Die Beschwerde der Beigeladenen zu 9) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.07.2018 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Antragsteller mittels sofortiger Vollziehung vorläufig zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen ist.
Der am 00.00.1973 geborene Antragsteller ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie. Er ist seit dem 01.10.2003 approbiert. Die Befugnis, die Facharztbezeichnung zu führen, wurde ihm am 10.06.2010 erteilt.
Der Beigeladene zu 8), Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie, betreibt mit seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 10), Ärztin für Allgemeinmedizin, eine Vertragsarztpraxis in E, H-Straße 00. Zunächst am 10.01.2017 erklärte er seinen Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung. Den Antrag auf Durchführung des Auswahlverfahrens nahm er zurück (Sitzung des Zulassungsausschusses vom 28.06.2017) und verzichtete neuerlich zum 30.09.2017 auf seine Zulassung. Die zu 7) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein schrieb die Praxis antragsgemäß in ihrer amtlichen Bekanntmachung aus. Um die Nachfolgezulassung bewarben sich der Antragsteller mit Antrag vom 17.07.2017 und die Beigeladene zu 9) mit Antrag vom 05.08.2017. Die am 00.00.1967 geborene Beigeladene zu 9) ist seit dem 02.07.1996 approbiert. Sie ist am Standort B-straße 00, E, privatärztlich tätig und hat die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung für den Vertragsarztsitz H-Straße 00, E, beantragt. Am 27.05.2004 berechtigte die Ärztekammer Nordrhein sie, die Gebietsbezeichnung Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie zu führen. Im Juni 2005 anerkannte die Ärztekammer ferner die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren. Im Zulassungsverfahren haben sich der Beigeladene zu 8) und die Beigeladene zu 10) für den Antragsteller als Nachfolger ausgesprochen. Der Zulassungsausschuss für Ärzte E entschied mit Beschluss vom 27.09.2017:
1. Die Zulassung des Herrn Dr. med. A, Facharzt für Innere Medizin – Schwerpunkt Gastroenterologie – H-Straße 00, E-Stadtmitte, endet durch Verzicht zum 30.09.2017. Der Verzicht wird wirksam unter dem Vorbehalt, dass ein Nachfolger/eine Nachfolgerin bestandskräftig zugelassen wird.
2. Herr Prof. Dr. med. M, geb. am 00.00.1973, wird mit Wirkung zum 01.10.2017 als Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie für den Vertragsarztsitz H-Straße 00, E-Stadtmitte, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
3. Der Antrag der Frau Dr. med. C, geb. 00.00.1967, auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Fachärztin für Innere Medizin – Schwerpunkt Gastroenterologie – für den Vertragsarztsitz H-Straße 00, E-Stadtmitte, wird abgelehnt.
Der Antragsteller sei nach Maßgabe der in § 103 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) genannten Kriterien und weil die Beigeladene zu 10) die seit 24 Jahren bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit dem Antragsteller weiterführen möchte und eine Einigung mit der Beigeladenen zu 9) nicht zustande gekommen sei, der geeignete Nachfolger für den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz.
Im hiergegen gerichteten Widerspruch hat die Beigeladene zu 9) geltend gemacht: Der Zulassungsausschuss habe nicht festgestellt, ob die Beigeladene zu 10) die BAG tatsächlich fortführen möchte. Das Nachbesetzungsverfahren sei bereits der zweite Versuch, die Praxis an den nun ausgewählten Bewerber abzugeben. Nachdem der Zulassungsausschuss den Beigeladenen zu 8) im ersten Nachbesetzungsverfahrens in der Sitzung am 28.06.2017 darauf hingewiesen habe, dass die Beigeladene zu 9) ausgewählt werden würde, habe dieser den Antrag kurzerhand zurückgenommen und die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens erneut beantragt. Das Recht auf Wiederholung der Ausschreibung gehe verloren, wenn feststehe, dass der Praxisabgeber die Übergabe im ersten Verfahren aus vom Gesetz ausdrücklich nicht geschützten Gründen scheitern lasse. Einer Begründung bedürfe es umso mehr, wenn der Praxisabgeber mit Antragstellung bzw. mit dessen Rücknahme die Nachbesetzung beeinflussen wolle. Der Beigeladene zu 8) habe bis Mai 2017 mit der Beigeladenen zu 9) verhandelt. Die Beigeladene zu 10) sei eingebunden gewesen. Der Gesellschaftsvertragsentwurf habe in § 12 auf Vorschlag des Beigeladenen zu 8) eine gegen die Beigeladene zu 10) gerichtete Hinauskündigungsklausel mit einer Frist von gerade einmal drei Monaten zum Quartalsende vorgesehen. Unabhängig davon, ob für den Vertragsarztsitz der Beigeladenen zu 10) ein Nachfolger gefunden werde oder nicht, sei eine Abfindungssumme von 60.000,00 EUR festgelegt worden. Hiernach sei offensichtlich, dass es der Beigeladenen zu 10) nicht um eine langfristige Zusammenarbeit gegangen sei. Das sei auch nachvollziehbar. Es handele sich um eine BAG von zwei Eheleuten. Die tägliche Zusammenarbeit gestalte sich ganz anders, als dies innerhalb einer BAG normalerweise der Fall sei. Im Mai 2017 hätten die Eheleute die Verhandlungen plötzlich abgebrochen und der Beigeladenen zu 9) mitgeteilt, sich mit einem anderen Bewerber geeinigt zu haben. Nachdem der Beigeladene zu 8) den Antrag in der Sitzung am 28.06.2017 zurückgenommen habe, sei der Beigeladenen zu 9) mitgeteilt worden, es bestünden Bedenken gegen eine Zusammenarbeit und die Beigeladene zu 10) wolle nun doch länger arbeiten. Das sei unglaubwürdig. Der Vertragsentwurf habe u.a. den Verzicht der Beigeladenen zu 9) auf ordentliche Kündigung für drei Jahre vorgesehen. Die Beigeladene zu 10) hätte hingegen jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende kündigen können. Das lasse sich mit der Annahme, hier sei eine längerfristige Zusammenarbeit mit dem Praxisnachfolger ihres Ehemannes geplant, nicht in Einklang bringen. Einziger gegen eine Zusammenarbeit mit der Beigeladenen zu 9) sprechender Grund sei die Befürchtung, dass durch die in der Nähe gelegene Privatpraxis Privatpatienten abgezogen würden.
Der Beigeladene zu 8) hat vorgetragen: Er bestreite nicht, dass es Gespräche zwischen ihm, der Beigeladenen zu 9) und der Beigeladenen zu 10) gegeben habe. Diese seien spätestens im Mai 2017 ins Stocken geraten. Insbesondere habe die Beigeladene zu 9) sich zu den Vertragsentwürfen nicht geäußert. Zugleich habe sich der Antragsteller gemeldet, der sich die Praxis schon zu früheren Zeiten angesehen habe. Dieser habe die Bereitschaft erklärt, seine – des Beigeladenen zu 8) – Vertragsarztzulassung zu übernehmen und die BAG fortzuführen. Eine Einigung habe in kürzester Zeit erzielt werden können, während die Beigeladene zu 9) noch Klärungs- und Änderungsbedarf angemeldet habe. Jedenfalls aus Sicht der Beigeladenen zu 10) sei ab diesem Zeitpunkt keine Vertrauensbasis für eine Zusammenarbeit mit der Beigeladenen zu 9) mehr gegeben. Das habe dazu geführt, dass die von der Beigeladenen zu 9) vorgeschlagene Kündigungsfrist von sechs Monaten für die Beigeladene zu 10) von dieser als zu lang angesehen worden sei. Angesichts der in den Vertragsverhandlungen gemachten Erfahrungen habe sie sich nicht so lange an eine andere Ärztin binden wollen.
