Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.07.2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens auch im zweiten Rechtszug. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides nach § 150 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII).
Die Klägerin ist im Baugewerbe tätig. Sie beauftragte die Firma X KG, C, als Nachunternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen. Über das Vermögen der Firma X KG wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 01.01.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Bis zum 31.12.2003 war dieses Unternehmen Mitglied der Beklagten. Durch Beitragsvorschussbescheid vom 24.04.2003 setzte die Beklagte den für den Beitrag und die Umlagen für 2003 zu zahlenden Vorschuss nach §164 SGB VII auf 59.173,66 EUR fest. Daraufhin zeigte das Unternehmen an, dass sich der Betrieb aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten verkleinert habe und sich die Lohnsumme im Jahr 2003 auf voraussichtlich 436.900,00 EUR belaufen werde. Durch Bescheid vom 13.05.2003 minderte die Beklagte den zu zahlenden Vorschuss auf 28.695,47 EUR, zahlbar bis zum 15.05.2003 in Höhe von 10.357,00 EUR, bis zum 15.08.2003 in Höhe von 9.565,00 EUR und bis zum 15.10.2003 in Höhe von 9.565,00 EUR. Das Unternehmen zahlte jeweils am 15.05, 15.07, 15.08 und 15.09.2003 jeweils einen Betrag von 6.800,00 EUR entsprechend der Stundungsvereinbarung vom 14.05.2003. Die Vorschusszahlungen von insgesamt 27.200,00 EUR verrechnete die Beklagte in Höhe von 14.603,17 EUR mit der Beitrags- und Umlageforderung sowie den Säumniszuschlägen für 2002 und in Höhe von 12.596,83 EUR mit der Beitrags- und Umlageforderung sowie den Säumniszuschlägen für 2003.
Am 19.08.2004 meldete das Unternehmen der Beklagten als meldepflichtiges Arbeitsentgelt für 2003 einen Betrag von 575.842,00 EUR. Durch Beitragsbescheid vom 31.08.2004 stellte die Beklagte einen Gesamtbeitrag für das Jahr 2003 in Höhe von 50.463,04 EUR, einschließlich des Beitrags für eine freiwillige Versicherung des Herrn Q nach §§ 3 Abs. 1 Nr.1, 6 Abs. 1 SGB VII in Höhe von 792,50 EUR fest. Die Beklagte nahm anschließend die Firma Kesting Massivhaus GmbH nach § 150 Abs. 3 SGB VII in Höhe von 2.876,67 EUR für die Beitragsforderung 2003 in Anspruch, die diese beglich. Aus dem Beitragsbescheid vom 31.08.2004 bleibt noch eine Forderung von 35.306,00 EUR offen (Aufstellung vom 08.01.2007 über das Beitragskonto der Firma X KG).
Die Beklagte hörte die Klägerin zum Erlass eines Haftungsbescheides nach § 150 Abs. 3 SGB VII wegen des rückständigen Beitrages der Firma X KG für 2003 an. Daraufhin legte die Klägerin eine von der Beklagten ausgestellte Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 13.05.2003, gültig bis zum 31.12.2003, vor, in der bescheinigt wird, dass die Firma X KG ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Beklagten bis zum 13.05.2003 erfüllt hatte. Sie vertrat die Auffassung, dass aufgrund dieser Unbedenklichkeitsbescheinigung sämtliche Haftungsansprüche der Beklagten nichtig seien. Auf Anfrage der Beklagten zur Höhe der von der Firma X KG in Rechnung gestellten Beträge und des in den Rechnungsbeträgen enthaltenen Bruttoentgelts teilte die Klägerin mit, dass der Umsatz mit der Firma X KG im Jahr 2003 abzüglich aller Umlagen 723.438,08 EUR netto betragen habe.
Durch Haftungsbescheid vom 14.02.2005 verpflichtete die Beklagte die Klägerin zur Entrichtung von Beiträgen und Nebenumlagen, einschließlich der Insolvenzgeld-Umlage für 2003 nach § 150 Abs. 3 SGB VII in Sachen "X KG" in Höhe von insgesamt 33.982,22 EUR. Bei der Berechnung des Beitrages und der Umlagen legte die Beklagte ein Arbeitsentgelt in Höhe von 482.243,00 EUR (66,66 % des Nettorechnungsbetrages von 723.438,08 EUR) zugrunde.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch mit der Begründung ein, dass zwar dem Wortlaut der Bestimmungen des §§ 150 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 28e Abs. 3a Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Exculpationsmöglichkeit eines Generalunternehmers nicht entnommen werden könne. Jedoch sei diese Vorschrift dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die Haftung eines Generalunternehmers nur dann in Betracht komme, wenn er zumutbare Erkennungs- und Abwehrmaßnahmen nicht beachtet habe. Diesen Sorgfaltspflichten komme ein Generalunternehmer jedenfalls dann nach, wenn er bei der Auswahl seines Nachunternehmers die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns aufgewandt habe. Diesen Sorgfaltspflichten habe sie genügt. Im Übrigen habe die Beklagte durch die Ausstellung und die Übermittlung der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 13.05.2003 einen Vertrauenstatbestand geschaffen, so dass ihre Inanspruchnahme gegen Treu und Glauben verstoße.
