I. Die Klage gegen die Bescheide vom 9. März 2009 und 10. März 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2009 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger ist Asylbewerber iranischer Herkunft und berufstätig mit einem Einkommen von 733 EUR monatlich.
Am 04.07.2008 war ihm zunächst der Auszug in die Privatwohnung seiner Lebensgefährtin gestattet worden, mit der er ein gemeinsames Kind hat.
Am 22.12.2008 wurde er beim Beklagten vorstellig und teilte mit, dass er dringend ein Zimmer in einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) benötigt, da seine Lebensgefährtin ihn aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen habe.
Ihm wurde danach ein Unterbringungsplatz in der GU S. amtlich zugewiesen.
Bei einer Vorsprache am 09.03.2009 gab er Lohnabrechnungen für die Monate Dezember 2008 bis Februar 2009 ab.
Der Beklagte erließ darauf am 09.03.2009 und 10.03.2009 insgesamt drei Bescheide, mit denen die Kosten für die Unterbringung dem Kläger in Rechnung gestellt wurden. Für Dezember 2008 ergibt sich danach ein Erstattungsbetrag von 62,15 EUR, für die Monate Januar und Februar 2009 ein Betrag in Höhe von je 192,67 EUR. Als Rechtsgrundlage ist § 7 Abs. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in Verbindung mit §§ 22 ff. der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl). Unter Ziff. 3 ist daneben ausgeführt: "Soweit Sie Leistungen in zurückliegenden Zeiträumen erhalten haben, beruht die Erstattungsverpflichtung auf §§ 45, 50 SGB X analog. Uns ist erst nachträglich bekannt geworden, dass Sie über Einkommen bzw. Vermögen verfügt haben. Ihnen wurden daher zu Unrecht Leistungen kostenlos gewährt."
Mit Widerspruch vom 06.04.2009 trug der Kläger vor, dass die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht vorliegen. Er habe das Landratsamt von seinen Arbeitsstellen in Kenntnis gesetzt und auch die Lohnabrechnungen zeitnah übersandt. Im Übrigen sei bei der Berechnung seines Einkommens übersehen worden, dass er einem Kind, A.-L. Z., aufgrund anerkannter Vaterschaft laut Urkunde zu Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags verpflichtet sei. Auch sei § 7b AsylbLG nicht berücksichtigt worden, wonach 56 % der Kosten für Unterkunft nicht zu erstatten seien.
Nachdem die Lebensgefährtin des Klägers dem Beklagten eine regelmäßige Unterhaltszahlung in Höhe von 117 EUR bestätigt hat, erließ der Beklagte am 22.06.2009 drei Änderungsbescheide mit geänderter Berechnung, ohne dass sich an den zurückgeforderten Beträgen eine Änderung ergeben hätte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 wies er die Widersprüche des Klägers zurück. Auch unter Anrechnung der Unterhaltszahlung sei der Kläger noch leistungsfähig. § 7b AsylbLG finde bei einer Unterbringung in einer GU keine Anwendung.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 29.07.2009 beim Sozialgericht eingegangenen Klage, mit der er zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragte.
Die Auffassung des Beklagten, § 7b AsylbLG sei auf Gemeinschaftsunterkünfte nicht anwendbar, finde im Gesetz keine Stütze, da die Vorschrift insoweit nicht differenziere. Des Weiteren sei zu rügen, dass der Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) überhaupt nicht geprüft habe.
Der Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 07.09.2009 und beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe die Verdienstbescheinigungen erst am 09.03.2009 bei der Gebührenabrechnungsstelle vorgelegt. Das Landratsamt sei nur bis zur Aufnahme in die GU für die Leistungsgewährung zuständig gewesen. Hinsichtlich der Ausführungen zu § 7b AsylbLG werde auf Ziff. 4.1 und 4.2.3 der Hinweise zu dieser Vorschrift verwiesen. Im Übrigen sei dem Kläger bereits Ratenzahlung angeboten worden.
Das Gericht bat den Beklagten mit Schreiben vom 22.10.2009 um Stellungnahme zur Frage der Ermessensausübung und bewilligte mit Beschluss vom 09.11.2009 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung.
Hierzu äußerte sich der Beklagte mit Schreiben vom 16.12.2009. Für die Anwendung der §§ 45, 50 SGB X sei vorliegend kein Raum, da es sich um den Fall einer nachträglichen Geltendmachung einer Kostenerstattung handle, die selbst keine Ermessensausübung erfordere. Schließlich habe auch hinsichtlich der erbrachten Sachleistung (Unterbringung und Haushaltsenergie) kein Ermessen bestanden; diese Leistungen hätten in jedem Fall erbracht werden müssen, selbst wenn der Kläger rechtzeitig seiner Mitteilungspflicht über sein Erwerbseinkommen nachgekommen wäre. Insoweit erscheine allenfalls der Bezug auf §§ 45, 50 SGB X als Rechtsgrundlage fehlerhaft, nicht jedoch die Erstattungsforderung selbst.
