I. Die Klage gegen den Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. April 2009 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2009 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) darüber, in welcher Höhe die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II einen Anspruch auf Geldleistungen zur Erstausstattung ihrer Wohnung hat.
Die Klägerin heiratete im Jahr 2007 und zog mit ihrem Ehemann in eine gemeinsame Wohnung.
Inzwischen lebt die Klägerin von ihrem Ehemann getrennt. Außer einem Kinderbett und einem Kinderstuhl nahm sie keine Haushaltsgegenstände mit in die neue Wohnung A-Straße in A-Stadt. Die Wohnung bewohnt sie zusammen mit ihrem einjährigen Sohn.
Die Klägerin beantragte daher am 8. Januar 2009 bei der Beklagten folgende Erstausstattung:
Für das Wohnzimmer 1 Schrank 1 Esstisch / Couchtisch und Stühle Für das Schlafzimmer 1 Bett 1 Schrank 1 Lampe 1 Matratze 1 Kopfkissen 1 Einziehdecke Bettwäsche und Laken Für das Kinderzimmer 1 Schrank 1 Bett 1 Lampe 1 Tisch 1 Stuhl 1 Matratze 1 Kopfkissen 1 Einziehdecke Bettwäsche und Laken Für das Badezimmer 1 Schrank 1 Spiegel 1 Lampe Für den Flur 1 Spiegel 1 Schuhschrank und Kleiderhaken 1 Lampe Für die Küche 1 Küchentisch 1 Küchenstuhl 1 Küchenlampe 1 Unterschrank und eine Spüle mit Un-terschrank 1 Oberschrank 1 Hochschrank Elektroherd Als Hausrat für 2 Personen: Kühlschrank Waschmaschine Staubsauger Fernsehgerät Gardinen für Küche, Wohn- und Kinderzimmer
Mit Bescheid vom 29.Januar 2009 lehnte die Beklagte den Antrag vollumfänglich ab. Es sei der Klägerin zuzumuten ehelichen Hausrat für sich zu beanspruchen.
Mit Schreiben vom 20. Februar 2009 legte die Klägerin Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Zwar habe der Vormieter angeboten, die Einbauküche für eine Ablöse von 200,00 EUR in der Wohnung zu belassen. Im Übrigen werde aber weiterhin eine Erstausstattung gemäß dem Antrag vom 8. Januar 2009 begehrt. Es bestehe kein Anspruch gegen den Ehemann auf Herausgabe von Hausrat, da die Gegenstände schon zu Beginn der Ehe im Eigentum des Ehemanns standen, so dass dieser sie in die Ehe eingebracht habe.
Daraufhin bewilligte die Beklagten mit Bescheid vom 8. April 2009 insgesamt 820,00 EUR als Beihilfe nach Pauschalen, die sich wie folgt aufschlüsselt:
Wohnzimmerschrank 100,00 EUR Esstisch 25,00 EUR 4 Stühle 32,00 EUR Bett mit Rost 75,00 EUR Matratze 50,00 EUR Kleiderschrank 70,00 EUR Kissen 15,00 EUR Bettdecke 30,00 EUR Bettwäsche 15,00 EUR Kinderzimmerschrank 50,00 EUR Badezimmerschrank 15,00 EUR Spiegel 8,00 EUR Garderobe 15,00 EUR Küchenschrank 50,00 EUR Waschmaschine 175,00 EUR Staubsauger 35,00 EUR Gardine mit Stange 60,00 EUR
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2009 wurde nach Erlass des Teilabhilfebescheids der Widerspruch vom 20. Februar 2009 zurückgewiesen. Lampen, ein komplettes Kinderbett, eine Spüle mit Unterschrank, ein Oberschrank, ein Herd, Hausrat mit Geschirr und ein Kühlschrank seien bereits vorhanden. Ein Couchtisch, ein Schuhschrank, ein Garderobenspiegel und ein Fernseher gehörten nicht zum soziokulturellen Existenzminimum. Bezüglich des Fernsehgerätes könne das Informationsbedürfnis auch anderweitig befriedigt werden.
