Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 28.06.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren noch, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Antragsteller zu 1 im Rahmen der erbrachten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) weitere Leistungen von monatlich mindestens 51,13 EUR wegen eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.
Der 1983 geborene Antragsteller zu 1 leidet ausweislich eines Attestes des praktischen Arztes L (Conn) vom 07.06.2010 an einem insulinpflichtigen Diabetes Mellitus Typ I. Nach einem weiteren Attest des Arztes vom 07.07.2010 befindet sich der Antragsteller zu 1 dort seit Jahren in hausärztlicher Betreuung. Die intensivierte Insulintherapie erfordere mehrmals täglich Zuckermessungen und Insulingaben sowie entsprechend auch eine Berücksichtigung der Arbeitszeit und Belastbarkeit. Eine entsprechende diabetesadaptierte Kost sei bis auf Weiteres, wie schon bisher, erforderlich.
Am 18.05.2010 beantragten die Antragsteller, denen zuvor mit Bescheid vom 24.03.2010 Leistungen ab dem 01.04.2010 gänzlich versagt worden waren, bei dem Sozialgericht, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen beantragte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, insbesondere die regelmäßigen Leistungen der §§ 20 bis 22 SGB II, zu gewähren.
Mit Schriftsatz vom 19.05.2010 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass den Antragstellern bereits mit Bescheid vom 11.05.2010 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04. bis 30.09.2010 bewilligt worden seien. Mit Schriftsatz vom 25.05.2010 erklärten die Antragsteller den Antrag "in Höhe des nunmehr gewährten Teiles der beantragten Leistungen für erledigt". Hinsichtlich eines Mehrbedarfs aufgrund der Diabeteserkrankung des Antragstellers zu 1 sei jedoch keine Erledigung eingetreten. Beim Sozialgericht wurde das Verfahren daraufhin nur mehr als Verfahren allein des Antragstellers zu 1 weitergeführt.
Zu dem Mehrbedarf führten die Antragsteller u.a. aus, Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (Deutscher Verein) für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe aus dem Jahre 1997 seien nach wie vor anwendbar. Denn der medizinische Kenntnisstand habe sich seither nicht verändert. Demgegenüber litten spätere Empfehlungen des Deutschen Vereins zu dieser Frage vom 01.10.2008 an erheblichen Begründungsmängeln. Denn die Änderung der Empfehlungen im Jahre 2008 basiere lediglich auf der Verwendung eines anderen Rationalisierungsschemas; die Empfehlungen aus 1997 hätten ein Rationalisierungsschema aus 1994 verwendet, wohingegen die aktuellen Empfehlungen ein Schema aus 2004 benutzt hätten. Das Schema aus 1994 habe u.a. bei Diabetes bestimmte Ernährungsformen als Diätkost berücksichtigt; demgegenüber behaupte das Schema aus 2004 wider eine herrschende Auffassung und wider die eigenen wissenschaftlichen Grundlagen, dass es solche Kostformen nicht mehr gebe, sondern dass eine Vollkost ausreichend sei. Allerdings führe das Schema aus 2004 selbst aus, die wirksamen Diätkomponenten nach den bisherigen Kostformen müssten in die nunmehr propagierte Vollkost integriert werden. Damit jedoch bestätige das Schema aus 2004 genau das, was es eigentlich ablehne, dass nämlich die bisherigen Diätkostformen wirksame Diätkomponenten enthielten und damit keineswegs veraltet und medizinisch überholt sein könnten. Anderenfalls bedürfe es einer Übernahme der wirksamen Komponenten der jeweiligen Krankheitskost nicht. Das Schema aus 2004 leide zudem daran, dass die