Der Antragsgegner hat den Widerspruch der Beigeladenen zu 9) mit Beschluss vom 10.01.2018 zurückgewiesen und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung des Sofortvollzugs abgelehnt. Der zulässige Widerspruch sei nicht begründet. Der Zulassungsausschuss habe den Antragsteller zu Recht als Nachfolger des Beigeladenen zu 8) anhand der Vorgaben von § 103 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB V sowie des § 103 Abs. 6 SGB V ausgewählt. Die Beigeladene zu 9) und der Antragsteller seien weitgehend gleich geeignet. Zwar sei die Beigeladene zu 9) lebensälter und eher approbiert worden. Da jedoch für beide Ärzte Approbation und Facharztzulassung mehr als fünf Jahre zurück lägen, ergäben sich bei der Auswahlentscheidung für die Beigeladene zu 9) keine Vorteile. Nach § 103 Abs. 6 SGB V seien die Interessen des in der Praxis verbleibenden Vertragsarztes zu berücksichtigen. Wenn sich mehrere annähernd gleich geeignete Ärzte um die Nachfolgezulassung in eine Gemeinschaftspraxis bewürben, dürften die Zulassungsgremien den Arzt bevorzugen, mit dem der verbleibende Arzt die Gemeinschaftspraxis fortführen wolle und jener die Gewähr für eine längerfristige Kooperation biete. Die Beigeladene zu 10) und der Antragsteller hätten einen Vertrag zum Betreiben einer Gemeinschaftspraxis geschlossen. Weder hieraus noch aus dem Vorbringen der Beigeladenen zu 10) lasse sich ableiten, dass der Vertrag nicht auf eine auf Dauer ausgerichtete Gemeinschaftspraxis abziele. Zwar enthalte der Vertrag eine Herauskündigungsklausel. Andererseits sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene zu 10) auf Befragen mehrfach versichert habe, noch mindestens drei Jahre tätig sein wollen. Damit habe er – der Antragsgegner – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht die Überzeugung gewinnen können, zwischen der Beigeladenen zu 10) und dem Antragsteller sei keine längerfristige Kooperation ins Auge gefasst. Gemäß § 97 Abs. 4 SGB V könne der Berufungsausschuss die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung im öffentlichen Interesse anordnen. Bei einer Statusentscheidung könne zwar die Versorgungslage als öffentliches Interesse für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sprechen. Das greife hier jedoch nicht, weil der Antragsteller im Fall einer Klage der Beigeladenen zu 9) weiterhin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und die Patientenversorgung nicht gefährdet sei. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers sei nicht gegeben. Dieser habe den Antrag auf Sofortvollzug damit begründet, seine Arbeitsstelle in Hannover aufgegeben und seinen familiären Mittelpunkt nach E verlegt zu haben. Solange der Antragsteller nicht bestandskräftig vertragsärztlich zugelassen sei, könne die risikoreiche Entscheidung zur Änderung seiner Lebensverhältnisse kein Grund sein, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Da der Antragsteller den Beigeladenen zu 8) vertrete, ergäben sich ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung keine dessen Existenz gefährdenden Gründe.
Diesen Beschluss hat die Beigeladene zu 9) mit am 23.02.2018 anhängig gemachter Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (S 33 KA 30/18) angegriffen.
Am 17.04.2018 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Die Auswahlentscheidung sei rechtmäßig. Zwar sei die Beigeladene zu 9) lebensälter und eher approbiert worden. Das begründe aber keine Vorteile, da die Approbation und die Facharztzulassung seit mehr als fünf Jahre bestünden. Allerdings seien die Interessen des in der Praxis verbleibenden Vertragsarztes zu berücksichtigen. Daher dürfe der Arzt bevorzugt werden, der die Gewähr für eine längerfristige Kooperation biete. Voraussetzung für die Auswahl des Bewerbers als Praxisnachfolger sei die erklärte Bereitschaft der Beteiligten, die BAG gemeinsam fortzuführen. Zu berücksichtigen sei weiter, dass er seit dem 01.10.2017 von seiner Familie getrennt sei. Deren Nachzug komme erst in Betracht, wenn seine Zulassung bestandskräftig sei. Er sei derzeit auch finanziell belastet, da er höchstens vertretungsweise in anderen Praxen tätig werden könne. Die vertraglich vereinbarte Möglichkeit, dass und unter welchen Bedingungen die Beigeladene zu 10) aus der BAG ausscheiden könne, sehe er als selbstverständlich an. Er habe dem Risiko vorbeugen wollen, dass diese kündige und er eine Abfindung leisten müsse.
Der Antragsteller hat beantragt,
die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 10.01.2018 anzuordnen.
Der Antragsgegner hat die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts gestellt.
Die Beigeladene zu 9) hat sinngemäß beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat vorgetragen: Die Zulassung des Antragstellers sei rechtswidrig. Die Absicht des Antragstellers und der Beigeladenen zu 10), langfristig zusammenzuarbeiten, sei in Zweifel zu ziehen, so dass § 103 Abs. 6 SGB V im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. Die Beigeladene zu 10) habe das Renteneintrittsalter bereits überschritten. Außerdem habe sie zu jedem Zeitpunkt ihrer Vertragsverhandlungen deutlich gemacht, dass sie kurzfristig ihre Tätigkeit als Vertragsärztin beenden wolle. Die entsprechende Klausel ihres Vertrages sei auch im Vertrag mit dem Antragsteller enthalten. Einen von ihr überarbeiteten Vertragsentwurf mit Ausschluss einer ordentlichen Kündigung habe die Beigeladene zu 10) abgelehnt. Eine sechsmonatige Kündigungsfrist habe sie als zu lang erachtet. Den Sinneswandel, der zu einem Vertragsabschluss mit dem Antragsteller geführt habe, bestreite sie. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung hätte auch in anderer Weise geregelt werden können. Die Vereinbarung einer einfachen Realteilung oder des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung hätte ausgereicht. An einer Interessenabwägung fehle es im Übrigen gänzlich. Die Anordnung des Sofortvollzuges rechtfertigten weder öffentliche Interessen noch jene des Antragstellers.
Der Beigeladene zu 8) hat sich den Ausführungen des Antragstellers angeschlossen.