Mit Schreiben vom 18. Mai 2009 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg, mit der sie beantragt:
Der Bescheid vom 29.01.2009 in Form des Widerspruchbescheids vom 14.04.2009 wird aufgehoben.
Der Klägerin wird für die Erstausstattung der Wohnung über den Betrag aus dem Bescheid vom 08.04.2009 hinaus eine Leistung in Höhe von weiteren 278 EUR gewährt.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Pauschalen der Beklagten zu niedrig seien. Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz seien die Richtlinien der Stadt Eisenach und des Rhein-Lahn-Kreises zu beachten, da es keinen sachlichen Grund für eine regionale Differenzierung und keine preislichen Differenzen bei der Anschaffung von Hausrat gebe.
Es seien daher jeweils folgende Beträge mehr zu bewilligen:
Für die Stühle 8 EUR Für die Matratze 20 EUR Für den Kinderzimmerschrank 10 EUR Für den Küchenschrank 30 EUR Für die Waschmaschine 75 EUR Für den Staubsauger 5 EUR
Es seien weiterhin für folgende Gegenstände Leistungen zu bewilligen: Für einen Couchtisch 30 EUR Für ein Fernsehgerät 100 EUR
Dazu wird ausgeführt, dass ein Couchtisch und ein Fernsehgerät den in Deutschland herrschenden Lebensbedingungen entsprechen.
Mit Schreiben vom 12.08.2009 übersandte die Beklagte ihre Richtlinie "einmalige Beihilfen nach § 23 Abs. 3 SGB II".
Das Gericht hat mit Beschluss vom 21.09.2009 der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B. beigeordnet. Zwar seien die Pauschalen nicht zu beanstanden und auch die Ablehnung einer Beihilfe für einen Couchtisch nicht. Allerdings könne der Klage jedenfalls hinsichtlich des Fernsehgerätes nicht die erforderliche Erfolgsaussicht abgesprochen werden, da hierzu einerseits unterschiedliche Handhabung, andererseits unterschiedliche Rechtsprechung existiere. So sehe offensichtlich auch die Beklagte selbst in ihren Richtlinien eine Beihilfe in Höhe von 70 EUR für einen Fernseher vor.
Die Beklagte äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 21.09.2009. Bei der Richtlinie handle es sich nur um einen internen Handlungsleitfaden, der den Sachbearbeitern hinsichtlich der Höhe einer Beihilfe als Entscheidungshilfe dienen solle. Da zeitweise auch bei der Beklagten die Auffassung vertreten worden sei, dass möglicherweise Leistungen für einen Fernseher in Betracht kommen, sei vorsorglich auch ein betragsmäßiger Ansatz für einen Fernseher in die Liste aufgenommen worden. Ausgehend von der Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur gehöre aber ein Fernseher nicht zum notwendigen Lebensunterhalt, weswegen tatsächlich auch keine Leistungen für die Beschaffung eines Fernsehers bewilligt würden.
Am 14.10.2009 ergänzte die Klägerin, dass sie nach wie vor das Leihgerät ihres Schwagers benutze.
Das Gericht hat die Streitsache am 15.10.2009 mündlich verhandelt.
In der mündlichen Verhandlung beantragt die Klägerin,
den Bescheid vom 29.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2009 aufzuheben und ihr für die Erstausstattung der Wohnung über den mit Bescheid vom 08.04.2009 gewährten Betrag hinaus eine weitere Leistung von 278 EUR, insbesondere für die Anschaffung eines Fernsehgerä- tes und eines Couchtisches, zu bezahlen.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die auf höhere Erstausstattung gerichtete Klage ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat über die mit Teilabhilfebescheid vom 08.04.2009 bewilligten Leistungen hinaus keinen Anspruch auf Leistungen der Erstausstattung gegen die Beklagte.
Gemäß § 23 Abs. 3 SGB II sind Leistungen für Erstausstattungen u. a. für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von den Regelleistungen nach § 23 Abs. 1 SGB II erfasst. Sie werden gesondert erbracht.