ausdrücklich genannte Notwendigkeit der Integration der wirksamen Komponenten der bisherigen Diätkostformen in die Vollkost gar nicht stattfinde. Denn dies würde voraussetzen, dass innerhalb des Schemas aus 2004 eine Anpassung der Vollkost an die jeweilige Erkrankungsart vorgenommen werde derart, dass in Anlehnung an das Schema 1994 die seinerzeit jeweils wirksam erkannten Komponenten übernommen würden. Dies sei jedoch nicht der Fall. Das Schema aus 2004 weise insoweit unzutreffend auf Leitlinien der Deutschen Diabetesgesellschaft hin. Unzutreffend sei auch die Bezugnahme in den Empfehlungen des Deutschen Vereins von Oktober 2008 auf diese Leitlinien. Denn die Leitlinien der Deutschen Diabetesgesellschaft sähen bei Diabetes eine spezielle Diätkost gerade ausdrücklich vor. Aus diesen Leitlinien gehe zudem implizit hervor, dass zwischen 1997 und 2004 kein medizinischer Erkenntniswandel stattgefunden habe in der im Schema aus 2004 suggerierten Weise, dass die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse der Empfehlungen des Deutschen Vereins von 1997 als überholt erschienen. Eher sei das Gegenteil der Fall. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins von Oktober 2008 seien deshalb nicht überzeugungskräftig; vielmehr seien weiterhin die Empfehlungen von 1997 anzuwenden. Nicht überzeugen könne ebenfalls die Bezugnahme der Empfehlungen des Deutschen Vereins von Oktober 2008 auf eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Denn aus letzterer zögen die Empfehlungen den unzulässigen Schluss, dass mit einem Ansatz von täglich 4,52 EUR für Nahrungsmittel und Getränke (einschließlich Tabakwaren) die Regelleistung nach dem SGB II für Haushaltsvorstände und Alleinlebende den Mindestaufwand für eine Vollkost decken könne. Diese Schlussfolgerung stehe im Widerspruch zur Aussage der DGE-Studie selbst, die notwendigen Ausgaben für eine vollwertige Ernährung beliefen sich auf durchschnittlich 87,00 EUR pro Person und Woche. Die in der Studie nicht begründete, aber unterstellte Möglichkeit der Bildung von Vorräten bei Vollkostprodukten bestehe wegen geringer Haltbarkeit solcher Produkte in Wirklichkeit nicht. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins von Oktober 2008 genügten deshalb nicht wissenschaftlichen Mindeststandards. Überzeugungskraft könnten nur logisch zwingende Schlussfolgerungen besitzen, die den herrschenden Denkgesetzen entsprächen. Eine solche Schlüssigkeit fehle den Empfehlungen von Oktober 2008. Demgegenüber lägen den Empfehlungen von 1997 wissenschaftlich ermittelte Berechnungen zugrunde, aus denen sich der geltend gemachte Mehrbedarf von mindestens 51,13 EUR ergebe. Für eine GewäLhrung effektiven Rechtsschutzes dürfe sich das Gericht auch nicht nur auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache beschränken, sondern müsse die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen. Sei ihm das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht möglich, müsse es eine Folgenabwägung vornehmen, die im vorliegenden Fall nur zur Gewährung der beantragten Mehrleistungen führen könne; denn die begehrten Mehrleistungen seien für ein menschwürdiges Leben notwendig.
Mit Beschluss vom 28.06.2010 hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt; außergerichtliche Kosten seien nicht zu erstatten. Es hat sich dabei auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins von Oktober 2008 bezogen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen. Der Beschluss führt im Rubrum auf Antragstellerseite lediglich den Antragsteller zu 1 auf.
