Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.03.2003 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin streitet um höhere Zahlungen aus dem ihr zuerkannten Recht auf Hinterbliebenenrente. Die Klägerin wurde am 00.00.1929 in der UdSSR geboren. Seit dem 21.09.1951 bis zu dessen Tod war sie mit dem am 00.00.1929 geborenen und am 00.05.1991 verstorbenen B H (Versicherter) verheiratet, der ebenfalls in der UdSSR geboren war. Beide waren ausschließlich in ihrer früheren Heimat beschäftigt und bezogen dort Altersrente, die Klägerin zudem nach dem Tode des Versicherten Hinterbliebenenrente. Am 13.10.1996 zog die Klägerin aus L ins Bundesgebiet. Sie ist als Spätaussiedlerin nach § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) anerkannt (Bescheid vom 23.05.1997). Aufgrund ihres Antrages vom 25.10.1996 erhält die Klägerin, die keine deutschen Versicherungszeiten zurückgelegt hat, aufgrund der von ihr in der UdSSR zurückgelegten und nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anzurechnenden Zeiten seit dem 13.10.1996 eine Regelaltersrente auf der Grundlage von 22,4909 Entgeltpunkten (EP) aus eigener Versicherung (Bescheide vom 22.09. und 11.11.1998, 04.10.1999, 25.01. und 13.09.2000). Auf den Hinterbliebenenrentenantrag der Klägerin vom 22.10.1996 gewährte die Beklagte große Witwenrente (Vorschussbescheid vom 20.01.1998 mit Anerkennung des Anspruchs dem Grunde nach; Bescheid vom 20.02.1998; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 08.04.1998) und setzte den Zahlbetrag ab 13.10.1996 fest. Dafür legte sie von den aus der Versicherung des Versicherten ermittelten 43,3308 EP 2,5091 Entgeltpunkte zugrunde, um auf Versicherungsleistungen von insgesamt 25 EP zugunsten der Klägerin zu gelangen (Bescheid vom 17.10.2000; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 27.08.2002).
Zur Begründung ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Köln hat sich die Klägerin auf ihre Grundrechte aus Artikel 14 Grundgesetz (GG) und Artikel 3 GG sowie das Urteil des BSG vom 30.08.2001 ( B 4 RA 118/00 R) berufen.
Die Beklagte hat sich durch § 22 b FRG gerechtfertigt gesehen.
Das SG hat die Beklagte antragsgemäß unter Aufhebung der Bescheide vom 17.10.2000 und 27.08.2002 verurteilt, der Klägerin aus der Versicherung des Versicherten große Witwenrente unter Berücksichtigung von 25 EP nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren (Urteil vom 27.03.2003). Es hat sich der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung angeschlossen.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 22 b FRG sei die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung abzuweisen. Die Norm finde auch beim Zusammentreffen von Versicherten- und Hinterbliebenenrenten Anwendung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.03.2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich zusätzlich auf Artikel 6 GG.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der Verwaltungsakten der Beklagten zur Versicherten- und Hinterbliebenenrente verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Begrenzung der anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrentengesetz auf 25 Entgeltpunkte (§ 22 b Abs 1 Satz 1 FRG) findet auch dann Anwendung, wenn ein Begünstigter neben einem Recht aus eigener Versicherung ein abgeleitetes Recht auf Hinterbliebenenrente hat. Das folgt aus der Entstehungsgeschichte, systematischer Interpretation sowie Sinn und Zweck der Regelung, ohne dass dem der Wortlaut der Norm entgegensteht.