Dabei schadet vorliegend nicht, dass es sich um eine Anmietung der Wohnung infolge einer Trennung handelt (Münder in LPK-SGB II Rn. 27), da es sich auch hierbei begrifflich um eine Erstausstattung handelt. Der Begriff der Erstausstattung darf nicht eng ausgelegt werden (Eicher Spellbrink, SGB II Grundsicherung für Arbeitssuchende, § 23 Rn. 101, Bearbeiter: Lang und Blüggel). Er ist bedarfsbezogen zu verstehen (SG Oldenburg, Beschluss vom 12.01.2006, Az. S 47 AS 1027/05, 1. Leitsatz und unter II. 1. 2. Absatz, BeckOK SGB II § 23 Rn. 19 b). Es macht von diesem Bedarf her keinen Unterschied, ob bisherige Haushaltsgegenstände etwa durch einen Wohnungsbrand oder wie vorliegend durch eine Trennung der Verfügungsmacht eines Antragstellers entzogen wurden.
Zunächst hat grundsätzlich rechtmäßig die Beklagte die Klägerin zunächst auf Ansprüche gegen ihren Ehemann bezüglich des Hausrats zu verweisen. Diese Obliegenheit folgt aus § 2 Abs.1 Satz 1 SGB II und dem Nachranggrundsatz der §§ 3 Abs.3, 9 Abs.1 SGB II. Nachdem aber vorliegend die Realisierung dieses Anspruchs nach § 9 Abs. 1 der Hausrats-Verordnung (HausrVO) ungewiss und nicht zeitnah zu realisieren war, hat sie den Anspruch auf Erstausstattung grundsätzlich anerkannt. Strittig sind nur noch Umfang und Höhe.
Der von der Beklagten vorliegend aufgrund ihrer Pauschalen bewilligte Betrag ist zur Überzeugung des Gerichts nicht zu beanstanden. Leistungen für Erstausstattung können nach § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB II in pauschalierter Form erbracht werden (vgl. auch Oestreicher, § 23 SGB II Rn. 64, Bearbeiter: Schmidt). Erforderlich ist dabei, dass trotz Typisierung der existenznotwendige Bedarf in möglichst allen Fällen abgedeckt wird (BVerfG, NJW 1992, 3153, 3154 unter b).
Der Umfang des Anspruchs nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II hängt im Übrigen von den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort ab (SG Oldenburg, Beschluss vom 12.1.2006 Az. S 47 AS 1027/05 ER unter II. 2. 1. Absatz, SG Karlsruhe, Beschluss vom 26.10.2007, Az. S 5 AS 5035/07, 1. Leitsatz, Oestreicher, § 23 SGB II Rn. 54, Bearbeiter: Schmidt), wobei nach § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB II hierbei nachvollziehbare Erfahrungswerte bei der Bemessung zu berücksichtigen sind, sogenannte "bedarfsdeckende Pauschalierung". Vorliegend reichen die bewilligten Leistungen zur Deckung des tatsächlichen Bedarfs zur Überzeugung des Gerichts aus. Dies ergibt sich unter anderem aus den Anlagen des Schreibens der Beklagten vom 17. Juni 2006. Dort wird mit Zeitungsausschnitten auf Angebote für neue und gebrauchte Möbel verwiesen. Dabei muss eine pauschalierte Leistung für eine Wohnungserstausstattung nicht so hoch bemessen sein, dass damit eine komplette Ausstattung mit Neuware möglich ist. Eine Verweisung auf die Anschaffung von gebrauchten Möbeln ist nicht zu beanstanden, da es durchaus üblich ist, dass sich Personen – insbesondere mit geringerem Einkommen – mit gebrauchten Möbeln bei Erstbezug einer Wohnung ausstatten, um so Kosten zu sparen (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.07.2005, Az. L 3 ER 45/05 AS unter II. 5. Absatz, Oestreicher, § 23 SGB II Rn. 63, Bearbeiter: Schmidt). Die erfolgte Bewilligung durch die Beklagte ist daher auskömmlich und nicht zu beanstanden.
