Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.07.2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der klagenden Gemeinschaftspraxis während ihres Bestehens ein höheres maximal abrechenbares Punktzahlvolumen (Individualbudget) nach § 7 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM) in der Fassung ab 01.07.1999 zugestanden hat.
Die beiden Mitglieder der Klägerin waren als Allgemeinarzt/praktischer Arzt vom 01.01.1999 bis 31.12.2004 in Gemeinschaftspraxis tätig und in E zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Dr. H ist seit dem 01.07.1993 zugelassen und war bis zum 31.12.1998 in einer anderen Gemeinschaftspraxis tätig, Dr. L ist seit dem 01.10.1993 zugelassen.
Die Beklagte erkannte auf der Grundlage des Bemessungszeitraumes 3. Quartal 1997 bis 2. Quartal 1998 der Gemeinschaftspraxis ein Individualbudget von 762.862,0 Punkten zu; der Fachgruppendurchschnitt beträgt 1.224.132,0 Punkte. Unter Berücksichtigung eines erlaubten Zuwachses von 26.871,3 Punkten erfolgte im Quartal III/1999 eine Kürzung in Höhe von 131.916,7 Punkten.
Mit Schreiben vom 17.12.1999 beantragte die Klägerin eine Erhöhung des Individualbudgets. Dieses sei unzureichend, bei seiner Bemessung sei nicht berücksichtigt worden, dass die Praxis erst seit dem 01.01.1999 bestehe. Dr. H sei in der früheren Gemeinschaftspraxis der Aufbau eines Patientenstammes nicht möglich gewesen, die Einzelpraxis von Dr. L habe Ende 1998 erst 21 Quartale bestanden. Von daher könnten die Referenzquartale nicht maßgeblich sein. Sie beantragte ein unbegrenztes Wachstum der Praxis bis zum Fachgruppendurchschnitt, hilfsweise, die Bemessung des Individualbudgets nach dem Punktzahlvolumen der Gemeinschaftspraxis im Jahre 1999. Mit Bescheid vom 15.03.2000 gab die Beklagte dem Antrag insoweit statt, als sie den Bemessungszeitraum auf die Quartale I/1999 und II/1999 festsetzte. Sie errechnete danach ein Punktzahlvolumen von 764.388,0 Punkten, so dass die Kürzung für das Quartal III/1999 entsprechend reduziert wurde. Die Klägerin legte Widerspruch ein und machte geltend, auch das neue Individualbudget sei nicht ausreichend. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da nach der Systematik des HVM eine weitere Erhöhung nicht in Betracht komme.
Die Klägerin hat daraufhin am 20.12.2000 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, beide Partner hätten zu Beginn der Gemeinschaftspraxis gerade erst die fünfjährige Aufbauphase zurückgelegt, so dass sie sich zu Beginn ihres Zusammenschluss noch in der Aufbauphase befunden hätten. Die Festlegung des Bemessungszeitraumes auf die Quartale I/1999 und II/1999 sei willkürlich, denn in diesen beiden Quartalen sei ein niedrigerer Umsatz erzielt worden. Daher müsse zumindest der Durchschnitt der vier Quartale des Jahres 1999 für die Bemessung des Individualbudgets herangezogen werden. Unabhängig davon müsse ihr eingeräumt werden, den Fachgruppendurchschnitt zu erreichen.
