Die Beschwerde des Beigeladenen zu 2) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.05.2009 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene zu 2) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu je 1/2 als Gesamtschuldner.
Gründe:
l.
Streitig ist eine Zweigpraxisgenehmigung.
Die Antragstellerin ist als Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) in P zur vertragsärztlichen Versorgung in einer Gemeinschaftspraxis zugelassen. Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind als Fachärzte für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde in F niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Antragstellerin beantragte unter dem 29.03.2007 die Genehmigung für den Betrieb einer Zweigpraxis in F-X. Als Leistungsspektrum gab sie die komplette HNO-Heilkunde mit dem Schwerpunkt Stimm- und Sprachstörungen/Kinderaudiologie sowie Allergologie an (Schreiben vom 26.04.2007). Sprechstundenzeiten plane sie im Umfang von etwa acht Stunden pro Woche. In ihrer bisherigen Praxis ergäben sich bei Terminvereinbarungen bislang Wartezeiten von zwei Wochen, ansonsten fänden Behandlungen innerhalb der Sprechzeiten statt.
Die Kreisstelle P der Antragsgegnerin teilte dieser mit, dass die Fachgruppe der HNO-Ärzte in P einen Versorgungsgrad von 138,9 % und in F von 143,2 % habe. Die Fallzahl der Gemeinschaftspraxis sei durchschnittlich bis leicht unterdurchschnittlich. Die Wartezeit betrage nach Aussage einer Helferin gut zwei Wochen. Die Einrichtung einer Zweigpraxis sei nicht notwendig und nicht nachvollziehbar (Schreiben vom 16.05.2007). Der Bezirksvorsitzende des Berufsverbandes der HNO-Ärzte – Bezirksstelle X – Dr. S verwies darauf, dass die Versorgungssituation durch HNO-Ärzte in F ausgezeichnet sei; auch hinsichtlich der Versorgung der Kinder bestehe kein Bedarf; die Eröffnung der Zweigpraxis werde strikt abgelehnt (Schreiben vom 30.05.2007). Der stellvertretende Obmann im Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Dr. N erklärte, die Versorgungssituation der F Kinder bezüglich Sprach- und Stimmdiagnostik und Therapie sei hervorragend. Es gebe keine Wartezeiten bei der Diagnostik und Therapie. Eine ausreichende Anzahl der HNO-Kollegen sei auf kindliche Sprech- und Sprachstörungen spezialisiert. Die Kinder- und Jugendärzte würden keinen Bedarf an zusätzlichen HNO-ärztlichen Kollegen und damit keine Unterversorgung sehen (Schreiben vom 24.05.2007). Die Kreisstelle F der Antragsgegnerin teilte dieser mit, der Kreisstellenvorstand könne nicht erkennen, dass die Versorgung durch die Eröffnung der beantragten Zweigpraxis verbessert werde. Allerdings könnten die angegebenen Sprechstundenzeiten am Mittwochnachmittag und Samstagvormittag durchaus für schulpflichtige Kinder und Jugendliche eine Verbesserung bedeuten (Schreiben vom 12.06.2007). Auf weitere Anfrage der Antragsgegnerin teilte die Kreisstelle P mit, die in der Nähe der Praxis der Antragstellerin tätigen HNO-Ärzte hätten Wartezeiten von 14 Tagen bzw. ein bis zwei Wochen. Ein HNO-Arzt vergebe keine Termine. Ein Pädaudiologe/Phoniater habe Wartezeiten von drei bis vier Wochen (Schreiben vom 18.07.2007). Die Kreisstelle F erklärte, dass bei den entsprechend niedergelassenen Ärzten max. ein Tag Wartezeit bestehe. Die fraglichen Leistungen würden zeitnah durchgeführt (Schreiben vom 24.07.2007).
Mit Bescheid vom 28.08.2007 genehmigte die Antragsgegnerin die beantragte Zweigpraxis in F antragsgemäß mit der Begründung: Es wird davon ausgegangen, dass die genehmigte Zweigpraxis die Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen verbessert. Diese Feststellung beruht darauf, dass in der Zweigpraxis Leistungen angeboten werden, die nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße an dem Standort erbracht werden. Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes darf nicht beeinträchtigt werden. Die Sprechstundenzeiten an Ihrem Vertragsarztsitz haben Sie wie folgt angegeben: Mo., Di., Do. und Fr. 08.30 Uhr bis 12.00 Uhr und 15.00 Uhr bis 17.30 Uhr, Mi. 08.30 Uhr bis 13.00 Uhr. Aufgrund der vorstehenden Feststellungen war dem Antrag gemäß § 24 Abs. 3 der Zulassungsverordnung Ärzte stattzugeben. Sie war gemäß § 31 Abs. 2 SGB X mit Auflagen zu versehen, um die gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen. Insbesondere muss gewährleistet sein, dass die Versorgung am Sitz Ihrer Praxis gewährleistet ist. Als Sprechstundenzeiten geben Sie folgende Zeiten in der Zweigpraxis an:
Di. 09.00 Uhr bis 11.00 Uhr Mi. 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr Do. 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr Sa. 09.00 Uhr bis 11.00 Uhr Alle Änderungen bezogen auf die Tätigkeit am Vertragsarztsitz und der Zweigpraxis sind mitzuteilen. Telefonisch haben Sie mitgeteilt, dass derzeit eine Adresse für das Gebäude Ihrer Zweigpraxis noch nicht bekannt sei. Wir bitten Sie, zu gegebener Zeit die Adresse bekannt zu geben …
Mit Schreiben vom 24.06.2008 teilte die Antragstellerin mit, sie werde die Tätigkeit in der Zweigpraxis zum 07.07.2008 aufnehmen und Sprechstunden wie folgt anbieten: Mo.,Di., Sa.: 9-11 Uhr und Mi., Do.: 15-17 Uhr.
Unter dem 15.02.2008 (richtig: 15.02.2009) legte der Beigeladene zu 1) Widerspruch ein. Die Versorgung der Bevölkerung in einer massiv überversorgten Region sei nicht gefährdet. Die Kollegen könnten mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb weniger Minuten erreicht werden. Im Rahmen des Notdienstes würden in F an Samstagen, Sonn- und Feiertagen mindestens zwei Sprechstunden stattfinden. Die Aufstockung der Kollegenzahl könne wirtschaftlich "tödliche" Konsequenzen haben.
Der Beigeladene zu 2) legte gleichermaßen Widerspruch ein (Schreiben vom 23.02.2009). Er habe erst gegen Ende 2008 erfahren, dass die Antragstellerin in F eine Zweigpraxis führe. Die Versorgung werde nicht verbessert. Die Genehmigung sei aufzuheben.