Am 15.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aufgrund des seit dem 01.08.2002 in Kraft getretenen Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit sei die Vorschrift des § 150 Abs. 3 SGB VII um den Halbsatz "und für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- und Werkvertrags im Baugewerbe gilt § 28e Abs. 3a des 4. Buches entsprechend" ergänzt worden. § 28 e Abs. 3a SGB IV begründe die öffentlich-rechtliche Zahlungsverpflichtung eines Unternehmers des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen i. S. v. § 211 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) beauftrage. Eine Auslegung von § 28e Abs. 3a SGB IV in dem Sinne, dass eine Anwendung des § 150 Abs. 3 SGB VII eine Haftung nach § 28e Abs. 3b SGB IV ausschließe, wenn der Unternehmer nachweise, dass er ohne eigenes Verschulden davon habe ausgehen können, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfülle, komme nicht in Betracht. § 150 Abs. 3 SGB VII verweise im Fall der Haftung von Dienst- und Werkverträgen ausschließlich auf § 28e Abs. 3a SGB IV, nicht aber auf § 28e Abs. 3b SGB IV. Wenn der Gesetzgeber einen Haftungsausschluss nach § 28e Abs. 3b SGB IV gewollt habe, hätte dieser Wille in § 150 Abs. 3 SGB VII auch seinen Ausdruck gefunden. Vielmehr sei die bestehende Regelung nach Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 18.09.2002 gewollt und sinnvoll. Eine Verletzung höherrangigen Rechts sei nicht ersichtlich. Da das Unternehmen X KG keine Aufzeichnungen im Sinne von § 165 Abs. 4 SGB VII geführt habe, habe sie die Arbeitsentgelte der Versicherten nach § 165 Abs. 3 SGB VII geschätzt. Hierfür seien durch ihren Betriebsprüfdienst die bei der Firma vorgefundenen Rechnungen, die die Firma für den Zeitraum ab dem 01.08.2002 gestellt habe, sowie die Seitens der Klägerin eingereichten Rechnungen berücksichtigt worden. Ausgehend von den um die Mehrwertsteuer ermäßigten Rechnungssummen seien 66,66 % der Nettorechnungssummen als Lohnanteil de Beitragsberechnung zugrunde gelegt worden.
Am 27.01.2006 hat die Klägerin Klage mit dem Begehren erhoben, den Bescheid vom 14.02.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2005 aufzuheben.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Regelung des § 150 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 28e Abs. 3a SGB IV verfassungskonform dahingehend auszulegen sei, dass die Generalunternehmerhaftung auf zumutbare Erkennungs- und Abwehrmaßnahmen beschränkt sei, so dass eine Haftung nur in Betracht komme, soweit vom Unternehmer die zumutbaren Maßnahmen nicht beachtet worden seien. Aufgrund der nur eingeschränkt bestehenden Möglichkeit für den Generalunternehmer, die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen durch den Nachunternehmer zu kontrollieren, müsse es einem Generalunternehmer möglich sein, mittels entsprechender Anwendung des § 28e Abs. 3b SGB IV seine Haftung auf eigenes Verschulden zu begrenzen. Der Generalunternehmer, der bei der Auswahl seines Nachunternehmers die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns aufgewandt habe, habe seinerseits die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur vom Gesetzgeber beabsichtigten "Mitwirkungspflicht zur Einhaltung der Ordnung auf dem Arbeitsmarkt" (BT-Drs 14/8221, 16) erfüllt.
Mangels weitergehender Kontrollmöglichkeiten schaffe die Aufstellung und die Übermittlung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen an den Generalunternehmer jedenfalls einen Vertrauenstatbestand, wonach dieser darauf vertrauen darf, dass von seinem Nachunternehmer die gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt werden. Ohne die Schaffung eines entsprechenden Vertrauenstatbestandes wäre jeder Generalunternehmer gehalten, mit seinem Nachunternehmer einen Vergütungseinbehalt in Höhe der geschuldeten Sozialleistungen oder Beiträge zu vereinbaren und auch tatsächlich zu realisieren. Anderenfalls würde der Generalunternehmer im vorliegenden Fall das Risiko der Insolvenz des Nachunternehmers tragen. Gerade unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben stelle es jedenfalls ein widersprüchliches Verhalten dar, wenn für einen Nachunternehmer eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt werde, die sodann jedoch nicht belege, dass der Unternehmer seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkomme, so dass ein Generalunternehmer jedenfalls auch ohne eigenes Verschulden als Haftender in Anspruch genommen werden solle.
