Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.05.2014 aufgehoben. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Kläger wendet sich mit der Beschwerde gegen die Aufhebung bewilligter Prozesskostenhilfe (PKH) mit Ratenbestimmung.
Am 29.02.2012 beantragte der Kläger PKH für die Klage im Hauptsacheverfahren S 15 AS 287/12. Im Termin vom 26.11.2013 nahm er die Klage zurück. Durch Beschluss vom 28.11.2013 bewilligte ihm das Sozialgericht (SG) Köln PKH unter Beiordnung des Bevollmächtigten und erlegte als Selbstbeteiligung die Zahlung monatlicher Raten in Höhe von 95 Euro auf, erstmals zu zahlen für den Monat November 2013 und jeweils fällig am 15. des Folgemonats. Dabei berücksichtigte das Gericht ein zu berücksichtigendes Einkommen von 287 Euro monatlich. Dies errechnete es aus dem vom Kläger angegebenen und im Termin bestätigten Nettoeinkommen von 1380 Euro, abzüglich zweier Freibeträge von 442 Euro bzw. 201 Euro sowie Wohnkosten von 450 Euro monatlich.
Nachdem der Kläger keine der auferlegten Zahlungen erbracht hatte, hat das SG ihn über seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 15.01.2014, 14.02.2014 und 26.03.2014, letzteres mit Anhörung zur nun beabsichtigten Aufhebung der PKH, an die Zahlung erinnert. Der Kläger hat sich nicht geäußert. Durch Beschluss vom 19.05.2014, zugestellt am 26.05.2014, hat das Sozialgericht die PKH-Bewilligung aufgehoben. Dazu habe es sich veranlasst gesehen, da der Kläger sich mit mehr als drei Monatsraten in Verzug befinde und Hinderungsgründe weder angegeben noch ersichtlich seien.
Mit seiner am 03.06.2014 erhobenen Beschwerde trägt der Kläger vor, er habe schon keine Kenntnis von der Raten-Zahlungsaufforderung mit Bankverbindung und auch nicht von den folgenden gerichtlichen Mahnungen gehabt, da er umgezogen sei, die Post ihn nicht erreicht habe, obwohl der Bevollmächtigte doch die notwendigen Unterlagen besäße. Zudem sei er nun arbeitslos. Aus Krankheitsgründen (Herzerkrankung, Epilepsie) habe er nach Dezember 2013 seinen Arbeitsplatz verloren.
Er beziehe nun von der Bundesagentur für Arbeit monatlich 963 Euro Arbeitslosengeld I (Alg I) und müsse nach Verlust seiner vormaligen Werkswohnung in M jetzt für eine neue Wohnung eine höhere Miete aufwenden. Der Bevollmächtigte habe ihm dann auch keine Post mehr nachgesandt. Von dem PKH-Aufhebungsbeschluss habe er nur durch Zufall im Mai 2014 bei einem Telefonat mit dem SG in Köln in anderer Sache erfahren. Das Gericht habe ihm dann den Beschluss per email zugesandt. Nach dem in Kopie vorgelegten Bescheid der Arbeitsagentur S vom 28.03.2014 erhält der Kläger seit dem 12.03.2014 für die Dauer von 330 Kalendertagen Arbeitslosengeld in Höhe von 32,12 Euro täglich, nach einer ebenfalls in Kopie vorgelegten Quittung der Wohnungsbaugesellschaft T GmbH vom 04.07.2014 zahlt er eine Miete (Juli 2014) von 930 Euro monatlich.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des PKH-Beiheftes Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere nicht gem § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26.03.2008 (BGBl. I S. 444) ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für diese verneint. Die Aufhebung der Bewilligung wird schon nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht vom Beschwerdeausschluss erfasst. Eine Auslegung, dass sich der Ausschluss der Beschwerde auch auf die Aufhebung der PKH-Bewilligung erstrecken soll, ist nicht gerechtfertigt. Denn die Ablehnung der PKH wegen fehlender persönlicher bzw. wirtschaftlicher Voraussetzungen, insbesondere mangelnder Bedürftigkeit, ist nicht vergleichbar mit der hier erfolgten Aufhebung bereits bewilligter PKH, durch die dem Betroffenen eine Rechtsposition wieder entzogen wird. Ein entsprechender Regelungswille ist den Gesetzesmaterialien zum SGGArbGGÄndG (BR-Drs. 820/07, S. 29 zu Nr. 29 lit. b, Nr. 2) auch nicht zu entnehmen. Mangels planwidriger Regelungslücke bezogen auf gleichartige Sachverhalte scheidet auch eine analoge Anwendung aus ( Landessozialgericht – LSG – Rheinland-Pfalz Beschluss vom 16.06.2008 – L 5 B 163/08 AS -, juris Rn. 2; LSG NRW Beschlüsse vom 27.08.2008 – L 19 B 23/08 AL -, juris Rn. 9 , vom 04.05.2009 – L 19 B 3/09 AL – , vom 12.07.2012 – L 19 AS 1949/11 B -, juris Rn 7 sowie vom 12.05.2014 – L 9 AL 123/14 B -, juris Rn. 2; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 01.10.2009 – L 11 R 898/09 PKH-B -, juris Rn 7; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 24.04.2013 – L 3 AL 226/12 B PKH -, juris Rn 5).
Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt und damit auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das SG durch den angefochtenen Beschluss vom 19.05.2014 den Beschluss vom 28.11.2013, durch den dem Kläger PKH bewilligt worden war, aufgehoben.
Zutreffend hat das SG auf § 124 ZPO in der bis zum 31.12.2013 geltenden Gesetzesfassung (aF) abgestellt. Die zum 01.01.2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (PKH/BerHÄndG) vom 31.08.2013 (BGBl I 2013, 3533) neugefasste Vorschrift des § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (n.F.), in der das Wort "kann" durch das Wort "soll" ersetzt wurde, ist hier nicht anzuwenden. Nach der Übergangsregelung in § 40 EGZPO (s Art. 5 PKH/BerHÄndG) sind für einen Rechtszug die §§ 114 bis 127 ZPO in der bis zum 01.01.2014 geltenden Fassung anzuwenden, wenn eine Partei vor dem 01.01.2014 für den Rechtszug PKH beantragt hat (anders LSG Thüringen Beschluss vom 06.05.2014 – L 4 AS 1421/12 B, L 4 AS 1422/12 B -, juris Rn. 16 – 18: Übergangsregelung anscheinend übersehen). Entscheidend für die anzuwendende Fassung der §§ 114 bis 127 ZPO ist der Zeitpunkt des Eingangs des PKH-Antrags bei Gericht (s BT-Drs 17/11472, 46; Straßfeld, SGb 2014, 176).
Nach § 124 Nr. 4 ZPO aF kann das Gericht die Bewilligung der PKH aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.
Der Kläger war bei Erlass der angefochtenen Entscheidung in dem geforderten Umfang im Zahlungsrückstand, da er die bis dahin fälligen monatlichen Raten (November 2013 bis Mai 2014) nicht gezahlt hat. Wenn für die PKH-Aufhebung ein schuldhafter Verstoß gegen die Ratenzahlungspflicht, d.h. Verschulden bei der Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung, gefordert wird (s Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn. 13h, mwN,; LSG NRW Beschluss vom 12.07.2012 – L 19 AS 1949/11 B -, juris Rn 10; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 24.04.2013 – L 3 AL 226/12 B PKH -, juris Rn 6 ; LSG Bayern – Beschluss vom 18.07.2011- L 9 AL 60/10 B PKH; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 21.09.2011 – L 13 SB 136/11 B), wäre auch diese Voraussetzung erfüllt. Auf die geltend gemachte Unkenntnis von Zahlungsaufforderung, Zahlweg und Erinnerung kann sich der Kläger deshalb nicht berufen, weil ihm das Verhalten/die Kenntnis des Bevollmächtigten zuzurechnen ist. Er hatte ihm gemäß § 73 Abs. 2 S. 1 SGG seit dem 27.02.2012 umfassende Vollmacht auch für Neben- und Folgesachen erteilt. Im PKH-Verfahren war daher aufgrund § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG die Aufforderung zur Aufnahme der Ratenzahlung vom SG – wie geschehen – an den Bevollmächtigen zu richten, ebenso die nachfolgenden Mahnungen und die Anhörung, da die Vollmacht auch nach der Klagerücknahme am 26.11.2013 als für das (erledigte) Hauptsache- und ebenso für das PKH-Bewilligungsverfahren erteilt weiter beachtlich war, weder widerrufen noch erloschen war (vgl. LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 08.02.2011 – L 13 AS 2819/10 B -, juris Rn. 7 sowie vom 11.07. 2011 – L 2 AS 1462/11 B -, juris Rn. 19 mwN , vgl.auch Urteil des Bundesgerichtshofes – BGH – vom 08.12.2010 – XII ZB 38/09 -, juris Rn. 29 = MDR 2011, 183 f.).
