Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.08.2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten beider Instanzen zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 23.853,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage noch die Feststellung, dass die Entscheidung der Beklagten, eine von der Klägerin angebotene Bildungsmaßnahme für die Weiterbildungsförderung nicht zuzulassen, rechtswidrig gewesen ist.
Im Dezember 2003 übersandte die Klägerin der Beklagten die Erhebungsunterlagen für die Bildungsmaßnahme "Unternehmenslogistik mit SAP R/3, Supply Chain Management und e-Commerce", die am 01.03.2004 beginnen und am 29.10.2004 enden sollte und beantragte die Zulassung für die Weiterbildungsförderung. Mit Bescheid vom 06.02.2004 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, weil die Weiterbildungsmaßnahme nicht den Erfordernissen der §§ 84, 85 SGB III entspreche. Die Weiterbildungsmaßnahme sei auf Grund der Arbeitsmarktlage nicht zweckmäßig, weil mit einer dauerhaften Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt nach Abschluss der Maßnahme nicht gerechnet werden könne. Einer offenen Stelle stünden derzeit circa 10 Bewerber gegenüber. Zudem hätten die vergleichbaren vorangegangenen Maßnahmen die angestrebte Wiedereingliederungsquote von 70 % nicht annähernd erreicht. Vereinzelte Vermittlungen rechtfertigten nicht die Annahme arbeitsmarktlicher Zweckmäßigkeit. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die Maßnahme werde seit 1992 mit großem Erfolg durchgeführt. Sie werde seit 3 Jahren in E angeboten und habe – trotz eines sehr schlechten Arbeitsmarktes – Vermittlungsquoten von mehr als 50 %. Die im Februar 2003 beendete Maßnahme habe mit mehr als 60 % eine bemerkenswert gute Quote ergeben; bezüglich der im Januar 2004 beendeten Maßnahme könnten Zahlen noch nicht vorgelegt werden. Es sei jedoch damit zu rechnen, dass die Zahl der Übernahme der Absolventen drastisch nach oben gehe.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25.03.2004 wies die Widerspruchsstelle der Agentur für Arbeit E den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 26.04.2004 vor dem Sozialgericht Aachen (SG) Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, die Wiedereingliederungsquote der 2003 abgeschlossenen Maßnahme liege bei circa 67 %. Ihre Vermittlungsquoten lägen regelmäßig deutlich über denen anderer Mitbewerber. Die Beklagte könne nicht eine Weiterbildungsmaßnahme der DAA anerkennen und sodann ihre Maßnahme mit dem Argument ablehnen, auf Grund der zuvor anerkannten Weiterbildungsmaßnahme sei mit einer Absenkung der Nachfrage an weiteren Absolventen zu rechnen. Soweit die Beklagte zur Ermittlung der Reintegrationsquote eine Maßnahme heranziehe, die erst 2 Monate zuvor beendet worden sei und dabei auf eine Vermittlungsquote von 16,7 % komme, sei dies unzulässig. Nach 2 Monaten könnten keine zuverlässigen Aussagen getroffen werden. Nach 4,5 Monaten liege die Vermittlungsquote der Absolventen dieser Maßnahme bereits bei 50 % und könne in weiterer Zukunft durchaus noch gesteigert werden.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 06.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2004 rechtswidrig war.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf hingewiesen, dass im Februar 2004 einer offenen Stelle 10 Bewerber gegenüber gestanden hätten. Dass dem Arbeitsmarkt durch das Vorhandensein einer ähnlichen Weiterbildungsmaßnahme bei der DAA zeitweise eine höhere Teilnehmerzahl zur Verfügung gestanden habe, liege in der Natur der Sache. Folge hiervon sei aber auch, dass der Bedarf an zusätzlichen weiteren Absolventen dieser Maßnahme sinke, weil bereits genügend qualifizierte Bewerber zur Verfügung und einer nur begrenzten Zahl offener Stellen gegenüber stünden. In diesem Arbeitsmarktsegment habe sich im Betrachtungszeitraum 2003 ein Verhältnis von 10 Bewerbern zu einer offenen Stelle ergeben. Am 25.03.2004 sei das Verhältnis ähnlich gewesen: 22 Bewerbern hätten 2 offene Stellen gegenüber gestanden. Durch die Agentur für Arbeit in E sei im Jahr 2004 keine vergleichbare oder gar gleichnamige Maßnahme anerkannt worden, weder bei der DAA E noch bei einem anderen Träger, da die Arbeitsmarktlage dies nicht zugelassen habe.