Mit Beschluss vom 25.07.2018 hat das SG dem Antrag stattgegeben und die sofortige Vollziehung des Beschlusses vom 10.01.2018 angeordnet. Der Antrag sei nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und begründet. Die Kammer teile die Auffassung des Antragsgegners, dass die nach § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V für die Auswahlentscheidung relevanten Kriterien (berufliche Eignung, Approbationsalter, Dauer der ärztlichen Tätigkeit) weder für den Antragsteller noch für die Beigeladene zu 10) einen zu berücksichtigenden Vorteil begründeten. Beide seien Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie. Diese Qualifikation entspreche der des Beigeladenen zu 8) als Praxisabgeber. Beide seien langjährig approbiert, der Antragsteller seit dem 01.10.2003, die Beigeladene zu 9) seit dem 02.07.1996. Ähnliches gelte für die bei dem Antragsteller seit dem 10.06.2010 und bei der Beigeladenen zu 9) seit dem 27.05.2004 bestehende Facharztbezeichnung. Da die Dauer der Eintragung in die Warteliste von den Beteiligten im vorliegenden Verfahren nicht thematisiert worden sei, nehme die Kammer an, dass diese nicht von entscheidender Bedeutung sei. Ob die Auswahlentscheidung des Antragsgegners im Hinblick auf § 103 Abs. 6 Satz 1 SGB V offensichtlich ermessensfehlerfrei und damit rechtmäßig sei, könne dahinstehen. Zwar sprächen die Interessen der in der Praxis verbleibenden Beigeladenen zu 10) für die Auswahl des Antragstellers. Aus dem unstreitigen Abbruch der Vertragsverhandlungen mit der Beigeladenen zu 9) ergebe sich, dass der die Praxis abgebende Beigeladene zu 8) keine Möglichkeit gesehen habe, dass seine in der Praxis verbleibende Ehefrau, die Beigeladene zu 10), mit der Beigeladenen zu 9) zusammenarbeiten werde. Eine längerfristige Kooperation der Beigeladenen zu 10) mit dem Antragsteller halte die Kammer zwar für fraglich. Jedenfalls spreche die Interessenabwägung für eine Anordnung der sofortigen Vollziehung. Die §§ 86a, 86b SGG bestimmten einen grundsätzlichen Vorrang des Aussetzungs- vor dem Vollziehungsinteresse. Ein öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Zulassung des Antragstellers bestehe nicht, denn der Beigeladene zu 8) praktiziere weiterhin und stelle die Patientenversorgung sicher. Der Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren spreche für ein Überwiegen des Vollziehungsinteresses des Antragstellers. Da der Antragsgegner zwischen zwei gleich geeigneten Bewerbern auszuwählen habe und jeweils Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die in der BAG verbleibende Beigeladene zu 10) nicht die Absicht habe, langfristig zu kooperieren, halte die Kammer die Zulassung des Antragstellers für vertretbar und dessen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren für hoch. Für das Vollziehungsinteresse des Antragstellers spreche weiter, dass er im Hinblick auf die beabsichtigte Tätigkeit seinen Lebensmittelpunkt verlagert habe und von seiner Familie räumlich getrennt sei, auch wenn er dieses Risiko im Bewusstsein der fehlenden Bestandskraft der Zulassung eingegangen sei. Die Nachteile eines Unterliegens der Beigeladenen zu 9) im Eilverfahren bei späterem Erfolg in der Hauptsache erwiesen sich demgegenüber als weniger gravierend. Sie sei lediglich gehalten, ihre seit vielen Jahren ausgeübte privatärztliche Tätigkeit beizubehalten.
Diesen Beschluss hat die Beigeladene zu 9) fristgerecht mit der Beschwerde angegriffen und vorgetragen: Zutreffend habe das SG Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Aussagen der Beigeladenen zu 10) geäußert. Der Antragsgegner habe seinen Ermessensspielraum überschritten (wird ausgeführt). Zudem habe er übersehen, dass bei gleicher fachlicher Eignung der Wartelisteneintrag entscheidend sei. Sie – die Beigeladene zu 9) – sei 06.06.2005 in die Warteliste eingetragen, der Antragsteller hingegen frühestens seit 2017. Dem langjährigen Wartelisteneintrag sei "nicht geringes Gewicht" beizumessen, insbesondere im Vergleich zum "fehlenden Wartelisteneintrag" des Antragstellers. Bei diesem Aspekt handele es sich nicht um eine Formalität, sondern trage dem Umstand Rechnung, dass die Berufsausübungsfreiheit in erheblichem Maße eingeschränkt werde, wenn 90 % potenzieller Patienten mangels Vertragsarztzulassung nicht behandelt werden dürften. Das Interesse eines Bewerbers, der – wie sie- derart lange gewartet habe, müsse berücksichtigt und gewertet werden (Schriftsatz vom 04.06.2019).
Die Beigeladene zu 9) beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er meint, der Antragsgegner habe ermessensfehlerfrei entschieden und insbesondere die Dauer des Wartelisteneintrags berücksichtigt, allerdings als nachrangig gewertet. Daher sei es unschädlich, wenn er dieses Kriterium im Beschlusstext nicht erwähnt habe. Ein etwaiges Fehlverhalten des ausschreibenden Vertragsarztes könne ihm nicht vorgeworfen werden. Könnten ausreichende Gründe für die Rücknahme des ersten Ausschreibungsantrags und die spätere Erneuerung des Ausschreibungsbegehrens nicht festgestellt werden, gehe dies zu Lasten des Praxisabgebers. Im Übrigen sei die erneute Ausschreibung auch rechtmäßig (wird ausgeführt).
Der Antragsgegner stellt keinen Antrag. Er verweist darauf, dass auch der erkennende Senat dem Kriterium "Wartelisteneintrag" nur eine geringe Bedeutung beimesse. Zwar habe der Beigeladene zu 8) seinen ersten Nachbesetzungsantrag zurückgenommen. Dennoch habe er das Nachbesetzungsrecht nicht verloren. Mit Beschluss vom 01.12.2010 habe er – der Antragsgegner – den Antrag der Beigeladenen zu 9) abgelehnt, im Sonderbedarf als Gastroenterologin zugelassen zu werden. Die Klage sei vor dem SG Düsseldorf anhängig. Parallel dazu habe sich die Beigeladene zu 9) im Verfahren W 107/17 um die Nachfolge des Beigeladenen 8) beworben. Aus dem Protokoll der Sitzung ergebe sich, dass der Beigeladene 8) erklärt habe, der Gedanke eines möglichen Interessenkonflikts zwischen seiner Praxis und der Praxis der Beigeladenen zu 9) habe sich zwar nicht direkt ergeben. Diese Bedenken seien jedoch im Januar/Februar entstanden. Beide Praxen seien ca. 5 Min. fußläufig voneinander entfernt. Um diesen Interessenkonflikt zu vermeiden, seien Überlegungen in der Vertragsformulierung vorgenommen worden. Im Ergebnis habe dieses Problem rechtlich nicht gelöst werden können. Zudem habe die Beigeladene zu 9) immer sehr verzögert reagiert. Im Sommer 2016 hätten der Beigeladene zu 8) und seine Frau den Antragsteller kennengelernt und festgestellt, dass in der Zusammenarbeit keine Interessenkonflikte auftauchen würden. Ausgehend hiervon sei er – der Antragsgegner – nicht der Auffassung, dass der Beigeladene zu 8) mit dem zweiten Nachbesetzungsverfahren die Beigeladenen zu 9) habe "ausmanövrieren" wollen. Die mit der Beigeladene zu 9) schwierigen Verhandlungen hätten den Beigeladenen zu 8) veranlasst, ein zweites Ausschreibungsverfahren in die Wege zu leiten, um auf diese Weise die Vertragsarztstelle besetzen zu können.
Der Beigeladene zu 8) verweist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) darauf, dass die Interessen der Partner einer BAG im Nachbesetzungsverfahren selbst dann zu berücksichtigen seien, wenn die BAG vorrangig mit dem Ziel gegründet worden sei, die Nachbesetzung zu beeinflussen. Der Wartelisteneintrag sei nur von nachrangiger Bedeutung. Sein Nachbesetzungsrecht habe er nicht verloren (wird ausgeführt).
