I. Die Klage gegen den Bescheid vom 11. Dezember 2006 in der Fassung des Bescheides vom 30. November 2009 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2007 wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist der der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen in seiner Tätigkeit als Fahrzeugüberführer bei der Klägerin im Zeitraum vom 08.06.2005 bis zum 26.06.2007.
Die Klägerin und der 1954 geborene Beigeladene schlossen am 01.07.2005 einen mit "Vereinbarung" überschriebenen Vertrag betreffend die bereits am 08.06.2005 aufgenommene streitgegenständliche Tätigkeit des Beigeladenen. Danach wurde der Beigeladene mit der Kaufabwicklung für Kraftfahrzeuge betraut, für die die Klägerin Kaufverträge abgeschlossen hat. Der Beigeladene hatte die Fahrzeuge im Hinblick auf Übereinstimmung mit den vorgegebenen Daten, auf (überwiegend optische) Mängel sowie Vollständigkeit der Ausstattung zu prüfen und die Pkw zum Sitz der Klägerin zu überführen. Als Entgelt wurden pro Überführung EUR 170,00 inklusive 16 % Mehrwertsteuer vereinbart. Die Klägerin hatte die Kosten für Bahnfahrten direkt zu übernehmen. Die Kosten für die Beförderung vor Ort hatte der Beigeladene zunächst selbst zu tragen, ebenso wie die Kosten für den Kraftstoff. Am Monatsende erfolgte gesammelt eine Abrechnung mit der Klägerin. Alle weiteren Kosten, z.B. für Verpflegung und Verwarnungs- bzw. Bußgelder, gingen zu Lasten des Beigeladenen. Die Klägerin war nicht verpflichtet, den Beigeladenen mit einer Mindestanzahl an Überführungsfahrten pro Monat zu beauftragen. Im Gegenzug konnte der Beigeladene jederzeit Aufträge ablehnen bzw. Aufträge von anderen Auftraggebern annehmen.
Am 21.09.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen als Fahrzeugüberführer. Der Beigeladene gab auf einem Beiblatt zum Antrag im Wesentlichen den Inhalt der am 01.07.2005 geschlossenen Vereinbarung wieder. Ergänzend teilte er mit, dass er morgens am Sitz der Klägerin die Unterlagen und das Bargeld für jeweils eine Überführung abhole, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Orten in Deutschland fahre, an denen die Autos stehen, und am Nachmittag/Abend das Kfz bei der Klägerin abliefere. Jeweils am Ende einer Woche vereinbare er mit der Klägerin die Auftragsplanung für die Folgewoche. Die Überprüfung der Fahrzeuge erfolge anhand einer Checkliste. Grundsätzlich sei es ihm freigestellt, ob er Vertreter oder Hilfskräfte einstelle. Allerdings können diese nicht bzw. nicht ohne vorherige gesonderte Überprüfung und Zustimmung durch die Klägerin für die Überführung von Kraftfahrzeugen eingesetzt werden. Regelmäßig biete der Beigeladene per Kleinanzeige und E-Mail den Autohändlern in der Region seine Dienstleistung an.
Die Beklagte hörte die Klägerin und den Beigeladenen mit Schreiben vom 27.01.2006 zu der von ihr angenommen Sozialversicherungspflichtigkeit der Beschäftigung des Beigeladenen an. Die Klägerin und der Beigeladene vertraten die Ansicht, dass keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliege.
Mit Bescheid vom 11.12.2006 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Ursachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Der Beigeladene sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden und habe von dieser Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der zu beurteilenden Tätigkeit sowie Art und Weise der Durchführung erhalten. Es bestehe daher eine persönliche Abhängigkeit zur Klägerin.
