Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.12.2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte bei der Neubescheidung die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat. Die Beklagte trägt die notwendigen erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Gerichtskosten für beide Rechtszüge zu 2/3. Die Klägerin trägt die notwendigen erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten für beide Rechtszüge zu 1/3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Berufungsverfahren ist zwischen den Beteiligten die Höhe des Honorars der Klägerin für das Quartal IV/2003 und insofern das von der Beklagten die Honoraransprüche begrenzende Individualbudget streitig.
Die klagende Gemeinschaftspraxis, die in wechselnder Zusammensetzung aus Gynäkologen und Anästhesisten mit Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung besteht, hat ihren Praxissitz in I. Ab 01.07.1997 gehörten der damals bereits seit über fünf Jahren etablierten Klägerin die Fachärzte Dr. Z, Dr. C1, Dr. I und L an. Der Partner Dr. C1 verstarb am 17.01.1998. Ab dem Quartal III/1998 war sodann die Anästhesistin Dr. C als vierte Partnerin tätig.
Zum 01.07.1999 wurde erstmals ein Individualbudget in Höhe von 3.385.781,7 Punkten errechnet. Dabei legte die Beklagte den von der Klägerin im Bemessungszeitraum (III/1997 bis II/1998) erzielten Umsatz zu Grunde, teilte diesen durch drei und wies in ihrer internen Berechnung den Ärzten Dr. Z, Dr. I und L einen auf dieser Grundlage errechneten IB-Anteil von 897.727,9 Punkten zu. Für die Anästhesistin Dr. C legte sie den Fachgruppendurchschnitt von 692.598 Punkten zu Grunde, da deren Niederlassung erst zum 01.07.1998 erfolgt war. Auf der Basis dieses IB s von 3.385.781,7 Punkten erfolgten die Honorarabrechnungen der Quartale III/1999 bis III/2000.
Zum Quartal lV/2000 schied Dr. I aus der Praxis aus. Deren Nachfolge trat die Gynäkologin S an. Die Beklagte legt insoweit den Fachgruppendurchschnitt i.H.v. 596.255 Punkten zu Grunde. Das IB der Klägerin wurde entsprechend mit 3.084.308,8 Punkten ausgewiesen.
Nachfolgend (III/2001) schied die Ärztin L aus. Das der Klägerin zugewiesene IB wurde auf 2.994.536,1 Punkte gesenkt. Nach Wiedereintritt der Ärztin L in die Gemeinschaftspraxis (II/2002) wurde das Honorar der Klägerin wieder auf der Basis eines IB von 3.084.308,8 Punkten abgerechnet.
Mit Schreiben vom 05.03.2004 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass bei der Berechnung des Punktzahlvolumens der Fachgruppendurchschnitt für Dr. C zweimal berücksichtigt worden sei. Für die Dres. L und I sowie Z und C1 habe ein Punktzahlvolumen von 2.667.447,4 Punkten zur Verfügung gestanden. Da Dr. C1 am 17.10.1998 verstorben sei, habe sie – die Beklagte – einerseits ein Viertel an Punkten (666.861,9 Punkte) heraus gerechnet und andererseits einen den Fachgruppendurchschnitt in Höhe von 692.598,0 Punkten für Dr. C hinzu addiert. Aufgrund dieser Umrechnung habe der Gemeinschaftspraxis Z, C, L und S ein Punktzahlvolumen von 2.693.183,7 Punkten zur Verfügung gestanden. Tatsächlich seien für die Gemeinschaftspraxis jedoch 3.385.781,7 Punkte hinterlegt worden. Das Schreiben enthält einen handschriftlichen Vermerk vom 13.04.2004, dass sich die Korrektur auf das Quartal IV/2003 beziehe und der richtige Wert 2.693.183,7 Punkte betrage. Ferner wurde festgehalten, dass der Klägerin momentan keine korrigierte Mitteilung geschickt werde.
Die Klägerin erhob gegen das Schreiben vom 05.03.2004 Widerspruch. Die Punktzahlabsenkung sei nicht nachvollziehbar, da es an einer entsprechenden Begründung fehle. Das Punktzahlvolumen sei zum Quartal IIl/1999 auf 3.385.782 Punkte festgesetzt worden. Eine nachträgliche Reduzierung dieser Ausgangsbasis sei auch dann nicht zulässig, wenn die Festsetzung tatsächlich fehlerhaft gewesen sei. Nach § 45 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) könne ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Diese Frist sei bereits abgelaufen.