Die Entscheidung ist verfahrensfehlerfrei ohne Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör ergangen, § 62 SGG. Zu der Aufhebungsentscheidung ist der Kläger durch das Schreiben der Urkundsbeamtin vom 26.03.2014 an den Bevollmächtigten angehört worden. Dieses enthält den Hinweis auf die nach § 124 Nr. 4 ZPO aF bestehende Möglichkeit, die PKH-Bewilligung bei Zahlungsrückständen von mehr als drei Monatsraten aufzuheben. Es kann offen bleiben, ob die Anhörung gem. § 124 ZPO funktionell allein dem Richter übertragen ist und grundsätzlich nicht von dem zuständigen Urkundsbeamten wirksam vorgenommen werden kann (so zuletzt LSG Sachsen Beschluss vom 05.08.2014 – L 3 AS 619/12 B PKH = www.sozialgerichtsbarkeit.de, OLG Brandenburg Beschluss vom 29.01.2001 – 10 WF 3/01 = FamRZ 2002, 1419; aA LSG Thüringen Beschluss vom 15. 11.2004 – L 6 B 59/04 SF -, juris). Dem in § 62 SGG für das sozialgerichtliche Verfahren einfachgesetzlich normierten Anspruch auf rechtliches Gehör ist damit Genüge getan. Auch eine im Aufhebungsverfahren grundsätzlich vom Richter vorzunehmende Anhörung wäre hier ausnahmsweise entbehrlich gewesen.
Angesichts des Umstandes, dass der Kläger überhaupt nicht reagiert hat, wäre die Anhörung dann funktionell und inhaltlich beanstandungsfrei erfolgt, wenn der Richter die im Schreiben der Urkundsbeamtin erfolgten Hinweise schlicht wiederholt hätte. Vor diesem Hintergrund verkäme die Anhörung seitens der zuständigen Stelle zur "leeren Hülse". Auch die für diese (ausschließliche) funktionelle Zuständigkeit angeführten Gründe erfordern deshalb keine (erneute) Anhörung, weil der Richter mit der Vorlage der Akte zur Entscheidung eine ergänzende/erneute Anhörung hätte durchführen können, wenn er diese für erforderlich gehalten hätte. Im Ergebnis wäre zudem ein Anhörungsmangel im und durch das anschließende Beschwerdeverfahren, in dem das Gericht die angefochtene Entscheidung nicht nur auf etwaige Ermessensfehler hin, sondern inhaltlich vollständig überprüft (s.u.), geheilt.
Der angefochtene Beschluss ist aber deshalb aufzuheben, weil bei zutreffender Betätigung des durch § 124 Nr. 4 ZPO zugewiesenen (Entschließungs-) Ermessens sich die Aufhebung des Bewilligungsbeschlusses als rechtswidrig erweist.
Die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung nach Maßgabe des § 124 Nr. 4 ZPO aF steht im Ermessen des Gerichts ("kann", vgl. bereits Senatsbeschluss vom 03.12.2012 – L 6 AS 1448/12 B -, juris Rn. 11; LSG Sachsen Beschlüsse vom 05.08.2014 – L 3 AS 619/12 B PKH = www.sozialgerichtsbarkeit.de und vom 20.02.2014 – L 3 AL 159/13 B PKH -, juris ). Das Ermessen ist angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht von vorneherein eingeschränkt (vgl etwa Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl. 2012, Rn 830 mwN; aA Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 124 Rn 16, 17, 52).
Im Beschwerdeverfahren ist die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung in vollem Umfang, nicht nur beschränkt auf Fehler in der Ermessensbetätigung, zu überprüfen.