Durch Urteil vom 12.07.2006 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 19.07.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.08.2006 Berufung eingelegt.
Sie verfolgt ihr Begehren weiter. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass die Beitragshaftung nach § 150 Abs. 3 SGB VII wie die Bestimmung in § 1a Arbeitnehmerentsendegesetz (AentG) den Unternehmer mit einer Zahlungsverpflichtung in zunächst unbestimmter Höhe, die durch das Verhalten des Nachunternehmers entstehen könne, belaste. Die Nichtzahlung der vom beitragspflichtigen Nachunternehmer geschuldeten Beiträge zur Unfallversicherung sei für den haftenden Unternehmer weder vorhersehbar noch beherrschbar. Die Haftungsregelung knüpfe direkt an eine unternehmerische Disposition an und greife deshalb in die Berufs- und Unternehmensfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ein. Ohne eine entsprechende Exculpationsmöglichkeit, wie sie die Vorschrift des § 28e Abs. 3b SGB IV vorsehe, sei der Unternehmer in seiner freien Berufsausübung insoweit eingeschränkt, als er das Risiko des ungesetzlichen Verhaltens seines Nachunternehmers trage und zwar ohne die Möglichkeit das Verhalten zu steuern oder das Risiko durch entsprechende Vertragsgestaltung ausschließen zu können. Zwar käme für den Unternehmer grundsätzlich in Betracht, der Möglichkeit einer Haftung durch Vereinbarung entsprechender Einbehalte mit seinem Nachunternehmer zu entgehen. Jedoch seien nach einhelliger Ansicht in der Rechtssprechung und der Literatur für die Einbehalte vom Werklohn Höchstgrenzen zu beachten, die unter Einbeziehung von Vertragserfüllungs- und Gewährleistungssicherheiten jedenfalls überschritten würden. Die unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Beitragsarten in der Sozialversicherung bezüglich der Haftung eines Generalunternehmers sei nicht nachvollziehbar. Ein Unternehmer hafte nach § 150 Abs. 3 SGB VII für die Beiträge zur Unfallversicherung unbeschränkt, demgegenüber könne er sich aus der Haftung für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach § 28e Abs. 3b SGB IV befreien. Die unterschiedliche Behandlung der Sozialversicherungsbeiträge lasse sich nicht aus dem Gesetz entnehmen, eine unterschiedliche Wertigkeit der Beiträge zur Unfallversicherung und der Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Dementsprechend müsse auch für einen nach § 150 Abs. 3 SGB VII haftenden Unternehmer eine Exculpation nach § 28e Abs. 3b SGB IV möglich sein. Darüber hinaus lasse die für die Unfallversicherung geltende Haftungsregelung nicht erkennen, dass sie zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich und zumutbar sei. Es sei unzumutbar, dem Unternehmer eine selbstständige Verantwortlichkeit für das Verhalten und die Zahlungsunfähigkeit Dritter aufzuerlegen, die er oder ein mit ihm vertraglich verbundener Unternehmer oder Subunternehmer zu einer Dienstleistung herangezogen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.07.2006 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 15.12.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Beitragsakte der Firma X KG beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin haftet nach § 150 Abs. 3 SGB VII wie ein selbstschuldnerischer Bürge für den Beitrag und die Umlagen der Firma X KG zur gesetzlichen Unfallversicherung und die Insolvenzgeld-Umlage für 2003 in Höhe von insgesamt 33.982,22 EUR.
Nach § 150 Abs. 3 SGB VII i. d. F. ab dem 01.08.2002 gilt für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- und Werkvertrages im Baugewerbe § 28e Abs. 3a SGB IV in der bis zum 31.03.2006 geltenden Fassung entsprechend. Ein Unternehmer des Baugewerbes, der andere Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III alter Fassung (jetzt § 175 Abs. 2 SGB III) beauftragt, haftet nach § 28e Abs. 3a S. 1 SGB IV für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers (Nachunternehmer) oder eines von diesem beauftragten Verleihers bezüglich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags wie ein selbstschuldnerische Bürge. § 150 Abs. 3 SGB VII gilt entsprechend für die Haftung einer rückständigen Insolvenzgeld-Umlage, da § 360 Abs. 2 S. 2 SGB III die Geltung der Vorschriften über den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für die Erhebung der Insolvenzgeld-Umlage anordnet.