Hiergegen legten die Klägerin und der Beigeladene Widerspruch ein. Der Beigeladene unterliege keinem Weisungsrecht der Klägerin und sei nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden. Der Inhaber der Klägerin teile dem Beigeladenen jeweils am Ende einer Woche mit, welche Überführungsfahrten er an ihn für die Folgewoche zu vergeben habe. Der Beigeladene entscheide dann, welche Fahrten er ausführt. Es bestehe keine Verpflichtung seitens des Beigeladenen, ihm angebotene Aufträge anzunehmen. Der Beigeladene plane die Fahrten selbständig und müsse sich nicht an feste Arbeitszeiten halten. Es bestehe auch keine Verpflichtung des Beigeladenen zum regelmäßigen Erscheinen am Firmensitz der Klägerin. Dort hole der Beigeladene lediglich zur Durchführung des jeweiligen Auftrages die Unterlagen ab und liefere den zu prüfenden Pkw nach erfolgter Überführung ab. Der Beigeladene benutze keine betriebliche Einrichtung der Klägerin, vielmehr seine eigenen (z.B. Telefon). Der Beigeladene trage auch ein Unternehmerrisiko. Es erfolge keine Vergütung nach Stunden, sondern eine Bezahlung pro Auftrag. Bei Nichtannahme oder Nichtausführung eines Auftrages erhalte er keine Vergütung. Er habe keine Sicherheit, eine gewisse Mindestanzahl an Überführungsfahrten pro Monat zu haben. Der Beigeladene müsse sich daher selbst ggf. auch um andere Auftraggeber bemühen. Schließlich habe der Beigeladene gegen die Klägerin weder Anspruch auf Erholungsurlaub noch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2007 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin und des Beigeladenen zurück. Der Beigeladene habe keinen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der freien Wahl des Arbeitsortes sowie der Arbeitszeit. Er sei für von ihm angenommene Aufträge an die terminlichen und örtlichen Vorgaben seitens der Klägerin gebunden. Der Beigeladene sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Klägerin tätig. Nach außen erscheine er als Mitarbeiter der Klägerin. Im allgemeinen Geschäftsverkehr werde er nicht als selbständig Tätiger wahrgenommen. Kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden kann, bei Annahme jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolgt. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses stehe auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolgt. Die Selbständigkeit eines Dienstverpflichteten werde nicht dadurch begründet, dass er durch den Verzicht auf Leistungen Verpflichtungen, Belastungen und Risiken übernimmt, die über die Pflichten eines Arbeitnehmers hinausgehen. Auch die Bezahlung lediglich nach dem Erfolg der Arbeit sei kein zwingender Grund für den Ausschluss einer persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten. Die Chance, länger und mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance eines Unternehmers, sie habe auch jeder Beschäftigte. Selbst wenn der Beigeladene über eigene Kommunikationsmittel wie Telefon und Computer bzw. geeignete Kleidung für die ausgeübte Tätigkeit verfügt, werde hierdurch ein unternehmerisches Risiko mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen nicht begründet.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg und machte weiterhin geltend, die – mittlerweile beendete – Tätigkeit des Beigeladenen sei eine selbständige Tätigkeit gewesen.
Der Beigeladene teilte mit, dass er zwar Widerspruch gegen den die Sozialversicherungspflicht feststellenden Bescheid vom 11.02.2006 eingelegt habe. Dies habe er aber allein deswegen getan, weil ihm die Klägerin mitgeteilt habe, er werde dort nicht weiter beschäftigt, wenn er nicht als Selbständiger eingestuft werde. In der Realität habe es sich aber um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt. Er sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Er habe jeweils freitags einen verbindlichen Wochenplan für die nächste Woche ausgehändigt bekommen. Hieraus seien ersichtlich gewesen: Datum, Fabrikat des Fahrzeugs, Ort der Abholung, Abfahrtszeitpunkt vom Bahnhof. Ein Mitspracherecht hinsichtlich der Zeit der Abholung der Kraftfahrzeuge habe der Beigeladene nicht gehabt. Arbeitsbeginn sei ca. 45 Minuten vor Abfahrt am Bahnhof gewesen, da vorher noch Geld, Fahrzeugkaufvertrag und rote Nummernschilder übergeben wurden. Er habe kein Fahrzeug ankaufen dürfen ohne vorherige genaueste Kontrolle auf Vollständigkeit der Ausstattung und äußerliche Mängel. Weiterhin habe er kein unternehmerisches Risiko getragen. Sämtliche Kosten seien von der Klägerin übernommen worden, seinerseits sei kein Kapitaleinsatz notwendig gewesen.
Die Klägerin äußerte daraufhin die Vermutung, dass die nunmehrigen Behauptungen des Beigeladenen, es habe sich doch um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt, lediglich dazu dienen, ihm im Nachhinein Sozialversicherungsbeiträge aus den erzielten Entgelten sowie ggf. sonstige Ansprüche gegen die Klägerin zu verschaffen. Tatsächlich sei das Auftragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen so abgewickelt worden, wie es auch der Beigeladene im Verwaltungsverfahren geschildert hatte. Insbesondere sei es dem Beigeladenen keineswegs vorgeschrieben worden, an welchem Tag er welches Fahrzeug abholen sollte. Vielmehr habe er – innerhalb eines angemessenen zeitlichen Rahmens – selbst entscheiden können, welche Aufträge er wann ausführte. Darüber hinaus habe der Beigeladene auch die Möglichkeit gehabt, für Aufträge, die einen erhöhten Aufwand erfordern, eine höhere Pauschale auszuhandeln. So sei in einigen Fällen eine höhere Pauschale abgerechnet worden. Eine solche Verhandlungsbasis stehe einem Arbeitnehmer nicht zu.