Mit Urteil vom 13.02.2019 hat das SG die Klage der Beigeladenen zu 9) abgewiesen. Deren Berufung ist vor dem Senat zum Aktenzeichen L 11 KA 35/19 anhängig.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Zulassungsgremien und die Streitakte S 33 KA 30/18 (L 11 KA 35/19).
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Beigeladenen zu 9) ist unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zutreffend den Sofortvollzug angeordnet. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Der Beschluss des Antragsgegners vom 10.01.2018 ist nach derzeitiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage formell und materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für den Sofortvollzug sind gegeben,
1. Der Antrag ist zulässig.
2.
a) Der Antrag, die sofortige Vollziehung anzuordnen, ist statthaft. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen (Nr. 1), in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Nr. 2) und in den Fällen des § 86a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen (Nr. 3).
Mit Beschluss vom 10.01.2018 hat der Antragsgegner den Widerspruch der Beigeladenen zu 9) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 27.09.2017 zurückgewiesen. Zufolge Ziff. 2 dieses Beschlusses wurde der Antragsteller mit Wirkung zum 01.10.2017 als Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie für den Vertragsarztsitz H-Straße 00, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die gegen den Beschluss vom 10.01.2018 geführte Klage (S 33 KA 30/18) der Beigeladenen zu 9) hat Suspensiveffekt (§ 86a Abs. 1 SGG), da keiner der in § 86a Abs. 2 SGG gelisteten Ausnahmefälle greift.
b) Grundvoraussetzung für den Antrag, die sofortige Vollziehung anzuordnen, ist ein Rechtsschutzbedürfnis (Senat, Beschluss vom 02.01.2018 – L 11 KA 39/17 B ER -; Beschluss vom 16.04.2014 – L 11 KA 76/13 B ER -). Dieses ist gegeben. Den Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs hat der Antragsgegner mit Beschluss vom 10.01.2018 abgelehnt.
2. Der in der Hauptsache (S 33 KA 30/18 = L 11 KA 35/19) angefochtene Beschluss vom 10.01.2018 ist nach derzeitiger Einschätzung (überwiegend) wahrscheinlich rechtmäßig.
a) In Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG ist nicht nach Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch zu differenzieren (Senat, Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -; Beschluss vom 11.10.2013 – L 11 KA 23/13 B ER -; Beschluss vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER -). Demgegenüber wird für die Prüfung, ob und inwieweit die streitige Regelung wesentliche Nachteile zur Folge hat oder eine Rechtsverwirklichung vereitelt bzw. wesentlich erschwert, in beiden Varianten des § 86b Abs. 2 SGG grundsätzlich auf die wirtschaftlichen Folgen der in geschützte Rechtsgüter (z.B. Art. 12, 14 Grundgesetz) eingreifenden Regelung abgestellt (Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -; Beschluss vom 11.10.2013 – L 11 KA 23/13 B ER -; Beschluss vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER -; Beschluss vom 27.05.2013 – L 11 KA 16/13 B ER -). Hingegen nennt § 86b Abs. 1 SGG keine Voraussetzungen für den Erfolg des Eilantrags. Infolgedessen ist zu klären, welcher Maßstab für die richterliche Eilentscheidung wesentlich ist. Der Senat hat als Eingangskriterium festgelegt, dass die öffentlichen und privaten Interessen abzuwägen sind (Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER -; Beschluss vom 23.12.2010 – L 11 KA 71/10 B ER -). Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund (Senat, Beschluss vom 06.05.2015 – L 11 KA 10/14 B ER -; Beschluss vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER -; Beschluss vom 16.03.2011 – L 11 KA 96/10 B ER -). Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse (z.B. Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -; Beschluss vom 06.05.2015 – L 11 KA 10/14 B ER -; Beschluss vom 10.11.2010 – L 11 KA 87/10 B ER -). Andererseits liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse dann vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt ersichtlich rechtmäßig ist (Senat, Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -). Die Gesetzesbegründung formuliert hierzu (BT-Drucks. 14/5943 zu Nr. 34, S. 15, li Spalte):
"Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung wird von den Gerichten regelmäßig auch dann angenommen, wenn sich ohne weiteres und in einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Weise erkennen lässt, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig ist und die Rechtsverfolgung des Bürgers keinerlei Erfolg verspricht (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 1974, NJW 1974, S. 1294/1295)."
Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, wonach in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) die Vollziehung nur ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Im Rahmen der Interessenabwägung kommt es ggf. auch auf wirtschaftliche Beeinträchtigungen an, die in § 86b Abs. 1 SGG keine solche Bedeutung wie im Anwendungsbereich des § 86b Abs. 2 SGG haben. Für § 86b Abs. 1 SGG sind wirtschaftliche Interessen ein Kriterium neben einer Vielzahl anderer in die Abwägung einzubeziehender Umstände und können – je nach Sachlage – auch von untergeordneter Wertigkeit sein (Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -; Beschluss vom 21.05.2010 – L 11 B 15/09 KA ER -).
b) In Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich der Beschluss vom 10.01.2018 nach derzeitiger Beurteilung der Sach- und Rechtlage als wahrscheinlich rechtmäßig.
aa) Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Zulassungsgremien über die Erteilung einer Zulassung im Nachbesetzungsverfahren ist § 103 Abs. 4 SGB V. Bei den auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichteten Vornahmesachen sind grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen zu berücksichtigen, so dass grundsätzlich § 103 Abs. 4 SGB V in der seit dem 06.05.2019 geltenden Fassung zugrunde zu legen ist. Eine Ausnahme gilt dann, wenn dem Vornahmebegehren notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung des für die Praxisnachfolge ausgewählten Bewerbers vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2017 – B 6 KA 31/16 R -; Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 49/12 R -).
bb) Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl. § 103 Abs. 3a Satz 1 SGB V). Diese Ausgangsvoraussetzung ist erfüllt. Der Beigeladene zu 8) hat zum 30.09.2017 auf seine Zulassung unter dem Vorbehalt verzichtet, dass ein Nachfolger bestandskräftig zugelassen wird (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 27.09.2017 zu Ziff.1.).
cc) Gesetzliches Ziel der Ausschreibung eines frei gewordenen Vertragsarztsitzes und dessen Nachbesetzung ist die "Fortführung" der Praxis entweder in Gestalt einer Einzelpraxis oder des Anteils an der Berufsausübungsgemeinschaft. Deshalb kann nach ständiger Rechtsprechung die Ausschreibung und Nachbesetzung einer Einzelpraxis nur so lange erfolgen, wie das Praxissubstrat vorhanden ist (BSG, Beschluss vom 05.06.2013 – B 6 KA 2/13 B -; Urteil vom 14.12.2011 – B 6 KA 13/11 R -; Urteil vom 28.11.2007 – B 6 KA 26/07 R -; Urteil vom 29.09.1999 – B 6 KA 1/99 R -). In überversorgten Planungsbereichen ist aufgrund angeordneter Zulassungsbeschränkungen ein Hinzutreten weiterer Vertragsärzte grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. § 95 Abs. 2 Satz 9 i.V.m. § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Nach der gesetzlichen Konzeption ist in diesen Planungsbereichen auch die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen im Grundsatz unerwünscht (BSG, Urteil vom 14.12.2011 – B 6 KA 39/10 – R; Urteil vom 05.11.2003 – B 6 KA 11/03 R -). Der Gesetzgeber lässt es mit der in § 103 Abs. 4 SGB V getroffenen Regelung gleichwohl zu, dass ein bestehender – für die Versorgung nicht erforderlicher – Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann. Mit der Möglichkeit der Nachfolgezulassung in überversorgten Planungsbereichen berücksichtigt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw. seiner Erben (hierzu BSG, Urteil vom 14.12.2011 – B 6 KA 39/10 R -; Urteil vom 14.12.2011 – B 6 KA 13/11 R -). Diese würden anderenfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2011 – B 6 KA 39/10 R -). Da eine Arztpraxis typischerweise nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Nicht der Vertragsarztsitz, sondern die Arztpraxis ist veräußerbar (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 49/12 R -; Urteil vom 05.11.2003 – B 6 KA 11/03 R -; Urteil vom 29.09.1999 – B 6 KA 1/99 R -). Soweit die Gefahr bestand, dass sich das Praxissubstrat infolge der Einlegung von suspendierenden Rechtsbehelfen zunehmend verflüchtigte, hat das BSG nunmehr den maßgeblichen Zeitpunkt neu fixiert. Danach genügt es, wenn im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Sitzes durch die KV eine fortführungsfähige Praxis bestanden hat (BSG, Urteil vom 27.06.2018 – B 6 KA 46/17 R -; Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 49/12 R -). Das ist nach Aktenlage unbestritten.
