Rev. mit Urteil des BSG zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.03.2015 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger berechtigt ist, Leistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) in einem in der I-straße 00, L, gelegenen Labor zu erbringen und abzurechnen.
Der Kläger ist Facharzt für Allgemeinmedizin und mit Vertragsarztsitz L Straße 00, L, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im März 2013 beantragte er bei der Beklagten, ihm eine Nebenbetriebsstättennummer zu erteilen. Er beabsichtige, einen Teil seiner Labordiagnostik in ausgelagerten Praxisräumen in der I-straße 00, 1. Etage, L, zu erbringen. Das dort gelegene Labor werde von unterschiedlichen Einzelpersonen und Gruppen genutzt. Es handele sich dabei allerdings um keine Einrichtung nach § 25 Abs. 3 Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) bzw. um keine Laborgemeinschaft nach § 1a Nr. 14a BMV-Ä. Daher könne er die Teile 2 und 3 der Laborleistungen nach § 25 Abs. 1 BMV-Ä nicht aus der Einrichtung beziehen. Er werde die Leitungen persönlich erbringen. Im Übrigen seien die Tätigkeiten in ausgelagerten Praxisräumen nach § 24 Abs. 5 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) lediglich anzeigepflichtig.
Die Beklagte teilte dem Kläger dazu mit, von den in einer gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte erbrachten Laborleistungen dürften nur die speziellen Laborleistungen des Abschnitts 32.3 EBM selbst abgerechnet werden. Wenn der Kläger das gemeinsame Labor für allgemeine Laborleistungen nach Abschnitt 32.2 EBM nutzen wolle, handele es sich um eine Laborgemeinschaft i.S.d. §§ 1a Nr. 14a, 25 Abs. 3 BMV-Ä, eine Abrechnung als eigene Leistung komme dann nicht in Betracht. In einem ausgelagerten Praxisteil könnten Leistungen des Allgemeinlabors nur dann als eigene Leistungen erbracht werden, wenn es sich nicht um eine Gemeinschaftseinrichtung handele. Eine Nebenbetriebsstättennummer könne für das gemeinschaftlich genutzte Labor nicht vergeben werden.
Unter dem 20.11.2013 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass er ab dem 01.01.2014 Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM, die er allesamt nicht an seinem Vertragsarztsitz erbringen könne, in ausgelagerten Praxisräumen in der I-straße 00, L, erbringe werde. Es handele sich weder um eine Apparate- noch eine Laborgemeinschaft; es erfolge keine gemeinschaftlich mit Dritten organisierte Nutzung der Laboreinrichtung und des Personals. Für die ihm montags bis freitags zwischen 9.00 und 19.00 Uhr mögliche Nutzung der Laboreinrichtung zahle er nach der mit der Betreibergesellschaft T GmbH am 20.11.2013 geschlossenen Nutzungsvereinbarung ein Entgelt.
Mit Schreiben vom 10.01.2014 teilte die Beklagte dem Kläger nach Beratung in der Geschäftsführersitzung als Ergebnis mit, dass eine Abrechnung der im Labor I-straße 00 in L erbrachten allgemeinen Laboratoriumsuntersuchungen als eigene Leistung auch auf der Basis des vorgelegten Nutzungsvertrags nicht zulässig sei. Darüber hinaus (Schreiben vom 04.02.2014) sei in den Bundesmantelverträgen nicht geregelt, dass eine Laborgemeinschaft in einer bestimmten Rechtsform betrieben werden müsse. Die Direktabrechnung sei vielmehr als zwingende Form für Einrichtungen vereinbart, die dem Zweck dienten, laboratoriumsmedizinische Analysen des Abschnitts 32.2 EBM regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte zu erbringen. Um eine gemeinschaftliche Nutzung handele es sich auch dann, wenn sich ein Eigentümer in parallelen Nutzungsverträgen verpflichte, die Einrichtung anderen Ärzten zur regelmäßigen Erbringung allgemeiner Laboratoriumsuntersuchungen zu überlassen.