Die Klägerin beauftragte als Unternehmerin des Baugewerbes die Firma X KG mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne von § 211 SGB III im Jahr 2003. Bis zum 31.12.2003 war diese Firma Mitglied bei der Beklagten und nach § 150 Abs. 1 SGB VII für ihre Arbeitnehmer beitragspflichtig. Den durch den Beitragsbescheid vom 31.08.2004 festgestellten Gesamtbeitrag in Höhe von 50.463,04 EUR für 2003 beglich die Firma nur teilweise. Wegen ihrer Insolvenz am 01.01.2004 bieten Vollstreckungsmaßnahmen keinen Erfolg. Somit liegen die Voraussetzungen für die Haftung der Klägerin als selbstschuldnerische Bürge für die Beitrags- und Umlageschulden dieser Firma zur gesetzlichen Unfallversicherung und der Insolvenzgeld-Umlage für 2003 vor.
Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht keine Exculpationsmöglichkeit. Denn die Bestimmungen des § 28e Abs. 3b und Abs. 3d SGB IV, die eine Exculpationsmöglichkeit des (General-)unternehmers im Falle des Eintritts der Haftung für rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge des Nachunternehmers als selbstschuldnerischer Bürge vorsehen, gelten nicht entsprechend für die Haftung eines Unternehmers im Baugewerbe für die rückständigen Beiträge und Umlagen seines Nachunternehmers zur gesetzlichen Unfallversicherung bzw. für die rückständige Insolvenzgeld-Umlage. Nach dem eindeutigen Wortlaut verweist die Vorschrift des § 150 Abs. 3 SGB VII ausschließlich auf die Vorschrift des § 28e Abs. 3a SGB IV, eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen des § 28e Abs. 3b – Abs. 3f SGB IV ordnet § 150 Abs. 3 SGB VII nicht an. Ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers ist nicht erkennbar (siehe Bigge in Wannagat/Eichenhofer/Wenner, SGB , § 150 SGB VII Rdz. 9; Rixen, Die Generalunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge, SGb 2002, 536 (542,543), Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Schreiben vom 18.09.2002, IIb5-21050/28; a. A. Freischmidt in Keller/Benz/Freischmidt/Graeff/Kranig/Nehls/Riebel/ Römer/Waldeck, SGB VII, K § 150 Rdnr. 20a). Denn die Einführung einer verschuldensunabhängigen und damit verschärften Haftung des (General-)unternehmers im Baugewerbe für die Beitrags- und Umlageschulden, für deren Erhebung die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig sind, stellt eine sinnvolle und nicht lückenhafte Regelung dar. Es ist nicht erkennbar, dass die unterschiedlichen Regelungen des Umfangs der Bürgenhaftung eines (General-)unternehmers im Baugewerbe für Beitrags- und Umlageschulden zur gesetzliche Unfallversicherung einerseits und Beitragsschulden zu anderen Zweigen der Sozialversicherung anderseits dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widerspricht. Denn schon in der Vergangenheit galten im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung weitergehende Haftungsvorschriften als in den anderen Zweigen der Sozialversicherung (siehe § 729 Reichsversicherungsordnung – RVO – hinsichtlich der Haftung des Bauherrn als Dritter für die Unfallversicherungsbeiträge der bei bauausführenden Firmen beschäftigten Arbeitnehmer). Des weiteren ist die selbstschuldnerische Bürgenhaftung eines (General-)unternehmers des Baugewerbes hinsichtlich der Zahlung der Mindestentgelte und der Abgaben zu den gemeinsamen Sozialkassen durch seinen Nachunternehmer nach § 1a AEntG ebenfalls verschuldensunabhängig ausgestaltet. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8221, S. 15-17) ergibt auch kein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers.
Die verschuldensunabhängigen Haftung eines Unternehmers des Baugewerbes für die Beitrags- und Umlageschulden seines Nachunternehmers, für deren Erhebung die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
§ 150 Abs. 3 SGB VII verstößt nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit der Klägerin. Die Klägerin kann sich als inländische juristische Person (Art. 19 Abs. 3 GG) auf dieses Grundrecht berufen. Die in § 150 Abs. 3 SGB VII statuierte Haftung der Unternehmer im Baugewerbe für Beitragsschulden eines Nachunternehmers greift zwar in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sie ist aber aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt.