Umstritten ist allerdings, ob die Beigeladene zu 10) die Praxis fortführen will. Die Beigeladene zu 9) meint, aus der Herauskündigungsklausel in § 12 Abs. 2 des zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen zu 10) geschlossenen Gesellschaftsvertrags auf einen fehlenden Fortführungswillen schließen zu können (hierzu u.a. Schriftsatz vom 21.05.2019 im Verfahren L 11 KA 35/19). Dem vermag der Senat nach Aktenlage derzeit nicht zu folgen. Der Antragsgegner hat sich im Beschluss vom 10.10.2018 mit der in § 12 vereinbarten Kündigungsfrist von drei Monaten nachvollziehbar auseinandergesetzt (Beschluss S. 11). Hierzu hat er festgehalten, die Beigeladene zu 10) habe auf Befragen erklärt, noch mindestens drei Jahre auch vertragsärztlich tätig sein zu wollen.
Solange der Antragsgegner keine Anhaltspunkte dafür hat, dass diese Erklärung nicht glaubhaft oder die Beigeladene zu 10) nicht glaubwürdig ist, kann er sich hierauf stützen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Beigeladenen zu 9) führen nicht weiter. Zutreffend verweist die Beigeladene zu 9) zwar darauf, dass die von ihr gelisteten "Indizien" (S. 8 im Schriftsatz vom 21.05.2019 in L 11 KA 35/19) gegen einen Fortführungswillen der Beigeladenen zu 10) sprechen. Diese Gesichtspunkte waren dem Antragsgegner bereits im Verwaltungsverfahren bekannt, so dass es sinnvoll gewesen wäre, sich hiermit dezidiert auseinanderzusetzen. Das ist unterblieben. Statt dessen hat der Antragsgegner seiner Entscheidung die vom ihm erfragte Erklärung der Beigeladenen zu 10) mit dem Bemerken zugrunde gelegt, er habe mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht die Überzeugung gewinnen können, dass zwischen der Beigeladenen zu 10) und dem Antragsteller keine längerfristige Kooperation ins Auge gefasst sei. Angesichts des Vortrags der Beigeladenen zu 9) erweist sich das als problematisch. Allerdings hat der Antragsgegner im von ihm umfassend wiedergegebenen Sachverhalt die insoweit tragenden Argumente der Beigeladenen zu 9) im Wesentlichen referiert. Ausgehend hiervon hat er die Wendung "mangels gegenteiliger Anhaltspunkte" zwar nicht schriftlich ausgefüllt, dem dennoch letztlich den von ihm festgestellten Sachverhalt zugeordnet. Da im Verwaltungsverfahren auch sachliche Gründe für die Herauskündigungsklausel mitgeteilt worden sind, hat der Antragsgegner in (noch) vertretbarer Weise einen Fortführungswillen angenommen. Im Übrigen haben der Antragsteller und die Beigeladene zu 10) den zwischen ihnen bestehenden Gesellschaftsvertrag am 15.08.2018 in § 12 Abs. 2 geändert. Vorbehaltlich weiterer Modifikationen beträgt die Kündigungsfrist nunmehr zwölf Monate zum Quartalsende.
dd) Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs. 4 Satz 4 ff., Abs. 5 Satz 3 und ggf. Abs. 6 Satz 2 SGB V. Danach hat der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind gemäß § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V – neben vorliegend nicht relevanten Gesichtspunkten – die berufliche Eignung (Nr. 1), das Approbationsalter (Nr. 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr. 3) zu berücksichtigen. Zusätzlich bestimmt § 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Abs. 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist. Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, der die Praxis bisher mit anderen Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, sind gemäß § 103 Abs. 6 Satz 2 SGB V ferner die Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Auswahl angemessen zu berücksichtigen.
(1) Die Bewerberauswahl ist eine Ermessensentscheidung (§ 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Die Zulassungsgremien haben das ihnen eingeräumte Ermessen nicht nur dann auszuüben, wenn sich gleich geeignete Bewerber gegenüberstehen. Vielmehr haben sie stets eine Ermessensentscheidung zu treffen, die – unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kriterien – die Bewerberlage wertend beurteilt, im Übrigen aber nur durch die der Ermessensausübung innewohnenden Schranken eingegrenzt wird. Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung (hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 – L 10 KA 29/05 -) folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist. Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben. Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, an Stelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen. Die Zulassungsgremien haben das ihr bei der Auswahlentscheidung zustehende Ermessen allerdings nicht nur "pflichtgemäß", sondern auch unter Berücksichtigung der in § 103 Abs. 4 SGB V normierten gesetzlichen Vorgaben auszuüben. Ein Vorrang einzelner der zu berücksichtigenden Kriterien lässt sich dabei weder aus dem Gesetzeswortlaut herleiten (so schon LSG Thüringen, Beschluss vom 13.06.2000 – L 4 KA 29/97 -; Meschke in: Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, 2008, § 16b Rn 118; str.), noch entspräche dies dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat im Zusammenhang mit den durch das GKV-VStG vorgenommenen Änderungen in § 103 Abs. 4 SGB V ausdrücklich betont, dass § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V "wie bisher keine Rangfolge der im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zu berücksichtigenden Faktoren" enthält, sondern deren Gewichtung im pflichtgemäßen Ermessen des Zulassungsausschusses liegt (RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906, S. 75 zu Nr. 36 a) cc)). Infolgedessen obliegt es den Zulassungsgremien, die Kriterien im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen; dies ermöglicht eine an den besonderen Umständen jedes Einzelfalls orientierte Beurteilung (zutreffend BSG, Urteil vom 20.03.2013 – B 6 KA 19/12 R -).
(2) Die gerichtliche Überprüfung erfolgt zweigestuft. Zunächst ist zu klären, ob das Ausschreibungsverfahren verfahrensfehlerfrei durchgeführt (nachfolgend (a)), sodann ist zu prüfen, ob die Auswahlentscheidung sachlich rechtmäßig ist (nachfolgend (b)).