Die Antragsgegnerin wies die Antragstellerin mit Schreiben vom 04.03.2009 darauf hin, dass die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) aufschiebende Wirkung entfalten und sie in der Zweigpraxis keine Leistungen mehr erbringen und abrechnen dürfe. Die Antragstellerin beantragte bei der Antragsgegnerin, die Genehmigung für sofort vollziehbar zu erklären. Das Investitionsvolumen von 120.000,00 EUR, der 5-Jahres-Mietvertrag mit einer Monatsmiete von 1.750,00 EUR sowie die laufenden Personalkosten führten zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung (Schreiben vom 17.03.2009). Nach Aktenlage ist hierüber nicht entschieden worden.
Die Antragsgegnerin wies die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) mit Widerspruchsbescheiden vom 31.03.2009 mangels Anfechtungsbefugnis als unzulässig zurück.
Die Antragstellerin hat am 02.04.2009 beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Der Beigeladene zu 2) hat unter dem 04.05.2009 Klage gegen den Genehmigungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 erhoben (SG Düsseldorf – S 14 KA 102/09 -).
Die Antragstellerin hat geltend gemacht: Die Widersprüche der Beigeladenen seien unzulässig, überdies aber auch unbegründet, denn durch das von ihr angebotene Leistungsspektrum werde die Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten in F verbessert. Sie halte lediglich Sprechstundenzeiten im Umfang von acht Wochenstunden ab. Hierdurch könne die wirtschaftliche Existenz der Praxen der Beigeladenen nicht beeinträchtigt werden. Vielmehr werde die Schließung der Zweigpraxis ihre wirtschaftliche Existenz gefährden.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides der Antragsgegnerin vom 28.08.2007 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 31.03.2009 bezüglich der Genehmigung einer Zweigpraxis in F anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.
Sie hat darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist und die Widersprüche unzulässig sind.
Der Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt und sich nicht zum Verfahren geäußert.
Der Beigeladene zu 2) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat vorgetragen: Der Widerspruch sei zulässig. Bei der Erteilung von Zweigpraxisgenehmigungen seien auch bedarfsplanerische Vorgaben zu berücksichtigen. Die maßgebenden Normen würden einen Drittschutz für die im Planungsbereich bereits niedergelassenen Vertragsärzte entfalten. Angesichts der beschränkten Gesamtvergütung sei eine drittschützende Wirkung zwingend notwendig. Das gelte insbesondere seit Einführung der Regelleistungsvolumina zum 01.01.2009. Fallzahlsteigerungen wirkten sich auf diese aus. Eine Versorgungsverbesserung trete nicht ein. Die Genehmigung sei willkürlich erteilt worden. Im Verfahren SG Düsseldorf S 14 KA 248/07 habe die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Versorgung verbessert werde, erhebliche Anforderungen aufgestellt. Hiervon sei sie vorliegend ohne erkennbaren Grund abgewichen.
Das SG hat mit Beschluss vom 11.05.2009 antragsgemäß entschieden. Der Antrag sei zulässig. Das Rechtsschutzinteresse sei gegeben. Die Klage des Beigeladenen zu 2) habe aufschiebende Wirkung. Der Antrag sei auch begründet. Die Erfolgsaussichten des Klageverfahrens seien nicht offensichtlich. Der Beigeladene zu 2) sei nicht anfechtungsbefugt. Den Vorschriften über die Zweigpraxisgenehmigung sei keine drittschützende Wirkung beizumessen. Eine Anfechtungsberechtigung lasse sich auch nicht aus einem Verstoß gegen das sogenannte Willkürverbot herleiten. Dies setze voraus, dass der angegriffenen Rechtseinräumung ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber der Position des Anfechtenden innewohne. Fehle ein solcher Nachrang, so sei kein Ansatz für die Annahme einer drittschützenden Wirkung zugunsten der bereits tätigen Vertragsärzte gegeben und könne in einem Verfahren der defensiven Konkurrentenklage auch keine inhaltliche Überprüfung stattfinden. Selbst wenn sich unabhängig von der Frage des Nachrangs aus einer willkürlichen Entscheidung eine Anfechtungsbefugnis herleiten ließe, wäre eine solche nach summarischer Prüfung nicht gegeben. Die Erfolgsaussichten des Klageverfahrens des Beigeladenen zu 2) seien gering. Vollständig verneinen ließen sie sich nur deshalb nicht, weil es sich um höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfragen handele, zu denen mehrere Revisionsverfahren anhängig seien. Unter Abwägung der widerstreitenden Interessen sei dem Vollziehungsinteresse der Antragstellerin der Vorzug zu geben.
Hiergegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beigeladenen zu 2). Der Beschluss des SG sei rechtswidrig. Selbst wenn konkurrierende Vertragsärzte nicht berechtigt sein sollten, die Erteilung von Zweigpraxisgenehmigungen anzufechten, müsse seinem Begehren stattgegeben werden, denn die Antragsgegnerin habe die Zweigpraxis willkürlich genehmigt.
Der Beigeladene zu 2) beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG Düsseldorf vom 11.05.2009 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der beim SG Düsseldorf unter dem Az. S 14 KA 102/09 anhängigen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 anzuordnen.
Antragstellerin und Antragsgegnerin treten dem ohne Antragstellung entgegen.
Die Antragstellerin verweist auf ihre Spezialisierung auf den Gebieten der Stimm-/ Sprachstörungen und Kinderaudiologie und auf ein in der Zweigpraxis gegenüber den Konkurrenten erweitertes Angebote an Öffnungszeiten.
Die Antragsgegnerin meint, der Beigeladene zu 2) sei nicht befugt, die Zweigpraxisgenehmigung anzufechten und demzufolge auch im anhängigen Verfahren nicht beschwerdebefugt. Im Übrigen sei die angefochtene Entscheidung nicht willkürlich.
Am 20.01.2010 hat der Senatsvorsitzende einen Erörterungstermin durchgeführt und darauf hingewiesen, dass die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung nach Aktenlage nicht ansatzweise nachvollziehbar sei, insofern müsse der Überlegung, der Bescheid sei willkürlich, nachgegangen werden. Im Übrigen wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass zunächst das Urteil des BSG vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R – abgewartet und ausgewertet werden soll.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Beigeladene zu 2) ist beschwerdebefugt. Er begehrt die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der einem anderen – der Antragstellerin – erteilt und durch den dieser erlaubt wurde, eine Zweigpraxis zu betreiben, also Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen und abzurechnen. Der Beigeladene zu 2) kann durch jenen Verwaltungsakt nur mittelbar bzw. nur durch dessen wirtschaftliche Auswirkungen betroffen sein. Dies reicht im Regelfall für eine rechtliche Betroffenheit und damit für die Annahme einer Anfechtungsbefugnis nicht aus, denn die Rechtsordnung gewährt bei der Ausübung beruflicher Tätigkeiten grundsätzlich keinen Schutz vor Konkurrenz (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 23.04.2009 – 1 BvR 3405/08 – und 17.08.2004 – 1 BvR 378/00 -). Demgemäß haben Marktteilnehmer regelmäßig keinen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben (BVerfG, Beschlüsse vom 04.02.2010 – 1 BvR 2514/09 – und 13.06.2006 – 1 BvR 1160/03 -), insbesondere nicht darauf, dass Konkurrenten vom Markt fernbleiben.