Da die dieser Zahlung zugrunde liegenden Richtlinien keine Gesetzeskraft haben und somit nicht verbindlich sind (vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht – BayLSG – Urteil vom 31.08.2006 Az.: L 7 AS 86/06, 5. Absatz der Entscheidungsgründe, 2. Satz), sind daher auch die Richtlinien anderer Träger in diesem Zusammenhang unbeachtlich.
Nach Überzeugung der Kammer hat die Klägerin darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Bewilligung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Couchtisches und eines Fernsehgerätes. Zu einer Erstausstattung gehören alle Einrichtungsgegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig sind und die dem Hilfeberechtigten ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (Münder, Sozialgesetzbuch II, § 23 Rn. 29, Eicher Spellbrink, SGB II Grundsicherung für Arbeitssuchende, § 23 Rn. 101, Bearbeiter: Lang und Blüggel).
Danach gehören weder ein Couchtisch noch ein Fernsehgerät zu denjenigen Einrichtungsgegenständen, die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig sind. Insoweit ist wie folgt zu differenzieren:
Ein Couchtisch stellt zwar zweifellos einen Einrichtungsgegenstand dar, der aber nach Überzeugung der Kammer nicht notwendig für eine geordnete Haushaltsführung ist, wenn im Haushalt andere Tische vorhanden sind. Sinn der Erstausstattung ist nicht, von vornherein eine Wohnungsvollausstattung zur Verfügung zu stellen; vielmehr entspricht es den Lebensverhältnissen weiter Kreise der Bevölkerung, sich Ausstattungsgegenstände, die über das Unerlässliche hinausgehen, wozu nach Überzeugung der Kammer auch ein Couchtisch gehört, erst nach und nach – entsprechend ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten – anschaffen (LSG Sachsen-Anhalt; Beschluss vom 14.02.2007 – L 2b 261/06 AS ER). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nach den von der Bundesagentur für Arbeit zu § 20 SGB II erlassenen Durchführungsbestimmungen im Regelbedarf ein Betrag von ca. 8 % für Möbel, Apparate und Haushaltsgeräte vorgesehen ist, so dass es dem Hilfesuchenden zuzumuten ist, das über das zur Abdeckung des notwendigen Lebensunterhalts Hinausgehende aus dem Regelsatz zu leisten. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Couchtisch um einen Gegenstand handelt, der sowohl gebraucht als neu zu Preisen erworben werden kann, die deutlich unter den von der Klägerin geltend gemachten 30 EUR liegen. So wird etwa bei Ikea ein Couchtisch (LACK) mit Ablage bereits für 16,99 EUR angeboten. Da aus den vorgelegten Unterlagen der Beklagten auch hervorgeht, dass einzelne Gegenstände, für die Beihilfen bewilligt worden sind, ebenfalls bei Ikea oder in Gebrauchtwarenläden zu noch günstigeren Preisen erworben werden könnten, als in den bewilligten Leistungen hierfür angesetzt sind, hat die Klägerin im Übrigen auch mit der bewilligten Beihilfe ausreichend Möglichkeit, auch hieraus noch einen Couchtisch anzuschaffen.
Hinsichtlich der weiterhin beantragten Beihilfe für ein Fernsehgerät kann nach Überzeugung der Kammer dahingestellt bleiben, ob es ausgehend von den Lebensgewohnheiten auch in Haushalten unterer Einkommensgruppen zum soziokulturellen Existenzminimum gehört und damit einen notwendigen Lebensunterhalt darstellt. Denn tatsächlich handelt es sich bei einem Fernsehgerät weder um ein Haushaltsgerät noch um einen Einrichtungsgegenstand, sondern um ein Gerät aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik, das jedenfalls nicht für eine geordnete Haushaltführung erforderlich ist. Dabei ist es auch zu eng, die grundsätzliche Notwendigkeit der Anschaffung eines Fernsehgerätes mit Informationszwecken und der Teilnahme am kulturellen Leben zu begründen; denn ausgehend von den Lebensgewohnheiten weiter Kreise der Bevölkerung dient ein Fernsehgerät in erster Linie der Unterhaltung bzw. Freizeitbeschäftigung.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu § 21 Abs. 1a Nr. 6 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), auf die üblicherweise zurückgegriffen wird, soweit es um den Begriff der Erstausstattung geht. Denn auch das Bundesverwaltungsgericht, das mit Urteil vom 18.12.1997 (5 C 7/95) festgestellt hat, dass für die Beschaffung eines gebrauchten Fernsehgerätes ein Anspruch auf eine einmalige Sozialhilfeleistung nach § 21 BSHG bestehen kann, hat das Fernsehgerät weder als Einrichtungsgegenstand, noch als Haushaltsgerät angesehen. Es hat vielmehr ein Fernsehgerät als Gebrauchsgut zur Erfüllung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens angesehen, das zum notwendigen Lebensunterhalt gehört, wenn es in vertretbarem Umfange den Beziehungen zur Umwelt und der Teilnahme am kulturellen Leben dient.