Mit seinem Widerspruch vom 25.02.2014 beantragte der Kläger, den Bescheid vom 10.01.2014 aufzuheben und festzustellen, dass er berechtigt sei, Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM in den ausgelagerten Praxisräumen I-straße 00, L, zu erbringen und als eigene Leistungen gegenüber der Beklagten abzurechnen sowie ihm eine Nebenbetriebsstättennummer für die Erbringung dieser Leistungen in den ausgelagerten Praxisräumen zu erteilen. Ein Widerspruch sei auch vor einer Feststellungsklage i.S.d. § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu erheben. Die verbindliche Mitteilung der Beklagten vom 10.01.2014 stelle einen Verwaltungsakt dar; mangels Rechtsbehelfsbelehrung gelte für den Widerspruch die Jahresfrist. Der Widerspruch sei auch begründet. Bei der Laboreinrichtung in der I-straße 00, L, handle es sich um ausgelagerte Praxisräume i.S.d. §§ 1a Nr. 20, 15a Abs. 1 Sätze 1 bis 3, Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä, 24 Abs. 5 Ärzte-ZV, deren Voraussetzungen erfüllt seien. Nicht entgegen stehe, dass die Laboreinrichtung nicht nur von ihm, sondern auch von weiteren Ärzten genutzt werde. Es handele sich nicht um eine Laborgemeinschaft i.S.d. §§ 1a Nr. 14a, 25 Abs. 3 Satz 7 BMV-Ä. Die Ärzte hätten sich nämlich nicht zu einer kooperativen Zusammenarbeit in der Form zusammengeschlossen, dass die Leistungen durch einen der beteiligten Ärzte oder einen gemeinschaftlich beschäftigten angestellten Arzt erbracht würden. Sie nutzten die Laboreinrichtung unabhängig voneinander. Auch er werde seine Leistungen selbst oder durch eigenes Personal in der Laboreinrichtung erbringen. Deshalb begründe auch der Umstand, dass die T GmbH Nutzungsverträge mit mehreren Ärzten geschlossen habe, keine Laborgemeinschaft.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2014 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig. Die Mitteilung vom 04.02.2014 gebe lediglich ein Prüfergebnis wieder. Da eine ausgelagerte Praxisstätte nur anzeigepflichtig sei, stelle die Mitteilung, dass eine solche rechtlich nicht vorliege, keinen Verwaltungsakt dar. Im Übrigen schließe § 15 BMV-Ä, der die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung regele, den Zusammenschluss von Vertragsärzten bei gerätebezogenen Untersuchungsleistungen zur gemeinschaftlichen Erbringung von Laboratoriumsleistungen des Abschnitts 32.2. EBM mit Wirkung ab 01.01.2009 aus.
Mit seiner Klage vom 12.05.2014 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig. Er könne nicht darauf verwiesen werden, die Leistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM zu erbringen, eine sachlich-rechnerische Berichtigung zu veranlassen und anschließend den Honoraranspruch im Widerspruchs- und Klageverfahren geltend zu machen. Die Klage sei auch begründet. Erbringe ein Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zu seinem Vertragsarztsitz, sei dies eine Tätigkeit in ausgelagerten Praxisräumen. Nach der Definition des BMV-Ä handele es sich um eine Nebenbetriebsstätte als zulässiger, nicht genehmigungsbedürftiger, aber anzeigepflichtiger Tätigkeitsort des Vertragsarztes in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (§ 1a Nr. 20 BMV-Ä). Im Unterschied zu einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit an weiteren Orten i.S.d. § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV dürften in den ausgelagerten Praxisräumen keine Sprechstunden abgehalten werden, der Erstkontakt müsse am Vertragsarztsitz stattfinden. Die ausgelagerten Praxisräume müssten sich außerdem in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz befinden. Die Tätigkeit am Vertragsarztsitz müsse ferner die Tätigkeit in der ausgelagerten Praxisstätte überwiegen. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Er beabsichtige, die Laborleistungen außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten in der Laboreinrichtung in der I-Straße zu erbringen, da ihm dies an seinem Vertragsarztsitz L Straße nicht möglich sei. Alle übrigen hausärztlichen Leistungen erbringe er weiterhin, also auch überwiegend, an seinem Vertragsarztsitz, an dem auch der Erstkontakt zu den Patienten stattfinde. Die Laboreinrichtung sei elf Kilometer von seinem Vertragsarztsitz entfernt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, die in den Praxisräumen I-straße 00, L, erbrachten Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM als eigene Leistungen in ausgelagerten Praxisräumen gegenüber der Beklagten abzurechnen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, keine Regelung i.S.d. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) getroffen zu haben; sie habe lediglich ihre Rechtsansicht geäußert. Im Übrigen gelte bei Laborgemeinschaften für Untersuchungen des Abschnitts 32.2 EBM seit 2008 die sog. Direktabrechnung. Die Pauschalen für Analysekosten könnten nicht über den "beziehenden" Vertragsarzt, sondern ausschließlich über die Laborgemeinschaft mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet werden. Ob im konkreten Fall eine sog. Laborgemeinschaft i.S.d. Vertragsarztrechts vorliege und der bundesmantelvertraglich normierte Formzwang Anwendung finde, beurteile sich nicht nach der für die Kooperation gewählten Schuldrechtsform. Entscheidend sei allein, ob im Einzelfall die in § 1a Nr.14a bzw. § 25 Abs. 3 S. 7 BMV-Ä normierten Anforderungen erfüllt seien. Laborgemeinschaften seien danach – kraft normativen Vertrags – Gemeinschaftseinrichtungen von Vertragsärzten, die dem Zweck dienten, laboratoriumsmedizinische Analysen des Abschnitts 32.2 EBM regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte zu erbringen. Eine Anforderung "Leistungserbringung durch einen anderen" könne der Legaldefinition nicht entnommen werden. Im Gegenteil stehe im Text "zu erbringen" und nicht "erbringen zu lassen". Es handele sich bei der Laborgemeinschaft auch nicht um einen Unterfall der sog. Leistungserbringungsgemeinschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 BMV-Ä, sondern um ein Aliud. Entsprechend komme es nicht darauf an, welches Mitglied der Laborgemeinschaft die laboratoriumsmedizinische Analyse als Teil 3 der Befunderhebung konkret durchführe. Laborleistungen würden auch dann aus der Laborgemeinschaft "bezogen", wenn der veranlassende Arzt selbst in der Gemeinschaftseinrichtung tätig werde. Den §§ 1a Nr.14a und 25 Abs.3 S. 7 BMV-Ä könne auch nicht entnommen werden, dass bei einer Laborgemeinschaft zwingend eine gemeinsame Beschaffung und Organisation erforderlich sei. Im Kern der Legaldefinition stehe vielmehr die regelmäßige gemeinsame Nutzung der Einrichtungen. Eine solche sei auch dann gegeben, wenn ein Betreiber Dritten seine räumliche und apparative, ggf. auch personelle Infrastruktur für die Erbringung von Laborleistungen des Abschnitts 32.2 EBM gegen Entgelt mit dem gemeinsamen Ziel zur Verfügung stelle, eine insgesamt kostengünstigere Leistungserbringung zu erreichen.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat den Bescheid vom 10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2014 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger berechtigt sei, die in den Praxisräumen I-straße 00, L, erbrachten Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM als eigene Leistungen in ausgelagerten Praxisräumen gegenüber der Beklagten abzurechnen (Urteil vom 25.03.2015). Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage i.S.d. §§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft. Mit der Klage könne nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG die Aufhebung eines Verwaltungsakts und nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung habe. Die Feststellungsklage des Bürgers gegen die Verwaltung müsse grundsätzlich mit einer Anfechtungsklage verbunden werden, vor der ein Verwaltungs- und ein Widerspruchsverfahren stattzufinden habe. Das vor Erhebung der Anfechtungsklage nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG vorgesehene Vorverfahren habe der Kläger durchgeführt. Er habe am 25.02.2014 gegen die Mitteilung der Beklagten vom 10.01.2014 Widerspruch erhoben. Diese Mitteilung sei ein Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 SGB X. Verwaltungsakt sei jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffe und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei. Zwar enthalte die Mitteilung der Beklagten weder die Bezeichnung "Bescheid" noch eine Rechtsbehelfsbelehrung. Die Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung der Beklagten sei aber als Regelung bzw. Setzung von Rechtsfolgen zu werten. Mit der Aussage, die Abrechnung der in der Laboreinrichtung erbrachten Leistungen als eigene Leistungen sei auch auf der Grundlage des zuvor übersandten Nutzungsvertrages nicht zulässig, lehne die Beklagte konkludent auch die beantragte Erteilung einer Nebenbetriebsstättennummer ab. Die Widerspruchsfrist sei gewahrt. Da die Mitteilung vom 10.01.2014 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalte, gelte für die Erhebung des Widerspruchs nicht die Monatsfrist ab