Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 07.12.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Kosten für eine ihr ihrer Auffassung nach zu gewährende stationäre Maßnahme in einer Fachklinik.
Für die Antragstellerin hielt der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H unter Hinweis auf eine Essstörung und Bulimie in einem an die beigeladene Krankenkasse gerichteten Vordruck "Einleitung von Leistungen zur Rehabilitation oder alternativen Angeboten" eine medizinische Rehabilitationsleistung für aussichtsreich (Schreiben vom 17.08.2012). Auf Empfehlung der Beigeladenen (Schreiben vom 22.08.2012) beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. In einem Befundbericht zum Rehabilitationsantrag (24.08.2012) verwies Dr. H auf seit Ende 2011 zunehmende Essstörungen und regte spezielle Maßnahmen in Form einer Ernährungsberatung, Diätschulung, Entspannungstherapie und Psychotherapie an. Den Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit der Begründung ab, die vorliegenden Gesundheitsstörungen erforderten lang andauernde ambulante Richtlinienpsychotherapie, gegebenenfalls Fach-Krankenhaus-Behandlung und Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe. Hierbei handele es sich nicht um Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Bescheid vom 10.09.2012).
Gegen diesen Bescheid legte Dr. H Widerspruch ein (Schreiben vom 22.09.2012). Dazu wies er unter anderem darauf hin, wegen fehlender Kapazitäten auf Seiten der niedergelassenen Psychologen seien auf die bei der Antragstellerin vorliegenden Gesundheitsstörungen bezogene psychotherapeutische Maßnahmen in der Region nicht vor Ablauf von 6 Monaten zu Stande zu bringen. Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 06.11.2012).
Mit ihrem am 13.11.2012 beim Sozialgericht (SG) Münster gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die – anwaltlich vertretene – Antragstellerin begehrt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kosten "für die stationäre Maßnahme in der Fachklinik Klinik am L gGmbH" in Bad P "vorläufig vollständig zu übernehmen". Sie sei seit August 2012 dauerhaft erkrankt und beziehe Krankengeld. Eine vitale Gefährdung und akute Krankheitssituation sei derzeit gegeben. Sie sei deutlich untergewichtig, durch den schon seit ca. einem Jahr anhaltenden Dauerzustand seien ihre Organe geschädigt. Auf Veranlassung von Dr. H habe sie sich in der Fachklinik Klinik am L vorgestellt, wo die medizinische Notwendigkeit kurzfristiger stationärer Aufnahme gesehen worden sei. Mit einer ambulanten Psychotherapie sei ihr auch nach Auffassung von Dr. H nicht geholfen. Erstmalig habe sie am 15.11.2012 einen Gesprächstermin bei einer Diplom-Psychologin gehabt. Bei einem Gesprächstermin pro Monat erscheine eine Behandlung allerdings nicht erfolgversprechend. Von Dr. H habe sie eine Einweisungsverordnung für das "Fachkrankenhaus B Klinikum in P, Klinik für Psychosomatik", erhalten. Die Beigeladene möge insofern die Kostenübernahme dieser Fachkrankenhausbehandlung kurzfristig erklären. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 12.11.2012, 15.11.2012, 28.11.2012 und 05.12.2012 samt Anlagen Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung lägen nicht vor. Die Entscheidung in der Hauptsache dürfe nicht vorweggenommen werden. Zudem habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass ihr ohne Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 28.11.2012 Bezug genommen.
Die vom SG gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladene BKK Mobil Oil (Beschluss vom 13.11.2012) hat vorgetragen, weder habe sie ihre grundsätzliche Zuständigkeit verneint noch einen Antrag aufgrund fehlender Zuständigkeit weitergeleitet. Ihre Zuständigkeit komme nicht in Betracht. Die Antragstellerin könne sich unverzüglich bei einem psychologischen Psychotherapeuten eine Verordnung für eine ambulante Psychotherapie ausstellen lassen, sich dann mit ihrer Krankenversicherungskarte bei einem in Frage kommenden Therapeuten vorstellen, der dann bei ihr, der Beigeladenen, einen Antrag auf Genehmigung von Psychotherapie stellen könne. Bei der Suche nach einem geeigneten Therapeuten könne sie die Antragstellerin unterstützen. Eine Fachkrankenhausbehandlung komme nur in akuten Krankheitssituationen in Betracht, die den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich machten. Der behandelnde Arzt hätte ohne weiteres eine Krankenhauseinweisung ausstellen können. Die Antragstellerin habe Ihre Mitgliedschaft bei ihr zum 31.12.2012 gekündigt. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 16.11.2012 und 23.11.2012 samt Anlagen Bezug genommen.
In von der Antragstellerin übersandten Schreiben (22.09.2012, 30.10.2012 und 24.11.2012) hat Dr. H unter anderem ausgeführt, er habe es für dringlich gehalten, umgehend eine stationäre Behandlung einzuleiten, "z.B. in der Klinik am L in Bad P". Das dafür erforderliche Formular habe er erstellt und es der Antragstellerin zur Vorlage bei der Krankenkasse ausgehändigt. Nachdem sich abgezeichnet habe, dass die Antragstellerin nicht stationär behandelt werden solle, habe er eine zusätzliche ambulante Psychotherapie angeregt, nachdem die Antragsellerin bereits den Beratungsdienst der Caritas in Anspruch genommen habe.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Beschluss vom 07.12.2012, zugestellt am 07.12.2012). Es fehle an einem Anordnungsgrund. Die Kosten für eine stationäre Behandlung einer akut behandlungsbedürftigen Anorexiepatientin trage grundsätzlich die gesetzliche Krankenversicherung. Die Beigeladene habe sich zu keinem Zeitpunkt geweigert, nach Krankenhauseinweisung durch den behandelnden Arzt die Kosten zu tragen. Auch habe die Antragstellerin dies nicht behauptet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.