Während bei der sog. offensiven Konkurrentenklage, bei der mehrere Bewerber um die Zuerkennung einer nur einmal zu vergebenden Berechtigung streiten, die Anfechtungsbefugnis aus der eigenen Grundrechtsbetroffenheit jeden Bewerbers folgt (BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 a.a.O.), kann bei der sog. defensiven Konkurrentenklage zur Abwehr eines zusätzlichen Konkurrenten eine Anfechtungsbefugnis nicht aus materiellen Grundrechten abgeleitet werden, weil diese keinen Anspruch auf Fernhaltung anderer begründen. Eine Befugnis zur Abwehr des Konkurrenten kann sich nur aus einschlägigen einfach-rechtlichen Regelungen ergeben. Dies ist lediglich der Fall in der besonderen Konstellation, dass den Bestimmungen, auf die sich die Rechtseinräumung an den Konkurrenten stützt, ein Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen derer zu entnehmen ist, die schon eine Position am Markt innehaben, wenn also die einschlägigen Bestimmungen diesen einen Drittschutz vermitteln (BSG, Urteil vom 07.02.2007 – B 6 KA 8/06 R – m.w.N.). Bei der Auslegung, ob den einschlägigen gesetzlichen Regelungen eine solche drittschützende Wirkung entnommen werden kann, sind die Besonderheiten des jeweils betroffenen Sachbereichs zu berücksichtigen. Die Auslegungsfrage, ob den einschlägigen Regelungen drittschützende Wirkung entnommen werden kann, ist nicht der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs zuzuordnen. Unzulässig ist ein Rechtsbehelf vielmehr nur dann, wenn durch den angefochtenen Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechte des Klägers verletzt sein können. Die Überprüfung im Einzelnen, ob eine Rechtsnorm drittschützenden Charakter hat, erfolgt erst im Rahmen der Begründetheit (BSG, Urteil vom 07.02.2007 – B 6 KA 8/06 R – m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 17.06.2009 – B 6 KA 25/08 R -).
Dementsprechend ist der Beigeladene zu 2) beschwerdebefugt.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage für die vom SG zu Gunsten der Antragstellerin getroffene einstweilige Regelung ist § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, denn nach § 86a Abs. 1 SGG hat der Widerspruch des Beigeladenen zu 2) aufschiebende Wirkung. Der Entscheidung des SG vermag der Senat im Ergebnis zu folgen. Das Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag ist gegeben (nachfolgend zu a)). In der Hauptsache wird der Beigeladene zu 2) voraussichtlich unterliegen (nachfolgend b)).
a) Grundvoraussetzung für den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ist ein Rechtsschutzbedürfnis.
aa) Zwar ist die Zulässigkeit der Antragstellung nicht an ein irgendwie geartetes Vorverfahren geknüpft. Indessen gilt auch hier, dass im Interesse der Entlastung der Gerichte das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen ist, wenn der Beteiligte sein Begehren erkennbar auch außergerichtlich durchsetzen kann oder der Versuch, eine Aussetzung durch die Behörde zu erreichen, nicht von vornherein aussichtslos erscheint (vgl. Düring in Jansen, SGG. 3. Auflage, 2009, § 86b Rdn. 3). Ein solcher Antrag wäre auch noch nach Klageerhebung zulässig, denn ab diesem Zeitpunkt können sowohl die Verwaltung als auch das Gericht die sofortige Vollziehung anordnen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG. 9. Auflage, § 86a Rdn. 21). Dieser Ansatz wiederum ist dahin einzuschränken, dass zwar beide Stellen zuständig sind, indessen die sofortige Vollziehung zunächst bei der Verwaltung zu beantragen ist. Erst wenn ein solcher Antrag erkennbar aussichtslos ist, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung des Gerichts. Der gegenteiligen Entscheidung des BSG vom 17.01.2007 – B 6 KA 4/07 R – folgt der Senat nicht. Zwar führt das BSG aus, dass § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gerade nicht voraussetze, dass sich der Antragsteller zunächst an die Verwaltung wenden muss, um eine Entscheidung der zuständigen Behörde über die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu erhalten. Das trifft zwar zu, greift indessen zu kurz. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass § 80 Abs. 6 VwGO das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis lediglich normativ konkretisiert. Hieraus lässt sich nicht schlussfolgern, dass für das SGG Abweichendes gilt. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Grundvoraussetzung dafür, dass ein Gericht sich in der Sache mit dem angetragenen Rechtsstreit befasst, denn jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (vgl. Keller, a.a.O., vor § 51 Rdn. 16; vgl. auch Jung in Jansen, a.a.O., § 51 Rdn. 8 f.), mithin ist ein Antrag nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG vorrangig.
bb) Das Rechtsschutzinteresse ist gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.03.2009 einen Antrag auf sofortige Vollziehung der Genehmigung gestellt hat. Insoweit war zwar das Rechtsschutzinteresse für den am 02.04.2009 beim SG gestellten Antrag zunächst nicht gegeben. Unbeschadet dessen ist das Rechtsschutzinteresse jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung durch das SG am 11.05.2009 zu bejahen.
Das Rechtsschutzinteresse ist den Prozessvoraussetzungen zuzurechnen. Diese sind durch das Gericht jederzeit von Amts wegen zu prüfen. Die Prozessvoraussetzungen müssen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen; fehlen sie vorher, genügt das spätere Eintreten (Keller, a.a.O., vor § 51 Rdn. 20 m.w.N.). So liegt es hier. Nach Aktenlage hat die Antragsgegnerin den Antrag vom 17.03.2009 nicht beschieden. Zum Zeitpunkt des Anhängigwerdens des Antrags auf Anordnung der sofortigen Vollziehung beim SG (02.04.2009) lag die Prozessvoraussetzung "Rechtsschutzinteresse" noch nicht vor. Anders verhält es sich mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des SG (11.05.2009). Die Antragsgegnerin hätte den Antrag binnen knapp zweier Monate bescheiden können und müssen. Das ist nicht geschehen. Um weitere Verzögerungen zu vermeiden und dem Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auf Verwaltungsebene (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG) aber auch vor den Gerichten (§ 86b SGG) hinreichend Rechnung zu tragen, geht der Senat jedenfalls vorliegend davon aus, dass für die Antragstellerin ein Abwarten auf eine ggf. noch zu treffende Entscheidung durch die Antragsgegnerin nicht mehr zumutbar war, mithin jedenfalls am 11.05.2009 das Rechtsschutzinteresse vorlag.