(a) Das Ausschreibungsverfahren ist nach summarischer Prüfung verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Der Beigeladene zu 8) hat zum 30.09.2017 auf seine Zulassung verzichtet und einen Antrag nach § 103a Abs. 1 Satz 1 SGB V gestellt. Die weiteren Einzelheiten des Verfahrens sind nicht aktenkundig. Das ist unschädlich, denn keiner der Beteiligten rügt, dass die 1. Stufe des Nachbesetzungsverfahrens gegen eine der in § 103 Abs. 3a bzw. Abs. 4 Satz 1 SGB V niedergelegten Vorgaben verstoßen hätte.
(b) Die Entscheidung des Antragsgegners, statt der Beigeladenen zu 9) den Antragsteller als Praxisnachfolger des Beigeladenen zu 8) zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, ist nach derzeitiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage letztlich nicht zu beanstanden.
(aa) Der Antragsgegner hat angenommen, der Antragsteller und die Beigeladene zu 9) seien "weitgehend gleich geeignet". Er hat darauf abgestellt, dass die Beigeladene zu 9) zwar die ältere Bewerberin ist, dies jedoch keinen Vorteil bewirke, da Approbation und Facharztanerkennung jeweils mehr als fünf Jahre zurücklägen. Auf die in § 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 4 bis 9 SGB V genannten Kriterien brauchte er nicht eingehen, denn diese sind ersichtlich nicht einschlägig.
Allerdings hat der Antragsgegner mit der Wortfolge "weitgehend gleich geeignet" eingeräumt, dass er eine "gleiche Eignung" gerade nicht hat feststellen können. Er hat dies nicht weiter spezifiziert, scheint aber einen "gewissen" Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen zu 9) erkannt, in diese Formulierung eingekleidet und sogleich nivelliert zu haben. Worauf der Qualifikationsvorsprung beruht, bleibt ausweislich der Begründung des Beschlusses offen. Objektiv sprechen jedenfalls das höhere Lebensalter, die längere Berufserfahrung, die jahrelange Tätigkeit in eigener Privatpraxis sowie die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren eher dafür, die Beigeladene zu 9) auszuwählen. Zufolge der Rechtsprechung des BSG sind Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit bei der Auswahl des Praxisnachfolgers allerdings nur bis zu einer Grenze von etwa fünf Jahren zu berücksichtigen (so BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 49/12 R – unter Bezugnahme auf Urteil vom 08.12.2010 – B 6 KA 36/09 R -). Das BSG begründet diesen Ansatz im Urteil vom 08.12.2010 – B 6 KA 36/09 R – in einem obiter dictum wie folgt:
"Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen."
Diese Behauptungen sind weder empirisch belegt noch sonst valide. Sie widersprechen auch den gesetzlichen Vorgaben. Der Katalog des § 103 Abs. 4 Satz 5 Nrn. 1 ff. SGB V enthält eine solche Restriktion nicht. Im Übrigen führt dieser rechtlich bedenkliche Ansatz dazu, dass die in § 103 Abs. 4 Satz 5 Nrn. 1 bis 3 ff. SGB V verorteten Kriterien weithin obsolet werden, nämlich immer dann, wenn die Bewerber die vom BSG generierte Frist überschreiten. Ausgehend vom eindeutigen Normtext sprechen daher das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit für die Beigeladene zu 9). Hinsichtlich der "beruflichen Eignung" scheint sie einen Vorsprung insoweit zu haben, als sie die Zusatzweiterbildung Naturheilverfahren hat. Insoweit wäre zu prüfen, ob und inwieweit dieser Umstand mit Blick auf Ausrichtung, Struktur und Patientenklientel der Praxis, in die im Wege der Nachfolge eingetreten werden soll, ein Qualifikationskriterium ist. Der Antragsgegner hat sich dazu nicht geäußert.
(bb) Ausweislich des schriftlich verfassten Beschlusses hat sich der Antragsgegner auch nicht mit den Vorgaben des § 103 Abs. 5 SGB V auseinandergesetzt. § 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V bestimmt: "Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen." Die Beigeladene zu 9) trägt hierzu vor, seit 06.06.2005 in die Warteliste für das Fachgebiet Innere Medizin – Schwerpunkt Gastroenterologie – eingetragen zu sein während der Antragsteller frühestens 2017 in die Liste aufgenommen worden sei.
(1) Unmissverständlich ordnet das Gesetz an, dass der Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen "ist". Das ist eindeutig und nicht disponibel (hierzu Senat, Beschluss vom 19.05.2014 – L 11 KA 99/13 B ER -). Fraglich allein bleibt, welche Wertigkeit dieses Kriterium hat. Der Senat hat hierzu ausgeführt, dass die Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V) im Nachbesetzungsverfahren (§ 103 Abs. 4 SGB V) nur ergänzend zu berücksichtigen ist und im Vergleich zu den in § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V gelisteten Eignungskriterien eine geringere Bedeutung hat (Senat, Beschluss vom 19.01.2011 – L 11 KA 106/10 B ER -; Urteil vom 10.12.2008 – L 11 KA 48/08 -).
Allerdings verhält sich der Beschluss des Antragsgegners zur Eintragungsdauer mit keinem Wort. Das erweist sich insofern als problematisch, als er davon ausgeht, dass Antragsteller und Beigeladene zu 9) "weitgehend gleich geeignet" sind und letztere mit Blick auf die Kriterien des § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V letztlich einen, allerdings durch die Rechtsprechung des BSG nivellierten Vorsprung hat. Infolgedessen wäre nunmehr die Dauer der Eintragung in die Warteliste ergänzend zu berücksichtigen. Das könnte zu einem aus § 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V herzuleitenden Vorsprung der Beigeladenen zu 9) gegenüber dem Antragsteller führen.
(2) Wird angenommen, dass das vom Antragsgegner verwendete Adjektiv "weitgehend" keine eigenständige Bedeutung hat, er also letztlich eine "gleiche Eignung" meint erkannt zu haben, ändert sich nichts. Die "gleiche Eignung" nach Maßgabe der Kriterien des § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V führt denklogisch dazu, dass nunmehr auf das Hilfskriterium "Dauer der Eintragung in die Warteliste" (§ 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V) abgestellt werden muss. Infolgedessen hätte die Beigeladene zu 9) wiederum einen rechtserheblichen Vorsprung.
(3) Da sich der Antragsgegner nicht zur "Dauer der Eintragung in die Warteliste" geäußert hat, könnte ein nicht heilbarer Begründungsmangel i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch vorliegen. Das kann letztlich dahinstehen. Der Fehler wäre nicht entscheidungserheblich. Der Beschluss vom 10.01.2018 könnte nicht aus diesem Grunde aufgehoben werden (s. nachfolgend). Der Eintrag in die Warteliste ist nur "ergänzend" zu berücksichtigen. Hierarchisch vorrangig sind die Kriterien des § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V und jene des § 105 Abs. 5 Satz 3 SGB V.
cc) Die Beigeladene zu 9) kann schon deswegen nicht als Praxisnachfolgerin zugelassen werden, weil ein Sitz in einer BAG zu besetzen ist und die Beigeladene zu 10) als verbliebene Gesellschafterin bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens vor dem Beklagten als maßgeblichem Zeitpunkt (hierzu BSG, Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 44/13 R -) nachvollziehbar erklärt hat, nur mit dem Antragsteller tätig werden zu wollen. § 103 Abs. 6 Satz 2 SGB V verlangt, dass die Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen sind, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, der die Praxis bisher gemeinschaftlich mit anderen Vertragsärzten ausgeübt hat.
