Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 12.11.2007 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe I.
Die am 00.00.1940 geborene Klägerin leidet im wesentlichen an Psoriasis vulgaris mit möglicher Gelenkbeteiligung, leichten Schultergelenksfunktionsstörungen bds., einem Carpaltunnelsyndrom bds. sowie einem Zustand nach Strumaektomie im Jahr 2000. Am 20.01.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung.
Die Beklagte ließ die Klägerin durch ihren sozialmedizinischen Dienst (SMD) begutachten. Dieser ermittelte einen Hilfebedarf in der Grundpflege von 29 Minuten täglich (Gutachten vom 28.03.2006).
Mit Bescheid vom 29.03.2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Leistungen nach der Pflegestufe I könnten nicht gewährt werden, da der Hilfebedarf in der Grundpflege nicht mehr als 45 Minuten täglich betrage. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, welchen sie im wesentlichen damit begründete, dass der Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen der Grundpflege deutlich höher sei, als vom SMD ermittelt. In seiner Stellungnahme verblieb der SMD bei der Einschätzung des Hilfebedarfs der Klägerin, so dass der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2006 zurückgewiesen worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 08.09.2006 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, dass ein umfassender Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege bestehe, welcher mindestens 45 Minuten täglich erreiche. Auch bestehe erheblicher Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2006 zu verurteilen, ihr ab dem 20.01.2006 Leistungen nach der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide durch die Ergebnisse der gerichtlichen Beweisaufnahme bestätigt gesehen.
Das Gericht hat zunächst einen Befundbericht des Hausarztes der Klägerin, Dr. C, eingeholt. Dieser sieht einen Hilfebedarf lediglich beim Betreten oder Verlassen der Badewanne sowie beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, soweit Treppen zu überwinden seien. Im Übrigen bestehe ein umfassender Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Das Gericht hat sodann Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. S, Neurologe (Gutachten vom 02.05.2007 bzw. ergänzende Stellungnahme vom 14.09.2007). Der Sachverständige hat einen Hilfebedarf in der Grundpflege von insgesamt 22 Minuten täglich ermittelt. Die Klägerin sei in der Lage, die abendlich erfolgenden Teilwaschungen selbständig durchzuführen; sie könne sich das Gesicht, den Oberkörper, die Genitalregion sowie Ober- und Unterschenkel selbständig reinigen. Beim morgendlich erfolgenden Duschen bestehe ein Teilhilfebedarf beim Waschen des Rückens, der Füße und beim Waschen der Haare mit einem Zeitaufwand von 1,5 Minuten täglich. Die Zahnpflege, das Kämmen, die Darm- und Blasenentleerung sowie die mundgerechte Zubereitung der Nahrung und die Aufnahme der Nahrung seien der Klägerin selbständig möglich. Auch das Aufstehen und Zubettgehen könne die Klägerin eigenständig durchführen. Es bestehe ein Teilhilfebedarf beim An- und Auskleiden, beim Öffnen und Schließen des BH s und teilweise auch beim Anziehen von Sachen oder Strümpfen. Ansonsten könne die Klägerin sich noch selber an bzw. ausziehen. Der TeiIhilfebedarf für die Verrichtung des An- und Auskleidens betrage täglich 6 Minuten. Innerhalb der Wohnung könne die Klägerin noch selbständig gehen. Es bestehe ein Hilfebedarf beim Duschtransfer 1 x täglich mit einen Zeitaufwand von 1 Minute. Innerhalb der Wohnung befänden sich keine Treppenstufen, so dass ein Hilfebedarf hierfür nicht berücksichtigt werden könne. Da die Klägerin nicht mindestens 1 x wöchentlich Arztbesuche bzw. den Besuch von ärztlich verordneten Therapien durchführe, könne ein Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung nicht anerkannt werden. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung bestehe ein umfassender Hilfebedarf von 45 Minuten täglich im Sinne der Höchstpauschalzeit.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.11.2007 hat das Sozialgericht Duisburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt worden, die Beklagte habe zu Recht die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I abgelehnt. Die Klägerin benötige für die gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grundpflege sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung zwar Hilfe, erhebliche Pflegebedürftigkeit liege jedoch nicht vor, denn nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme bestehe bei der Klägerin kein Hilfebedarf in der Grundpflege von mehr als 45 Minuten täglich. Dies schließe nicht aus, dass sich der Hilfebedarf der Klägerin unter häuslichen Bedingungen zuweilen höher darstelle als in dem von Amts wegen eingeholten Gutachten zum Ausdruck komme. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass der Klägerin in ihrem häuslichen Umfeld von ihrem Ehemann aufgrund enger persönlicher Verbundenheit und Fürsorge sicherlich mehr an Hilfe und Betreuung zuteil werde, als nach den strengen Kriterien des Pflegeversicherungsgesetzes an Pflegezeit anrechenbar sei. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. S und der Vorgaben nach dem Pflegeversicherungsgesetz sowie den Orientierungswerten zur Pflegezeitbemessung, habe es für die Entscheidung des Gerichts bei den von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen zur Pflegezeit zu verbleiben.