cc) Das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin ist auch unter dem Gesichtspunkt zu bejahen, dass die Widersprüche des Beigeladenen zu 1) vom 15.02.2009 und des Beigeladenen zu 2) vom 23.02.2009 gegen den Genehmigungsbescheid vom 28.08.2007 aufschiebende Wirkung entfalten (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die aufschiebende Wirkung tritt nach ganz überwiegender Auffassung ex tunc ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes ein (hierzu u.a. Düring in Jansen, a.a.O., § 86a Rdn. 7; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O, § 86a Rdn. 9; Zeihe, SGG, 11/2008, § 86a Rdn. 4d; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, 2007, § 80 Rdn. 53; Schmidt in Eyermann, VwGO, 12. Auflage, 2006, § 80 Rdn. 15). Hiernach läge das Rechtsschutzbedürfnis unzweifelhaft vor. Nach neuerer Rechtsprechung des BSG ist allerdings dahin gehend zu differenzieren, dass die aufschiebende Wirkung eines gegen eine statusbegründende Entscheidung von einem Dritten erhobenen Rechtsbehelfs nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes zurückwirkt, sondern erst ex nunc, d.h. ab dem Zeitpunkt eintritt, in dem der Begünstigte hiervon Kenntnis erlangt (Urteil vom 11.03.2009 – B 6 KA 15/08 R -). Zu erwägen ist, diesen Ansatz auf die Anfechtung von Zweigpraxisgenehmigungen zu übertragen, obgleich es sich dabei nach Auffassung des BSG nicht um statusbegründende Entscheidungen handelt (Urteil vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R -). Hiernach wäre die Antragstellerin bis zum Zeitpunkt der ihr bekannt gewordenen Widersprüche berechtigt, auf der Grundlage des Genehmigungsbescheides vom 28.08.2007 in der Zweigpraxis vertragsärztliche Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Sie wäre ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung infolge der ex nunc eintretenden aufschiebenden Wirkung der Widersprüche gehindert, von der ihr erteilten Genehmigung Gebrauch zu machen, so dass jedenfalls insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen wäre.
b) Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Bei den Entscheidungen nach § 86b Abs. 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird; am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.08.2006 – L 10 B 11/06 KA ER -; Düring in Jansen, a.a.O., § 86b Rdn. 11). Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die Vollziehung ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch über diese ausdrückliche Regelung hinaus ist das aus den Regelungen des § 86a SGG hervorgehende gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis zu beachten: In den Fallgruppen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG ist maßgebend zu beachten, dass der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – zu § 80 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO). In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG haben Widerspruch und Klage hingegen grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Es ist ein öffentliches Vollzugsinteresse oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten erforderlich. Nur dann wird (ausnahmsweise) die sofortige Vollziehung angeordnet. Das Gericht hat insbesondere zu berücksichtigen, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die aufschiebende Wirkung gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist. Bei Eingriffen in die Berufsfreiheit müssen die Gründe für den Sofortvollzug in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens ausschließen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28.08.2007 – 1 BvR 2157/07 – und vom 11.02.2005 – 1 BvR 276/05 -; BVerfG, NJW 2003, 3618, 3619; Senat, Beschluss vom 02.04.2009 – L 11 KA 2/09 ER -; vgl. auch Düring in Jansen, a.a.O., § 86b Rdn. 14).
Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG liegen vor. Das im Hauptsacheverfahren verfolgte Begehren des Beigeladenen zu 2) hat nach summarischer Prüfung keinen Erfolg. Der Genehmigungsbescheid ist zwar rechtswidrig (nachfolgend (1)). Indessen ist der Beigeladene zu 2) nicht berechtigt, den Genehmigungsbescheid anzufechten (nachfolgend (2)).
(1) Die Zulassung erfolgt nach § 24 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Der Vertragsarzt muss am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten (§ 24 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV). Er hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die zahnärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV). Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV (i.d.F. des Vertragsrechtsänderungsgesetzes (VÄndG) vom 22.12.2006 (BGBl. I 3439)) zulässig, wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und 2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung (§ 24 Abs. 3 Satz 2 Ärzte-ZV i.d.F. des VÄndG).
(a) Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R -) setzt die Genehmigung einer Zweigpraxis nicht zwingend das Bestehen einer ausgleichsbedürftigen Versorgungslücke voraus; notwendig ist lediglich eine "Verbesserung" der Versorgung. Dieser Begriff ist nach BSG a.a.O. jedenfalls nicht in dem Sinne auszulegen, dass er eine den Anforderungen an Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen vergleichbare Bedarfsprüfung erfordert. Unzweifelhaft ist, dass die Genehmigung einer Zweigpraxis im Falle von Unterversorgung stets eine Verbesserung darstellt. In überversorgten Planungsbereichen gilt, dass ungeachtet der damit verbundenen Erweiterung der Möglichkeiten der Arztwahl nicht bereits das bloße Hinzutreten eines weiteren Behandlers eine Verbesserung der Versorgung darstellt; dies folgt bereits daraus, dass es andernfalls der einschränkenden Voraussetzung "Verbesserung" nicht bedurft hätte. Es ist im Übrigen nicht Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. der Zulassungsgremien, die Versorgung der Versicherten in der Weise zu optimieren, dass sie in jedem Ort bzw. Ortsteil die Auswahl zwischen mindestens zwei am Ort praktizierenden Vertragsärzten haben; auch ein entsprechender Anspruch der Versicherten besteht ungeachtet der in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V verbrieften Arztwahlfreiheit nicht. Auch das mit der Tätigkeit weiterer Leistungserbringer verbundene erhöhte Leistungsangebot stellt per se noch keine Verbesserung dar, sofern die betroffenen Leistungen bereits am Ort angeboten werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es vielmehr, dass das bestehende Leistungsangebot zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer – unter bestimmten Umständen aber auch in quantitativer – Hinsicht erweitert wird. Bei der Prüfung einer Versorgungsverbesserung ist – anders als bei der Bedarfsplanung – nicht auf den Planungsbereich abzustellen, sondern auf den "weiteren Ort", an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll. Eine Versorgungsverbesserung dürfte in erster Linie bei einer qualitativen Veränderung des Leistungsangebots gegeben sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der in der Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere Abrechnungsgenehmigungen nach § 135 Abs. 2 SGB V verfügt oder ein differenzierteres Leistungsspektrum anbietet; ebenso kommt dies in Betracht, wenn er eine besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anbietet, die etwa besonders schonend ist oder bessere Diagnoseergebnisse liefert. Unter gewissen Umständen kann sich auch eine lediglich quantitative Erweiterung des bestehenden Versorgungsangebots als Verbesserung im Sinne des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV darstellen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn durch das erhöhte Leistungsangebot Wartezeiten verringert werden, die – etwa wegen einer ungleichmäßigen Verteilung der Leistungserbringer im Planungsbereich – bei den bereits vor Ort niedergelassenen Ärzten bestehen. Als Versorgungsverbesserung können auch besondere organisatorische Maßnahmen angesehen werden, wie etwa das Angebot von Abend- und Wochenendsprechstunden. Im Einzelfall – allerdings wohl nur bei größeren "weiteren Orten" im Sinne des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV – kann dies auch im Falle einer besseren Erreichbarkeit des Filialarztes angenommen werden. Welches Ausmaß die Verbesserungen haben müssen, ob ihnen also ein gewisses Gewicht zukommen muss, etwa Wartezeiten deutlich reduziert werden müssen, lässt sich nicht abstrakt abschließend beurteilen. Sicherlich reichen weder minimale, für die Versicherten kaum spürbare ("kosmetische") Veränderungen, noch dürfen umgekehrt die Anforderungen so hoch gespannt werden, dass der beabsichtigte Zweck einer Förderung der Filialtätigkeit verfehlt würde; dies wäre der Fall, wenn die an eine Zweigpraxisgenehmigung gestellten Anforderungen denen der "Erforderlichkeit" nach altem Rechtszustand entsprächen. Innerhalb dieser Grenzen unterfällt die Entscheidung letztlich dem Beurteilungsspielraum der Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. der Zulassungsgremien (so BSG, Urteil 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R -).