Zutreffend misst das BSG diesem Kriterium deutlich mehr Gewicht bei als der Eintragungsdauer, die allein die vorrangigen Kriterien des § 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 1 bis 3 SGB V nicht verdrängen kann. Sprechen berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit für den Bewerber, dann kann der Konkurrent schwerlich nur deswegen zum Zuge kommen, weil er länger in die Warteliste eingetragen ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 44/13 R -). Anders verhält es sich mit dem Verhältnis der Kriterien des § 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 1 bis 3 SGB V zu jenen des § 105 Abs. 5 Satz 3 SGB V. Selbst wenn ein Bewerber nach den in § 103 Abs. 4 Satz 5 und Abs. 5 Satz 2 SGB V aufgeführten Auswahlkriterien der besser geeignete Kandidat ist, kann er infolge der durch § 103 Abs. 6 Satz 2 SGB V angeordneten angemessenen Berücksichtigung der Interessen der in der BAG verbleibenden Praxispartner dennoch als Nachfolger ausscheiden (zutreffend BSG, Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 44/13 R -). Ausschlaggebend dafür, die Interessen der in der BAG verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl zu berücksichtigen, war nach der Gesetzesbegründung der Umstand, dass die verbleibenden Mitglieder mit dem Anteilsübernehmer gesellschaftsrechtliche Verbindungen eingehen müssen (BT-Drucks 12/3937 S. 15). Die Partner einer BAG müssen sich im Rahmen ihrer Zusammenarbeit über eine Vielzahl gesellschaftsrechtlicher, arbeitsrechtlicher und organisatorischer Fragen verständigen und entsprechende vertragliche Vereinbarungen treffen. Allgemein geht es um das Interesse an einer Fortführung der Gemeinschaftspraxis bzw. BAG in einer bestimmten gewachsenen und im Hinblick auf apparativ-technische und personelle Ausstattung der Praxis sowie unter Berücksichtigung der Zahl der zu versorgenden Patienten angemessenen Größe (BSG, Urteil vom 29.09.1999 – B 6 KA 1/99 R -). Von Bedeutung ist auch, ob damit zu rechnen ist, dass die Kooperation Bestand haben wird (BSG, Urteil vom 05.11.2003 – B 6 KA 11/03 R -). Die verbleibenden Praxispartner müssen sich mit dem Nachfolger – neben dem Kaufpreis – über alle Fragen, die Gegenstand des zu schließenden Gesellschaftsvertrags sind, sowie z. B. über die Anmietung der Praxisräume, Arbeitszeiten, die Anstellung von Personal, den Umgang mit Patientenunterlagen und Fragen der Praxisorganisation einigen (BSG, Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 44/13 R -; Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 49/12 R -).
Die "angemessene" Berücksichtigung der Interessen setzt einen Abwägungsprozess voraus: Je gewichtiger die Interessen der verbleibenden BAG-Partner sind, desto mehr haben die Interessen der von den Partnern der BAG nicht präferierten Bewerber zurückzutreten. Damit ist zwar nicht in jedem Fall die Berücksichtigung des Wunschkandidaten der BAG geboten, weil es andernfalls bei der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes, der einer BAG zugehörig ist, überhaupt keines Auswahlverfahrens mehr bedürfte. Jedoch ist ggf. ein geringer qualifizierter – aber dennoch "geeigneter" – Bewerber auszuwählen, wenn der besser qualifizierte Bewerber den BAG-Partnern nicht "zumutbar" ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich ein Bewerber an der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht beteiligen und die Tätigkeit des ausscheidenden Arztes in der Gemeinschaftspraxis bzw. BAG nicht fortsetzen will (BSG, Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 44/13 R -).
Letztgenannten Gesichtspunkt diskutieren die Beteiligten zwar, indessen ist das Vorbringen hierzu streitig. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist der Sachverhalt – soweit entscheidungserheblich – nicht aufzuklären.
Soweit das BSG in der Entscheidung vom 22.10.2014 – B 6 KA 44/13 R – auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abstellt, ist zu differenzieren. Jedenfalls dann, wenn ein besser qualifizierter Bewerber den Praxisabgebern nicht zumutbar ist, können die Kriterien des § 103 Abs. 6 Satz 2 SGB V jene des § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V verdrängen. Das erfolgt dennoch nicht per se, sondern bedarf einer im Einzelnen nachvollziehbaren Abwägung ("Abwägungsprozess").
Ungeachtet dessen wird die Nachfolge einem Bewerber dann versperrt, wenn die verbleibenden Praxisinhaber sich "eindeutig" zu Gunsten des anderen Bewerbers aussprechen (BSG, Urteil vom 05.11.2003 – B 6 KA 11/03 R -). So liegt es hier. Nach derzeitiger Einschätzung der Sachlage hat die Beigeladene zu 10) unmissverständlich deutlich gemacht, nur mit dem Antragsteller – längerfristig – zusammenarbeiten zu wollen. Die hierfür maßgebenden Gründe hat sie im Verwaltungsverfahren mitgeteilt und plakativ als "fehlende Vertrauensbasis" zusammengefasst (Schriftsatz vom 05.12.2017, S. 2 ff.). Der Antragsgegner hat sich mit dem insoweit divergierenden Vorbringen der Beteiligten, dem im Einzelnen umstrittenen Sachverhalt und der jeweiligen Interessenlage zwar nur knapp auseinandergesetzt. Auf der Grundlage des im Verwaltungsverfahren bekannten Sachverhalts ist seine Einschätzung der Interessen der in der Praxis verbleibenden Beigeladenen zu 10) im Ergebnis dennoch nicht zu beanstanden. Ob und inwieweit die – strittige – Behauptung der Beigeladenen zu 9) zutrifft, die Beigeladenen zu 8) und 10) hätten den Antragsteller "wohl eher" wegen dessen um 70.000,00 EUR höheren Kaufpreisangebots bevorzugt (Schriftsatz vom 21.05.2019 im Hauptsacheverfahren L 11 KA 35/19), ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht nachzugehen. Sofern entscheidungserheblich (hierzu § 103 Abs. 4 Satz 8 SGB V), wird hierauf ggf. im Verfahren L 11 KA 35/19 zurückzukommen sein.
dd) Im Ergebnis unschädlich ist, dass der Beigeladene zu 8) den (ersten) Antrag auf Nachbesetzung seines Vertragsarztsitzes in der mündlichen Verhandlung des Zulassungsausschusses vom 28.06.2017 zurückgezogen hat. Die Beigeladene zu 9) hat hierzu vorgetragen, der Zulassungsausschuss habe den Praxisabgeber darauf hingewiesen, dass sie ausgewählt werden würde, woraufhin er – der Beigeladene zu 8) als Praxisabgeber – seinen Antrag kurzerhand zurückgenommen und die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens erneut beantragt habe.