Zu Recht hat die Beklagte entschieden, für das Recht der Klägerin auf Witwenrente sei ein Geldwert ("Monatsbetrag der Rente") auf der Basis von nur 2,5091 EP aus der Versicherung des Versicherten zugrunde zu legen, weil bereits für ihre eigene Altersrente 22,4909 EP berücksichtigt worden seien. Die Frage, ob der Versicherte die für die Gewährung einer Witwenrente erforderliche allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt hat (§§ 46 Abs 1, 50 Abs 1 Nr 1 SGB VI), obwohl er in der Bundesrepublik Deutschland keine anrechenbaren Versicherungszeiten zurückgelegt hat und nach dem Wortlaut von § 1 FRG nicht in den persönlichen Geltungsbereich des FRG einbezogen war, weil er vor der Aussiedlung verstorben ist, oder ob es insoweit ausreicht, dass die Klägerin anerkannte Spätaussiedlerin ist und für den Versicherten die Anerkennung "nur" an seinem Tod vor der Spätaussiedlung gescheitert ist (vgl. dazu BSGE 49, 175=SozR 5050 § 15 FRG Nr. 13), bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte hat insoweit bindend (§ 77 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) bereits ausdrücklich den "Anspruch auf Witwenrente nach § 46 Abs 2 SGB VI dem Grunde nach anerkannt" (Bescheid vom 20.01.1998). Hiervon hat damit auch der erkennende Senat auszugehen (vgl. dementsprechend BSG, Urteil vom 30.08.2001, B 4 RA 118/00 R, SozR 3 – 5050 § 22 b FRG Nr 2).
Zu Recht hat sich die Beklagte bei der Berechnung des Geldwertes der Witwenrente auf den rechtsvernichtenden materiell-rechtlichen Einwand berufen, für anrechenbare Zeiten nach dem FRG seien für einen Berechtigten höchstens 25 EP zugrunde zu legen. Das folgt aus § 22 b Abs 1 Satz 1 FRG.
Bereits die Entstehungsgeschichte spricht für diese Auslegung. § 22 b FRG ist durch Artikel (Art) 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG -) mit Wirkung vom 07.05.1996 (Art 12 Abs 2 WFG) eingefügt worden. Für Berechtigte, die nach dem 06.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben (Art 6 § 4 b des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes – FANG – in der Fassung des Art 4 Nr 4 WFG) wie die Klägerin (Zuzug ins Bundesgebiet am 13.10.1996), werden danach für anrechbare Zeiten nach diesem Gesetz höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde gelegt (Abs 1 Satz 1). Hierbei sind zuvor die EP der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren (Satz 2). EP aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind nach Satz 3 aaO., der nachträglich durch Art 12 Nr 2 RAG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2998) mit (Rück-)wirkung vom 07.05.1996 (Art 33 Abs 7 RAG 1999) angefügt wurde, vorrangig zu berücksichtigen. Die EP einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG werden ermittelt, indem die Summe aller EP um die EP vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben (§ 22 b Abs 2 FRG). Der Gesetzgeber hat bereits bei den allgemeinen Ausführungen zu den Änderungen des FRG durch das WFG in den Gesetzesmaterialien betont, "die Rente nach dem FRG" solle "für Personen, die künftig zuziehen, höchstens in Orientierung an der Höhe der Eingliederungshilfe geleistet werden" (BT-Drucks. 13/4610, 19). Dementsprechend heißt es zu § 22 b in der Fassung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 13/4610, 28): "Durch die Vorschrift wird der Rentenanteil aus Zeiten nach dem FRG für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt ab dem 15. Mai 1996 in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben oder noch nehmen, an der Höhe der Eingliederungshilfe … orientiert." Nichts anderes ergibt die Begründung zur Einfügung des Absatzes 1 Satz 2 in § 22 b FRG im Gesetzbegebungsverfahren (BT-Drucks. 13/5108, 15): "Durch die Änderung wird sichergestellt, dass auch für Entgeltpunkte, die der knappschaftlichen Versicherung zugeordnet werden, die angestrebte Begrenzung auf den Wert von maximal 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten erreicht wird. Die Versicherungszugehörigkeit wird nicht berührt." Damit ging der Gesetzgeber davon aus, unabhängig von der Art der Rente den Rentenanteil aus FRG-Zeiten auf 25 EP für Alleinstehende zu beschränken. Das bestätigt auch die Gesetzesbegründung zu § 14 a FRG (eingeführt durch Art 11 Nr 1 Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001, BGBl I 403). Dort ist ausgeführt (vgl BT-Drucks. 14/4595, 78), die Auswirkungen (des § 14 a) auf nach dem 06.05.1996 zugezogene Personen werden dadurch begrenzt, dass in diesen Fällen der Rentenanteil aus FRG-Zeiten bereits auf einen an der Eingliederungshilfe orientierten Betrag von 25 EP für Alleinstehende beschränkt ist. Die Regelung werde aber auch hier dazu beitragen, unbillige Ergebnisse in Fällen zu vermeiden, in denen ein erheblicher Teil der Versichertenrente des überlebenden Ehegatten auf hiesigen Versicherungszeiten beruhe, so dass diese 25 EP ohne die vorliegende Regelung weitgehend mit FRG-Zeiten aus einer Hinterbliebenenrente aufgefüllt werden könnten.