In der mündlichen Verhandlung am 28.09.2011 teilte der Beigeladene unter anderem mit, dass es einige Male vorgekommen sei, dass vor Ort nach telefonischer Rücksprache mit dem Inhaber der Klägerin entschieden wurde, dass das anzukaufende Kraftfahrzeug doch nicht angekauft wurde, dann sei er mit der Bahn zurückgefahren. Die vereinbarte Pauschale für den Auftrag habe er dann trotzdem erhalten.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 11.12.2006 in der Fassung des Bescheides vom 30.11.2009 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2007 festzustellen, dass die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin im Zeitraum vom 08.06.2005 bis zum 26.06.2007 als selbständige Tätigkeit und nicht im Rahmen eines abhängigen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid weiterhin für zutreffend. Ergänzend hat sie ihn mit Bescheid vom 30.11.2009 dahingehend abgeändert, dass in der vom 08.06.2005 bis zum 26.06.2007 ausgeübten Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 11.12.2006 in der Fassung des Bescheides vom 30.11.2009 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Beigeladene unterlag vom 08.06.2005 bis zum 26.06.2007 in seiner Tätigkeit als Fahrzeugüberführer für die Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, da er zu der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand.
Maßgebend für die Beurteilung sind hier § 5 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) hinsichtlich der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) hinsichtlich der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung.
Diese Vorschriften setzen jeweils ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 1 SGB IV voraus. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies ist der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Ort, Dauer und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG -, vgl. Urteil vom 08.08.1990, Az.: 11 RAr 77/89 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; Urteil vom 21.04.1993, Az.: 11 RAr 67/92 = SozR 3-4100 § 168 Nr. 11; Urteil vom 23.06.1994, Az.: 12 RK 50/93 = SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG, Urteil vom 01.12.1977, Az.: 12/3/12 RK 39/74 = BSGE 45,199; Urteil vom 04.06.1998, Az.: B 12 KR 5/97 R = SozR 3-2400 § 7 Nr. 13).
Das Gesamtbild der vom Beigeladenen tatsächlich geleisteten Arbeit ergibt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin. Dies ergibt sich aus der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse und nicht etwa aufgrund der "gewählten" rechtlichen Ausge-staltung durch die Beteiligten. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Gestaltung der Beziehung der Klägerin zum Beigeladenen. Unerheblich ist, wie das Vertragsverhältnis der Beteiligten bürgerlich-rechtlich zu beurteilen ist und welche Absichten die Beteiligten mit ihren Abmachungen verfolgten (vgl. BSG, Urteil vom 27.09.1972, Az.: 12 RK 11/72 = SozR Nr. 71 zu § 165 RVO). Die bestehende Absicht der Klägerin sowie die ursprüngliche Absicht des Beigeladenen, dass dieser selbständig tätig sei, spielt daher keine Rolle. Dieser Wille allein, der auch im Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer für den Beigeladenen sowie dessen Gewerbeanmeldung, dessen Abführen von Mehrwert-, Gewerbe- und Einkommensteuer zu erkennen ist, genügt jedoch noch nicht, um ein Rechtsverhältnis als nicht sozialversicherungspflichtig zu beurteilen. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse und die Art der verrichteten Tätigkeit.
Die persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen ist, wenn – wie hier – die Arbeit im Wesentlichen nicht in der Betriebsstätte der Klägerin, sondern vor Ort bei den jeweiligen Vertragspartnern der Klägerin zu verrichten ist, allein durch die Weisungsgebundenheit gekennzeichnet, die sich bei Diensten höherer Art jedoch zur funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert (so schon BSG, Urteil vom 29.03.1962, Az.: 3 RK 74/57 = BSGE 16, 289). Voraussetzung ist die Einordnung in eine von anderer Seite vorgegebene Ordnung, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet wird (vgl. BSG, Urteil vom 31.07.1974, Az.: 12 RK 26/72 = BSGE 38, 53-59; BSG, Urteil vom 30.01.1990, Az.: 11 RAr 47/88 = BSGE 66, 168-175; BSG, Urteil vom 04.06.1998, Az.: B 12 KR 5/97 R = SozR 3-2400 § 7 Nr. 13).
