Die Klage wird abgewiesen.
Tatbestand:
Mit Beschluss vom 25.03.1999 hatte der Zulassungsausschuss den Kläger zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für die Zeit vom 01.04.1999 bis zum 31.03.2001 für folgende Leistungen ermächtigt:
Auf Überweisung niedergelassener Chirurgen: Ambulante Beratung, Untersuchung und Behandlung im Rahmen der Kinderchirurgie – mit Ausnahme von sonographischen Untersuchungen; Einmalige Nachuntersuchung nach stationären operativen Eingriffen; Nach-, Weiter- und Mitbehandlung nach stationärer kinderchirurgischer Behandlung.
In den Gründen wurde ausgeführt: Die Einschränkung der Ermächtigung "auf Überweisung niedergelassener Chirurgen" werde für erforderlich gehalten, weil die niedergelassenen Chirurgen in M durchaus in der Lage seien, Leistungen im Rahmen der Kinderchirurgie zu erbringen. Hinzu komme, dass die niedergelassenen Fachärzte noch ausreichend freie Kapazitäten zur Sicherstellung der kinderchirurgischen Versorgung in ihren Praxen hätten.
Mit Beschluss vom 22.03.2001 ermächtigte der Zulassungsausschuss den Kläger für die Zeit vom 01.04.2001 bis zum 31.03.2003 zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung auf Überweisung von niedergelassenen Vertragsärzten für folgende Leistungen:
Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bei bestimmten Krankheitsbildern, die im Einzelnen wie in dem von der KVWL vorgeschlagenen Katalog aufgeführt sind.
Weiter wurde ausgeführt, dass die Beratungsgrundleistungen nach den GNRn 17 und 18 EBM nicht abrechnungsfähig seien.
Gegen diesen Beschluss legte der Kläger Widerspruch ein. Damit wendet er sich einmal gegen die Beschränkung der Ermächtigung auf die ausgewählten seltenen Krankheitsbilder, also auf den Katalog der KVWL, zum anderen gegen die Nichtabrechenbarkeit der GNRn. 17 und 18 EBM. Nach wie vor vertrat er die Auffassung, dass die kinderchirurgische Versorgung im M Raum nicht sichergestellt sei; es gebe keinen Facharzt für Kinderchirurgie; die Allgemeinchirurgen hätten keine Qualifikation für das Fach Kinderchirurgie.
Mit Beschluss vom 19.07.2001 erweiterte der Zulassungsausschuss die Ermächtigung für den Zeitraum 19.07.2001 bis 31.03.2003 auf folgende Leistungen:
Auf Überweisung durch niedergelassene Fachärzte für Chirurgie: Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.
Die Abrechenbarkeit der GNRn. 17, 18 EBM wurde verneint. In den Gründen wird ausgeführt, dass für eine über den speziellen Leistungskatalog hinausgehende generelle Ermächtigung des Dr. C kein Bedarf bestehe, weil die Leistungserbringung primär durch die niedergelassenen Allgemeinchirurgen erfolge.
Mit Beschluss vom 23.10.2001 änderte der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses teilweise ab, und zwar dahingehend, dass bei der Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf kinderchirurgischem Gebiet auf Überweisung niedergelassener Fachärzte für Chirurgie die Beratungsgrundleistungen nach den GNRn 17 und 18 abrechungsfähig seien.