Gegen den am 06.07.2010 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 05.08.2010 Beschwerde eingelegt, mit der sie weiterhin die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin beantragen, Mehrleistungen i.H.v. monatlich von mindestens 51,13 EUR für einen Ernährungsmehrbedarf des Antragstellers zu 1 wegen dessen Diabeteserkrankung zu gewähren. Sie tragen u.a. vor, ihr Prozessbevollmächtigter sei am 07.05.2010 mit ihrer Vertretung beauftragt worden. Sie selbst hätten am 11.05.2010 bei der Antragsgegnerin vorgesprochen, wobei die Antragsgegnerin zunächst die mit Bescheid vom 24.03.2010 ausgesprochene Leistungsversagung (ab 01.04.2010) mündlich wiederholt habe. Ihr Prozessbevollmächtigter habe sich unter dem 13.05.2010 gegenüber der Antragsgegnerin für sie bestellt und eine einstweilige Anordnung angekündigt. Dem Prozessbevollmächtigten sei sodann der Bewilligungsbescheid vom 11.05.2010 mit einem Schreiben der Antragsgegnerin vom 20.05.2010 erst am 24.05.2010 zugegangen. Dies sei für die Kostenfrage relevant; die Kostenentscheidung des Sozialgerichts sei fehlerhaft. Die Prüfung eines Mehrbedarfs habe nicht zu einer abgrenzbaren Ausweitung des gesamten Verfahrens geführt; auch angesichts des teilweisen Misserfolgs des Antragstellers habe die Antragsgegnerin deshalb die gesamten Kosten zu tragen. Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin den Bevollmächtigten über die Zustellung des Bescheides vom 11.05.2010 an sie – die Antragsteller – selbst in Kenntnis setzen müssen. Bei entsprechend zeitnaher Information durch die Antragsgegnerin wäre der durch diesen Bescheid erledigte Teil des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von vornherein nicht Verfahrensgegenstand geworden. Hinsichtlich eines Mehrbedarfs des Antragstellers zu 1 tragen die Antragsteller ergänzend vor, die Erkenntnis des Rationalisierungsschemas aus 2004, dass wirksame Diätkomponenten bei Kostformen für verschiedene Erkrankungen in die Vollkost integriert werden könnten, sei keineswegs neu und erst recht nicht das Ergebnis eines wissenschaftlichen Erkenntniswandels nach 1997. Es handele sich vielmehr um Erkenntnisse, die bereits einem Gutachten zugrunde gelegen hätten, welches wiederum den Empfehlungen des Deutschen Vereins von 1997 zugrundegelegen habe. Ziel der Diabeteskost sei es u.a., eine Liberalisierung der Aufnahme von niedermolekularen Kohlenhydraten (insbesondere Saccharose) für Diabetiker zu vermeiden. Hierfür seien diätetische Lebensmittel für Diabetiker, denen etwa Glukose, Invertzucker, Disaccharide, Maltodextrine und Glukosesirup nicht zugesetzt sein dürften, wissenschaftlich anerkannt; sie erleichterten die Diät für Diabetiker nachhaltig. Dies entspreche auch den aktuellen Leitlinien der Deutschen Diabetesgesellschaft, welche unter Verweis auf internationale Studienerkenntnisse nach wie vor spezielle Diätkostformen bei Diabetes mellitus mit unterschiedlichen Zielrichtungen ausdrücklich vorsähen. Die Notwendigkeit einer solchen Diabetesdiät bewirke einen den Regelbedarf überschreitenden Mehrbedarf. Der Gesetzgeber habe im Übrigen gerade auf die Fassung der Empfehlungen des Deutschen Vereins von 1997 ausdrücklich Bezug genommen. Zu diesen Empfehlungen von 1997 bildeten die Empfehlungen von 2008 angesichts ihres unwissenschaftlich begründeten Ergebnisses allenfalls eine Gegenmeinung. Eine bloße Bezugnahme des Gerichts auf diese Empfehlungen aus 2008 genüge deshalb dem Justizgewährungsanspruch nicht. Das Verweigern einer Mehrbedarfsleistung durch die Antragsgegnerin belaste im Übrigen die gesamte Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller, weil diese den Mehrbedarf des Antragstellers zu 1 abfangen müsse. Im Übrigen sei bereits gegen den Versagungsbescheid vom 24.03.2010 Widerspruch erhoben worden u.a. mit der Begründung, dass Leistungen für den Mehrbedarf nicht bewilligt worden seien. Es sei im weiteren Schriftverkehr zudem darauf hingewiesen worden, dass sich mit dem Bescheid vom 11.05.2010 der Widerspruch hinsichtlich dieses Teiles der Leistungsversagung nicht erledigt habe.
Die Antragsgegnerin weist demgegenüber u.a. darauf hin, dass sich ausweislich einer aktualisierten, evidenzbasierten Leitlinie der Deutschen Diabetesgesellschaft zur Therapie des Diabetes mellitus Typ I die Grundlagen der Ernährungsempfehlungen für Patienten mit dieser Erkrankung nicht wesentlich von denen für die Allgemeinbevölkerung unterschieden. Im Übrigen sei der Bewilligungsbescheid vom 11.05.2010 ordnungsgemäß an die Antragsteller versandt worden, erst später allerdings auch an den Bevollmächtigten. Vor Stellung des Antrags vor dem Sozialgericht am 18.05.2010 wäre es dem Prozessbevollmächtigten zumutbar gewesen, sich zu erkundigen, ob mittlerweile ein Bewilligungsbescheid vorliege. Die Kostenentscheidung durch das Sozialgericht sei deshalb richtig. Im Übrigen sei der Bescheid vom 11.05.2010 von den Antragstellern nicht einmal mit dem Widerspruch angefochten worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Antragsteller zu 2 bis 5 ist unzulässig.