Die Arbeit des Beigeladenen wurde im Betrieb der Klägerin im arbeitsrechtlichen Sinn geleistet. Denn die Klägerin kaufte am Markt Kraftfahrzeuge an. Vertragspartnerin der Verkäufer der jeweiligen Kraftfahrzeuge war insoweit allein die Klägerin. Die Klägerin führte die Überführungsfahrten auf Grund dieser Verträge als eigenes Geschäft für eigene Rechnung aus. Zur Erfüllung dieser Verträge wurde der Beigeladene planmäßig eingesetzt. Für die Zuordnung eines Betriebes zu einem bestimmen Arbeitgeber kommt es nämlich auf das Vorhandensein, nicht aber auf die Art der Beschaffung der sächlichen Betriebsmittel und darauf an, wer mit diesen Betriebsmitteln fremdbestimmte Arbeit leisten lässt. Das war hier die Klägerin. Sie war alleinige Ansprechpartnerin der jeweiligen Verkäufer der vom Beigeladenen zu überführenden Kraftfahrzeuge bei Problemen und Beschwerden; der Beigeladene trat bei seinen Überführungsfahrten nach außen nur im Namen der Klägerin, aber nicht im eigenen Namen auf, so dass er im allgemeinen Geschäftsverkehr nicht als selbständig Tätiger wahrgenommen wurde. Die Klägerin hatte den Beigeladenen im Rahmen der jeweiligen Auftragsvolumen herangezogen. Dies war organisatorisch durch mündliche Verträge über die einzelnen Überführungsfahrten, jeweils neu abgeschlossen vor der Ausführung des jeweiligen Auftrags, geschehen.
Selbst wenn man im Hinblick auf die zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen abgeschlossene Vereinbarung vom 01.07.2005 davon ausgeht, dass der Beigeladene frei entscheiden konnte, ob er einen vom Kläger angebotenen Auftrag übernehmen wollte oder nicht, so war der Beigeladene nach Bereiterklärung jedoch dem Weisungsrecht der Klägerin unterworfen gewesen. Die Beklagte hat nämlich Versicherungspflicht tatsächlich nicht für ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen vom 08.06.2005 bis zum 26.06.2007 festgestellt, sondern für die vielen einzelnen Beschäftigungsverhältnisse jeweils während der Kraftfahrzeugüberführung zur Erledigung der Einzelaufträge. Abzustellen ist also jeweils auf die Verhältnisse, die nach Annahme des einzelnen Angebots während der Überführung bestanden (vgl. zu dieser isolierten Betrachtungsweise der einzelnen Auftragsverhältnisse etwa BSG, Urteil vom 04.06.1998, Az.: B 12 KR 5/97 R = SozR 3-2400 § 7 Nr. 13). Dass sich dieses Weisungsrecht der Klägerin regelmäßig lediglich auf allgemeine organisatorische Fragen bezogen hatte, entspricht der Typik bei fachlich qualifiziertem Personal, zu dem der Beigeladene als Fahrzeugüberführer gehörte. Die Weisungsgebundenheit des Beigeladenen verfeinerte sich zur sog. funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (siehe hierzu bereits oben). Hatte sich der Beigeladene bereit erklärt, eine bestimmte Kraftfahrzeugüberführung an einem bestimmten Tag zu übernehmen, so musste er diese Fahrt entsprechend den Vorgaben der Klägerin fristgerecht und sachgemäß ausführen. Traten Probleme während der Überführungsfahrt auf, so nahm der Beigeladene Rücksprache bei der Klägerin und diese wies die konkrete Einzellösung an. Der Beigeladene war organisatorisch in den Arbeitsablauf der Klägerin eingeschaltet und so in deren Betrieb eingegliedert. Dies ergibt sich auch aus der Übernahme der mit der Überführungsfahrt verbundenen Kraftstoffkosten durch die Klägerin, und zwar unabhängig davon, ob die Erstattung – wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben – täglich oder – wie vertraglich vereinbart – monatlich erfolgte. Nach den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen wurden die Überführungsfahrten auch immer höchstpersönlich vom Beigeladenen verrichtet; eine Vertretung durch eine andere Person war ohne vorherige Zustimmung der Klägerin nicht möglich.