Mit der am 07.01.2013 beim SG eingelegten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Dazu trägt sie ergänzend vor, die Antragsgegnerin sei im Sinne des § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zuständig, "die Kosten der beantragten Unterbringung" zu tragen. Das SG habe weder die Erfolgsaussicht verneinen noch den Antrag ablehnen dürfen. Auf Anfrage des Gerichts (Schreiben vom 13.02.2013) teilt sie mit, gegen den Bescheid vom 10.09.2012 habe sie Klage vor dem SG erhoben (Az.: S 9 R 847/12). Aufgrund ihrer Akutsituation sei kurzfristig eine stationäre Aufnahme in die B Klinik in P erforderlich gewesen. Die Behandlung dauere dort bereits 5 Wochen an und sei noch nicht beendet. Deshalb beantrage sie das Ruhen des Verfahrens. Verständlicherweise sei ihr das Abwarten auf den Ausgang dieses Verfahrens nicht zumutbar gewesen. Sie habe die Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zum 31.12.2012 gekündigt und sei ab 01.01.2013 bei der Knappschaft versichert, wo sie bisher keinen Antrag auf stationäre Behandlung gestellt habe. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze vom 07.01.2013 und 21.02.2013 samt Anlagen Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin hält die Beschwerde für nicht begründet. Die Beigeladene hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
II.
Bei sachgerechter Auslegung des Begehrens der Antragstellerin ist dieses nicht auf Übernahme von Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung in der Klinik am L, sondern auf die Bewilligung einer entsprechenden Sachleistung im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG gerichtet (vergleiche zu einer entsprechenden Auslegung Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht – LSG -, Beschluss vom 19.04.2010 – L 5 B 51/10 KR ER -). Eine stationäre Behandlung, für die Kosten zu tragen wären, ist in dieser Klinik – bestätigt von der Antragstellerin auf Nachfrage des Gerichts – bislang nicht erfolgt. Entsprechende Kosten können von ihr auch nicht benannt werden.
Den auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG gerichteten Antrag hat das SG mit Beschluss vom 07.12.2012 jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Gemäß 86 b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch), und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund). Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. Bundesverfassungsgericht – BVerfG -, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 Rn. 23; Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 Rn. 28). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 Rn. 28).
Für die Zulässigkeit eines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz müssen die allgemeinen Prozessvoraussetzungen, insbesondere auch ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegen (vergleiche Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86 b Rn. 26, 26b). Bereits daran fehlte es wohl bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG, jedenfalls fehlt es daran derzeit. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt es dann an dem notwendigen Rechtsschutzinteresse, wenn ein Antragsteller die damit begehrten Leistungen nach eigenem Vortrag bereits erhält und Anhaltspunkte für eine drohende Beendigung der Sachleistung nicht erkennbar sind (vergleiche LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 30.09.2008 – L 16 B 67/08 KR ER und L 16 B 68/08 KR ER -. Bereits mit Schriftsatz vom 05.12.2012 teilte die Antragstellerin mit, sie habe eine Einweisungsverordnung für das Fachkrankenhaus B Klinikum in P erhalten, über die Aufnahme dort werde kurzfristig entschieden. Die Beigeladene möge insofern die Kostenübernahme kurzfristig erklären. Dazu hat sie im Beschwerdeverfahren ergänzend ausgeführt (Schriftsatz vom 21.02.2013), die Behandlung in dieser Klinik dauere bereits 5 Wochen an und sei noch nicht beendet. Diese von der Antragstellerin selbst als "Fachkrankenhaus" bezeichnete Klinik hält offenbar auch der behandelnde Arzt Dr. H für eine geeignete Einrichtung, da die Einweisungsverordnung nach Angaben der Antragstellerin durch ihn erfolgt ist. Das seinerseits ausschließlich eine Behandlung in der Klinik am L in Bad P als aussichtsreich angesehen worden wäre, lässt sich auch seinen im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Schreiben nicht entnehmen. Ausdrücklich führt er im seinem Schreiben vom 24.11.2012 aus, die Klinik am L sei "z.B." geeignet. Dem Internetauftritt des B Klinikums (http://www.B.eu/klinikum-osnabrueck-ess-stoerung.html) ist ebenfalls zu entnehmen, dass dort auch Ess-Störungen behandelt werden. Für das vorliegende Verfahren ist ferner ohne Bedeutung, wer letztlich Kostenträger der derzeitigen stationären Behandlung der Antragstellerin ist (vergleiche LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 30.09.2008, a.a.O.). Ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dürfte im Übrigen auch bereits daraus folgen, dass die Antragstellerin beantragt, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
Im Ergebnis übereinstimmend mit dem SG vermag der Senat überdies einen Anordnungsgrund nicht zu erkennen. Die Antragstellerin steht fortlaufend in stationärer Behandlung in einer zur Behandlung ihrer Gesundheitsstörungen geeigneten Fachklinik. Schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, sind – wie oben bereits dargelegt – derzeit weder ersichtlich noch dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin zu entnehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 04.04.2013
Zuletzt verändert am: 04.04.2013