Das BSG führt aus (Urteil vom 23.03.2016 – B 6 KA 9/15 R -; zum Verlust des Nachbesetzungsrechts s. auch Senat, Urteil vom 14.11.2018 – L 11 KA 91/16 – und zum "Fortführungswillen" Urteil vom 19.12.2018 – L 11 KA 86/16 -):
"Nicht schutzwürdig kann auch die Rücknahme eines Ausschreibungsantrags und unmittelbar darauf wiederholte Antragstellung sein. Zwar ist eine wiederholte Antragstellung nicht ausgeschlossen. Das Recht auf Wiederholung der Ausschreibung geht aber verloren, wenn feststeht, dass der Praxisabgeber die Übergabe im ersten Verfahren aus Gründen, die vom Gesetz ausdrücklich nicht geschützt werden, hat scheitern lassen (vgl. Urteil vom 05.11.2003 – B 6 KA 11/03 R – Juris RdNr 32, insofern nicht abgedruckt in BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 1). Grundsätzlich ist das Nachbesetzungsverfahren mit der Rücknahme des Antrags auf Ausschreibung durch den abgabewilligen Arzt beendet. Das ist schon im Hinblick darauf geboten, dass das Praxisnachfolgeverfahren in besonderem Maße auf zügige Durchführung und Herstellung von Rechtssicherheit ausgerichtet ist (vgl. dazu BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 9, RdNr 18 f). Stellt der Praxisabgeber einen erneuten oder sogar dritten Antrag, muss er ein berechtigtes Interesse hierfür sowie die Gründe für die vorherige Rücknahme nachvollziehbar gegenüber der KÄV und den Zulassungsgremien darlegen. Das gilt umso mehr, wenn Umstände erkennbar sind, die darauf hindeuten, dass der Praxisabgeber mit seiner Antragstellung bzw. -rücknahme Einfluss auf die Nachbesetzung nehmen will. Ein Praxisinhaber darf das Nachfolgeverfahren nicht dazu nutzen, um außerhalb seines berechtigten Interesses an der Zahlung des Verkehrswertes Einfluss auf das Nachfolgeverfahren zu nehmen (vgl auch BSG Urteil vom 5.11.2003 – B 6 KA 11/03 R – Juris RdNr 32, insoweit nicht abgedruckt in BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 1). Die Einschätzung der Geeignetheit der Bewerber im Übrigen obliegt nach § 103 Abs 4 Satz 3 SGB V allein dem Zulassungsausschuss. Wenn der Praxisabgeber mit dem rechtsfehlerfrei ausgesuchten Praxisbewerber einen Vertrag nicht abschließen möchte, so bedeutet dies nicht, dass der von ihm bevorzugte Praxisbewerber auszuwählen ist, sondern es kommt zum Scheitern des Nachfolgeverfahrens. ( ) Missbräuchlich ist daher eine Einflussnahme des Praxisinhabers auf das Verfahren vor den Zulassungsgremien zur Durchsetzung des ´Wunschkandidaten´. Die Auswahl des Nachfolgers obliegt allein den Zulassungsgremien (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr. 12 RdNr 44 ff). ( ) Können ausreichende Gründe für die Rücknahme des ersten Ausschreibungsantrags und die spätere Erneuerung des Ausschreibungsbegehrens nicht festgestellt werden, geht dies zu Lasten des Praxisabgebers."
Der Antragsgegner hat diese Gesichtspunkte in seinem Beschluss vom 10.01.2018 nicht geprüft. Im Beschwerdeverfahren hat er dargelegt, warum er nicht davon ausgehe, dass der Beigeladene zu 8) die Beigeladene zu 9) missbräuchlich habe "ausmanövrieren" wollen. Darauf kommt es letztlich nicht an. Im Ergebnis zutreffend verweist der Antragsteller darauf, dass die vorgenannte Rechtsprechung des BSG nicht zu seinen Lasten gehe. Auf den neuen Antrag des Beigeladenen zu 8) haben die Zulassungsgremien das Nachbesetzungsverfahren wieder eröffnet (§ 103a Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die vom BSG formulierten Rechtssätze werden hingegen dann relevant, wenn der Zulassungsausschuss entscheidet, das Nachbesetzungsverfahren nicht (neuerlich) durchzuführen. Vorliegend haben im Übrigen weder der Antragsteller noch die Beigeladene zu 9) ein Interesse daran, die der Einleitung des zweiten Nachbesetzungsverfahrens zugrundeliegende Entscheidung zu kassieren. Folgerichtig greift die Beigeladene zu 9) in ihrer Funktion als dortige Klägerin auch im Verfahren S 33 KA 30/18 (= L 11 KA 35/19) nicht den Einleitungsbeschluss des Zulassungsausschusses, sondern die Auswahlentscheidung des Antragsgegners an.
ee) Nach alledem erweist sich der Beschluss des Antragsgegners derzeit überwiegend wahrscheinlich als rechtmäßig.
3. Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ist begründet.
a) Mit Blick auf die Folgenabwägung ist von erheblicher Bedeutung, dass im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens insbesondere die Interessen des in der Gemeinschaftspraxis verbleibenden Arztes auch hinsichtlich der Gestaltung des Verfahrens der Nachfolgezulassung gewahrt sind. Für ihn besteht das Problem sowohl der Auswahl eines für ihn geeigneten Partners wie das des Zeitablaufs. Wird unter Hinweis auf seine Belange (§ 103 Abs. 6 Satz 2 SGB V) ein Arzt zugelassen, den er in die Praxis aufnehmen will, kann die Kooperation durch Rechtsmittel von Konkurrenten in Frage gestellt werden, deren aufschiebende Wirkung (§ 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V, § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG) die Aufnahme der Tätigkeit des im Nachbesetzungsverfahren zugelassenen Arztes verzögern und häufig damit ganz vereiteln kann, weil der zugelassene Arzt nicht unbegrenzt zuwarten kann. Dem könnte der Berufungsausschuss ggf. durch die Anordnung der Vollziehung seiner Auswahlentscheidung (§ 97 Abs. 4 SGB V) Rechnung tragen. Geschieht dies nicht, können die Beteiligten nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG die Anordnung der sofortigen Vollziehung beim SG beantragen. Einer solchen Anordnung steht nicht prinzipiell entgegen, dass an einer Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einem überversorgten Planungsbereich kein öffentliches Interesse i.S.d. § 97 Abs. 4 SGB V bestehen könne. Die gerichtliche Vollziehungsanordnung oder -aussetzung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist an diese Voraussetzung nicht gebunden, sondern kann auch im überwiegenden Interesse eines Beteiligten (vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG) erfolgen, insbesondere wenn dieser von der ihm zugebilligten Rechtsposition überhaupt nur Gebrauch machen kann, wenn er kein Hauptsacheverfahren abwarten muss. Eine Klärung der Nachbesetzungsfrage im Verfahren nach § 86b SGG – ähnlich wie bei Konkurrentenklagen im Beamtenrecht gemäß § 123 Verwaltungsgerichtordnung (VwGO) – liegt im Übrigen auch im Interesse des aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arztes. Dessen Aussichten, den Praxisanteil verwerten zu können, sinken mit jedem Monat, in dem die zur Nachbesetzung erforderliche Zulassung in der Schwebe bleibt (so zutreffend BSG, Urteil vom 05.11.2003 – B 6 KA 11/03 R -).
Ausgehend hiervon hat das SG im Ergebnis zutreffend die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 10.01.2018 angeordnet.
b) Ungeachtet dessen ist die Entscheidung des Antragsgegners, den Sofortvollzug nicht anzuordnen, rechtlich nicht zu beanstanden. Wie das BSG (s. soeben) zutreffend ausgeführt hat, weichen die Voraussetzungen des § 97 Abs. 4 SGB V von jenen des § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG ab. Demnach ist es nicht ausgeschlossen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG bzw. § 97 Abs. 4 SGB V nicht gegeben sind, ein solcher Antrag auf der Grundlage von § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG hingegen – wie hier – Erfolg hat (so schon Senat, Beschluss vom 10.11.2010 – L 11 KA 87/10 B ER -).
III.
Die Entscheidung über den Streitwert ergeht gesondert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 01.08.2019
Zuletzt verändert am: 01.08.2019