Dieser wie auch der Widerspruch der Klägerin gegen die Honorarabrechnung vom 06.04.2004 blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.08.2004). Der Widerspruch sei unzulässig, soweit er sich gegen das Schreiben vom 05.03.2004 richte. Denn hierbei handele es sich um eine bloße Mitteilung und keinen Verwaltungsakt. Die Anpassung des Individualbudgets stelle keine eigenständige Regelung dar, sondern ergebe sich zwangsläufig aus den generell-abstrakten Regelungen im Honorarverteilungsmaßstab (HVM). Der Widerspruch gegen den Honorarbescheid sei unbegründet, weil die Bemessung des Individualbudgets rechtmäßig und nunmehr zutreffend umgesetzt worden sei. Zur weiteren Begründung stellte die Beklagte die "richtige Entwicklung des maximal zulässigen Punktzahlvolumens bis zum Quartal IV/03" zusammenfassend wie folgt dar:
III/1997 – II/1998 2.667.447,6 Punkte
Ausscheiden Dr. C1 (17.01.1998) – 666.861,9 Punkte
Eintritt Dr. C (01.07.1998) + 692.598,0 Punkte
= 2.693.183,7 Punkte
ab III/1999 2.693.183,7 Punkte
Ausscheiden Dr. I (30.09.2000) – 666.861,9 Punkte
Eintritt Dr. S (01.10.2000) + 666.861,9 Punkte
Ausscheiden Dr. L (30.06.2001) – 666.861,9 Punkte (90 % des Anteils verbleiben in Praxis) + 600.175,7 Punkte
= 2.626.497,6 Punkte
Eintritt Dr. L (01.04.2002) 2.693,183,7 Punkte
Zu keinem Zeitpunkt habe für die Klägerin ein höheres Punktzahlvolumen bestanden. Das max. zulässige Punktzahlvolumen für das Quartal IV/2003 betrage 2.693.183,7 Punkte und erhöhe sich um den Zuwachs gem. § 7 Abs. 5b HVM bzw. § 13 HVM auf 2.718.918,1 Punkte.
Im fristgerecht eingeleiteten Klageverfahren hat die Klägerin sich gegen die Absenkung des Individualbudgets sowie die Honorarabrechnung IV/2003 gewandt. Unter Wiederholung und Vertiefung hat sie im Wesentlichen ihre bereits im Verwaltungsverfahren geäußerte Auffassung vertreten. Das Individualbudget sei seit dem Quartal III/1999 bis zum Schreiben der Beklagten vom 05.03.2004 ständig unter Zugrundelegung des erstmals festgesetzten Individualbudgets von 3.385.781,7 Punkten "neu" festgelegt worden. Auch beim Ein- und Ausstieg einzelner Gesellschafter sei die Neuberechnung stets auf der Grundlage des für das Quartal III/1999 festgelegten Individualbudgets erfolgt. Sie – die Klägerin – habe daher für sämtliche Investitionsentscheidungen dieses Ausgangsbudget zugrunde gelegt und damit eine schutzwürdige Vertrauensposition erworben, die nicht nach über vier Jahren zunichte gemacht werden dürfe. Im Übrigen sei eine Absenkung ohnehin vor Beginn des Leistungszeitraumes bekannt zu geben. Die erstmalige Festlegung des Individualbudgets könne nur unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X korrigiert werden. Die darin vorgesehene Zwei-Jahres-Frist sei überschritten. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei daher eine Absenkung des Individualbudgets nicht mehr möglich. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass Dr. C1 bereits in den Quartalen III/1997 und IV/1997 aufgrund seiner schweren Erkrankung nicht mehr in der Praxis tätig gewesen und schließlich am 17.01.1998 verstorben sei. Die verbliebenen Partner hätten ihn in diesem Zeitraum vertreten, so dass die im Bemessungszeitraum erbrachten Leistungen nur durch drei und nicht durch vier Gesellschafter zu teilen sei. Erst mit dem Eintritt von Frau Dr. C zum Quartal III/1998 habe sich das Leistungsvolumen der klägerischen Praxis wieder erhöht.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Honorarbescheid für das Quartal IV/2003 vom 06.04.2004 sowie den Bescheid vom 05.03.2004 beides in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08. 2004 aufzuheben und – soweit das Honorar für das Quartal IV/2003 betroffen ist – die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) räume den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) eine umfassende Berichtigungs- und Rücknahmebefugnis von Honorarforderungen ein. Die Vorschrift differenziere nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die Unrichtigkeit falle. Auf Vertrauen könnten sich die Mitglieder der Klägerin nicht berufen, weil sie die Rechtswidrigkeit der bisherigen Honorarbescheide aufgrund ihres Schreibens vom 05.03.2004 gekannt hätten. Bei der Berechnung des dem Punktzahlvolumen zu Grunde liegenden Leistungsbedarfs sei nicht auf die kurzfristige Übernahme des Leistungsvolumens eines ausscheidenden bzw. aufgrund einer Krankheit reduziert tätigen Praxispartners durch die verbliebenen Praxispartner abzustellen.