§ 150 Abs. 3 SGB VII berührt die durch Art. 12 Abs.1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Klägerin als Unternehmerin im Baugewerbe. Die Berufsfreiheit nach Art 12 Abs. 1 GG ist nämlich auch dann berührt, wenn sich die Maßnahmen zwar nicht auf die Berufstätigkeit selbst beziehen, aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben. Eine solch enge Verbindung kann zwischen einer beruflichen Tätigkeit und der Erhebung von Steuern oder Abgaben bestehen (BVerfG, Beschluss vom 13.07.2004, – 1 BvR 1298/94 – m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall. Denn bei der Auferlegung einer verschuldensunabhängigen Bürgenhaftung für die rückständigen Beiträge und Umlagen, für deren Erhebung die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig sind, handelt es zwar nicht um eine unmittelbar berufsregelnde Vorschrift für Unternehmen des Baugewerbes, sie gestaltet aber die Rahmenbedingungen der beruflichen Tätigkeit und hat damit eine objektive Tendenz zur Regelung unternehmerischer Tätigkeiten, da die Bestimmung des § 150 Abs. 3 SGB VII die eigenverantwortliche Tätigkeit der Unternehmer im Baugewerbe eingrenzt. Ein Unternehmer des Baugewerbes muss im eigenen Interesse verstärkt darauf achten, dass sein Nachunternehmer die Beiträge und die Umlagen an den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung abführt. Das Gesetz beeinflusst über die Begründung der Haftungsfolgen die Auswahlentscheidungen von Unternehmern des Baugewerbes. Eine objektive Tendenz zur Regelung unternehmerischen Handelns liegt damit vor (vgl. auch zur verschuldensunabhängigen Haftung des Generalunternehmers im Baugewerbe für das Nettomindestentgelt und die Sozialkassenbeiträge nach § 1a AEntG, BAG, Urteil vom 12.01.2005, – 5 AZR 617/01 -, Urteil vom 20.07.2004, – 9 AZR 345/03 -)
Eingriffe in die Berufsausübung sind gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung zulässig, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzgemäß erlassen worden ist, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dabei ist die weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auf dem Gebiet der Sozialordnung zu beachten. § 150 Abs. 3 SGB VII ist kompetenzmäßig erlassen worden. Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ("Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung"), die die Regelung der Finanzierung der Sozialversicherung mitumfasst.
Die mit der verschuldensunabhängigen Bürgenhaftung eines Unternehmers des Baugewerbes verfolgten Ziele – Sicherung der Funktionsfähigkeit und der finanziellen Stabilität der Sozialversicherung und die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt (siehe BT-Drucks. 14/8221 S. 16 zu § 28e SGB IV) – sind durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Es ist sachgerecht, dass ein Unternehmer des Baugewerbes, der durch die Inanspruchnahme eines Nachunternehmers wirtschaftliche Vorteile hat, für die Wiederherstellung der Ordnung auf dem Arbeitsmarkt des Baugewerbes und die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger, vorliegend der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und der Bundesagentur für Arbeit im Bereich des Insolvenzgeldes, in Anspruch genommen wird.
Die in §§150 Abs. 3 SGB VII, 28e Abs. 3a SGB IV festgelegte verschuldensunabhängige Bürgenhaftung ist zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele der Sicherung der Funktionsfähigkeit und der finanziellen Stabilität der Sozialversicherung und der Ordnung auf dem Arbeitsmarkt geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne (vgl. auch zur verschuldensunabhängigen Haftung des Generalunternehmers im Baugewerbe für das Nettomindestentgelt und die Sozialkassenbeiträge nach § 1a AEntG, BAG, Urteil vom 12.01.2005, – 5 AZR 617/01 -, Urteil vom 20.07.2004, – 9 AZR 345/03 -).
Die Einführung einer verschuldensunabhängigen Bürgenhaftung für rückständige Beiträge und Umlagen, die von den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung erhoben werden, ist geeignet, einen Unternehmer des Baugewerbes zu veranlassen, dafür zu sorgen, dass der Nachunternehmer seinen sozialversicherungsrechtlichen Zahlungspflichten nachkommt, also das rechtmäßige Handeln seines Vertragspartners sicherzustellen. Eine solche Regelung ist auch erforderlich, da im Baugewerbe vielfach die Möglichkeit zum Einsatz von Nachunternehmern genutzt wird und sich somit ein Unternehmer des Baugewerbes von der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträge für eigene Arbeitnehmer befreien kann. Ein anderes gleich wirksames Mittel, das weniger einschränkend wirkt, steht nach Auffassung des Gesetzgebers nicht zur Verfügung (siehe BT-Drucks. 14/8221 S. 16 zu § 28e SGB IV).