Der Kläger vertrat mit Schreiben vom 04.01.2010 die Auffassung, dass auch eine Erstattungspflicht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG nach den Grundsätzen der §§ 45, 50 SGB X zu erfolgen habe und im Übrigen § 7b AsylbLG aufgrund des klaren Wortlauts anzuwenden sei.
Das Gericht hat die Streitsache am 11.03.2010 mündlich verhandelt.
In der mündlichen Verhandlung beantragt der Kläger, die Bescheide vom 09.03.2009 und 10.03.2009 in der Fassung die Änderungsbescheide vom 22.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2009 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte vorliegend trotz Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nach Lage der Akten entscheiden. Der Beklagte ist rechtzeitig vom Termin verständigt und in der Ladung auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach Aktenlage hingewiesen worden (§ 126 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Der Kläger hat eine Entscheidung in der Sache beantragt.
Die gegen die Bescheide des Beklagten vom 09.03.2009 und 10.03.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide von 22.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2009 gerichtete Klage ist zulässig aber unbegründet. Die Erstattungsforderungen des Beklagten für die Monate Dezember 2008 bis einschließlich Februar 2009 sind nach Überzeugung des Gerichts dem Grunde und der Höhe nach berechtigt; die angefochtenen Entscheidungen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Grundlage für die Erstattungsforderung ist § 7 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG. Danach haben Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG bei der Unterbringung in einer Einrichtung, in der Sachleistungen gewährt werden, für die erhaltenen Leistungen dem Kostenträger für sich und ihre Familienangehörigen die Kosten in entsprechender Höhe der in § 3 Abs. 2 Satz 2 genannten Leistungen sowie die Kosten der Unterkunft und Heizung zu erstatten, soweit Einkommen und Vermögen im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG vorhanden ist; für die Kosten der Unterkunft und Heizung können die Länder Pauschalbeträge festsetzen oder die zuständige Behörde dazu ermächtigen.
Der Kläger war vorliegend im streitgegenständlichen Zeitraum leistungsberechtigt nach dem AsylbLG.
Auch hat es sich bei der Unterbringung in der GU S. um eine Unterbringung in einer Einrichtung gehandelt, in der Sachleistungen gewährt werden.
Der Kläger hat auch im Umfange der Erstattungsforderung über Einkommen verfügt, das grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG vor der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG aufzubrauchen gewesen wäre.
Die Berechnung des Beklagten in den angefochtenen Bescheiden ist insoweit nicht zu beanstanden. Auch nach Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen und der Freibeträge nach § 7 Abs. 2 AsylbLG war der Kläger noch in der Lage, den nach AsylbLG in Verbindung mit der AsylDV bezifferten Bedarf zu decken. Die Einzelheiten hierzu können der Berechnung in den angefochtenen Bescheiden entnommen werden, auf die gemäß § 136 Abs. 3 SGG verwiesen wird. Diese Berechnung ist auch dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht streitig.
Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Klägers, dass die Grundsätze der §§ 45, 50 SGB X nicht beachtet worden wären. Denn tatsächlich sind diese Vorschriften im Rahmen der vorliegenden Erstattungsforderung nicht anzuwenden, da § 7 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG insoweit eine vorrangig anzuwendende Erstattungsregelung für den Fall der Unterbringung in einer GU darstellt.
§ 45 SGB X ist bereits deshalb nicht anwendbar, weil die erbrachte Leistung (hier die Unterbringung in der GU einschließlich der Versorgung mit Haushaltsenergie) nicht rechtswidrig war und, worauf der Beklagte zu Recht verwiesen hat, auch bei rechtzeitiger Kenntnis der Einkünfte des Klägers hätte erbracht werden müssen.
Zum einen handelt es sich bei der Unterbringung um eine Sachleistung, die unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen zu erbringen ist. Zum anderen folgt die Pflicht zur Wohnungsnahme bei einem Asylbewerber bereits aus der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörde für die Verteilung von Asylbewerbern (§ 8 AsylDV). Die Verpflichtung des Beklagten in diesem Fall, den notwendigen Bedarf an Ernährung, Unterkunft und Heizung, Mittel zur Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts als Sachleistung zu gewähren, folgt dabei aus § 13 Abs. 1 AsylDV. Aus § 13 Abs. 3 AsylDV ergibt sich auch, dass die Wohnsitznahme in der Aufnahmeeinrichtung oder GU verpflichtend ist, solange nicht ausdrücklich der Auszug behördlich genehmigt worden ist.
Entsprechend ist daher in § 7 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG abweichend von der Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG über die Einkommensanrechnung bei der Unterbringung in einer GU ausdrücklich die nachträgliche Erstattung im Wert der erbrachten Leistungen und im Umfang der Leistungsfähigkeit vorgesehen.