(b) Die Antragsgegnerin hat diese von der Rechtsprechung zuvor nur in Ansätzen konkretisierten Voraussetzungen (hierzu Senat, Urteil vom 10.12.2008 – L 11 KA 47/08 – Revision anhängig zum Az. B 6 KA 36/09 R; vgl. auch Möller jurisPR-MedizinR 1/2009 Anm. 1) bejaht. Zur Begründung hat sie im Genehmigungsbescheid allerdings nur ausgeführt, die Zweigpraxis verbessere die Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen, da die Antragstellerin am Filialstandort nicht in ausreichendem Maße erbrachte Leistungen anbiete. Diese Feststellung ist nach Aktenlage nicht tragbar. Auf die Schreiben der Kreisstelle P der Antragsgegnerin (Schreiben vom 16.05.2007), der Bezirksgruppe X des Berufsverbandes der HNO-Ärzte (Schreiben vom 30.05.2007), des stellvertretende Obmann im Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (Schreiben vom 24.05.2007) und der Kreisstelle F der Antragsgegnerin (Schreiben vom 12.06.2007) wird verwiesen. Frequenztabellen hat die Antragsgegnerin nach Aktenlage weder beigezogen noch ausgewertet. Weitere Unterlagen, die die Feststellung der Antragsgegnerin tragen könnten, enthält der Verwaltungsvorgang nicht. Die Zweigpraxisgenehmigung mutet umso befremdlicher an, als die Antragstellerin im Antrag vom 26.04.2007 angegeben hat, das gesamte Spektrum der konservativen HNO-Heilkunde mit dem Schwerpunkt Sprachstörungen und Kinderaudiologie sowie Allergologie anzubieten und auch insoweit nicht ersichtlich ist, dass es sich um spezialisierte und von niedergelassenen HNO-Ärzten nicht erbrachte Leistungen handelt, zumal die Bezirksstelle F erklärt, die niedergelassenen Ärzte würden die "entsprechenden Leistungen" erbringen. Diesen Zusammenhängen entnimmt der Senat, dass die Genehmigung auf einem irrealen Sachverhalt beruht. Damit könnte sich der Schluss aufdrängen, dass die Genehmigung auf sachfremden Erwägungen beruht (hierzu auch die Darlegungen im Erörterungstermin vom 20.01.2010).
(c) Dieser Gesichtspunkt kann angesichts der Entscheidung des BSG vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R – nicht aufrechterhalten werden. Unter Zugrundelegung der Ausführungen des BSG a.a.O. zur Frage, wie der unbestimmte Rechtsbegriff "Verbesserung der Versorgung" (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV) zu interpretieren ist, kann die erteilte Zweigpraxisgenehmigung nach summarischer Prüfung materiell-rechtlich letztlich als rechtmäßig angesehen werden. Denn zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung (28.08.2007) lag der Antragsgegnerin das Schreiben der Kreisstelle F vom 12.06.2007 vor, demzufolge die angegebenen Sprechstundenzeiten am Mittwochnachmittag und Samstagvormittag für schulpflichtige Kinder und Jugendliche eine Verbesserung bedeuten können. Dieser Umstand genügt nach BSG a.a.O., um die streitige Genehmigung zu erteilen.
Die Antragsgegnerin hat den Genehmigungsbescheid allerdings nicht auf diesen Umstand gestützt. Sie hat sich hierauf erstmals im Beschwerdeverfahren bezogen (Schriftsatz vom 29.01.2010). Demzufolge ist der angefochtene Bescheid (formell) rechtswidrig. Dennoch ist er nicht aufhebbar.
(d) Nach § 24 Abs. 3 Satz 2 bzw. Satz 3 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt einen Anspruch auf Genehmigung der Zweigpraxis, wenn und soweit die Voraussetzungen der Nrn. 1 und 2 des Absatzes 1 erfüllt sind. In Anlehnung an die Rechtslage bei Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen (hierzu u.a. BSG, Urteil vom 17.06.2009 – B 6 KA 38/08 R -) eröffnen die unbestimmten Rechtsbegriffe "Verbesserung der Versorgung" (Nr. 1) und "keine Beeinträchtigung der Versorgung" (Nr. 2) einen Beurteilungsspielraum (so auch BSG, Urteil vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R -; SG Marburg, Urteil vom 17.03.2010 – S 12 KA 282/09 -; SG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2009 – S 2 KA 247/09 ER -), der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. Schallen, Ärzte-ZV, 7. Auflage, 2009, § 24 Rdn. 105; Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, 2007, § 24 Rdn. 43). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich damit auf die Prüfung, ob der Entscheidung (aa) ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob (bb) die Kassenärztliche Vereinigung die durch die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe "Verbesserung der Versorgung" und "ordnungsgemäße Versorgung" ermittelten Grenzen eingehalten haben und ob (cc) sie ihre Erwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2008 – B 6 KA 10/08 R – zu Sonderbedarfszulassungen; Bäune, a.a.O.,§ 24 Rdn. 43). Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht.