Bekanntgabe des Bescheids nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG, sondern gemäß § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG die Jahresfrist. Bei der Feststellungsklage bedürfe es eines konkreten Rechtsverhältnisses, dessen Feststellung der Kläger begehre. Es müsse die Anwendung einer Norm auf einen konkreten, bereits übersehbaren Sachverhalt streitig sein. So sei es hier. Der Kläger benenne als Anspruchsgrundlage für sein Begehren § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV, dessen Anwendbarkeit die Beklagte bestreite. Der Kläger habe auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Dieses erfordere nicht nur ein rechtliches Interesse, sondern schließe auch jedes als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Der Kläger erstrebe mit der begehrten Feststellung Rechtssicherheit für sein Vorhaben, die in den Praxisräumen I-Straße zu erbringenden Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM als eigene Leistungen gegenüber der Beklagten abzurechnen. Diese Möglichkeit habe wirtschaftliche Bedeutung. Die Klage sei auch begründet. Die Feststellung der Beklagten, die Abrechnung der in der Laboreinrichtung erbrachten Leistungen als eigene Leistungen des Klägers sei nicht zulässig, sei rechtswidrig. Der Kläger habe ferner Anspruch auf die Feststellung, dass er diese Laborleistungen als eigene Leistungen abrechnen dürfe. Bei der Laboreinrichtung in der I-Straße handele es sich nämlich nicht um eine Laborgemeinschaft. Der Begriff der Gemeinschaftseinrichtung sei in der Weise zu interpretieren, dass ein die einzelnen Nutzer verbindendes Element vorliegen müsse, das über die hier vorliegende zufällige gleichzeitige Nutzung derselben Betriebsstätte hinausgehe. Dies erschließe sich aus der doppelten Verwendung des Begriffes "Gemeinschaft-" und aus dem Umstand, dass Laborgemeinschaften typischerweise regelmäßig Gesellschaftsversammlungen abhalten. Eine solche Übung sei hier nicht beabsichtigt. Auch fehle es an einem Bezug von Laborleistungen, da der Kläger die Leistungen gemäß § 3 des Nutzungsvertrags mit der T GmbH selber zu erbringen beabsichtige.
Mit ihrer gegen das am 29.04.2015 zugestellte Urteil eingelegten Berufung vom 13.05.2015 hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger sei nicht berechtigt, die im Labor in der I-Straße erbrachten Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM als eigene Leistungen abzurechnen. Bei allgemeinen Laborleistungen sei der Bezug aus einer Laborgemeinschaft verpflichtend, wenn eine Laboreinrichtung die in § 1a Nr. 14a bzw. § 25 Abs. 2 Satz 7 BMV-Ä normierten Voraussetzungen erfülle. Das Labor in der I-Straße werde von mehreren Vertragsärzten regelmäßig zur Erbringung laboratoriumsmedizinischer Analysen des Abschnitts 32.2 EBM genutzt. Von einer zufällig gleichen Nutzung könne keine Rede sein. Im Gegenteil sei es legitimes gemeinsames Ziel aller am Kooperationsmodell "Nutzungsvertrag" Beteiligten, eine vorhandene räumliche und apparative ggf. auch personelle Infrastruktur zur wirtschaftlichen und kostengünstigen Leistungserbringung mit mehreren zu nutzen. In der eigenen Praxis brauche keine entsprechende Struktur mehr vorgehalten werden. Mit zunehmender Menge der Laborleistungen in einer Einrichtung könnten zudem die Kosten ggf. sogar so weit gesenkt werden, dass die tatsächlichen Kosten hinter den Kostenpauschalen des EBM zurückblieben. Auch im Kooperationsmodell "Nutzungsvertrag" gebe es ein verbindendes Element, nämlich die T GmbH als Eigentümerin. Sie stelle ihr Labor sowohl den dort tätigen Laborärzten als auch weiteren Vertragsärzten in parallelen Nutzungsverträgen gegen Entgelt zur Verfügung. Ein Mietvertrag, der den Kläger zur alleinigen Nutzung der Einrichtung berechtige und andere Nutzer ausschließe, sei vorliegend gerade nicht vereinbart. Die Auffassung des SG, es liege kein "Bezug" von Laborleistungen vor, weil der Kläger die Laborleistungen selber zu erbringen beabsichtige, könne nicht nachvollzogen werden. "Beziehen" bedeute, dass der Kläger den Teil 3 der Befunderhebung nicht höchstpersönlich erbringen müsse; er könne und dürfe auf die personellen Ressourcen der Laborgemeinschaft zurückgreifen. Das bedeute aber nicht, dass Mitglieder einer Laborgemeinschaft die laboratoriumsmedizinischen Analysen in der gemeinsam genutzten Einrichtung nicht selber oder durch eigenes Personal durchführen dürfen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.03.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückweisen.