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage durch Urteil vom 05.12.2007 insofern stattgegeben, als es die Beklagte unter Aufhebung des Quartalsbescheides IV/2003 in dern Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2004 verurteilt hat, über das vertragsärztliche Honorar der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Klage sei insoweit begründet, als die Beklagte das Individualbudget nicht unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände ermittelt habe. Zudem könne eine etwaige Änderung des Individualbudgets vorliegend nur für die Zukunft wirken. Zwar stehe der Beklagten nach § 45 BMV-Ä bzw. § 34 EKV-Ä ein umfassendes Berichtigungsrecht zu. Die Beklagte sei jedoch bei der Berechnung des Individualbudgets für das Quartal IV/2003 erneut von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Sie habe nicht berücksichtigt, dass der zu Beginn des Quartals IIl/1997 der Klägerin zugehörige Partner Dr. C1 am 17.01.1998 verstorben sei. Dieser hätte daher bereits ab dem Quartal I/1998 für den individualbudgetrelevanten Umsatz der Klägerin nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Soweit darüber hinaus belegt werden könne, dass Dr. C1 aufgrund seiner Erkrankung auch in den weiteren Quartalen des Bemessungszeitraums (IIl/1997 und IV/1997) der vertragsärztlichen Versorgung nicht zur Verfügung gestanden habe, sei auch dieser Umstand bei der Bemessung des Individualbudgets zu prüfen und zu bewerten. Darüber hinaus sei die Berechnung des Honorars für das Quartal IV/2003 auch deshalb fehlerhaft, weil die Klägerin – jedenfalls für dieses Quartal – Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen könne. Sie habe erst mit Schreiben der Beklagten vom 05.03.2004 Kenntnis davon erlangt, dass das Individualbudget der Praxis fehlerhaft berechnet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei das Quartal IV/2003 aus leistungsmäßiger Sicht bereits abgeschlossen gewesen. Demgemäß habe die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal IV/2003 neu zu berechnen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen, denn das Schreiben vom 05.03.2004 habe keine Verwaltungsaktqualität.