(aa) Der Entscheidung liegt ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde. Die Antragsgegnerin hat die Genehmigung erteilt, weil "in der Zweigpraxis Leistungen angeboten werden, die nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße an dem Standort erbracht werden". Diese Feststellung ist nach Aktenlage nicht nachvollziehbar. Vielmehr deuten die bis zum Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides aktenkundigen Meinungsäußerung der Kreisstellen F und P sowie von ärztlichen Berufsverbänden auf das Gegenteil hin, nämlich dass am Sitz der avisierten Zweigpraxis alle von der Antragstellerin angebotenen Leistungen auch von ärztlichen Fachkollegen angeboten werden. Soweit die Antragsgegnerin im Anschluss an den Erörterungstermin vom 20.01.2010 weitere Unterlagen vorgelegt hat, die belegen sollen, dass die Zweigpraxisgenehmigung die Versorgung verbessert (u.a. Scheiben von Einwohnern des Stadtteils F-X aus März 2009), sind diese nicht Gegenstand der Genehmigungsentscheidung vom 28.08.2007 gewesen. Ob und inwieweit diese Schreiben zum Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides am 31.03.2009 zum Verwaltungsvorgang gelangt sind, lässt sich den Unterlagen, die die Antragsgegnerin dem Senat als "Verwaltungsvorgang" vorlegt hat, nicht entnehmen. Der Inhalt dieses "Verwaltungsvorgangs" ist weder durchnummeriert noch sind die darin befindlichen Unterlagen chronologisch abgeheftet (zur Aktenführung der Antragsgegnerin vgl. schon Sitzungsniederschrift vom 21.01.2004 – L 10 KA 25/03 -). Soweit es das mit Schriftsatz vom 29.01.2010 vorgelegte Schreiben des Bürgervereins F-X anlagt, datiert dieses ohnehin vom 10.05.2009, ist der Antragsgegnerin mithin nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zugegangen. Weitere Entscheidungsgrundlagen sind nicht aktenkundig.
Eine unvollständige Sachverhaltsaufklärung stellt – vorbehaltlich des § 42 SGB X – einen Verfahrensfehler dar, der grundsätzlich zur Aufhebung des streitbefangenen Bescheides und zur Verpflichtung führt, die Angelegenheit neu zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 05.11.2008 – B 6 KA 10/08 R -: Sonderbedarfszulassung; BSG, Urteil vom 16.07.2008 – B 6 KA 57/07 R -: Wirtschaftlichkeitsprüfung; Senat, Urteil vom 09.04.2008 – L 11 (10) KA 16/05 -: Honorarverteilungsmaßstab).
(bb) Die Antragsgegnerin hat im Genehmigungsbescheid die durch Auslegung zu ermittelnden Grenzen des unbestimmten Rechtsbegriffs "Verbesserung der Versorgung" (§ 24 Abs. 3 Nr. 1 Ärzte-ZV) eingehalten. Soweit es den unbestimmten Rechtsbegriff "ordnungsgemäße Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt" (§ 24 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV) anlangt, ist dies hingegen zu verneinen.
Die Interpretation des § 24 Abs. Abs. 3 Nr. 1 Ärzte-ZV durch die Antragsgegnerin (hierzu Bescheidgründe Satz 2) ist angesichts der Entscheidung des BSG vom 05.11.2008 – B 6 KA 10/08 R – nicht zu beanstanden, denn hiernach ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass das bestehende Leistungsangebot zum Vorteil des Versicherten in qualitativer – unter bestimmten Umständen auch in quantitativer – Hinsicht erweitert wird.
Soweit es allerdings das gleichrangige, wenngleich negative Tatbestandsmerkmal des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV betreffend die ordnungsgemäße Versorgung am Stammsitz anlangt, ist nicht ersichtlich, dass sich die Antragsgegnerin hiermit hinreichend befasst hat. Im Bescheid hat sie zwar die Praxisöffnungszeiten am Stammsitz und am Sitz der Zweigpraxis referiert, einen Bezug zu § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV ist dem allerdings nur am Rande nicht zu entnehmen ("Insbesondere muss gewährleistet sein, dass die Versorgung am Sitz der Praxis gewährleistet ist"). Das führt indes nicht weiter. Nachhaltig zugunsten der Zweigpraxis reduzierte Praxiszeiten am Stammsitz können zwar darauf hindeuten, dass die (ordnungsgemäße) Versorgung am Stammsitz beeinträchtigt wird. Darum ging es der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang jedoch nicht. Vielmehr sollten die Praxiszeiten bescheidmäßig dokumentiert werden, denn die Antragsstellerin ist aufgefordert worden, alle Änderungen mitzuteilen. Einen Bezug zu § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV enthält dann nur noch Satz 3 der Bescheidbegründung "Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes darf nicht beeinträchtigt werden". Unklar bleibt, welche rechtliche Bedeutung diesem Passus beizumessen ist. Dabei wird schon nicht deutlich, ob es sich um eine nachdrückliche Aufforderung an die Antragstellerin handelt, hinsichtlich des Stammsitzes die kontinuierliche Versorgung sicherzustellen oder ob lediglich der Gesetzestext in abgewandelter Form wiedergegeben werden sollte, um die Bescheidbegründung zu vervollständigen. Wie auch immer geartete Hinweise darauf, dass die Antragsgegnerin die (negativen) Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV geprüft und bejaht hat, sind dem jedenfalls nicht zu entnehmen.
(cc) Die Antragsgegnerin hat ihre Erwägungen nicht so verdeutlicht und begründet, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.
Der Genehmigungsbescheid ist begründungspflichtig, denn die Voraussetzungen, unter denen von einer Begründung abgesehen werden kann (hierzu § 35 Abs. 2 SGB X), liegen ersichtlich nicht vor. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Die Begründungsanforderungen dürfen nicht überspannt werden. Sie sind von Fall zu Fall verschieden und richten sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekanntgegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß verteidigen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals ausführlich darzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 09.03.1994 – 6 RKa 18/92 -; Senat, Urteile vom 28.10.2009 – L 11 KA 3/08 – und 29.10.1997 – L 11 Ka 94/97 -).
