fragen unterliegt der Erstattungsbescheid zu Lasten der Klägerin der Rücknahme. Die Fragen sind durch Rechtsprechung des BSG noch nicht geklärt.
Erstellt am: 11.08.2003
Zuletzt verändert am: 11.08.2003