Mit ihrer am 09.01.2008 eingelegten Berufung wendet sich die Beklagte gegen das ihr am 12.12.2007 zugestellte erstinstanzliche Urteil und bleibt bei ihrer Auffassung, der angefochtene Honorarabrechnungsbescheid sei rechtmäßig. Die Klägerin könne sich entgegen der Ansicht des SG nicht auf Vertrauensschutz berufen. Darauf, dass das Quartal IV/2003 aus leistungsmäßiger Sicht bereits abgeschlossen gewesen sei, könne es nicht ankommen, weil sich die Leistungserbringung der Klägerin nicht nach dem zu Grunde liegenden Individualbudget, sondern nach medizinischen Erfordernissen richte. Auf den Rückgriff gegen die durch den Berechnungsfehler begünstigte Klägerin könne nicht von vornherein verzichtet werden. Auf die tatsächliche Tätigkeit von Dr. C1 im Bemessungszeitraum könne es nicht ankommen, da die Praxis dasselbe Leistungsvolumen wie zuvor mit vier Partnern erbracht habe. Entgegen der Auffassung des SG sei bei der Berechnung des dem individuellen Punktzahlvolumens zu Grunde liegenden Leistungsbedarfs nicht auf die kurzfristige Übernahme des Leistungsvolumens eines ausscheidenden bzw. aufgrund einer Krankheit reduziert tätigen Praxispartners abzustellen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.12.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie bleibt im Anschluss an die erstinstanzliche Entscheidung bei ihrer Auffassung und meint, die Beklagte berücksichtige nicht, dass Honorarverteilungsregelungen auch steuernde Wirkung zukomme. Wenn die Individualbudgetkürzung bei Beginn des Quartals IV/2003 bekannt gewesen wäre, hätte ggf. eine Leistungsmengensteuerung stattfinden können, indem z.B. einzelne Leistungen – soweit medizinisch nicht zu beanstanden – zeitlich hinausgeschoben worden wären. Auch der Sprechstundenumfang hätte auf das notwendige Maß zurückgeführt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vom Senat beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Gerichtsakte des SG Düsseldorf S 33 KA 233/04 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
I. Streitgegenstand ist im Berufungsverfahren allein der von der Klägerin unter Anfechtung des Honorarbescheides IV/2003 geltend gemachte Anspruch auf höhere Vergütung der von ihr in diesem Quartal erbrachten vertragsärztlichen Leistungen. Das SG hat der dagegen gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Bescheidungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides folgt indessen nicht aus den Erwägungen des SG sondern ergibt sich wie nachfolgend dargelegt. Demzufolge hat die Beklagte bei der Neubescheidung die Rechtsauffassung des Senats und nicht jene des SG zu beachten.
II. 1. Der angefochtene Honorarbescheid ist bereits formell rechtswidrig, da er nicht hinreichend begründet ist. Gemäß § 35 Abs. 1 SGB X ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen (Satz 1). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (Satz 2). Die Form, in denen die Beklagte Honorarbescheide als Verwaltungsakte im Sinne des § 31 SGB X erlässt, genügt vielfach den Anforderungen des 35 SGB X. Dabei kann insbesondere von langjährig aktiv tätigen Vertragsärzten verlangt werden, dass sie die – unbestritten komplizierten – Darlegungen und Rechenvorgänge in den Bescheiden auch vollziehen können, ggf. durch Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe (ständige Rechtsprechung vgl. BSG, zuletzt Urteil vom 09.12.2004 – B 6 KA 44/03 R – m.w.N.; vgl. auch Senat, Urteile vom 29.10.1997 – L 11 Ka 94/97 -, 16.07.1997 – L 11 Ka 102/96 -, 10.01.1996 – L 11 Ka 112/95 -). Die Höhe des der Klägerin konkret zugewiesenen Honorars ist in Verbindung mit den Anzahl- und Summenstatistiken sowie den einzelnen in den Anlagen zu den Bescheiden schriftlich dargelegten Rechenschritten grundsätzlich in der Weise nachvollziehbar, dass die Richtigkeit der Berechnung des zuerkannten Honorars überprüfbar ist. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass in der Begründung grundsätzlich nicht ausdrücklich alle in Betracht kommenden Umstände und Einzelüberlegungen enthalten sein müssen; ausreichend ist, wenn die Gründe in der Entscheidung in einem solchen Maße bekannt gegeben werden, dass die Entscheidung selbst nachvollziehbar und der betroffene Vertragsarzt ggf. seine Rechte sachgemäß wahrnehmen kann (vgl. BSG a.a.O.; Senat a.a.O.). Daran fehlt es indessen. Die Klägerin bemängelt zu Recht, dass weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus dem Widerspruchsbescheid hervorgeht, aus welchen Gründen die Beklagte das Individualbudget bei gleich bleibender Rechtslage nach über fünf Jahren auf 2.693.183,7 Punkte reduziert hat. Dies lässt sich unmittelbar auch nicht daraus herleiten, dass ein personeller Wechsel stattgefunden hat und dadurch das Individualbudget zweier Ärzte auf den Arztgruppendurchschnitt begrenzt wurde. Eher zur Verwirrung beigetragen haben die für die Klägerin nicht nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 05.03.2004. Handschriftlich wurde zwar vermerkt, der richtige Wert betrage 2.693.183,7 Punkte, eine entsprechende Mitteilung an die Klägerin ist allerdings unterblieben. Auch der Einwand der Klägerin, die Punktzahlabsenkung sei nicht nachvollziehbar, veranlasste die Beklagte nicht zu einer Erläuterung. Hierauf konnte trotz der Darlegungen im Bescheid vom 13.05.2005 nicht verzichtet werden, da dessen Adressat lediglich die Ärztin S war.