Darüber hinaus wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Die Beklagte führt hierzu aus: Nachdem der Zulassungsausschuss mit seinem Beschluss vom 22.03.2001 den Überweiserkreis bei der Leistung Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf kinderchirurgischem Fachgebiet bei bestimmten Krankheitsbildern, die in einem Katalog enumerativ aufgeführt sind, auf niedergelassene Vertragsärzte erweitert habe, sei für eine darüber hinausgehende Ermächtigung, wie sie vom Kläger praktisch für das gesamte Gebiet der Kinderchirurgie begehrt werde, kein Raum. Die Beigeladene zu 8 habe diesen Katalog im Anschluss an dem vor dem SG Dortmund im Verfahren S 14 KA 282/99 am 25.01.2001 stattgefundenen Erörterungstermin in Absprache mit den Allgemeinmedizinern, Chirurgen und den Kinderärzten erstellt. Damit stehe fest, dass der Kläger nur bei diesen Krankheitsbildern ein besonderes Leistungsangebot bereit halte, dass das der Allgemeinchirurgen übertreffe. Im Übrigen könnten die Allgemeinchirurgen den Versorgungsbedarf decken. Dabei sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe i.d.F. der Bekanntmachung vom 13.07.1999 (MBINW 1999 S. 1027 ff) weiterhin das Fachgebiet der Chirurgie die Erkennung und Behandlung von chirurgischen Erkrankungen, Verletzungen und Fehlbildungen mit den entsprechenden Untersuchungsverfahren, konservativen und operativen Behandlungsverfahren des Gebietes einschließlich der gebietsbezogenen Intensivmedizin, den Nachsorgeverfahren des Gebietes sowie der Rehabilitation in jedem Lebensalter umfasse, also auch im Kindesalter – (Abschnitt 1 Nr. 7 der Weiterbildungsordnung).
Gegen diesen Beschluss des Beklagten, der am 15.11.2001 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 06.12.2001 Klage erhoben.
Er trägt vor: Die in den Ermächtigungskatalogen enthaltenen Beschränkungen stünden auf einer fehlerhaften Grundlage. Maßgebend sei nach der Rechtsprechung der Bedarf in der jeweiligen Fachgruppe. Dabei müssten die Spezialisierungen im Bereich der Chirurgie beachtet werden. Seit es den Facharzt für Kinderchirurgie gäbe, müsse der Bedarf nach dieser Spezialisierung beurteilt werden. Im gesamten Planungsbereich, dem er angehöre, gäbe es keinen Facharzt für Kinderchirurgie. Deshalb sei es rechtlich und sachlich falsch, seine Ermächtigung für vertragsärztliche Tätigkeiten durch das Erfordernis der Überweisung durch Gebietsärzte zu beschränken.
Da während des gerichtlichen Verfahrens der Zeitraum der streitigen Ermächtigung abgelaufen war, hat der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag auf den Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt.
Er beantragt nunmehr
festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 23.10.2001 rechtswidrig ist, weil in die Ermächtigung des Klägers hätte aufgenommen werden müssen: …für alle Beratungen, Untersuchungen und Behandlungen auf dem kinderchirurgischen Gebiet …
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Die Beigeladenen schließen sich dem Antrag des Beklagten an.
Der Beklagte trägt vor: Zu Recht sei die Ermächtigung des Klägers auf das Leistungsangebot beschränkt worden, dass über die Leistungen der Allgemeinchirurgen hinausgehe. Auch das neue Weiterbildungsrecht weise in weiten Teilen eine Überschneidung der Leistungen von Allgemeinchirurgen und Kinderchirurgen auf, so dass die Allgemeinchirurgen mit ihrem Leistungsspektrum die chirurgische Versorgung aller Versicherten – und damit auch der Kinder – sicherstellen könnten. Die Einschränkung der Ermächtigung durch einen fachärztlichen Überweiserkreis sei erforderlich, um den Grundsatz vom Vorrang des niedergelassenen Arztes, der auch für den niedergelassenen Facharzt gelte, zu wahren.
Hinsichtlich weitere Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten zur Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Streitakte und auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist auch in der zuletzt beantragten Form der Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 131 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Sie ist aber unbegründet.
Der Beschluss des Beklagten vom 23.10.2001 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.
Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die vom Kläger begehrte weiterreichende Ermächtigung zu erteilen. Weder die Beschränkung der Ermächtigung durch einen Katalog enumerativ aufgezählter Krankheitsbilder noch die Beschränkung durch das Erfordernis der Überweisung durch niedergelassenen Gebietsärzte kann vom Kläger rechtlich beanstandet werden.
Rechtsgrundlage sind die §§ 116 des Sozialgesetzbuches, 31 a der Zulassungs- Verordnung Ärzte. Danach ist die Ermächtigung zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse der hierfür qualifizierten Krankenhausärzte nicht sicherzustellen ist.
Im Mittelpunkt des Streites der Beteiligten steht die Frage, ob durch die beschränkte Ermächtigung des Klägers eine Versorgungslücke bei der kinderchirurgischer Versorgung entstanden ist.
