Der Beschluss des Senats vom 10.09.2014 wird dahingehend ergänzt, dass die Landeskasse auch die der Klägerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt eine Kostengrundentscheidung in ihrem Beschwerdeverfahren um die Übernahme der Kosten eines nach § 109 SGG erstatteten Gutachtens auf die Landeskasse.
Das Sozialgericht hat die Klage der Klägerin mit Urteil vom 05.04.2012 abgewiesen und am 29.05.2012 beschlossen, dass die Klägerin die Kosten, die durch die Einholung des nach § 109 SGG erstatteten Gutachtens entstanden sind, endgültig zu tragen hat.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung (L 14 R 489/12) und gegen den Beschluss Beschwerde (L 14 R 562/12 B) eingelegt.
Im Berufungsverfahren haben sich die Beteiligten verglichen, wobei die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren zur Hälfte übernommen hat.
Mit Beschluss vom 10.09.2014 hat der Senat den Beschluss des Sozialgerichts vom 29.05.2012 aufgehoben und die Kosten, die durch die Begutachtung nach § 109 SGG entstanden sind, der Landeskasse auferlegt. Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens ist in dem Beschluss nicht getroffen worden.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt nunmehr noch, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beklagten oder der Staatskasse aufzuerlegen.
Die Beklagte sieht keinen Anlass, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Der Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Schreiben vom 11.02.2016 betont, die Staatskasse sei an der zu treffenden Entscheidung nicht beteiligt, weshalb sie auch nicht verpflichtet werden könne, Kosten des Beschwerdeverfahrens zu übernehmen.
II.
Die Klägerin mahnt zu Recht eine gesonderte Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren an. Die Kostenentscheidung ist seit der Einführung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) notwendig, denn für das Beschwerdeverfahren fallen für den Betroffenen zusätzliche außergerichtliche Kosten an (§ 3 RVG, § 18 Nr. 3 RVG i. V. m. Nr. 3501 der Anlage 1 zum RVG). Eine Regelung wie in § 127 Abs. 4 ZPO (wonach die Kosten eines Beschwerdeverfahrens im Verfahren über die Prozesskostenhilfe unabhängig von dessen Ausgang nicht zu erstatten sind) hat der Gesetzgeber für das hiesige Beschwerdeverfahren nicht getroffen.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren gegen einen Beschluss zur Übernahme der Kosten für ein nach § 109 SGG erstattetes Gutachten auf die Landeskasse trifft die Rechtsprechung nicht nach einheitlichen Kriterien:
So erlegt der 10. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) bei Erfolg der Beschwerde die Kosten des Beschwerdeverfahrens in entsprechender Anwendung des § 193 SGG der Landeskasse auf. Die Beklagte komme insoweit nicht als Kostenschuldner in Betracht, denn sie habe die gesondert anfallenden Kosten nicht veranlasst. Beteiligter des Kostenverfahrens sei allein der Kläger. Habe seine Beschwerde Erfolg, wäre es unangemessen, wenn er die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst tragen müsste. Da es in dem Nebenverfahren darum gehe, wer die Kosten der Begutachtung nach § 109 Abs. 1 SGG endgültig trägt – der Kläger oder die Landeskasse -, sei es sachgerecht, die mit der erfolgreichen Beschwerde des Klägers anfallenden zusätzlichen außergerichtlichen Kosten der Landeskasse aufzuerlegen (LSG NRW, Beschlüsse vom 09.09.2011, L 10 P 34/11 B, juris, sowie vom 09.04.2014, L 10 SB 294/13 B, nicht veröffentlicht; so auch im Ergebnis: Bayerisches LSG, Beschluss vom 27.07.2012, L 16 SB 2/12 B, juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 109 Rn. 22, m. w. N.; Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 Rn. 11; Müller in Roos/Wahrendorf, SGG, § 109 Rn. 31; Hauck in Zeihe, SGG, § 109 Rn. 9 d).