Damit fehlt jedenfalls vorliegend an einer nachvollziehbaren und damit hinreichenden Erläuterung der Budgetberechnung mit der Folge, dass der Bescheid gegen § 35 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB X verstößt. Die Beklagte hat diesen Mangel nachfolgend nicht geheilt (§ 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X).
Welche Rechtsfolgen hieraus herzuleiten sind, kann dahinstehen, denn der Bescheid ist auch materiell fehlerhaft (nachfolgend zu 2.).
2. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf Zahlung höheren vertragsärztlichen Honorars ist § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung des Gesetzes zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte vom 11.12.2001 (BGBl. I 3526) i.V.m. dem HVM der Beklagten. Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte, in der vertragsärztlichen Versorgung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (Satz 1). Sie wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten (Honorar-)Verteilungsmaßstab an (Satz 2).
Honorarverteilungen, die der HVM durch die Einführung individueller Leistungsbudgets für den einzelnen Vertragsarzt geregelt und die die Beklagte ihrer Berechnung zu Grunde gelegt hat, sind von Ansatz und wesentlicher Ausgestaltung her mit den von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätzen vereinbar. Das in dem HVM der Beklagten festgelegte System einer Bindung des Vertragsarztes an einen in der Vergangenheit erzielten eigenen Honorarumsatz ist grundsätzlich zulässig (Senat, Urteil vom 20.11.2002 – L 11 KA 85/02 -, bestätigt durch BSG, Urteil vom 10.12.2003 – B 6 KA 54/02 R -) und wird auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt.
a) Streitbefangen hingegen die Höhe des der Honorarberechnung zu Grunde gelegten Individualbudgets. Nach § 7 Abs. 6a HVM (a.F.) vom 17.04.1999 in der Fassung vom 30.11.2002 (Rhein. Ärzteblatt 1/03 S. 76 ff. ) berechnet sich das Individualbudget für eine Gemeinschaftspraxis, die am 01.07.1999 und im Bemessungszeitraum in der "jetzigen" Zusammensetzung am derzeitigen Tätigkeitsort bestanden hat, auf Basis der Quartale III/1997 bis II/1998. Diese Bestimmung findet indessen keine Anwendung, da die Klägerin im streitigen Quartal IV/2003 mit den Fachärzten Dr. Z, Dr. C, L und S sowohl personell als auch zahlenmäßig eine andere Zusammensetzung als im Bemessungszeitraum hatte. Dr. C ist erst am 01.07.1998 und die Ärztin S erst am 01.10.2000 Mitglied der Klägerin geworden. Zudem ist Dr. C1 als einer der vier Ärzte, die im Bemessungszeitraum der Klägerin angehörten, mit seinem Tod am 18.01.1998 aus der Praxis ausgeschieden. Für die Zeit bis zum Ende des Bemessungszeitraums (30.06.1998) bestand die Klägerin vorübergehend aus nur drei Partnern.
Bei einer Gemeinschaftspraxis, die – wie vorliegend – nicht unter die in § 7Abs. 6a HVM aufgeführte Regelung fällt, wird das Individualbudget nach § 7 Abs. 6b HVM je nach Zusammensetzung der Partner – mit der hier nicht einschlägigen Ausnahme von Job-Sharing-Partners – berechnet aus:
den Individualbudgets eines oder mehrerer Partner bzw. einer Gemeinschaftspraxis. dem maximal abrechenbaren individuellen Punktzahlvolumen (Individualbudget) mit einem erlaubten Zuwachs von jährlich 3% vorbehaltlich der Regelung in § 13, jedoch höchstens bis zum durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der Fach-/Untergruppe. dem erlaubten Zuwachs (maximal abrechenbares individuelles Punktzahlvolumen) bis zum durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der Fach-/Untergruppe für die Dauer von 20 Quartalen.