Der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Klägerin steht auch in angemessenem Verhältnis zu dem mit der verschuldensunabhängigen Bürgenhaftung verfolgtem Zweck. Den §§150 Abs. 3 SGBVII, 28e Abs. 3a SGB IV liegt eine besondere Verantwortungsbeziehung zwischen dem Handeln eines Unternehmers des Baugewerbes und seiner Haftung zugrunde. Die Bürgenhaftung beruht auf der Überlegung, dass der Nachunternehmer eine Verbindlichkeit des (General-)unternehmers erfüllt und damit für ihn tätig wird. Da dem (General-)unternehmer der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung eines Nachunternehmers zugute kommt, soll er für die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen für die beim Nachunternehmer beschäftigten Arbeitnehmer einstehen. Erst durch die vom (General-)unternehmer selbst gewählte Vertragskonstruktion – Übernahme der Verpflichtung zur Erbringung von Bauleistungen und Beauftragung eines Nachunternehmers mit der Durchführung der Bauleistungen – entsteht das Risiko der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen und von Umlagen (siehe BT-Drucks. 14/8221 S. 15,16 zu § 28e SGB IV). Daher ist es gerechtfertigt, dass ein (General-)unternehmer das Risiko mitträgt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Risikotragung des (General-)unternehmers insoweit begrenzt ist, als es sich nicht um eine gesamtschuldnerische, sondern nur eine subsidiäre Haftung handelt. Des weiteren handelt es sich nicht um eine Bürgschaft für den Gesamtbeitrag, sondern nur um eine Teilbürgschaft, da der (General-)unternehmer nur für die Beiträge und Umlagen haftet, die auf den Arbeitsentgelten beruhen, die für die in Auftrag gegebenen Bauleistungen zu zahlen sind. Die verschuldensunabhängige Bürgenhaftung eines Generalunternehmers des §§150 Abs. 3 SGBVII, 28e Abs. 3a SGB IV beschränkt sich auch im Gegensatz zu den Regelungen der §§ 1a AEntG, 28e Abs. 3e SGB IV, die die Bürgenhaftung des (General-)unternehmers nicht nur auf den unmittelbaren Nachunternehmer, sondern auch im Fall von Umgehungstatbeständen auf dessen Nachunternehmer erstreckt, nur auf den unmittelbar nachfolgenden Nachunternehmer. Des weiteren sind in die Bürgenhaftung nur Unternehmen einbezogen, die gewerbliche Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 S. 2 SGB III erbringen und damit über die erforderliche Professionalität und ausreichende Informationen über die Zuverlässigkeit und finanzielle Leistungsfähigkeit der in Betracht kommenden Nachunternehmer verfügen, um durch eine sachgerechte Auswahl des Nachunternehmers und entsprechende Vertragsgestaltung das Haftungsrisiko zu verringern.
Auch wenn die verschuldensunabhängige Bürgenhaftung durch keine noch so sorgfältige Auswahl und Überwachung der Nachunternehmer ausgeschlossen werden kann und ein Unternehmer des Baugewerbes über § 150 Abs. 3 SGB VII das Insolvenzrisiko des Nachunternehmers trägt, ist im Hinblick auf die weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auf dem Gebiet der Sozialordnung und die Tatsache, dass der Gesetzgeber Gefährdungs- oder Garantiehaftungstatbestände für Sachverhalte und Betätigungen, von denen besondere Risiken für schutzbedürftige Gemeinwohlinteressen ausgehen können, einführen kann (siehe BAG, Urteil vom 12.01.2005, – 5 AZR 617/01 – m.w.N.) die Regelung des § 150 Abs. 3 SGB VII vertretbar.
Dies gilt auch in Hinblick auf die Tatsache, dass der Gesetzgeber für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge im Sinne von § 28d SGB IV (Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) eine verschuldensabhängige Bürgenhaftung des (General-)unternehmers eingeführt hat, indem er dem (General-)unternehmer in § 28e Abs. 3b und 3d SGB IV Exculpationsnmöglichkeiten eingeräumt hat. Denn zu einem unterscheidet sich die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nach § 28d SGB IV einerseits und des Beitrages und der Umlagen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung erhoben werden andererseits, zum anderen beruht die Erhebung der Beiträge und der Umlagen auf anderen Gesichtspunkten. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 28d SGB IV, der nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinskommen zu bemessen ist, wird nach § 23 SGB IV im Monat, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt wird, fällig, so dass die Einzugsstelle sehr schnell geeignete Maßnahmen zur Beitreibung des rückständigen Beitrags ergreifen kann. Demgegenüber werden der Beitrag und die Umlagen durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung jährlich nachträglich erhoben. Sie werden nach Ablaufes des Kalenderjahres, in dem die Beitrags- und Umlageansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, wobei die Umlage den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der gesetzliche vorgeschriebenen Rücklage nötigen Beiträge decken muss (§ 152 Abs. 1 S.1 SGB VII).