Diese Rechtsprechung ist aber nicht ohne weiteres auf die Regelungen des SGB II zu übertragen. Denn Grundlage für die Bewilligung einmaliger Leistungen zur Anschaffung von Einrichtungsgegenständen war § 21 Abs. 1a Nr. 6 BSHG, der einmalige Beihilfen vorgesehen hat für die Beschaffung von Gebrauchsgütern von längerer Gebrauchsdauer und von höherem Anschaffungswert. Es ist also nach den Vorschriften des BSHG zu keinem Zeitpunkt danach differenziert worden, welcher Art diese Gegenstände sind und welcher Bedarf damit abgedeckt werden sollte. Entscheidend war ausschließlich, dass es sich um einen im Sinne des Sozialhilferechts notwendigen Bedarf gehandelt hat, der nicht bereits mit den laufenden Regelleistungen abgedeckt war. Der Anwendungsbereich war daher auf die Beschaffung von Gebrauchsgütern von längerer Gebrauchsdauer und von höherem Anschaffungswert begrenzt.
Demgegenüber sind nach dem SGB II einmalige Leistungen nur noch in den ausdrücklich genannten Fällen vorgesehen, insbesondere für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten (§ 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II). In allen anderen Fällen, insbesondere, wenn es um Ersatzbeschaffung für unbrauchbar gewordene Einrichtungsgegenstände geht, ist der Hilfeempfänger gehalten, Rücklagen aus der Regelleistung zu bilden, um hieraus für Ersatz zu sorgen. Dass die Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers insoweit entsprechend ihrem Ausnahmecharakter eng begrenzt ist, hat das Bundessozialgericht (BSG) aktuell mit Urteil vom 01.07.2009 bestätigt (B 4 AS 77/08 R).
Für diese Auffassung spricht auch die Zusammensetzung der Regelsätze. § 20 SGB II lehnt sich inhaltlich an §§ 27, 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) an. Grundlage für die Regelleistung sind damit die tatsächlichen statistisch ermittelten Verbrauchs-ausgaben von Haushalten in unteren Einkommensgruppen. Datengrundlage hierfür ist die sog. Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Diese Bemessung wird überprüft und weiterentwickelt, sobald die Ergebnisse einer neuen EVS vorliegen. Dem SGB II lag zunächst die EVS aus dem Jahr 1998 zugrunde. Die EVS 2003 brachte keine Veränderung der Regelleistungen, weil auch auf der Basis dieser Daten der (Referenz-) Regelsatz in der Sozialhilfe nicht verändert wurde. Die EVS 2008 liegt noch nicht vor. Die Regelleistung des SGB II folgt damit dem Statistikmodell bei der Ermittlung des Regelsatzes im SGB XII (Eicher/Spellbrink, Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2. Aufl., Rdnr 7 zu § 20). Danach wird ausgehend von der EVS der regelsatzrelevante Anteil bestimmter Einzelpositionen als Prozentanteil errechnet, der dann mit einem Euro-Betrag in die Regelleistung einfließt, wobei sich die Regelleistung an den unteren 20 % der Haushalte der EVS orientieren soll. Danach sind Möbel und andere Einrichtungsgegenstände, Haushaltsgeräte und Instandhaltungskosten in Abteilung 05 EVS geregelt, während der Bereich Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Ausleihgebühren, Schreibwaren, Zeichenmaterialien, Spielzeug, Hobbywaren, Gebrauchsgüter für Freizeit, Besuch von Sport- und Freizeitveranstaltungen, Kulturdienstleistungen in Abteilung 09 EVS enthalten ist. Diese Abteilung eröffnet über ihre vielfältigen Inhalte den Zugang zur sozialen Mitwelt. Im Rahmen dieser Abteilung wurden die ausgewiesenen Ausgaben für Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Ausleihgebühren etc. schon immer zu 100 % anerkannt, die für Rundfunk- und Fernsehgeräte zu 50 %. Hieraus ergab sich insgesamt ein regelsatzrelevanter Anteil von 42 %, der ab 01.01.2007 sogar auf 55 % erhöht wurde, was bedeutet, dass die meisten Einzelpositionen nunmehr zu 100 % anerkannt wurden (BR-Drucksache 635/06, S. 7; Eicher/Spell-brink, a.a.O. Rdnr 32 zu § 20).