Die Individualbudgets der Partner der Gemeinschaftspraxis, die bereits im Bemessungszeitraum wie auch im Quartal IV/2003 der Klägerin angehört haben, mithin der Fachärzte Dr. Z und L berechnen sich nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 HVM a.F., der für jede Praxis ein individuelles Leistungsbudget in Form eines Punktzahlengrenzwertes für das Gros der von ihr erbrachten Leistungen vorsieht (Abs. 1 Satz 1). Davon ausgenommen sind Notfall-, Präventions-, Impf-, Substitutions- und psychotherapeutische Leistungen, die hausärztliche Grundvergütung, Förderbeträge, Vorquartalsberichtigungen, die übrigen Vorwegzahlungen nach § 6 Abs. 2 HVM a.F. (wie z.B. Fremdkassenausgleich, Dialyse-Kostenerstattungen) sowie bestimmte Labor-Kostenanteile (Abs. 1 Satz 10). Der Punktzahlengrenzwert wird aus den um die vorgenannten Leistungen bereinigten Honorarumsätzen der Quartale III/1997 bis II/1998 errechnet (Abs. 1 Satz 7). Insofern werden zunächst gemäß § 7 Abs. 1 Satz 11 HVM a.F. diese Umsätze durch die Anzahl der zur Berechnung herangezogenen (vier) Quartale dividiert, um den durchschnittlichen Umsatz je Quartal zu bestimmen, wovon sodann 3 % abgezogen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 12 HVM für die Finanzierung neuer Praxen und des bestimmten Praxen erlaubten Zuwachses). Diese DM-Beträge ergeben multipliziert mit 10 (dem Faktor zur Umrechnung der DM-Beträge auf eine am damaligen Wert von 10 Pfennig orientierte Punktzahl) das zulässige Punktzahlvolumen (§ 7 Abs. 1 Satz 13). Nach § 7 Abs. 6c Satz 2 HVV erhält ein Partner einen nach Köpfen bemessenen arithmetischen Durchschnittswert, wenn sich – wie vorliegend – ein maximal abrechenbares individuelles Punktzahlvolumen einem Partner nicht konkret zuzuordnen lässt. Zwar bezieht sich diese Regelung nur auf die Berechnung des Individualbudgets eine aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Partners, sie findet vorliegend jedoch entsprechende Anwendung, da auch das individuelle Punktzahlvolumen der Partner Dr. Z und L, die bereits im Bemessungszeitraum der Klägerin angehörten, nicht individuell zuzuordnen ist, sondern ausweislich der Verwaltungsvorgänge der Beklagten lediglich praxisbezogene Umsätze erfasst wurden.
Die Beklagte hat bei ihrer Berechnung des für das Abrechnungsquartal zu Grunde zu legenden Individualbudgets nicht ausreichend berücksichtigt, dass Dr.C1 in den Quartalen I/1998 und II/1998 nicht mehr zum Umsatz beigetragen hat, mithin der von der Klägerin erwirtschaftete Umsatz auf der Tätigkeit der verbliebenen Partner beruht. Zwar hat die Beklagte vom Grundsatz her – wie in dem die Ärztin S betreffenden Bescheid vom 13.05.2005 ausgeführt – diesen Fehler erkannt und dort insoweit zutreffend festgestellt, dass das Individualbudget der Klägerin grundsätzlich fehlerhaft ermittelt worden ist, weil sie das Ausscheiden von Dr. C1 nicht berücksichtigt hat. Ihre Auffassung, dass wegen des Todes von Dr. C1 der ursprünglich ermittelte Wert der Vierergemeinschaft aus III/1997 bis II/1998 durch vier Ärzte dividiert und mit drei Ärzten multipliziert werden müsse, um das jeweilige Individualbudget ab III/1999 für die bereits im Bemessungszeitraum bei der Klägerin tätigen Ärzte zuordnen zu können, ist jedoch unzutreffend und steht nicht im Einklang mit dem HVM a.F … Die Beklagte hat bei der Neuberechnung die konkreten (bereinigten) Umsätze der Quartale III/1997 und IV/1997 um jeweils ein Viertel (Anteil des verstorbenen Dr. C1) zu kürzen und die sich aus den Restbeträgen und den (bereinigten) Umsätze aus den Quartalen I/1998 und II/1999 ergebende Gesamtsumme durch drei Ärzte zu teilen, um den für die weitere Berechnung zu Grunde zu legenden jeweiligen Umsatz der Ärzte Dr. Z und L zu ermitteln. Der Anteil des verstorbenen Dr. C1 war und ist nicht budgetrelevant.