Die systematische Auslegung der Norm ergibt nichts anderes. § 22 b Abs 1 FRG begrenzt "für einen Berechtigten" die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz auf höchstens 25. § 22 b Abs 3 FRG bestimmt demgegenüber, dass bei Ehegatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, höchstens insgesamt 40 EP zugrunde gelegt werden. In solchen Fällen will der Gesetzgeber berücksichtigen, dass die zusammenlebenden Personen Kosten der Haushaltsführung einsparen. Deshalb sollen sie zusammen Leistungen nur nach maximal 40 EP erhalten, entsprechend dem 1,6-fachen der Eingliederungshilfe (vgl auch BT-Drucks. 13/4610, 28). Die höchstens insgesamt 40 EP werden nach § 22 b Abs 3 Satz 2 FRG auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 EP für einen Berechtigten. Wenn schon überlebenden Ehegatten eine Beschränkung auf maximal 40 EP als Maß der Existenzsicherung festgesetzt ist, muss erst recht nach dem Tod des einen Berechtigten die Beschränkung greifen, und zwar so, dass er nur wie ein Alleinstehender Leistungen beziehen kann (vgl auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.12.2002, L 5 KN 2/02; LSG NRW, Urteil vom 30.07.2003, L 8 RJ 64/03, mwN.). Es wäre widersinnig und mit dem Gerechtigkeitsgedanken unvereinbar, sich für die Höchstgrenze für Eheleute unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit in zulässiger Typisierung an dem gegenüber Alleinstehenden geringeren Bedarf der Eheleute zu orientieren (vgl dazu BSG, Urteil vom 03.07.2002, B 5 RJ 22/01 R, SozR 3 – 5050 § 22 b FRG Nr 3), bei alleinstehenden Hinterbliebenen aber nicht eine bedarfsorientierte Betrachtung vorzunehmen mit der Folge, dass Ehegatten rentenrechtlich durch den Tod des Ehepartners auf einmal besser gestellt wären.
§ 22 b Abs 1 FRG nicht beim Zusammentreffen von Versicherten- und Hinterbliebenenrenten anzuwenden, widerspricht auch Sinn und Zweck der Regelung. § 22 b FRG ist Ausdruck eines generell vollzogenen Systemwechsels vom Eingliederungsprinzip hin zu einer bloßen Fürsorgeleistung im Sinne einer Grundsicherung durch die Rentenversicherung (vgl BSG ebenda; Urteil vom 30.08.2001, B 4 RA 87/00 R, BSGE 88, 274 = SozR 3 – 5050 § 22 b FRG Nr 1, S. 29; Urteil vom 01.12.1999, B 5 RJ 26/98 R, SozR 3 – 5050 § 22 FRG Nr 7, S 25 f). Handelt es sich aber bei der Versichertenrente für Spätaussiedler ihrer Art nach um eine Fürsorgerente, so wäre es nicht einzusehen, an diejenigen, die vom Anknüpfungspunkt der Höchstbegrenzung der Fürsorgerente – den nach dem FRG anrechenbaren Zeiten – noch weiter entfernt sind als die Versicherten selbst, nämlich ihre Hinterbliebenen, keine Fürsorgerente zu leisten, sondern bei ihnen das vom Gesetzgeber aufgegebene Einliederungsprinzip neu zu beleben.
Auch der Wortlaut des § 22 b Abs 1 FRG lässt es zu, die Norm beim Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und Hinterbliebenenrenten anzuwenden. So hat § 22 b Abs 1 Satz 1 FRG bewußt den Begriff des Berechtigten gewählt, nicht aber bloß denjenigen des Versicherten. Auch der Begriff der anrechenbaren Zeiten passt zu den Hinterbliebenenrenten. So setzt der Anspruch auf große Witwenrente (§ 46 Abs 2 Satz 1 SGB VI) u.a. voraus, dass der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Hierzu bedarf es gegebenenfalls anrechenbarer Zeiten (§ 51 SGB VI) nach dem FRG. Zutreffend hat die Beklagte zudem darauf verwiesen, dass die Begriffe "anrechenbare Zeiten" und "Entgeltpunkte" dem SGB VI entnommen sind, weil auch die Höhe (der Betrag) einer Rente mit versicherungsrechtlich relevanten Zeiten nach dem FRG nach den allgemeinen Regeln der §§ 64 ff SGB VI bestimmt wird.