Soweit die Auffassung vertreten wird, das Beschwerdegericht sei wie bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung einer Behörde regelmäßig auf die Rechtskontrolle der Ermessensentscheidung beschränkt (s etwa LSG Sachsen Beschluss vom 20.02.2014 – L 3 AL 159/13 B PKH -, juris Rn. 23), das Beschwerdegericht sei in der Regel nicht befugt, sein Ermessen an Stelle des Ermessens des Erst-Gerichts zu setzen (s Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 176 Rn. 4; Rower-Kahlmann, SGG, § 176 Rn. 6; LSG Sachsen Beschlüsse vom 05.08.2014 – L 3 AS 619/12 B PKH = www.sozialgerichtsbarkeit.de und vom 20.02.2014 – L 3 AL 159/13 B PKH -, juris Rn. 25), folgt dem der Senat nicht. Die eingeschränkte Kontrolle behördlicher Ermessensentscheidungen durch die Gerichte, so wie sie in § 54 Abs. 2 S. 2 SGG, § 114 VwGO, § 102 FGO geregelt ist, ist Ausdruck des Verfassungsgrundsatzes der Gewaltenteilung. Für das sozialgerichtliche Verfahren ist § 54 Abs. 2 S. 2 SGG das prozessuale Gegenstück zu § 39 SGB I (Schäfer, jurion online Kommentar SGB I, Stand 10.10.2013, § 39 Rn. 4 mwN). Die Vorschrift bestimmt den Prüfungsumfang im Falle des Anspruchs auf eine Leistung, deren Gewährung im Ermessen des Leistungsträgers steht. Das einer Behörde eingeräumte Ermessen ist danach kein freies Ermessen. Die Behörde hat vielmehr ihre Entscheidung gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB I nach sachlichen Gesichtspunkten unter Abwägung der Belange der betroffenen Beteiligten sowie bei Beachtung von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten, des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der gesetzlichen Grenzen des Ermessens zu treffen (vgl Klose in Jahn, SGB I, § 39 Rn. 5 ff.) Bei dieser Ausgestaltung des Anspruchs gerichtet auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 S. 2 SGB I) sind unterschiedliche Entscheidungen des Leistungsträgers ermessensfehlerfrei denkbar. Dem Kläger steht bei Ermessensleistungen – von den Fällen der sog Ermessensreduzierung auf Null abgesehen – gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 SGB I regelmäßig nicht der Anspruch auf die Leistung selbst zu, sondern nur auf die pflichtgemäße Ausübung des oben umschriebenen Ermessens (vgl Louven, ZAP Nr. 4 vom 17.02.2010 – Fach 18, 1107 -1112, mwN).
Nur dieser Anspruch unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Denn es widerspräche dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn Gerichte das der Behörde zugewiesene Ermessen durch eigenes Ermessen ersetzen könnten. Ohne die Beschränkung der Überprüfung auf eine fehlerfreie Ermessensausübung übernähme das Gericht selbst originäre Verwaltungstätigkeit, nämlich die Ermessensausübung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 54, Rn. 28; BSG Urteil v. 17.09.1991 – 4 RJ 105/80 = SozR 1200 § 48 Nr.3; ebenso dürfen die Gerichte auch im Verhältnis zur Legislative nicht selbst normsetzend tätig zu werden, vgl.dazu BSG Vorlagebeschluss vom 16.12.1999 – B 4 RA 11/99 R -, juris; s auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 25.03.2011 – L 15 AY 4/11 B ER).