Der 13. Senat des LSG NRW geht in seinem Beschluss vom 28.05.2013 (L 13 SB 83/13 B, juris) hingegen von anderen rechtlichen Ansätzen aus: Zwar sei das Verfahren hinsichtlich der Entscheidung nach § 109 Abs. 1 S. 2 SGG nicht kontradiktorisch ausgestaltet, gleichwohl habe bei einer erfolgreichen Beschwerde die Entscheidung über die Kosten dieser Beschwerde derjenigen der Hauptsache zu folgen. Die gegenteilige Auffassung, wonach die Staatskasse in diesem Fall die Beschwerdekosten zu tragen habe, trage dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass die Landeskasse nicht am Verfahren beteiligt sei und sich daher in der Regel auch in derartigen Fällen die Kostenlast nach der Kostenentscheidung in der Hauptsache richte. Dieses Ergebnis rechtfertige sich aus dem Gedanken, dass die Kosten eines unselbständigen Nebenverfahrens regelmäßig den Kosten der Hauptsache folgen, so dass von einer getrennten Kostenentscheidung abzusehen sei und die Kosten demjenigen aufzuerlegen seien, der letztlich im Hauptsacheverfahren unterliege. Unterliege dabei der im Beschwerdeverfahren erfolgreiche Beteiligte in der Hauptsache, habe sich sein Obsiegen für ihn letztlich nicht positiv ausgewirkt, so dass es nicht angemessen erscheine, den anderen Beteiligten mit diesen Kosten, zu deren Entstehung er nicht beigetragen habe, zu belasten. Unterliege letzterer, sei es jedoch gerechtfertigt, ihm auch die entsprechenden Beschwerdekosten aufzuerlegen, weil die Entstehung dieser Kosten zum allgemeinen Prozessrisiko zähle. Da die Anknüpfung der Kostenlast eines erfolglosen Rechtsmittels an die Kostenregelung der Hauptsache jedoch nicht interessengerecht sei, habe diesbezüglich eine gesonderte Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung des § 193 SGG zu ergehen, wonach in derartigen Fällen der Beschwerdeführer seine Kosten selbst zu tragen habe.
Der Senat folgt der Praxis des 10. Senats des Hauses, denn sie trägt den Grundgedanken des § 109 SGG am ehesten Rechnung: Die Übernahme der nach § 109 SGG entstandenen Kosten auf die Landeskasse ist geboten, wenn der Kläger eine eigentlich von Amts wegen gebotene Sachaufklärung vorfinanziert (Kühl, a. a. O.). Er muss unter diesen Voraussetzungen letztlich so gestellt werden, als sei das Gutachten nach §§ 103, 106, 118 SGG eingeholt worden (Hauck, a. a. O.). Da die Einholung des Gutachtens nach § 109 SGG Amtshandlung des Gerichts in der Beweisaufnahme ist, sind die Kosten, soweit sie auf die Landeskasse übernommen werden, solche der Gerichtshaltung (Hauck, a. a. O.). Wenn über die Kostenübernahme im ersten Rechtszug unrichtig entschieden worden ist, erscheint es dem Senat nur konsequent, dass die Landeskasse die außergerichtlichen Kosten des für den Kläger erfolgreichen Beschwerdeverfahrens – so wie die Kosten des Gutachtens – zu tragen hat. Dabei ist unerheblich, dass die Landeskasse nach der herrschenden Meinung im Beschwerdeverfahren gegen einen Beschluss zur Übernahme der Kosten auf die Landeskasse für ein nach § 109 SGG erstattetes Gutachten nicht zu beteiligen ist, wovon der Bezirksrevisor selbst ausgeht. Die Landeskasse hat gegen den (stattgebenden) Beschluss (des Sozialgerichts) kein Beschwerderecht, weil sie anderenfalls in das bereits gemäß § 109 Abs. 1 S. 2, 1. Halbsatz SGG bestehende Ermessen des Gerichts eingreifen würde, von vornherein keinen Kostenvorschuss anzufordern (Müller, a. a. O.; Keller, a. a. O.).
Dieser Beschluss ergänzt den Beschluss des Senats vom 10.09.2014. Auf dessen Rechtsbehelfsbelehrung wird hingewiesen.
Erstellt am: 07.04.2016
Zuletzt verändert am: 07.04.2016