Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 09.02.2009 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 09.02.2009, mit dem dieses im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.08.2008 ab Antragseingang am 29.01.2009 teilweise mit der Maßgabe angeordnet hat, dass monatlich lediglich 98,- EUR einbehalten werden können, ist nicht zu Gunsten der Antragstellerin zu ändern. Die weitergehende Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 06.08.2008 gem. § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kommt nicht in Betracht.
Statthafte Antragsart ist, wie von der Antragstellerin begehrt, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des am 26.08.2008 erhobenen Widerspruchs nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Denn die nach § 86 a Abs. 1 SGG grundsätzlich bestehende aufschiebende Wirkung entfällt, weil die Verrechnung bzw. Aufrechnung der Witwenrente der Antragstellerin mit Beitragsforderungen der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Nordrhein-Westfalen (NRW), Landwirtschaftlichen Alterskasse NRW und Landwirtschaftlichen Krankenkasse NRW einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten erfolgt und die Verrechnung bzw. Aufrechnung sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Gesetzeszweck unter den Begriff der Anforderung von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten gem. § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG fällt. Hierunter ist nicht nur das Geltendmachen einer Geldforderung zu verstehen, sondern jeder Verwaltungsakt, der zur Realisierung des behördlichen Anspruchs auf öffentliche Abgaben ergeht (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86 a, Rn. 13; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 86 a SGG, Rn. 30; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Auflage, S. 181).
Die Statthaftigkeit des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des am 26.08.2008 erhobenen Widerspruchs nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist auch durch den Erlass des Widerspruchsbescheides am 26.03.2009, mit dem die Antragsgegnerin dem Widerspruch nach teilweiser Abhilfe entsprechend der angefochtenen Entscheidung des SG Münster im Übrigen zurückgewiesen hat, nicht entfallen. Denn sie bleibt bis zum Eintritt der Bestandskraft der angefochtenen Bescheide bestehen. Nach Erhebung der Anfechtungsklage würde sich der Antrag aus Gründen der Prozessökonomie auch auf diese erstrecken.
Gem. § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage haben gem. § 86 a Abs. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt gem. § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. In den Fällen des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG soll die Aussetzung nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabe- und Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interesse gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG sind nicht schon dann begründet, wenn nach summarischer Prüfung der Erfolg des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg, sondern erst wenn die Erfolgsaussichten überwiegen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 86 a, Rn. 27 m.w.N., Zeihe, SGG, § 86 a, Rn. 33 m.w.N.). Eine unbillige Härte liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und nicht oder nur schwer wiedergutgemacht werden können (vgl. Meyer-Ladewig/Keller a.a.O.).
Die Voraussetzungen für eine weitergehende Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 06.08.2008 sind nicht gegeben.
Nach summarischer Prüfung ist ein Erfolg des Rechtsmittels derzeit noch nicht einmal ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg, so dass erst recht die Erfolgsaussichten nicht überwiegen. Denn es ist nach dem gesamten Vorbringen der Antragstellerin im Antrags- und Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht, dass die Verrechnung bzw. Aufrechnung gem. §§ 52, 51 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu ihrer Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch (SGB II) geführt hat bzw. führt. Dies gilt bereits deshalb, weil nicht ersichtlich ist, ob und in welcher Höhe Unterkunftskosten gem. §§ 22 SGB II, 29 SGB XII berücksichtigt werden können. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Unterkunftskosten iHv 250,- EUR, die sie an ihren Vater zahle, hat sie schon nicht glaubhaft gemacht.
Der Aufforderung des Senats vom 27.03.2009 zur Glaubhaftmachung der behaupteten Zahlung an ihren Vater durch Vorlage von Kontoauszügen, Quittungen bzw. sonstigen Belegen ist die Antragstellerin weder in den vom Senat gesetzten Fristen – bis zum 03.04.2009 und antragsgemäß verlängert bis zum 07.04.2009 – noch danach nachgekommen. Ihre Behauptung, sie habe jeweils 250,- EUR monatlich bar an ihren Vater gezahlt, hat sie trotz Ankündigung ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Sie hat weder eine eigene eidesstattliche Versicherung noch eine ihres Vaters und auch keine sonstigen Mittel der Glaubhaftmachung beigebracht. Die von der Antragstellerin bereits im Antragsverfahren beim SG Münster vorgelegte eidesstattliche Versicherung vom 27.01.2009 reicht zur Glaubhaftmachung nicht aus, worauf die Antragstellerin vom Senat mit Verfügung vom 27.03.2009 hingewiesen worden ist. Denn die von ihr eidesstattlich versicherten Angaben zur Antrags- bzw. Beschwerdebegründung weichen hinsichtlich der Unterkunftskosten von ihren diesbezüglichen Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) ab. In dieser Erklärung hat sie erklärt, dass der Gesamtbetrag von Wohnungsmiete, Heizungskosten und sonstigen Nebenkosten 1.327,50 DM betrage. Nicht angegeben hat sie, dass und in welcher Höhe sie darauf Zahlungen erbringt. Nach diesen Angaben hat sie keine Unterkunftskosten zu tragen.
Es kann daher dahinstehen, ob das SG Münster den Hilfebedarf der Antragstellerin im Übrigen zutreffend ermittelt bzw. berechnet hat. Denn diese Berechnung wirkt sich für die Antragstellerin im Ergebnis nicht nachteilig aus, da das SG zu Gunsten der Klägerin Unterkunftskosten iHv 250,- EUR berücksichtigt hat.
Das SG hat auch zutreffend die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs erst ab Antragstellung angeordnet. Denn die aufschiebende Wirkung wird ex nunc angeordnet (Zeihe, SGG, § 86 b, Rn. 8 d). Dies ergibt sich aus Satz 2, wonach die Aufhebung der Vollziehung gesondert ausgesprochen werden muss (Zeihe aaO).
Es liegt auch keine unbillige Härte vor, denn es ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin durch die Vollziehung entsprechend der Entscheidung des SG Münster Nachteile entstehen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und nicht oder nur schwer wiedergutgemacht werden können. Entsprechende Umstände sind von der Antragstellerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden.
Nach allem war die Beschwerde der Klägerin daher zurückzuweisen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war aus den vorgenannten Gründen mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen (vgl. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung).
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (Meyer-Ladewig, SGG, § 193, Rn. 2 m.w.N.).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 27.04.2009
Zuletzt verändert am: 27.04.2009