Während der Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 28d SGB IV von Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte getragen wird und Ansprüche des Arbeitnehmers gegen die Sozialleistungsträger von der tatsächlichen Leistung der Beiträge abhängt, handelt es sich bei der gesetzlichen Unfallversicherung wie auch bei der Haftung der Arbeitgeber für das Insolvenzgeld um eine Solidarhaftung aller Unternehmer, die zu einem Gewerbezweig gehören, in einer Gefahrengemeinschaft (BSG, Urteil vom 09.05.2005, – B 2 U 34/05 R -). Die Unternehmer, die einem Gewerbezweig angehören, tragen als Folge der in §§ 104 ff SGB VII festgelegten Ablösung ihrer zivilrechtlichen Haftpflicht gegenüber den Arbeitnehmern, den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung alleine. Ebenso wird das Insolvenzgeld ausschließlich von der Gesamtheit der Arbeitgeber getragen, wobei das Insolvenzgeld dem Ausgleich einer objektiven Verletzung der Lohnzahlungspflicht durch die Arbeitgeber dient (BSG, Urteile vom 01.03.1978, – 12 RK 14/77 -, vom 21.10.1999, – B 11/10 AL 8/98 R -). Die unterschiedliche Fälligkeit der Beiträge und Umlagen wie auch die Solidarhaftung der Arbeitgeber für Beiträge und Umlagen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung erhoben werden, stellen einen sachlichen Grund dafür dar, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Beiträge und Umlagen, die von den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung erhoben werden, abweichend von der Haftung für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 28d SGB IV eine verschuldensunabhängige selbstschuldnerische Bürgenhaftung eines Unternehmers des Baugewerbes, der einen Nachunternehmer beauftragt hat, eingeführt hat. Unterschiedliche Haftungsregelungen für Beiträge und Umlagen zur gesetzlichen Unfallversicherung und für andere Zweige der Sozialversicherung hat es auch schon in der Vergangenheit gegeben (vgl. z.B. die Bauherrenhaftung nach § 729 RVO).
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, dass wesentlich Gleiches nicht ohne sachlichen Grund ungleich und wesentlich Ungleiches nicht ohne sachlichen Grund gleich behandelt werden darf. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz kommt in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Die Beschränkung der verschuldensunabhängigen Bürgenhaftung nach § 150 Abs. 3 SGB VII auf Unternehmen, die gewerbliche Bauleistungen im Sinne § 211 Abs. 1 S. 2 SGB III erbringen und einen Nachunternehmer mit der Ausführung von Bauleistungen beauftragt haben, ist sachlich gerechtfertigt. Denn nach den Erkenntnissen des Gesetzgebers ist für das Baugewerbe der Einsatz von Nachunternehmern typisch und die illegale Beschäftigung im Baugewerbe ausgeprägt (siehe BT-Drucks. 14/8221 S. 16 ). Dies rechtfertigt die Beschränkung der Bürgenhaftung auf Unternehmen des Baugewerbes. Da Haftungsgrund die Übernahme der Verpflichtung zur Erbringung von Bauleistungen und die Beauftragung eines Nachunternehmers mit der Durchführung der Bauleistungen ist, ist es nicht willkürlich, die Haftung nach § 150 Abs. 3 SGB VII auf gewerbliche Bauunternehmen zu beschränken und andere Unternehmen, die als Bauherr, d. h. als Letztbesteller des Werkes auftreten, von der Haftung auszunehmen.
Eine verfassungskonforme Einschränkung des Umfangs der Bürgenhaftung nach § 150 Abs. 3 SGB VII ist nicht geboten. Soweit im Schrifttum teilweise eine Begrenzung der Haftung auf zumutbare Erkennungs- und Abwehrmaßnahmen vertreten wird (siehe Rixen, Die Generalunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge, SGb 2002, 536 (542,543); Ricke in Kasseler Kommentar, § 150 Rdnr. 5), liegen die Voraussetzungen für eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift des § 150 Abs. 3 SGB VII durch eine verfassungskonforme Auslegung nicht vor. Eine verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen, wo sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes widerspricht. Das Abwenden der verschuldensunabhängigen Bürgenhaftung nach § 150 Abs. 3 SGB VII durch zumutbare Erkennungs- und Abwehrmaßnahmen, also die Einräumung einer Exculpationsmöglichkeit, widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes.