Die Klägerin hatte den Quartalsabrechnungsbescheid des Quartals III/1999 angefochten; nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2002 hat sie am 28.05.2001 klageerweiternd unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen die Rücknahme der Kürzungen gefordert. Im weiteren Verfahren hat die Klägerin ihre Klage am 26.09.2001 auf die Abrechnungsbescheide für die Quartale IV/1999, I/2000 und II/2000 (in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2001) und am 20.09.2002 auf die Abrechnungsbescheide für die Quartale III/2000 und I/2001 (in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2002) erstreckt. Sie hat geltend gemacht, nach der Rechtsprechung des BSG sei das von der Beklagten zugebilligte dreiprozentige Wachstum für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nicht ausreichend. Wenn sie die Möglichkeit dazu erhalten hätte, hätte sie weit höhere Wachstumsraten erzielt. Die Wahl der beiden ersten Quartale einer neu gegründeten Gemeinschaftspraxis als Referenz für das in der Folgezeit mögliche Wachstum habe den Zweck, eine bis dahin unterdurchschnittlich abrechnende Praxis möglichst lange unter dem Durchschnitt festzuhalten. Auf Grund der erheblichen Kürzungen hätten die Partner ihren Arbeitseinsatz in der Praxis reduziert und eine Reihe von Nebentätigkeiten angenommen, um wirtschaftlich überleben zu können.
Mit Urteil vom 27.07.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Erhöhung des Individualbudgets aus Sicherstellungsgründen bestehe nicht, da die Gemeinschaftspraxis ihren Gesamtleistungsbedarf gegenüber dem Bemessungszeitraum nicht gesteigert habe. Auch die Honorarkürzungen in den angefochtenen Honorarbescheiden seien zu Recht erfolgt, da ein Zuwachs beim Honorar angesichts der nicht gesteigerten budgetrelevanten Punktmengen nicht zuzugestehen sei.
Gegen das am 09.08.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.09.2005 Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts habe die Beklagte das Individualbudget nicht zutreffend berechnet. Die Gemeinschaftspraxis habe in den streitgegenständlichen Quartalen regelmäßig unterdurchschnittlich abgerechnet. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse jedoch eine unterdurchschnittlich abrechnende Praxis innerhalb von fünf Jahren den Durchschnitt der Fachgruppe erreichen können. Der im HVM zugestandene Zuwachs von 3 % entspreche nicht der Rechtsprechung des BSG. Es sei irrelevant, ob es in dem Zeitraum nach den angefochtenen Quartalen zu weiteren Kürzungen gekommen sei. Maßgeblich sei allein, dass der Praxis eine Steigerung des Individualbudgets habe zugestanden werden müssen. Unabhängig davon ergebe sich ein Anspruch auf Zuwachs aus § 13 Abs. 1 Honorarverteilungsvertrag (HVV) in der ab 01.01.2006 geltenden Fassung, der nach § 13 Abs. 2 HVV auf alle Fassungen des HVM ab dem 3. Quartal 1999 anzuwenden sei. Danach bestehe die Möglichkeit eines jährlichen Honorarzuwachses von 10 %.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.07.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.200 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2000 zu verurteilen, über den Antrag auf Erhöhung des Individualbudgets unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden sowie die Beklagte unter Aufhebung des Abrechnungsbescheides für das Quartal III/1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2001, der Abrechnungsbescheide für die Quartale IV/1999, I/2000 und II/2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2001 und der Abrechnungsbescheide für die Quartale IV/2000 und I/2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2002 zu verurteilen, über ihr Honorar in den Quartalen III/1999, IV/1999, I/2000 bis III/2000 und I/2001 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass die Klägerin unter der Voraussetzung, dass sie ihre Leistungsmenge gegenüber dem Bemessungszeitraum gesteigert hätte, die Möglichkeit gehabt hätte, bis zum Fachgruppendurchschnitt zu wachsen. Die Leistungsmenge sei jedoch nicht gesteigert worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Da es um Ansprüche aus der Zeit des Bestehens der Gemeinschaftspraxis geht, ist diese weiterhin befugt, das Verfahren zu betreiben. Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Gemeinschaftspraxis hatte keinen Anspruch auf ein höheres Individualbudget und auch die Kürzungen in den angefochtenen Honorarabrechnungen sind nicht zu beanstanden. Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz(SGG)).