Er trägt u.a. vor, eine Laborgemeinschaft zeichne sich dadurch aus, dass sich Vertragsärzte bewusst zusammenschließen, um laboratoriumsmedizinische Analysen des Abschnitts 32.2 EBM in derselben gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte durch einen der beteiligten Ärzte persönlich in seiner Praxis oder in einer gemeinsamen Einrichtung durch einen gemeinschaftlich beschäftigten angestellten Arzt nach § 32b Ärzte-ZV erbringen zu lassen. Sie würden Mitglieder dieser Leistungserbringergemeinschaft. Der beziehende Vertragsarzt rechne dann die Analysekosten durch seine Laborgemeinschaft gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ab. Eine Laborgemeinschaft werde aber nicht bereits dadurch begründet, dass mehrere Vertragsärzte unabhängig voneinander eine Laboreinrichtung auf der Grundlage separater Nutzungsverträge nutzten. Es müsse ein die einzelnen Nutzer verbindendes Element vorliegen, das über die zufällig gleichzeitige Nutzung derselben Einrichtung hinausgehe. Daran fehle es. Wenn die Beklagte die T GmbH als Eigentümerin der Einrichtung als das vom SG geforderte verbindende Element nenne, überzeuge dies ebenso wenig wie der Einwand, der Kläger habe mit der T GmbH keinen Mietvertrag geschlossen, der ihn zur alleinigen Nutzung der Einrichtung berechtige und andere Nutzer ausschließe. Eine Laborgemeinschaft erfordere nämlich einen zweckgebundenen Zusammenschluss untereinander. Die Laboreinrichtung in der I-Straße werde aber von mehreren Ärzten völlig unabhängig voneinander genutzt. Diese Ärzte hätten sich nicht zur kooperativen Zusammenarbeit zusammengeschlossen. Sie stünden in keinem rechtlichen Verhältnis zueinander und wollten dies auch nicht. Es bestünden lediglich einzelne schuldrechtliche Nutzungsverträge zu der Betreibergesellschaft. Hinzukomme, dass er die Laborleistungen des Abschnitts 32.2.1 bis 32.2.7 EBM entsprechend § 3 des Nutzungsvertrages vom 20.11.2013 selbst oder durch eigenes Personal nach seiner fachlichen Weisung und unter seiner persönlichen Aufsicht in der Laboreinrichtung erbringen, also gerade nicht beziehen wolle. Es handele sich somit um eine "reguläre" persönliche Leistungserbringung in ausgelagerten Praxisräumen. Im Ergebnis stelle die Weigerung der Beklagten, ihm die Nebenbetriebsstättennummer zu erteilen, einen Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat die von dem Kläger erhobene Feststellungsklage zu Recht als zulässig gewertet. Der insoweit allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommende § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG setzt voraus, dass die Klage auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Einwand der Beklagten, es habe kein Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren stattgefunden bzw. sie habe keinen Verwaltungsakt erlassen, geht aus den zutreffenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die der Senat Bezug zu nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), fehl. Streitgegenstand ist nach dem in erster Instanz von dem Kläger gestellten Antrag die Feststellung, dass er berechtigt ist, die in den Praxisräumen I-Straße erbrachten Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM als eigene Leistungen in ausgelagerten Praxisräumen gegenüber der Beklagten abzurechnen. Dies bzw. dessen Gegenteil war auch allein die Aussage in dem von dem Kläger angegriffenen Schreiben der Beklagten vom 10.01.2014. Mit der dort getroffenen Feststellung hat die Beklagte u.a. auf das Schreiben des Klägers vom 20.11.2013 reagiert, er könne die Leistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.3.7 EBM abrechnen, nachdem er ausgelagerte Praxisräume angezeigt habe. Sie hat aufgrund des Beratungsergebnisses ihrer Geschäftsführung die den Einzelfall des Klägers betreffende Regelung getroffen, dass dies vorliegend nicht zulässig sei. Mit seiner Klage erstrebt der Kläger folgerichtig die Beseitigung dieser Einzelfallregelung und die Feststellung, dass er bestimmte, in nach seiner Auffassung ausgelagerten Praxisräumen erbrachte Laborleistungen gegenüber der Beklagten abrechnen darf. Dieses Begehren ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG gerichtet. Es bezweckt die Klärung von Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten, die sich aus der Anwendung einer normativen Regelung der Ärzte-ZV auf einen konkreten Lebenssachverhalt ergeben. Dabei geht es nicht lediglich um vorbeugenden Rechtsschutz im Hinblick auf ein zukünftig erst entstehendes Rechtsverhältnis. Vielmehr will der Kläger Klarheit darüber erhalten, ob er sich bei seiner laufenden Praxisführung hinsichtlich der streitigen Laboruntersuchungen beschränken muss oder nicht. Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt daraus, dass die Beklagte die Zulässigkeit der Erbringung der streitigen Laborleistungen zu Lasten der vertragsärztlichen Gesamtvergütung bestreitet und dass der Kläger auf andere zumutbare Weise keinen wirksamen Rechtsschutz erlangen kann.