Durch Urteil vom 18.08.2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Die vorliegende Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§131 Abs. 1 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -). Auf Grund der Beendigung der Maßnahme am 29.10.2004 habe sich die ablehnende Entscheidung der Beklagten – bezogen auf diese konkrete Maßnahme – erledigt. Die Klägerin habe jedoch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung und Überprüfung der Rechtmäßigkeit des ursprünglich angefochtenen Verwaltungsaktes um für nachfolgende – von ihr angebotene – Bildungsmaßnahmen Rechtssicherheit zu erlangen. Die Klage sei sachlich aber nicht begründet. Zu Recht habe die Beklagte die von der Klägerin angebotene Maßnahme im Hinblick auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht für die Weiterbildungsförderung zugelassen. Gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III seien für die Förderung nur Maßnahmen zugelassen, bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, dass die Maßnahme nach Gestaltung der Inhalte der Maßnahme sowie der Methoden und Materialien ihrer Vermittlung eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lässt und nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist. Die Aufgaben von fachkundigen Stellen im Sinne des Gesetzes hätten für bis zum 31.12.2005 beginnende Maßnahmen die innerhalb der Bundesagentur für Arbeit zuständigen Stellen weiterhin wahrgenommen (§ 15 der Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch – AZWV). Die fachkundige Stelle habe im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit der Maßnahme einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Sichergestellt werden solle, dass die Maßnahme selbst objektiv zweckmäßig sei. Der so geartete Entscheidungsfreiraum der Beklagten rechtfertige sich sachlich daraus, dass das Urteil darüber, ob eine Maßnahme arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig ist, eine Prognose verlange, die unter Einbeziehung planerischer und wertender Elemente (§ 1 SGB III) und unter Berücksichtigung nicht nur der aktuellen Lage, sondern auch der künftigen Entwicklung des Arbeitsmarktes zu treffen sei. Die Maßnahme sei also unter Berücksichtigung der erkennbaren Umstände, der Abläufe in der Vergangenheit sowie der sich für die Zukunft abzeichnenden Entwicklungen zu beurteilen; schon hierüber könne es keine Kenntnis im Sinne einer sicheren Feststellung geben. Wenn auch die aktuelle Lage des Arbeitsmarktes einer vollen gerichtlichen Überprüfung zugänglich sei, so bleibe doch seine Entwicklung mit allen Unwägbarkeiten behaftet und die erforderlichen Prognosen beruhten zudem auf planerisch – wertenden Abwägungen der in § 1 SGB III genannten Ziele. Die gerichtliche Kontrolle sei bei Annahme eines Beurteilungsspielraumes auf die Frage beschränkt, ob die Beklagte von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und ob sie die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes abstrakt ermittelten Grenzen eingehalten und geachtet hat. Dies sei nach Auffassung der Kammer vorliegend der Fall. Unter Berücksichtigung der problematischen Arbeitsmarktlage für Logistiker im Bereich der Agentur für Arbeit E und der daraus resultierenden schlechten Eingliederungsprognose habe die Beklagte zu Recht die Zulassung der beantragten Maßnahme für die Weiterbildungsförderung abgelehnt. Das Urteil ist der Klägerin am 19.09.2005 zugestellt worden.
Am 12.10.2005 hat sie dagegen Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, dass der Beklagten bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit der Maßnahme gern. §§ 84, 85 Abs. 3 SGB III offensichtliche Fehler unterlaufen seien. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 17.01.2006 konkret Bezug genommen. Die Klägerin weist weiter daraufhin, dass sie einer der ersten Bildungsträger sei, der bundesweit zertifiziert wurde und überreicht eine entsprechende Institutszertifizierung und eine Maßnahmenqualifizierung, beides vom 23.12.2005. Die Klägerin sieht auch ein Feststellungsinteresse nach wie vor für gegeben an. Wenn sich in dem Verfahren herausstelle, dass die angebotene Bildungsmaßnahme zu Unrecht nicht für die Weiterbildungsförderung zugelassen worden sei, so könne sie Schadensersatzansprüche geltend machen. Schadensersatzansprüche könnten sich zum Einen aus dem entgangenen Gewinn ergeben, zum Anderen aus Aufwendungen, die getätigt worden seien, um die Zulassung der Bildungsmaßnahme zu erreichen. Um einen Schadensersatzanspruch durchzusetzen, werde zunächst ein positives Feststellungsurteil benötigt. Den ihr entstanden Schaden beziffert die Klägerin auf 23.853 EUR. Außerdem würden die Zertifizierungsstellen weiterhin unter dem Einfluss der Bundesagentur für Arbeit stehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.08.2005 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, die Klage sei zurecht abgewiesen worden und verweist zunächst auf die überzeugenden Ausführungen im Urteil des SG. Ergänzend vertritt sie aber die Auffassung, dass kein berechtigtes Feststellungsinteresse vorliege. Ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setze die hinreichend konkrete Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen werde. Diese Gefahr sei spätestens durch die geänderte Rechtslage nach Einführung der AZWV nicht mehr gegeben. Zu beachten sei dabei insbesondere, dass das bisherige sog. Zulassungsverfahren von Weiterbildungsträgern und -maßnahmen aus der Zuständigkeit der Beklagten herausgenommen und auf externe fachkundige Stellen übertragen worden sei. Nach § 15 AZWV liege dies nunmehr im alleinigen Verantwortungsbereich der fachkundigen Stellen. Im Hinblick auf ein geltend gemachtes Schadensinteresse spreche die Klägerin von Aufwendungen, die im Zuge des Bemühens um die Zulassung der Maßnahme durch die Beklagte entstanden sein sollen. Insoweit sei angemerkt, dass diese auch bei der tatsächlichen Zulassung der Maßnahme entstanden wären.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht zulässig gewesen, weil kein Feststellungsinteresse gegeben ist.