Ergänzend ist auszuführen: Soweit die Beklagte als Bemessungszeitraum des Individualbudgets die beiden ersten Quartale des Bestehens der Gemeinschaftspraxis gewählt hat, war dies für die Klägerin günstiger als die von ihr hilfsweise geforderte Zugrundelegung aller vier Quartale 1999. Im Referenzzeitraum hat die Gemeinschaftspraxis nämlich im Quartal durchschnittlich 490.097,85 Punkte abgerechnet, während bezogen auf das Jahr 1999 der Quartalsdurchschnitt bei 482.298,8 Punkten lag. Wie mit den Partnern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, ist es auch nicht zulässig, aus den erfolgten Kürzungen den Schluss zu ziehen, sie beruhten darauf, dass die Praxis ihre Leistungen gegenüber dem Bemessungszeitraum ausgeweitet habe. Wie schon das Sozialgericht dargelegt hat, errechnet sich das Individualbudget aus Umsätzen, denen vor Einführung des Individualbudgets durchweg ein niedrigerer Punktwert als 10 Pf. zu Grunde lag. Somit musste sich unter den Bedingungen des Individualbudgets bei der Zugrundelegung eines Punktwertes von 10 Pf. automatisch auch bei gleich bleibendem Punktzahlvolumen eine Kürzung nach § 7 HVM ergeben. Verglichen werden kann daher nur der Gesamtleistungsbedarf in Punkten, der dem Individualbudget unterliegt. Insoweit ist festzustellen, dass mit Ausnahme des Quartals IV/1999 die Gemeinschaftspraxis in allen Quartalen nach dem Bemessungszeitraum den dort abgerechneten durchschnittlichen Leistungsbedarf nicht mehr erreicht hat.
Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 10.12.2003 (SozR 4-2500 § 85 Nr. 5) eine Zuwachsmöglichkeit bis zum Fachgruppendurchschnitt fordert, trifft zwar zu, dass die früher geltende Zuwachsregelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM mit einer Beschränkung des Zuwachses auf jährlich 3 % als unzureichend beurteilt worden ist. Gleichwohl ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt kein Anspruch auf ein höheres Individualbudget. Das BSG geht in dem genannten Urteil davon aus (Randnr. 26), eine unterdurchschnittlich abrechnende Praxis müsse die Möglichkeit haben, durch Erhöhung der Zahl der von ihr behandelten Patienten den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Es kann dahinstehen, ob es das BSG insoweit für ausreichend hält, dass nur die Fallzahl steigt oder ob nicht auch – wie die Formulierungen im letzten Satz der zitierten Randnummer nahelegen – mit der Fallzahlsteigerung eine Umsatzsteigerung verbunden sein muss. Die Gemeinschaftspraxis hatte nämlich auch keine Steigerung der Fallzahl zu verzeichnen. Die durchschnittliche Fallzahl im Bemessungszeitraum betrug 482, der Durchschnitt der Quartale III/1999 bis I/2004 betrug ebenfalls 482 Fälle. Die Gemeinschaftspraxis hat also weder den individualbudgetrelevanten Leistungsbedarf noch die Fallzahl gesteigert. Die Klägerin hat auch selbst vorgetragen, die Partner der Gemeinschaftspraxis hätten ihre ärztliche Tätigkeit in der Praxis reduziert und durch Aufnahme bzw. Intensivierung von Nebentätigkeiten einen anderweitigen Verdienst erreicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht verständlich, weshalb die Klägerin meint, trotz dieser Reduzierung des Einsatzes und einer Verringerung des Leistungsbedarfs müsse ihr ein höheres Honorar als im Bemessungszeitraum zustehen.
Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 13 Abs. 1 HVV, der gemäß Abs. 2 rückwirkend seit dem 01.10.1999 gilt. Diese Vorschrift sieht eine Zuwachsmöglichkeit von 10 % nur bei einer Steigerung des Leistungsbedarfes gegenüber dem Bemessungszeitraum vor. Angesichts des Rückgangs des Leistungsbedarfs ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin meint, ihren Anspruch auf diese Vorschrift stützen zu können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (in der hier noch anzuwendenden Fassung bis 01.01.2002).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 03.11.2006
Zuletzt verändert am: 03.11.2006