Indes ist die darauf gerichtete Klage nicht begründet; mithin hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Der Kläger darf nämlich in den Praxisräumen I-straße 00, L, erbrachte Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 EBM nicht als eigene Leistungen gegenüber der Beklagten abrechnen. Dem steht bereits entgegen, dass es sich bei diesen Räumen nicht um ausgelagerte Praxisräume i.S.d. § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV handelt. Auf die von der Beklagten vertretene, von dem SG aber nicht geteilte These, dass es sich bei dem Vorhaben des Klägers um eine Laborgemeinschaft handele, die unstreitig ebenso einer Abrechnung der Laborleistungen als eigene Leistungen des Klägers entgegensteht, kommt es somit nicht weiter an.
Der Honoraranspruch eines Vertragsarztes setzt u.a. grundsätzlich voraus, dass der abrechende Arzt die abgerechnete vertragsärztliche Tätigkeit persönlich (§ 15 Abs. 1 BMV-Ä) an seinem Vertragsarztsitz (§ 24 Ärzte-ZV; BSG, Urteil vom 31.05.2006 – B 6 KA 7/05 R -) erbracht hat. Die vertragsärztliche Tätigkeit ist aber nicht ausschließlich auf den Vertragsarztsitz als Betriebsstätte beschränkt. So lässt § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV zu, dass "der Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (ausgelagerte Praxisräumen)" erbringt.
Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV sind jedoch nur zum Teil erfüllt:
1. Die in dem Antrag des Klägers genannten gerätebezogenen Laboratoriumsleistungen des Abschnitts 32.2 EBM stellen eine spezielle Untersuchungsleistung dar.
2. Diese Untersuchungsleistungen sollen in räumlichen Nähe zum Vertragsarztsitz des Klägers in der L Straße 00 erbracht werden. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 05.11.2003 – B 6 KA 2/03 – (30 Minuten zwischen Wohnsitz und Vertragsarztsitz)) bestehen bei einer Entfernung von ca. 11 km zu den in der I-straße 00 gelegenen Laborräumen keine Bedenken gegen die Annahme einer räumlichen Nähe.
3. In der Natur der Sache liegt, dass der Kläger entsprechend seinen Angaben in den in der I-straße 00 gelegenen Laborräumen keine Sprechstunde abhält (vgl. dazu Bundesratsdrucksache 353/06 vom 26.05.2006).
4. Bei von dem Kläger angegebenen maximal acht Blutproben und einer Untersuchungszeit von maximal 15 Minuten je Tag überwiegt seine hausärztliche Tätigkeit am Vertragsarztsitz bei weitem seine Tätigkeit in den in der I-straße 00 gelegenen Laborräumen (§ 17 Abs. 1a Satz 3 BMV-Ä).
5. Die vom BSG in der Vergangenheit für die Annahme ausgelagerter Praxisräume aufgestellte Forderung, dass in den ausgelagerten Praxisräumen Leistungen erbracht werden, die in der Hauptpraxis nicht erbracht werden können (Urteil vom 12.09.2001 – B 6 KA 64/00 R -), findet in der Ärzte-ZV keine Stütze und ist nach den Änderungen des einschlägigen Berufsrechts überholt (BSG, Urteil vom 13.05.2015 – B 6 KA 23/14 R -).