Denn insoweit liegt keine Entscheidung des Sozialgerichts vor, gegen die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Beschwerde statthaft wäre. Das Rubrum des sozialgerichtlichen Beschlusses, welches allein den Antragsteller zu 1 auf Antragstellerseite als Verfahrensbeteiligten nennt, ist auch nicht etwa schlichtweg unvollständig. Denn mit Schriftsatz der Antragsteller vom 25.05.2010 war der ursprünglich weiter gefasste Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II an sämtliche Antragsteller ausdrücklich für erledigt erklärt worden. Ausdrücklich ist dabei zudem ausgeführt worden, nur hinsichtlich eines Mehrbedarfs für den Antragsteller zu 1 sei keine Erledigung eingetreten. Für die Antragsteller zu 2 bis 5 bedurfte es deshalb bereits keiner sozialgerichtlichen Entscheidung mehr; das Sozialgericht hat das Verfahren im Anschluss an diese Erledigungserklärung vielmehr zutreffend nur mehr als Verfahren des Antragstellers zu 1 weitergeführt. Im Übrigen hat der Bevollmächtigte der Antragsteller ausweislich eines Vermerks des Kammervorsitzenden des Sozialgerichts am 26.05.2010 beim Gericht angerufen und – ohne dass dies im Anschluss an den Schriftsatz vom 25.05.2010 noch nötig gewesen wäre – klargestellt, dass der (nach Ansicht des Senats insoweit ohnehin unmissverständliche) Schriftsatz vom 25.05.2010 dahin zu verstehen sei, dass der Antrag der Antragsteller zu 2 bis 5 für erledigt erklärt worden sei und vom Antragsteller zu 1 lediglich noch ein Mehrbedarf geltend gemacht werde.
Den Antragstellern zu 2 bis 5 ist allerdings zuzugeben, dass das Sozialgericht bislang hinsichtlich ihrer keine Kostenentscheidung getroffen hat. Den Antragstellern zu 2 bis 5 steht es insoweit frei, beim Sozialgericht noch einen Antrag auf Entscheidung über die Kostenerstattung entsprechend § 193 Abs. 1 SGG anzubringen.
2. Die Beschwerde des Antragstellers zu 1 ist hingegen zulässig, aber unbegründet.
a) Keineswegs kann etwa eingewandt werden, es bestehe kein Rechtsschutzinteresse, weil gegen den Bescheid vom 11.05.2010 kein Widerspruch eingelegt worden sei. Denn eines solchen Widerspruchs bedurfte es von vornherein nicht: Die Antragsteller haben bereits den Bescheid vom 24.03.2010 mit dem Widerspruch angefochten, mit dem Leistungen ab dem 01.04.2010 zunächst gänzlich versagt worden waren. Nach Widerspruch der Antragsteller wurden sodann mit dem Bescheid vom 11.05.2010 Leistungen ab dem 01.04.2010 bewilligt, wenn auch nur in Höhe der regelmäßigen Leistungen ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs des Antragstellers zu 1. Bei dem Bescheid vom 11.05.2010 handelt es sich deshalb um einen Teilabhilfebescheid zum Versagungsbescheid vom 24.03.2010, der nach § 86 SGG Gegenstand des (nach wie vor) anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden ist. Der erneuten Einlegung eines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11.05.2010 bedurfte es deshalb nicht. Ist aber der Versagungsbescheid vom 24.03.2010 i.d.F. des Teilabhilfebescheides vom 11.05.2010 bislang nicht bestandskräftig geworden, so existiert einstweilen bisher keine den geltend gemachten Mehrbedarf bereits bestandskräftig versagende Regelung durch die Antragsgegnerin, die wegen dieser Bestandskraft den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig machen würde.
b) Die Beschwerde hinsichtlich eines Anspruchs auf Mehrbedarfsleistungen des Antragstellers zu 1 nach § 21 Abs. 5 SGB II ist jedoch unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch auf Mehrbedarfsleistungen wegen medizinisch notwendiger kostenaufwändiger Ernährung ist nicht i.S.d. § 86b Abs. 2 Satz 2 bis 4 SGG glaubhaft gemacht.