Die Arbeitsleistung des Beigeladenen war also fremdbestimmt, weil sie von der Ordnung des Betriebes der Klägerin geprägt war. Da der Beigeladene im Zeitraum von 08.06.2005 bis zum 26.06.2007 seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich in den Dienst der Klägerin gestellt hatte, stand er in diesem Zeitraum auch in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Klägerin.
Insbesondere hat der Beigeladene auch kein die Selbständigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko getragen. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt werden, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 27.03.1980, Az.: 12 RK 26/79 = SozR 2200 § 165 Nr. 45; BSG, Urteil vom 18.11.1980, Az.: 12 RK 76/79 = SozR 2200 § 165 Nr. 51; BSG, Urteil vom 24.09.1981, Az.: 12 RK 43/79 = SozR 2200 § 165 Nr. 63). Das Bestehen eines Unternehmerrisikos ist dabei nur im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten. Der Beigeladene verfügte weder über eigene Mitarbeiter noch über sächliche Betriebsmittel. Die mit den Überführungsfahrten verbundenen Unkosten wie die Kosten für Bahnfahrten (Hinfahrt) und Kraftstoff (Rückfahrt) wurden von der Klägerin übernommen; der Beigeladene musste sich nicht an den Kosten für die Überführungsfahrten beteiligen. Er hatte keine eigene Betriebsstätte und kein eigenes Büro. Auch investierte der Beigeladene kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes. Er hatte weder einen Einfluss auf die Ge-staltung der Vertragsverhältnisse der Klägerin mit den Verkäufern der zu überführenden Kraftfahrzeuge noch einen ins Gewicht fallenden Einfluss auf die Gestaltung der eigenen Vertragsverhältnisse. Für seine Überführungsfahrten erhielt der Beigeladene eine einheitlich bestimmte Pauschale, die von vorneherein feststand, nach Verrichtung seiner Tätigkeit. Abschlagszahlungen – wie bei Selbständigen üblich – erfolgten nicht. Er trug daher nur ein Lohnrisiko, nicht aber ein Geschäftsrisiko (vgl. BSG, Urteil vom 28.04.1977, Az.: 12/3 RK 6/75 = SozR 2200 § 162 Nr. 1); er konnte durch ein eigenes Unternehmerwagnis nicht den für seinen "Gewinn" maßgebenden Umsatz beeinflussen. Der Beigeladene ergriff auch keine unternehmerische Initiative. Die Tatsache, dass er bei Fehlzeiten kein Entgelt erhielt, stellt noch kein unternehmerisches Risiko dar. Denn dieses Risiko, zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, muss im Arbeitseinsatz selbst liegen, d.h. das wirtschaftliche Ergebnis des Arbeitseinsatzes muss ungewiss sein. Hier war es vielmehr so, dass der Beigeladene die vereinbarte Pauschale für einen angenommenen Auftrag auch dann erhielt, wenn vor Ort nach telefonischer Rücksprache mit der Klägerin entschieden wurde, dass das anzukaufende Kraftfahrzeug doch nicht angekauft wurde.
Der Beigeladene konnte die Höhe der Pauschalvergütung für eine Überführungsfahrt regelmäßig nicht frei verhandeln, sondern die Klägerin hatte vorab einen einheitlichen Satz festgelegt. Auch wenn in Einzelfällen für Aufträge, die einen erhöhten Aufwand erforderten, eine höhere Pauschale abgerechnet wurde, lag es nicht im Einflussbereich des Beigeladenen, ob ein Auftrag einen erhöhten Aufwand erforderte oder nicht. Der Beigeladene hat auch keine eigenen Betriebsmittel eingesetzt; die Nutzung von PC oder Telefon gehört nämlich zur regelmäßigen Ausstattung eines Privathaushaltes und stellt noch kein relevantes Kriterium dar.
Da nach der Gesamtabwägung der maßgeblichen Kriterien ein Überwiegen zu Gunsten einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen festzustellen ist, hat die Beklagte zu Recht dessen Sozialversicherungspflicht festgestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weder Klägerin noch Beklagte gehören zu den in § 183 SGG genannten Personen, so dass § 193 SGG keine Anwendung findet. Die Kostentragungspflicht der Klägerin folgt aus dem Umstand, dass sie unterliegt (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen ist vorliegend nicht gegeben (§ 162 Abs. 3 VwGO), da er keinen Antrag gestellt und sich damit nicht der Gefahr eigener Kostentragungspflicht (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.
Der Streitwert war nach § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) auf EUR 5.000,- festzusetzen, da der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung bietet.
Erstellt am: 24.09.2013
Zuletzt verändert am: 24.09.2013