So kann sich die Klägerin zunächst nicht auf den Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr berufen. Eine solche Wiederholungsgefahr ist etwa dann zu bejahen, wenn Änderungen in den Tatsachenumständen, die für die Entscheidung der Beklagten maßgeblich waren, ausgeschlossen erscheinen und die Entscheidung der Beklagten ansonsten maßgeblich von Rechtsfragen abhängt, die voraussichtlich künftig wieder relevant werden (vgl. nur BSG, SozR 3-1500 § 54 Nr. 47). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zum einen stellt sich die Rechtslage nach Einführung der AZWV seit dem 01.07.2004 wesentlich anders dar. Zu Recht hat die Beklagten daraufhingewiesen, dass das bisherige sog. Zulassungsverfahren von Weiterbildungsträgern und -maßnahmen aus der Zuständigkeit der Beklagten herausgenommen und auf externe fachkundige Stellen übertragen worden ist (vgl auch Eicher in Eicher/Schlegel, Vor §§ 84-87 SGB III, Rn. 13 ff.). Nach § 15 AZWV liegt dieses nunmehr im alleinigen Verantwortungsbereich der fachkundigen Stellen. Auch unterliegen die tatsächlichen Verhältnisse, nämlich die Anforderungen des Arbeitsmarktes, ständigen Veränderungen. Im Übrigen spricht die Annerkennung zahlreicher von der Klägerin angebotener Maßnahmen – darunter einige, die der hier streitigen entsprechen dürften – durch eine Zertifizierungsagentur für die Zeit bis 22.12.2008 gegen eine Wiederholungsgefahr.
Die Klägerin kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch nicht daraus ableiten, dass sie im Falle eines Prozesserfolges im sozialgerichtlichen Verfahren gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche geltend machen will. Ein derartiges Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn die beabsichtigte Schadensersatzklage, die hier allein auf die Vorschrift des § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gestützt werden könnte, offensichtlich aussichtslos ist (st. Rechtsprechung, vgl. nur BSG 27.01.2004 – B 11 AL 169/03 B -; LSG Berlin 20.10.2004 – L 7 KA 64/01; Meyer-Ladewig, § 131 SGG Rz. 10 c, 10 d). Einer Erfolgsaussicht im Amtshaftungsverfahren stehen hier mehrere Umstände entgegen. So gibt es wegen des stets anzuerkennenden Beurteilungsspielraums unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Rechtsanspruch des Trägers auf Anerkennung einer Bildungsmaßnahme als förderungsfähig. Vorliegend hätte die Beklagte deshalb, wäre es nicht zur Erledigung gekommen, lediglich zu einer neuen Entscheidung unter Berücksichtigung anderer Beurteilungsparameter verurteilt werden können. Außerdem werden an das Verschulden als Voraussetzung des Amtshaftungsanspruchs hohe Anforderungen gestellt (vgl. LSG Berlin 20.10.2004 – L 7 KA 64/01 -), die hier nicht vorliegen. Die Auffassung der Beklagten ist schlüssig und gut vertretbar gewesen, wie insbesondere die ausführlichen Darlegungen zur Sache im erstinstanzlichen Urteil zeigen. Im Übrigen ist die von der Klägerin behauptete Schadenshöhe nicht nachvollziehbar. Die Bezifferung hätte wenigstens Angaben zu den erwarteten Einnahmen enthalten müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm. § 154 Abs. 1 u. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Entgegen der Auffassung des SG war § 193 SGG nicht anzuwenden, weil weder die Klägerin noch die Beklagten dem in § 183 SGG genannten Personenkreis (Versicherte und gleichgestellte Personen) angehören. Insoweit war die Kostenentscheidung des SG für die ersten Instanz zu ergänzen und die Klägerin auch mit den Gerichtskosten zu belasten. Das Verbot der reformatio in peius gilt bei einer Entscheidung in der Hauptsache im Hinblick auf die stets von Amts wegen zu treffende Kostenentscheidung nicht (BSG, SozR 4100 § 141b Nr 40; BSG, SozR 3-3200 § 81 Nr 18; Meyer-Ladewig/Leitherer § 193 SGG, Rz. 16).
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 GKG und berücksichtigt die von der Klägerin angegebene finanzielle Bedeutung.
Erstellt am: 12.06.2007
Zuletzt verändert am: 12.06.2007