Nach den aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 01.10.2008 ist bei einer Erkrankung an Diabetes mellitus Typ I in der Regel ein krankheitsbedingter erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen. Es ist davon auszugehen, dass der auf der Grundlage einer Einkommens- und Verbrauchstichprobe (EVS) bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt (vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom 21.09.2009 – L 20 B 17/09 AS). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragsteller, die sich gegen die Validität der aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins wenden. Vielmehr hat sich das Sozialgericht zu Recht auf diese Empfehlungen bezogen. Entgegen der Ansicht der Antragsteller sind die aktuellen Empfehlungen nicht zu Gunsten der Vorgängerempfehlungen von 1997 außer Betracht zu lassen:
Dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins für Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe im Rahmen von § 21 Abs. 5 SGB II herangezogen werden können, sieht die Gesetzesbegründung ausdrücklich vor (BT-Drucks. 15/1516, S. 57). Dabei konnte der Gesetzgeber seinerzeit freilich allein die damals als jüngste vorliegenden Empfehlungen von 1997 heranziehen. Das bedeutet allerdings nicht, dass damit gleichsam für alle Zeiten die Empfehlungen allein in der Version von 1997 heranzuziehen sein sollten. Denn bei der Frage, ob eine bestimmte in der Bevölkerung häufiger auftretende Erkrankungen – wie etwa ein Diabetes mellitus Typ I – bei erkrankungsgerechter Ernährung einen Mehrbedarf verursacht, ist ein Wandel der medizinischen und ernährungsphysiologischen Erkenntnisse und auch des für den Einkauf außerhalb von Reformhäusern zur Verfügung stehenden Ernährungsangebots zwangsläufig zu berücksichtigen, soll eine etwa erfolgende Mehrbedarfsempfehlung die tatsächlichen wirtschaftlichen Notwendigkeiten widerspiegeln.
Die 1997 noch begründet erschienenen Empfehlungen des Deutschen Vereins hatten hinsichtlich des Diabetes mellitus Typ I (und etlicher anderer Erkrankungen) jedoch im Laufe der Zeit aufgrund geänderter wissenschaftlicher Erkenntnisse ihre Stichhaltigkeit verloren. Darauf haben die geänderten Empfehlungen von 2008 reagiert. Schon deshalb können jedenfalls die Empfehlungen von 1997 nicht mehr als auf gültigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Maßgaben berücksichtigt werden. An ihre Stelle sind vielmehr die Empfehlungen mit dem Stand 01.10.2008 getreten. Eine Anwendung dieser Neufassung wäre lediglich dann ausgeschlossen, wenn diese Empfehlungen ersichtlich fehlerhaft wären. Dies ist nach Ansicht des Senats entgegen der Ansicht der Antragsteller jedoch nicht erkennbar:
Die Antragsteller beziehen sich im Wesentlichen auf einen Artikel, welcher über den Internetauftritt der Deutschen Diabetesgesellschaft abrufbar ist (Toeller et al., Evidenz-basierte Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus). Anders als die Antragsteller meinen, lassen sich diesem Artikel allerdings keine Aussagen darüber entnehmen, dass nach heutiger Erkenntnis für Diabetiker eine grundlegend andere Ernährungsempfehlung gelte als für die Allgemeinbevölkerung. Der Artikel aus dem Jahre 2005 macht lediglich Ausführungen zur Frage, welche Nahrungsmittel mit welchen Nahrungsinhaltsstoffen für eine diabetesgeeignete Ernährung anhand derzeit überblickbarer wissenschaftlicher Studien empfehlenswert erscheinen. Keineswegs liefert er eine ausdrückliche Abgrenzung zur für die Gesunderhaltung der Allgemeinbevölkerung (ohne Diabeteserkrankung) zu empfehlenden Ernährung. Vielmehr führt er gerade ausdrücklich aus (S. 88), Empfehlungen für Supplemente und funktionelle Lebensmittel für Diabetiker seien nicht angezeigt. Der Senat sieht deshalb auch – anders als die Antragsteller – nicht, dass der Verweis auf eben diesen Artikel (Toeller et al.) in den Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 01.10.2008 (S. 16 bei Fußnote 12) allein eine fehlerhafte Lesart des von der Deutschen Diabetesgesellschaft im Internet veröffentlichten Artikels durch den Deutschen Verein zum Ausdruck bringe.