Der Kläger behauptet das Vorliegen einer quantitativ-speziellen Versorgungslücke, die immer dann zu bejahen ist, wenn eine für die ausreichende Versorgung der Versicherten benötigte Leistung von niedergelassenen Ärzten nicht angeboten werden kann (BSG Urteil vom 15.3.1995 Az: RKa 42/93) In einem solchen Fall steht eine ausreichend Anzahl von spezialisierten Leistungen nicht zur Verfügung und für eine Beschränkung der Ermächtigung durch die Überweisung der Patienten durch den Gebietsarzt besteht kein Raum (BSG Urteil vom 22.6.1994 Az: 6 RKa46/93). Auf diese Rechtsfolge zielt der Vortrag des Klägers ab.
Das Gericht ist wie die Beklagte zu der Auffassung gelangt, dass die qualitative Versorgung der Versicherten auch mit der eingeschränkten Ermächtigung des Klägers sichergestellt ist. Eine Versorgungslücke unter qualitativen Gesichtspunkten lässt sich unter Berücksichtigung des jetzigen Umfangs der Ermächtigung nicht bejahen. Der Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger nur bei spezifischen Krankheitsbildern, die sich auf das früheste Lebensalter beziehen, ein besonderes Leistungsangebot bereit hält, das das der Allgemeinchirurgen übertrifft. In einer solchen Versorgungssituation, in der nur bei bestimmten Problemkrankheiten auf die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden des Krankenhausarztes zurückgegriffen werden muss, hält es die Rechtsprechung für sachlich gerechtfertigt, die Überweisungsbefugnis dem Gebietsarzt vorzubehalten, der für die Behandlung der jeweiligen Erkrankung vorrangig zuständig ist. (BSG Urteil vom 22.06.1994 Az: 6 RKa 11/92).
Die Beschränkung der Ermächtigung durch das Überweisungserfordernis ist auch nicht dadurch rechtswidrig geworden, dass es seit 1995 die Facharztanerkennung für Kinderchirurgie gibt. Auch bei Berücksichtigung dieser Tatsache ergibt sich keine Versorgungslücke, die durch die unbeschränkte Ermächtigung des Klägers, der Facharzt für Kinderchirurgie ist, ausgefüllt werden müsste.
In den vorangegangenen Verfahren ist mehrmals daraufhin gewiesen worden, dass auch nach der Änderung der Weiterbildungsordnung die Allgemeinchirurgen als befähigt angesehen werden müssen, chirurgische Behandlung an Kindern vorzunehmen. Des Weitern gibt bei vielen chirurgisch zu versorgenden Krankheitsbildern Überschneidungen, in deren Bereich sowohl Allgemeinchirurgen als auch Kinderchirurgen ärztlich tätig werden können.
Das Gericht hält diese Hinweise für zutreffend, und zwar auch unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Kinderchirurgie von einer früheren Schwerpunktbezeichnung zu einem eigenen Fachgebiet entwickelt hat. Diese Entwicklung hat nach Auffassung des Gerichts nicht zur Folge, dass die Allgemeinchirurgen keine Fachbehandlungen an Kindern vornehmen können, sondern diese den Kinderchirurgen überlassen müssen. Das Gericht sieht sich in dieser Auffassung bestätigt durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 02.04.2003 Az: B 6 KA 30/02 R Hierin wird sinngemäß ausgeführt, dass schon aus Gründen der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) die Abgrenzung zwischen dem "Mutterfach" (hier Allgemeinchirurgie) und dem "Tochterfach" (Kinderchirurgie) nicht in der Weise vorgenommen werden könne, dass der für das Mutterfach qualifizierte Arzt automatisch seine Berechtigung zur Leistungserbringung verliert, wenn die Leistungen zum Spektrum des sich später entwickelnden Tochterfachs zählen.
Deshalb bleibt es auch nach Einführung des Fachgebietes Kinderchirurgie in der Weiterbildungsordnung rechtlich zulässig, die Ermächtigung durch die Überweisungsbefugnis der für das Mutterfach qualifizierten Ärzte zu beschränken.
Dementsprechend konnte dem Feststellungsbegehren des Klägers nicht stattgegeben werden.
Erstellt am: 02.04.2004
Zuletzt verändert am: 02.04.2004