6. Bei dem avisierten Tätigkeitsort I-straße 00 handelt es sich jedoch nicht um ausgelagerte Praxisräume.
Die Vorgabe des § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV, dass eine bestimmte vertragsärztliche Tätigkeit auch "an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz" zulässig sein kann, wird durch den Klammerzusatz "(ausgelagerte Praxisräume)" dahingehend konkretisiert, dass diese Tätigkeit nicht an jedem beliebigen Orte in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz erbracht werden kann, sondern nur in Praxisräumen, die ausgelagert sind. Aus dem Wortlaut und dem Verständnis des Verbs "auslagern", das in etwa "ausgliedern, verlagern, verlegen" gleichgesetzt werden kann, erschließt sich, dass etwas, nämlich Praxisräume, aus der am Vertragsarztsitz befindlichen Raumsituation herausgelöst und nunmehr räumlich verlagert wird (Frehse, in Heidelberger Kommentar (HK-AKM) Stand 22.09.2016, Zweigpraxis Rdn. 15). § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV regelt mithin seinem Wortlaut nach eine Fallkonstellation, die vorliegend nicht besteht, da der Kläger keine Praxisräume verlegen will. Er beabsichtigt vielmehr, an einem anderen Ort Laborleistungen zu erbringen, die er nach seinen Angaben an seinem Vertragsarztsitz nicht erbringen kann. Indes ist aber auch diese Fallgestaltung von § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV erfasst. Dies ergibt sich aus der Heranziehung des § 1a Nr. 20 BMV-Ä, in dessen zweiten Halbsatz eine insoweit entsprechende Situation geregelt wird, indem es dort heißt " ausgelagerte Praxisstätte in diesem Sinne ist auch ein Operationszentrum, in welchem ambulante Operationen bei Versicherten ausgeführt werden, welche den Vertragsarzt an seiner Praxisstätte in Anspruch genommen haben."
Dennoch handelt es sich bei den Laborräumen nicht um "ausgelagerte Praxisräume". Das Vorhaben des Klägers konterkariert die inhaltlichen Vorgaben des § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV, dass die vertragsärztliche Tätigkeit nicht an beliebigen Orten ausgeübt werden darf. Das ist aber der Fall, wenn wie vorliegend Ärzte in außer durch die räumlichen Gegebenheiten unbegrenzter Anzahl auch parallel nebeneinander an einem Ort tätig werden können und die einzige Beschränkung darin liegt, dass sie für die Nutzungsmöglichkeit ein Entgelt zahlen. Ein derartiger Tätigkeitsort ist nicht die Praxis bzw. ein ausgelagerter Teil der Praxis eines Vertragsarztes. Eine Vertragsarztpraxis unterliegt anders als vorliegend die Räume und Gerätschaften der T GmbH dem alleinigen Bestimmungsrecht des die Praxis betreibenden Vertragsarztes; nur dieser hat die Macht und das Recht, u.v.a. über die Räume und die Gerätschaften zu verfügen sowie ausschließlich selber über deren Nutzung zu bestimmen. Kann der Vertragsarzt aber wie vorliegend nicht allein über ihm fremde Laborräume und Gerätschaften verfügen und diese – anders als bei ambulanten Operationen (s.o.) – nicht uneingeschränkt, insbesondere nicht unter Ausschluss Dritter nutzen, so wird er nicht in eigenen, ausgelagerten Räumen tätig (Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2000 – 9 S 1445/99 -; Senat, Urteil vom 15.01.2003 – L 11 KA 202/00 -); berufsrechtlich handelt es sich um die Ausübung des ärztlichen Berufs "im Umherziehen" (VGH Baden-Württemberg a.a.O.). Soweit zudem das BSG (Urteil vom 12.09.2001 – B 6 KA 64/00 R -) unter Bezugnahme auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung fordert, dass es sich auch bei einer Aufteilung der Praxis auf Räumlichkeiten an mehreren Orten in den Augen des Publikums organisatorisch um eine einheitliche Praxis handeln muss, ist auch diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Angesichts dessen ist der auch von den Beteiligten nicht weiter erörterten Frage der Qualitätssicherung (vgl. dazu u.a. Abschnitt 32 Abs. 1 EBM und die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen) nicht nachzugehen.
Nicht einmal ansatzweise erschließt sich, inwiefern die örtliche Beschränkung der Tätigkeit eines Vertragsarztes überhaupt, und erst recht die Beschränkung eines nahezu nicht nennenswerten Teils diese Tätigkeit, auf seinen Praxissitz bzw. auf ausgelagerte Praxisräume gegen das grundgesetzlich geschützte Recht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verstoßen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach hat der unterliegende Teil die Kosten zu tragen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor; die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 09.01.2019
Zuletzt verändert am: 09.01.2019