Dementsprechend führt auch eine (von der Antragsgegnerin schriftsätzlich angesprochene) Evidenz-basierte Leitlinie "Therapie des Diabetes mellitus Typ I" der Deutschen Diabetesgesellschaft (ebenfalls in deren Auftritt im Internet abrufbar) aus (Seite 16 zum Punkt 3.2 "Ernährung"), die Grundlagen der Ernährungsempfehlungen für Patienten mit Diabetes Mellitus Typ I unterschieden sich nicht wesentlich von denen, die auch die Grundlage der Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung zur Erhaltung ihrer Gesundheit seien. Patienten benötigten ausführliche Kenntnisse über die Zusammensetzung und Wirkung der unterschiedlichen Nahrungsmittel auf das Glukoseverhalten. Entsprechend ausgebildete Patienten mit Diabetes Mellitus Typ I könnten nach Implementierung einer Basis-Bolus- (funktionellen) Insulintherapie unterschiedliche Kohlenhydrate und Kohlenhydratemengen mit entsprechenden präprandialen Insulindosen versehen.
Dass entgegen den Ausführungen der Antragsteller gerade auch die Deutsche Diabetesgesellschaft für die heterogene Gruppe der Diabetiker aus dem aktuellen medizinischen und ernährungsphysiologischen Forschungsstand keine von denjenigen für die Allgemeinbevölkerung wesentlich abweichende Ernährungsempfehlungen ableitet, geht im Übrigen auch aus einer aktuellen Veröffentlichung der Gesellschaft im Internet hervor (Titel: Kennzeichnung von Diabetiker-Lebensmitteln muss sich ändern, abrufbar unter www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/news/kennzeichnung von diabetiker-lebensmitteln 28 102007.pdf, dort S. 3). Auch dort ist zudem ausgeführt (S. 2), dass spezielle Diabetikerprodukte oder Diätprodukte für Diabetiker nicht mehr erforderlich seien.
Die Antragsteller missverstehen insoweit die Evidenz-basierten Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus (Toeller et al.): Eine Integration der für die gesundheitliche Versorgung für Diabetikern wirksamen Komponenten der vormals für notwendig gehaltenen Diätkostformen in die vom Deutschen Verein in den aktualisierten Empfehlungen nunmehr empfohlene Vollkost wird bei fehlender Notwendigkeit von Supplementen und funktionellen Lebensmitteln bereits aus den Inhaltsstoffen der Vollkost gewährleistet. Dass ein Diabetiker bessere Kenntnisse ernährungsphysiologischer Zusammenhänge benötigt, so dass eine Integration notwendiger Komponenten nicht wegen im Einzelnen fehlgewichteter Vollkosternährung vereitelt wird, ändert daran nichts.