Mit dieser Konstellation ist die Kontrolle einer Ermessensentscheidung, die dem SG originär nach § 124 ZPO als Nebenentscheidung zugewiesen ist, nicht vergleichbar. Für eine eingeschränkte Überprüfung der Ermessensentscheidung im Beschwerderechtszug aus Gründen der Gewaltenteilung ist hier kein Raum (diesen Umstand unberücksichtigt lässt LSG Sachsen aaO). In zweiter Instanz als weiterer Tatsacheninstanz findet vielmehr eine vollständige Überprüfung der Entscheidung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht statt. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, die Rechte des Rechtsmittelführers zu verkürzen. Das Beschwerdegericht als weitere Tatsacheninstanz hat in dem Rahmen, in dem die angefochtene Entscheidung zulässigerweise zur Überprüfung gestellt worden ist, die uneingeschränkte Befugnis, diese abzuändern. Es kann seine eigene Ermessensentscheidung treffen und diese an die Stelle derjenigen der Vorinstanz setzen, da es die gleichen Rechte wie die Vorinstanz hat (so bereits LSG Thüringen Beschluss vom 15.11.2004 – L 6 B 59/04 SF -, juris; ebenso LSG Bayern Beschluss vom 22.11.2010 – L 7 AS 486/10 B PKH -, juris Rn.20 sowie vom 19.12.2012 – L 15 SB 123/12 B -, juris Rn. 14 – 21, 24; zur Ermessensausübung im Rahmen von Kostenübernahmeentscheidungen gem. §109 SGG, siehe auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Teil X Rn. 54, 55; vgl. Frehse in Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 176 Rn. 7; Böttiger in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 176 Rn. 17; Bley, SGG, § 176 SGG Anm 2b; im Ergebnis wohl auch Geimer in Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 124 Rn. 3; Fischer in Musielak, ZPO, 8. Aufl., § 124 Rn. 2).
Bei der ihm zugewiesenen Ermessensentscheidung kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass eine Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht geboten ist. Zu dieser Überzeugung gelangt er allerdings erst auf der Grundlage der nach Erlass des angefochtenen Beschlusses bekannt gewordenen Umstände, die das SG bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen konnte. Diese Tatsachen sind in die Entscheidung der Beschwerdeinstanz als weiterer Tatsacheninstanz einzubeziehen (BFH Beschluss vom 31.08.1993 – XI B 31/93 = NJW 1994, 751, 752; ebenso LSG Thüringen Beschluss vom 15. 11.2004 – L 6 B 59/04 SF -, juris Rn. 20, mwN).
Hier hat der Kläger geltend gemacht und belegt, dass sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach Erlass des Bewilligungsbeschlusses wesentlich verändert haben. Aufgrund der Arbeitslosigkeit im Dezember 2013 mit Verlust seiner Wohnung, dadurch bedingtem Einkommensverlust und Erhöhung der Mietkosten hat sich seine wirtschaftliche Situation so nachhaltig verschlechtert, dass er (mit Erfolg) eine Abänderung des Beschlusses mit dem Ziel der Bewilligung von PKH ohne Selbstbeteiligung (§ 120 Abs. 4 ZPO) hätte beantragen können. Bei diesem Sachverhalt steht der Zahlungsrückstand insofern nicht in Einklang mit der materiellen Rechtslage, als der Kläger überhaupt keine Raten mehr hätte aufbringen müssen, wenn er seine geänderte finanzielle Situation gegenüber dem Gericht geltend gemacht hätte. Zuständig für die mögliche Abänderung der zu leistenden Zahlungen gem. § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO aF ist das SG (vgl LSG NRW Beschluss vom 12.07.2012 – L 19 AS 1949/11 B = www.sozialgerichtsbarkeit.de). Ungeachtet der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Abänderungsantrag muss diese Entwicklung bei der Ermessensentscheidung über die Aufhebung der PKH Berücksichtigung finden, da die Aufhebung gegenüber einer Abänderung von vorgreiflicher Bedeutung ist, gleichzeitig die Abänderung aber die weniger einschneidende Maßnahme sein könnte. Der Überprüfung der PKH-Ratenhöhe gemäß § 120 Abs. 4 ZPO steht nicht entgegen, dass diese erst nachträglich geltend gemacht würde. Zweck auch dieser Norm ist es, die inhaltliche Richtigkeit der PKH zusprechenden gerichtlichen Beschlüsse zu gewährleisten (LSG Sachsen Beschluss vom 03.05.2012 – L 7 AS 2014/12 B PKH -, juris Rn.11).
Dem widerspräche es, nach der Abänderung oder Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht zu prüfen, in welchem Umfang nun die tatsächlichen Voraussetzungen für die PKH- Gewährung einschließlich der angemessenen Raten-Höhe weiterhin vorliegen. Bisher fehlende Angaben und Nachweise der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können auch im Rahmen von Beschwerdeverfahren noch nachgereicht werden; § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO sieht insoweit keine Frist für die Abgabe der gebotenen Parteierklärung vor (Senatsbeschluss vom 11.04.2011 – L 6 AS 458/11 B -, juris Rn. 5).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 09.10.2014
Zuletzt verändert am: 09.10.2014