Ausgehend hiervon ist die Begründung im Genehmigungsbescheid defizitär. Sie ist reduziert auf zwei Sätze. Nach Satz 1 geht die Antragsgegnerin davon aus, dass die genehmigte Zweigpraxis die Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen verbessert. Dabei handelt es sich lediglich um die Wiederholung dessen, was § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV als Genehmigungsvoraussetzungen formuliert. Dass die schlichte Wiedergabe des Gesetzestextes, wenngleich ggf. in abgewandelter Form, keine den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X gerecht werdende Begründung darstellt, bedarf keiner Erörterung. Die Bescheidgründe (Satz 2) konkretisieren den abstrakten rechtlichen Obersatz des Satzes 1 sodann dahin, dass "diese Feststellung darauf beruht, dass in der Zweigpraxis Leistungen angeboten werden, die nicht oder nicht in ausreichendem Maße am Standort erbracht werden." Auch dabei handelt es sich um höchstes Abstraktionsniveau. Diese Formulierung lässt jeden Bezug zum konkreten Fall missen. Sie ist als "Baustein" für jedwede Genehmigung einer Zweigpraxis einsetzbar. Es fehlt jegliche weiterführende Darlegung dazu, welche Leistungen nicht oder nicht ausreichend angeboten werden und worauf diese Erkenntnisse beruhen. Eine sachgemäße Rechtsverteidigung wird hierdurch unzumutbar erschwert, denn der hierdurch belastete Verfahrensbeteiligte ist gezwungen, mittels eigener Ermittlungen, insbesondere durch Akteneinsicht, die Gründe zu eruieren, die die Antragsgegnerin ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Dies gilt umso mehr, als es die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV anlangt. Hierzu verhält sich der Bescheid nur mit Satz 3 der Begründung "Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes darf nicht beeinträchtigt werden". Wie dargelegt wird dabei schon nicht deutlich, ob die Antragstellerin hierdurch nur nachdrücklich aufgefordert werden soll, die Versorgung am Stammsitz sicherzustellen, oder aber dieser Passus das Ergebnis der ggf. von der Antragsgegnerin durchgeführten Prüfung zusammenfasst, ob und inwieweit die (negativen) Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV erfüllt sind. Sollte Ersteres der Fall sein, würde der Bescheid im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärze-ZV keinerlei Begründung enthalten. Die schlichte Wiedergabe der Praxisöffnungszeiten am Stammsitz einerseits und am Sitz der Zweigpraxis andererseits genügt dem nicht ansatzweise (Bescheid Seite 2). Sollte Satz 3 der Begründung hingegen bedeuten, dass die Antragsgegnerin die Voraussetzungen des § 24 Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV geprüft hat, bleibt unerfindlich, auf der Grundlage welcher tatsächlichen Erwägungen sie meint, dass die Versorgung am Stammsitz nicht beeinträchtigt wird. Hierzu wären Darlegungen umso mehr erforderlich gewesen, als nach Aktenlage die am Zweigpraxissitz tätigen Fachkollegen den Leistungsbedarf abdecken und keinerlei Wartezeiten bestehen, hingegen nach Auskunft der Kreisstelle P im dortigen Zuständigkeitsbereich Wartezeiten je nach Arzt von ein bis vier Wochen auftreten.
(c) Die fehlerhafte Begründung macht den Bescheid (formell) rechtswidrig, aber nicht nichtig (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, 2008, § 35 Rdn. 18 m.w.N.). Der Fehler kann geheilt werden. Ein inhaltlicher Begründungsmangel ist bei gebundenen Verwaltungsakten grundsätzlich entscheidungsunerheblich, weil das Gericht die getroffene Regel unter jedem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt zu überprüfen hat (BSG, Urteil vom 29.06.2000 – B 11 AL 85/99 R – m.w.N.) und die fehlende Begründung ggf. noch im Gerichtsverfahren nachgeholt werden kann (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X sowie § 42 SGB X). Hiervon zu unterscheiden ist die Ergänzung einer unvollständigen Begründung. Bei Klageerhebung soll eine den Anforderungen des § 35 SGB X entsprechende Begründung vorliegen, nicht jedoch muss eine erschöpfende, materiell-rechtlich richtige Begründung gegeben sein. Da die materiellen Rechtsfragen ohnehin vom Gericht von Amts wegen untersucht werden müssen, ist das Nachschieben von Gründen i.S. einer Ergänzung oder Änderung der von der Behörde gegebenen Begründung auch noch im Prozess möglich (BSG a.a.O; vgl. auch Schütze in von Wulffen, a.a.O, § 41 Rdn. 12). Ein Nachschieben von Gründen liegt dabei vor, wenn die früheren Erwägungen auf Grund neuer oder anderer Tatsachen ergänzt oder ausgewechselt werden; es ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird (BSG, Urteile vom 16.12.2008 – B 4 AS 48/07 R -, 25.04.2002 – B 11 AL 69/01 R -, 18.09.1997 – 11 RAr 9/97 -). In diesem Zusammenhang ist zu klären, ob der den Beurteilungsspielraum betreffende Begründungsmangel den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die erweiterte Begründungspflicht bei Ermessensentscheidungen unterworfen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Das ist umstritten (vgl. Engelmann, a.a.O., § 35 Rdn. 7 m.w.N.). Wird dies bejaht, stellt sich die weitere Frage, ob und inwieweit bei Ermessensentscheidungen Verstöße gegen die Begründungspflicht noch im gerichtlichen Verfahren heilbar sind (§ 41 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 2 SGG i.d.F. des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl. I 1983)). Dem ist allerdings nicht weiter nachzugehen, denn § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X ist auf unbestimmte Rechtsbegriffe, bei denen der Behörde ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, nicht entsprechend anzuwenden (zutreffend Engelmann, a.a.O., § 35 Rdn. 7 m.w.N.). Die Voraussetzungen für eine Analogie sind nicht gegeben. Es fehlt an einer planwidrigen Lücke. Statt dessen ist im Hinblick auf die eingeschränkte Kontrolle behördlicher Entscheidungen, denen – wie hier – eine Beurteilungsermächtigung zugrunde liegt, eine eingehende Begründung der Entscheidung zu fordern (Engelmann, a.a.O., § 35 Rdn. 7 m.w.N.). Hieraus folgt: Das den Beurteilungsspielraum betreffende Begründungsdefizit ist entweder als fehlende oder als unzureichende Begründung zu werten. Die Rechtsfolgen sind vorliegend identisch. Eine unzureichende Begründung kann mittels Nachschieben von Gründen noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz geheilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2000 – B 11 AL 85/99 R -; Jung in Jansen, a.a.O. § 54 Rdn. 37). Die fehlende Begründung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X) würde den angefochtenen Beschluss zwar nicht nichtig (§ 40 SGB X), jedoch formell fehlerhaft machen. Auch dieser Verfahrensfehler wäre heilbar (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X).
Demzufolge ergibt sich: Die fehlerhafte Begründung des Zweigpraxisgenehmigung kann grundsätzlich geheilt werden. Die Antragsgegnerin hat sich im Schriftsatz vom 29.01.2010 nunmehr ausdrücklich darauf bezogen, dass die von der Antragstellerin angebotenen wohnortnahen Sprechstunden auch am Mittwochnachmittag und Samstagvormittag für Schüler und Berufstätige günstig sind. Das reicht nach BSG a.a.O. aus, um eine Verbesserung der Versorgung annehmen zu können. Ob damit allerdings den rechtlichen Anforderungen an eine "Heilung" des formell rechtswidrigen Genehmigungsbescheids hinreichend Rechnung getragen ist, kann letztlich dahinstehen, denn dem Beigeladenen zu 2) ist es verwehrt, sich auf den Fehler zu berufen.