Gegen den am 20.11.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.12.2007 Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgetragen, dass das Gutachten ihren Pflegebedarf zu gering bewerte und sie aufgrund ihrer Erkrankung Anspruch auf Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 12.11.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2006 zu verurteilen, ihr ab dem 20.01.2006 Leistungen nach der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig und sieht diese auch in den weiteren Ermittlungen bestätigt.
Der Senat hat Beweis erhoben und die Klägerin erneut von Dr. S begutachten lassen (Untersuchung am 01.04.2008). Er hat bei der Klägerin einen Psoriasis vulgaris, derzeitg mit geringer Aktivität bei Gelenkbeteiligung, leichte Schultergelenksfunktionsstörungen bds., Carpaltunnelsyndorm bds. Zustand nach Strumaektomie ohne Vorliegen einer wesentlichen psychiatrischen Erkrankung und ohne Anhalt für das Vorliegen eines demenziellen Syndroms diagnostiziert. Die Klägerin könne noch ohne Hilfsmittel ohne Sturzgefahr gehen und auch ihre Hände noch weitestgehend einsetzen. Er hat einen Hilfebedarf von 26 Minuten im Bereich der Grundpflege und 45 Minuten im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung täglich angenommen.
Schließlich hat die Klägerin noch Ultraschall- und Sonograpfhiebefunde zu den Akten gereicht. Diese sind Dr. S zur Auswertung vorgelegt worden. Er hat erklärt, aus diesen Befunden lasse sich kein weiterer Hilfebedarf ableiten; zumal sie teilweise älteren Datums seien. Es bedürfe keiner weiteren Untersuchung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine Gewährung von Pflegegeld zu.
Nach § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 11. Buch (SGB XI) sind pflegebedürftig im Sinne des SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, zumindest in erheblichem Maße der Hilfe bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen, die Abs. 4 der Vorschrift in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie in den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufteilt.
Gemäß § 15 Abs. 1 Ziffer 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I zuzuordnen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens 2 Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens 1 mal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Für Leistungen nach der Pflegestufe I ist es erforderlich, dass der wöchentliche Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Leistungen in der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, im Tagesdurchschnitt mindestens 1/2 Stunden beträgt, wobei der grundpflegerische Aufwand mit mindestens 45 Minuten gegenüber dem hauswirtschaftlichen Aufwand im Vordergrund stehen muss.
Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Der Senat stützt seine Auffassung auf das Gutachten von Dr. S. Bei Dr. S handelt es sich um einen erfahrenen Sachverständigen auf dem Gebiet der Pflegeversicherung. Das Gutachten ist aufgrund erneuter umfassender Untersuchung gefertigt und seine Bewertungen plausibel begründet worden. Er hat überzeugend ausgeführt, dass bei der Klägerin keine wesentlichen psychiatrischen Erkrankungen und kein Anhalt für das Vorliegen eines demenziellen Syndroms vorliegen und sie auch noch ohne Hilfsmittel ohne Sturzgefahr gehen und auch ihre Hände noch weitestgehend einsetzen könne. Mit einem Hilfebedarf von 26 Minuten im Bereich der Grundpflege und 45 Minuten im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung täglich hat die Klägerin noch keinen Anspruch für die Gewährung von Pflegegeld I. Ein Anlass zu weiteren Ermittlungen hat der Senat nach den Ausführungen von Dr. S nicht gesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zu zulassen hat nicht bestanden.
Erstellt am: 19.11.2008
Zuletzt verändert am: 19.11.2008