Diese Unterscheidung verkennen nach Auffassung der erkennenden Kammer diejenigen Gerichtsentscheidungen, die ohne weitere Begründung davon ausgehen, dass es sich bei einem Fernsehgerät um ein Einrichtungsgerät handelt, das üblicherweise in Haushalten unterer Einkommensgruppen vorhanden und somit auch im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II zur geordneten Haushaltsführung erforderlich sei (vgl. insbesondere Sozialgericht Frankfurt vom 28.05.2009 – S 17 AS 87/08 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungshinweisen). Über die Berufung gegen dieses Urteil ist in der Sache noch keine Entscheidung ergangen.
Die Kammer folgt daher im Ergebnis dem BayLSG, das mit Beschluss vom 25.04.2004 (L 7 B 202/06 AS ER), das hinsichtlich der Bewilligung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Fernsehgeräts einerseits darauf verwiesen hat, dass es bei der Gewährung pauschalierter Beträge im Bereich des Hilfeempfängers liege, hier gegebenenfalls andere Prioritäten hinsichtlich der Verwendung zu setzen und es im Übrigen auch möglich sei, sich die notwendigen und aktuellen Informationen auch aus anderen Medien, wie z.B. der Presse, zu beschaffen.
Es handelt sich somit bei der Anschaffung eines Fernsehgerätes um einen aus der Regelleistung zu deckenden Bedarf, der nicht gesondert im Rahmen der Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung zu bezuschussen ist.
Aus der Richtlinie der Beklagten könnte die Klägerin allenfalls aus Gleichbehandlungsgründen einen Anspruch herleiten, wenn die Beklagte hieraus anderen Hilfeempfängern Beihilfen für einen Fernseher bezahlen würde, was aber nach den Ausführungen der Beklagten hierzu nicht der Fall ist.
Zwar kommt in diesem Fall grundsätzlich auch die Bewilligung eines Darlehens gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 in Betracht, wenn ein nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Abgesehen davon, dass vorliegend ein Darlehen ausdrücklich nicht beantragt worden ist, wären aber auch die Voraussetzungen für ein Darlehen nicht gegeben. Denn unabhängig davon, ob es sich bei der Anschaffung eines Fernsehgeräts überhaupt um einen unabweisbaren Bedarf handeln kann, ist ein solcher jedenfalls im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil die Klägerin auch nach eigenen Angaben nach wie vor über ein Leihgerät ihres Schwagers verfügt. Sie hätte somit ab Antragstellung ausreichend Zeit gehabt, aus den in der Regelleistung hierfür vorgesehenen Beträgen Geld für die Anschaffung eines Fernsehgerätes anzusparen.
Die Klage war somit mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog abzuweisen.
Zwar wird mit dem geltend gemachten Betrag in der Summe die Berufungssumme von 750 EUR nicht erreicht. Die Berufung war aber gleichwohl gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, weil die Rechtsache wegen der völlig uneinheitlichen Rechtsprechung grundsätzliche Bedeutung hat und einer obergerichtlichen Entscheidung bedarf.
Erstellt am: 23.10.2009
Zuletzt verändert am: 23.10.2009