Die Beklagte wird sodann die nach Maßgabe der o.a. Ausführungen zu ermittelnden Umsätze von Dr. Z und L durch die Anzahl der zur Berechnung herangezogenen (vier) Quartale dividieren, um den durchschnittlichen Umsatz je Arzt und Quartal zu bestimmen, sodann 3 % von der Summe abziehen und zur Feststellung des maximalen Punktwertvolumens mit zehn multiplizieren. Abschließend wird die Beklagte die weiteren Regelungen des HVM zu beachten haben.
b) Soweit das SG die Auffassung vertreten hat, aus Vertrauensschutzgründen müsse im für die Honorarberechnung für das Quartal IV/2003 anzuwendenden Individualbudget weiterhin das zuvor für die Ärzte Dr. Z und L zu Grunde gelegte Punktzahlvolumen zu Grunde gelegt werden, ist dem nicht zuzustimmen. Das SG ist insofern unter Zugrundelegung der § 45 BMV-Ä bzw. § 34 EKV-Ä von einer sachlich-rechnerischen Berichtigung der Beklagten ausgegangen, bei der diese den Vertrauensschutz der Klägerin nicht berücksichtigt habe. Es hat sich insofern auf die Rechtsprechung des BSG zur rückwirkenden Änderung von Berechnungen der Punktwertdegression und damit verbundene Honorarrückforderungen (Urteil des BSG vom 30.06.2004 – B 6 KA 34/03 R – und vom 31.10.2001 – B 6 KA 16/00 R -) gestützt. Diese sind vorliegend jedoch nicht einschlägig.
Das BSG hat Ausführungen gemacht, in welcher Weise Vertrauensschutzerwägungen zu Gunsten des von einer rückwirkenden Honorarberichtigung betroffenen Arztes Beachtung finden müssen und hat insofern verschiedene Fallkonstellationen beurteilt. Anders als in den dort zu Grunde liegenden Sachverhalten hat die Beklagte keine nachträgliche sachlich-rechnerische Berichtigung der abgerechneten vertragsärztlichen Leistungen – wie es auch in § 7 Abs. 11 HVM a.F. vorgesehen ist – vorgenommen, sondern lediglich das Honorar unter Berücksichtigung des HVM berechnet. Die Festlegung des Praxisbudgets beruht auf normativen Regelungen und nicht auf Tatsachenmitteilungen des Vertragsarztes.
Die Beklagte wäre nur an das zu hoch angesetzte Individualbudget gebunden, wenn sie – unabhängig von einem Honorarbescheid – mit einem Bescheid das Budget bestandskräftig festgelegt hätte. Dies ergibt sich weder aus den Verwaltungsvorgängen der Beklagten noch hat die Klägerin solches vorgetragen. Auch das Schreiben der Beklagten vom 05.03.2004 belegt allenfalls die wohl übliche Praxis, lediglich das ermittelte Punktzahlvolumen edv-technisch zu "hinterlegen" und den betroffenen Ärzten davon Mitteilung zu machen, ohne eine "Regelung" i.S.d. § 31 SGB X zu treffen. Lediglich wenn sich aus der Umsetzung des HVM die Notwendigkeit von Ausnahme"regelungen" ergibt, sind diese nach Anhörung des HVM-Ausschusses im Einzelfall zu beschließen (vgl. § 7 Abs. 10 HVM a.F.).
Aus dem Umstand, dass die Klägerin aufgrund der vorherigen Abrechnungspraxis von einem höheren Individualbudget ausging, ergibt sich insofern nichts anderes. Nach Auffassung des BSG (Urteil vom 29.11.2006 – B 6 KA 42/05 R -) müssen erst zum Zeitpunkt des Erlasses des Honorarbescheids – soweit in ihm eine verbindliche Regelung getroffen wird – die maßgeblichen rechtlichen Vorgaben zur Verteilung der Vergütung (Honorarbegrenzungsregelungen) feststehen. Dies gilt erst recht für die (Neu-)Berechnung aufgrund bereits bestehender Regelungen gelten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 06.04.2010
Zuletzt verändert am: 06.04.2010