Soweit die Antragsteller die vom Deutschen Verein für die Empfehlungen von 2008 herangezogene Studie der DGE über Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung (Stand April 2008 = Karg/Wagner/Gedrich, Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung, Stand: April 2008) als die Empfehlungen nicht stützend ansehen, weil die DGE darin Kosten für eine vollwertige Ernährung mit durchschnittlich 87,00 EUR/Woche benenne, so beruht dies auf einer unzureichenden Auswertung der Studie durch die Antragsteller. Denn die Studie berücksichtigt durchaus, dass eine (auch für Diabetiker empfohlene) vollwertige Ernährung zu einem preisbewussten Einkaufen zwingt, sollen die Kosten aus dem Anteil aufgebracht werden, der in den Regelleistungen nach dem SGB II für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren enthalten ist. Die DGE-Studie führt (S. 9) ausdrücklich an, dass in einem solchen Fall Lebensmittelgruppen zu einem Preis eingekauft werden müssen, der etwa bei der fünfundzwanzigsten Perzentile liegt. Bei Angewiesenheit auf Grundsicherungsleistungen ist ein preisbewusstes Einkaufsverhalten jedoch zumutbar. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang einwenden, eine Kostenersparnis durch Anlegen von Vorräten sei wegen des schnellen Verfalls entsprechender Lebensmittel nicht möglich, so zeigt die Tabelle 4 der DGE-Studie (Lebensmittelausgaben im Rahmen einer vollwertigen Ernährung unter Berücksichtigung von Packungsgrößen), dass es insoweit keineswegs etwa um großküchengeeignete Vorratsgrößen oder dergl. geht; vielmehr weichen die in der Tabelle aufgeführten üblichen Verkaufsmengen nur hinsichtlich weniger Artikel von den ebenfalls aufgeführten Einkaufsmengen pro Person und Woche ab. Im Übrigen findet sich in der Tabelle in den Einzelbereichen für leichter verderbliche Lebensmittelgruppen (Gemüse und Salat, Obst, Milchprodukte, Fleisch/Wurstprodukte, Fisch und Eier) gerade kaum ein Lebensmittel, bei dem die übliche Verkaufsmenge die wöchentliche Einkaufsmenge pro Person überschreitet (einzige Ausnahme: Feta). Sind die für eine vollwertige Ernährung aufgeführten Lebensmittel im Übrigen auch im üblichen Speiseplan der nicht an Diabetes erkrankten Bevölkerung zu finden, so ist von vornherein nicht zu erkennen, weshalb sich für die Haltbarkeit von Lebensmittel bei Diabetikern und Nichtdiabetikern ein Unterschied ergeben soll.
3. Auch die Kostenentscheidung des Sozialgerichts für das erstinstanzliche Verfahren, die sich (s.o. zu 1) allein auf den Antragsteller zu 1 bezieht, ist nicht zu beanstanden. Zwar haben die Antragsteller zunächst die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II an alle Antragsteller (und damit auch an den Antragsteller zu 1) beantragt, und diese Leistungen sind mit dem Bescheid vom 11.05.2010 auch bewilligt worden. Diese Bewilligung ist allerdings bereits vor Antragstellung beim Sozialgericht (18.05.2010) erfolgt. Dass der Bewilligungsbescheid zunächst nur den Antragstellern selbst und nicht ihrem Bevollmächtigten bekanntgegeben wurde, kann der Beklagten im Rahmen der Kostenentscheidung (betreffend allein den Antragsteller zu 1; s.o.) nicht angelastet werden. Denn bei Fertigung und Absendung des Bescheides vom 11.05.2010 konnte die Antragsgegnerin noch keine Kenntnis von der Tätigkeit des jetzigen Prozessbevollmächtigten haben: Der Bevollmächtigte weist selbst darauf hin, dass er sich erst mit einem Schreiben vom 13.05.2010 gegenüber der Antragsgegnerin zum Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bestellt hat. Konnte die Antragsgegnerin am 11.05.2010 die Bevollmächtigung nicht kennen, hätten die Antragsteller den Bevollmächtigten noch vor Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht auf den Erlass des Bescheides vom 11.05.2010 hinweisen müssen. Denn nach Erteilung des Mandats am 07.05.2010 mussten sie wissen, dass dieser Bewilligungsbescheid Bedeutung für die weitere Verfolgung ihrer Ansprüche durch den Bevollmächtigten hatte. Es entspräche bei dieser Sachlage nicht der Billigkeit, die Antragsgegnerin mit außergerichtlichen Kosten (des Antragstellers zu 1) zu belasten, auch wenn sie den Großteil der mit dem ursprünglichen Antrag der Antragsteller geltend gemachten Leistungen tatsächlich bewilligt hat. Denn hierzu hätte es der Einleitung des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gar nicht mehr bedurft. Hinsichtlich des später allein noch geltend gemachten Mehrbedarfs für den Antragsteller zu 1 hatte der Antrag von vornherein keine Erfolgsaussicht. Insgesamt konnten deshalb nach den im Rahmen von § 193 SGG anzuwendenden Kriterien der Antragsgegnerin keine notwendigen außergerichtlichen Kosten (des Antragstellers zu 1) aufgegeben werden.
4. Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
5. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 24.09.2010
Zuletzt verändert am: 24.09.2010