Es handelt sich dabei um eine besondere Form der sog. erweiterten Hilfe, die das Sozialhilferecht auch an anderer Stelle kennt, nämlich in § 19 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) bzw. bis 31.12.2004 noch ausdrücklicher in § 29 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Fälle der sog. erweiterten Hilfe oder auch unechte Sozialhilfe genannt sind dabei insbesondere Fälle, in denen eine Leistung insgesamt als Sachleistung zu erbringen ist (z.B. Heimunterbringung) und diese Hilfe nur erbracht werden kann, wenn bis zur abschließenden Klärung des Umfangs der eigenen Leistungsfähigkeit der Sozialhilfeträger insgesamt in Vorleistung tritt. Auch in diesen Fällen erfolgt der nachträgliche Aufwendungsersatz aufgrund der speziellen Regelung in § 19 Abs. 5 SGB XII, ohne dass die Vorschriften des SGB X ergänzend oder eingrenzend zu beachten wären. Insbesondere ist auch für die Geltendmachung des Aufwendungsersatzes gemäß § 19 Abs. 5 SGB XII keine Ermessensausübung erforderlich; es handelt sich um eine gebundene Entscheidung.
Abzugrenzen ist allerdings auch in diesem Fall von der Konstellation, dass die Leistung aufgrund des Einkommens oder Vermögens rechtswidrig erbracht worden ist, weil tatsächlich kein Fall vorgelegen hat, in dem die erweiterte Hilfegewährung angezeigt bzw. erforderlich war. In diesem Fall darf dann der Leistungsträger die Vorschriften des SGB X nicht dadurch umgehen, dass er seinen Rückforderungsanspruch als Aufwendungsersatz geltend macht.
Dass vorliegend die Hilfegewährung durch den Beklagten nach Überzeugung der Kammer nicht rechtswidrig war, wurde bereits ausgeführt. Der Beklagte war daher verpflichtet, die Kosten für die in der Unterkunft erbrachten Sachleistungen (hier Unterkunftskosten) vom Kläger aus seinem Einkommen zu verlangen, ohne dass ihm vom Gesetz ein Ermessen eingeräumt wäre. Daher ist zwar die Begründung der streitgegenständlichen Bescheide insoweit fehlerhaft, als sie sich auf §§ 45, 50 SGB X beziehen, nicht aber die Erstattungsforderung selbst.
Die Kammer vertritt weiter die Auffassung, dass aus diesem Grund § 7b AsylbLG bereits in seinem Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Denn dabei handelt es sich ausdrücklich um eine Ergänzung zu § 50 SGB X, der vorliegend bereits nicht anwendbar ist. Abweichend von § 50 SGB X sind danach 56 v.H. der bei der Leistung nach den §§ 2 und 3 berücksichtigten Kosten für Unterkunft mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung nicht zu erstatten.
Im Übrigen wären auch bei der grundsätzlichen Annahme einer Anwendbarkeit die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt.
Denn bei der Unterbringung in der GU handelt es sich nicht um einen Wohnraum im Sinne des § 4a des Wohngeldgesetzes. Hierbei müsste es sich nämlich um einen Raum handeln, der tatsächlich und (bau-) rechtlich zur dauernden Wohnnutzung geeignet und vom (Verfügungs-) Berechtigten dazu bestimmt ist. An einer Bestimmung zum dauernden Wohnen fehlt es, wenn ein Raum nach dem Willen des Verfügungsberechtigten dazu dienen soll, vorübergehend Abhilfe in einer Notsituation zu schaffen. Das ist der Fall, wenn er dem Benutzer – etwa aus Gründen der Fürsorge – als Zwischenstation bis zum Auffinden einer eigenen, auf eine längerfristige (Wohn-) Nutzung angelegten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird (Bundesverwaltungsgericht vom 14.08.1992 – 8 C 39/91). In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht ein Wohnheim der Arbeiterwohlfahrt, das zur zeitlich begrenzten Unterbringung von Aussiedlern und Zuwanderern angemietet worden ist, ausdrücklich nicht als Wohnraum in diesem Sinn angesehen.
Um einen vergleichbaren Fall handelt es sich hier. Denn die Unterbringung in der GU stellt immer nur eine vorübergehende Zuweisung dar.
Für diese Annahme spricht auch, dass für diese Form der Unterbringung in keinem Fall Wohngeld beantragt werden könnte. Denn schließlich handelt es sich bei § 7b AsylbLG um eine Regelung, bei der sozusagen pauschaliert ein Wohngeldanspruch gegengerechnet wird, der bei rechtzeitiger Berücksichtigung des Einkommens unter Umständen bestanden hätte.
Im Übrigen wären vorliegend auch die Voraussetzungen des §§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X erfüllt, würde man grundsätzlich die Vorschriften des SGB X auf den vorliegenden Fall anwenden; denn der Kläger, der schon seit Jahren im Leistungsbezug nach dem AsylbLG stand und auch schon länger berufstätig war, konnte sich jedenfalls nicht gutgläubig darauf verlassen, dass er Leistungen nach dem AsylbLG ohne Anrechnung von Einkommen erhalten würde.
Hierauf kommt es aber aus den oben genannten Gründen bereits nicht mehr entscheidend an.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.
Ausgehend von den vom Beklagten geforderten Beträgen wird die Berufungssumme von 750 EUR nicht erreicht. Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Erstellt am: 22.07.2010
Zuletzt verändert am: 22.07.2010