(2) Anhand der Grundsätze, die das BSG, anknüpfend an die Entscheidung des BVerfG vom 17.08.2004 – 1 BvR 378/00 -, in seinen Urteilen vom 11.12.2002 – B 6 KA 32/01 R -, 07.02.2007 – B 6 KA 8/06 R -, 17.10.2007 – B 6 KA 42/06 R – und 17.06.2009 – B 6 KA 38/08 R – herausgestellt und nunmehr auch auf Genehmigungen von Zweigpraxen erstreckt hat (Urteil vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R -), ist ein Dritter (materiell) nicht berechtigt, die Erteilung der Genehmigung für eine Zweigpraxis anzufechten. Ob dann etwas anderes gilt, wenn die Genehmigung willkürlich erteilt worden ist, hat das BSG offengelassen: Allerdings hat der Senat in seinem die Drittanfechtung einer Dialysegenehmigung betreffenden Urteil vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 31) ausgeführt, dass eine Berechtigung zur Anfechtung nicht allein darauf gestützt werden könne, dass die Genehmigungserteilung nach Ansicht des Klägers gegen das sog Willkürverbot verstoße, dh auf gravierenden Rechtsverstößen beruhe und ihn schwer beeinträchtige. Es hat dies damit begründet, dass eine inhaltliche Überprüfung auf solche schweren Rechtsfehler schon nach der früheren Rechtsprechung des BSG stets vorausgesetzt habe, dass der angegriffenen Rechtseinräumung ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber der Position des Anfechtenden innewohnte. Fehle ein solcher Nachrang, sei kein Ansatz für die Annahme einer drittschützenden Wirkung zugunsten der bereits tätigen Vertragsärzte gegeben und könne in einem Verfahren der defensiven Konkurrentenklage auch keine inhaltliche Überprüfung stattfinden. An diesen Erwägungen hält der Senat im Grundsatz fest. Ob sie auch auf die Drittanfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung anwendbar sind, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.
Ungeachtet dessen, dass ausweislich der Entscheidung des BSG a.a.O. zwischen dem vertragsarztrechtlichen Zulassungsstatus des Anfechtenden (hier: Beigeladener zu 2) einerseits und dem Status des durch den Verwaltungsakt Begünstigten (hier: Antragstellerin) andererseits auch im Hinblick auf die streitige Zweigpraxisgenehmigung kein zulassungsrechtliches Vorrang-Nachrang-Verhältnis besteht und ungeachtet der weitergehenden Frage, ob eine Willküranfechtung dem Grunde nach in Betracht kommt, vermag sich der Senat im Ergebnis nicht die Überzeugung davon zu verschaffen, dass die Antragsgegnerin die Zweigpraxisgenehmigung willkürlich erteilt hat.
Der Maßstab für die Beurteilung behördlicher Entscheidungen in Zulassungssachen (oder vergleichbaren Genehmigungsverfahren) als willkürlich ist dabei den Grundsätzen zu entnehmen, die das BVerfG aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Willkürverbot entwickelt und insbesondere im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle gerichtlicher Entscheidungen näher ausgeformt hat. Danach sind gerichtliche Entscheidungen willkürlich, wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn gravierende Rechtsverstöße vorliegen und diese den Kläger schwer beeinträchtigen (BSG, Urteil vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R – m.w.N.).
Der Senat hat zunächst erwogen, diese Voraussetzungen als gegeben anzunehmen (hierzu Erörterungstermin vom 20.01.2010). Im Ergebnis greifen die seinerzeit geäußerten Bedenken jedoch nicht durch. Zwar macht die einen irrealen Sachverhalt betreffende Begründung den Genehmigungsbescheid (formell) rechtswidrig. Ungeachtet dessen ist die Genehmigung materiell-rechtlich vertretbar, denn ausweislich der Entscheidung des BSG vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R – wird i.S.d. § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV die Versorgung allein schon dadurch verbessert, dass die Antragstellerin am Mittwochnachmittag und Samstagvormittag Sprechstunden anbietet und damit über das Angebot der am Sitz der Zweigpraxis tätigen Fachkollegen hinausgeht. Dies folgt nach summarischer Prüfung aus dem Schreiben der Kreisstelle F vom 12.06.2007 und wird dadurch gestützt, dass der Beigeladene zu 1) erklärt hat, im Rahmen des Notdienstes (!) würden in F an Samstagen, Sonn- und Feiertagen mindestens zwei Sprechstunden und täglich eine Abendsprechstunde stattfinden.
Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
III.
Die Entscheidung über den Streitwert erfolgt durch gesonderten Beschluss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 155 Abs. 4, 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Grundsätzlich fallen demjenigen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Abweichend hiervon bestimmt § 155 Abs. 4 VwGO, dass durch Verschulden eines Beteiligten entstandene Kosten diesem auferlegt werden können.
Bezogen auf die Antragsgegnerin sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt. § 155 Abs. 4 VwGO erfasst auch das vorprozessuale Verhalten eines Beteiligten. Die Pflicht, einen Verwaltungsakt zu begründen, besteht rechtsschutzbezogen, so dass eine unzureichende oder irreführende Begründung regelmäßig Anlass zur Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO bieten kann. Auch eine unzureichende Sachaufklärung kann bei rechtsschutzbezogenem Verschulden zur Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO führen (Rennert in Eyermann, a.a.O., § 155 Rdn. 13 m.w.N.). Der Begriff des Verschuldens entspricht dem des § 60 Abs. 1 VwGO (Rennert a.a.O.). Verschulden liegt vor, wenn der Beteiligte die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften und sachgemäß Prozessführenden geboten ist (objektive Voraussetzung) und die ihm (subjektiv) nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (BGH NJW 1995, 2105; BVerwG NJW 1998, 398). Es ist ein subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff zugrunde zu legen (Schmidt in Eyermann, a.a.O., § 60 Rdn. 6 m.w.N.).
Die Antragsgegnerin hat jedenfalls fahrlässig den Genehmigungsbescheid mit einer unzureichenden Begründung versehen. Die Bescheidbegründung steht in diametralem Widerspruch zum Akteninhalt. Zwar ist die Antragsgegnerin an wertende Beurteilungen ihrer Kreisstellen nicht gebunden. Darum geht es hier aber nicht. Vielmehr gilt, dass die Bescheidbegründung – wie dargelegt – nach Aktenlage durch nichts gerechtfertigt ist. Ihr Vortrag, sie habe die Genehmigung vor einen unklaren rechtlichen Ausgangslage getroffen, trifft ggf. im Hinblick auf die Frage zu, wie die in § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe zu interpretieren sind. Das ist im hier interessierenden Zusammenhang indessen unerheblich. Maßgebend ist allein, dass die Antragsgegnerin die Vorgaben des § 35 Abs. 1 SGB X nicht beachtet hat und nicht ansatzweise deutlich geworden ist, auf der Grundlage welchen Sachverhalts sie die Genehmigung erteilt hat. Soweit der dem Senat vorgelegte "Verwaltungsvorgang" nur fragmentarisch ist und darüberhinausgehende Entscheidungsgrundlagen nicht oder weiterhin nicht enthält, gilt umso mehr, dass die Antragsgegnerin objektiv und subjektiv zumindest grob fahrlässig den Bescheid fehlerhaft begründet hat. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die Antragsgegnerin zumindest mit der Hälfte der Kosten (§ 162 Abs. 1 VwGO) zu belasten.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 25.10.2010
Zuletzt verändert am: 25.10.2010