Somit haftet die Klägerin als Generalunternehmer für die Erfüllung der Beitragspflicht und der Umlagepflicht der Firma X KG insoweit, als der Beitrag und die Umlage zur gesetzlichen Unfallversicherung sowie die Insolvenzgeld-Umlage auf Arbeitsentgelten beruhen, die für die in Auftrag gegebenen Bauleistungen zu zahlen waren.
Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid die Forderung nach § 150 Abs. 3 SGB VII zutreffend auf 33.982,22 EUR festgestellt. Sie hat durch eine Schätzung nach § 165 Abs. 3 SGB VII das Arbeitsentgelt, das in dem der Klägerin in Rechnung gestellten Betrag für die von der Firma X KG im Jahr 2003 ausgeführten Aufträge enthalten war, ermittelt und dieses Arbeitsentgelt für die Berechnung des Beitrags und der Umlagen zur gesetzlichen Unfallversicherung nach § 153 SGB VII bzw. für die Insolvenzgeld-Umlage nach §§ 360 Abs. 2 S. 2 SGB III, 153 SGB VII zugrunde gelegt. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 15.12.2005 Bezug und sieht von einer weitern Darstellung der Gründe ab (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG). Die Klägerin hat keine Einwände gegen die Ermittlung und Berechnung des Beitrages und der Umlagen, für die sie nach § 150 Abs. 3 SGB VII haftet, erhoben.
Die Forderung in Höhe von 33.982,22 EUR ist auch nicht teilweise durch die von der Firma X KG im Jahr 2003 geleisteten Vorschusszahlungen erloschen. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet gewesen, die Vorschusszahlung von insgesamt 27.200,00 EUR ganz oder teilweise mit dem Teil der Beitrags- und Umlageforderung aufzurechnen, für die die Klägerin als selbstschuldnerische Teilbürgin haftet. Vielmehr ist die Beklagte berechtigt gewesen, die Vorschusszahlung in Höhe von 14.603,17 EUR mit der Beitrags- und Umlageforderung und den Säumniszuschlägen für 2002 sowie in Höhe von 12.596,83 EUR mit der Beitrags- und Umlagenforderung, für die die Klägerin oder andere Unternehmen nach § 150 Abs. 3 SGB VII nicht haften, und den Säumniszuschlägen für 2003 entsprechend der §§ 396 Abs. 1 Satz 1, 366 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufzurechnen. Auf die Tilgung von fälligen Beitrags- und Umlageforderungen durch die Verrechnung geleisteter Vorschüsse nach § 164 SGB VII ist die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB entsprechend anwendbar. Denn weder die Vorschriften des SGB VII noch die des SGB I enthalten eine Regelung darüber, in welcher Reihenfolge der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung fällige Beitrags- und Umlageforderungen durch die Aufrechnung von Vorschüssen zu tilgen hat. Auch sind die Vorschriften der Beitragszahlungsverordnung nicht anwendbar, da sie nur die Gesamtsozialversicherungsbeiträge betreffen (siehe zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 366 Abs. 2 BGB: BSG, Urteil vom 22.02.1996, – 12 RK 42/94 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.09.2006, – L 10 U 211/06 -). Nach § 366 Abs. 2 BGB wird bei fehlender Tilgungsbestimmung zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welcher dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt. Da derjenige Teil der Beitrags- und Umlageforderung der Beklagten einschließlich der Säumniszuschläge für 2002 und 2003, für den kein Unternehmer als Bürge nach § 150 Abs. 3 SGB VII haftet, geringer gesichert ist, entspricht die von der Beklagten vorgenommen Tilgung der Beitrags- und Umlageforderungen für 2002 und 2003 durch die Aufrechnung mit den geleisteten Vorschusszahlungen der in § 366 Abs. 2 BGB vorgesehenen Reihenfolge. Der Erlass eines Haftungsbescheides nach § 150 Abs. 3 SGB VII verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Denn durch die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 13.05.2003 hat die Beklagte keinen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass sie von einer Inanspruchnahme der Klägerin als selbstschuldnerischer Bürge nach § 150 Abs. 3 SGB VII für Beitrags- bzw. Umlagenschulden absehen wird. Denn die Unbedenklichkeitsbescheinigung war nach deren eindeutigen Wortlaut nicht an die Klägerin, sondern an die Firma X KG gerichtet. In der Bescheinigung wird nur die Mitgliedschaft dieser Firma zur Beklagten und die bisherige Erfüllung der Beitragspflichten bescheinigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§197a SGG, 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Erstellt am: 22.02.2007
Zuletzt verändert am: 22.02.2007