Soweit demgegenüber der 4. Senat des BSG (Urteil vom 30.08.2001, aaO; vgl auch -ihm folgend- LSG NW, L 18 KN 27/03, Urteil vom 26.08.2003; LSG BW, Urteil vom 01.07.2003, L 11 RJ 511/03; LSG Brandenburg, Urteil vom 26.08.2003, L 2 RJ 78/03, jeweils mwN) hervorgehoben hat, der Wert von Hinterbliebenenrenten beruhe nicht auf einer individuellen Rangstellung und dem Maß, in dem der Rentner selbst während seiner aktiven Erwerbsphase im jährlichen Vergleich mit den zeitgleich Versicherten zum damaligen Beitragsaufkommen beigetragen habe; sie leiteten sich vielmehr entsprechend ihrer anders gearteten Funktion, Ersatz für den Unterhalt durch den Verstorbenen zu leisten, ohne eigene Vorleistung des Rentners nach den Gesichtspunkten des Unterhaltsersatzes aus der Rente des Versicherten ab, ist nicht hinreichend die Reichweite des Paradigmenwechsels vom Eingliederungsprinzip zur Fürsorgerente beachtet. Der Gesetzgeber hat, wie dargelegt, gerade nicht diesen Systemwechsel auf Versichertenrenten beschränkt, sondern ihn systemgerecht erst recht auch bei Hinterbliebenenrenten eingreifen lassen.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist gegenüber diesem Ergebnis für die Klägerin, die am 13.10.1996 – mithin nach dem 06.05.1996 und nach Verkündung des WFG im Bundesgesetzblatt – ins Bundesgebiet zugezogen ist, nichts zu erinnern. Zu Recht hat sich die Klägerin von vornherein nicht auf Art 116 GG berufen, da aus dieser Norm kein sozialrechtlicher Anspruch folgt, in der gesetzlichen Rentenversicherung FRG-Zeiten wie im Bundesgebiet zurückgelegte Beitragszeiten anzurechnen. Das sogenannte Eingliederungsprinzip, welches das Fremdrentenrecht lange Zeit prägte, hat keinen Verfassungsrang (vgl BSG, Urteil vom 03.07.2002, B 5 RJ 220/01 R, SozR 3 – 5050 § 22 b FRG Nr 3, mwN; BVerfG, Beschluss vom 26.01.1977, 1 BvL 17/73, BVerfGE 43, 213, 226 = SozR 5050 § 22 FRG Nr 5, S 11). Dabei berücksichtigt der Senat, dass dem Sozialstaatsgebot hinreichend Rechnung getragen worden ist. Die Leistungen auf der Grundlage des FRG sind auch für Neuzuzügler unabhängig von der konkreten finanziellen Situation der Berechtigten zu gewähren. Zudem sind die Berechtigten – wie andere Personen mit einer Rentenberechtigung auch – durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geschützt (vgl BSG, Urteil vom 03.07.2002, aaO; Urteil vom 30.08.2001, aaO, mwN). Ein Anspruch auf weitergehende Leistungen, insbesondere eine dem konkreten Bedarf angemessene Leistung aus der Rentenversicherung, ergibt sich aus dem Sozialstaatsgebot nicht. Denn das Sozialstaatsgebot zwingt den Staat lediglich, Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger zu schaffen. Im Übrigen obliegt es der Entscheidung des Gesetzgebers, auf welche Weise und in welchem Umfang er ihr unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer gleichwertiger Staatsaufgaben soziale Hilfe gewährt (vgl BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990, 1 BvL 20, 26/84, 4/86, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3 – 5870 § 10 Nr 1, S 5 mwN zur Kindergeldkürzung).
Eine Verletzung von Art 14 GG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Es erscheint schon fraglich, ob das Eingliederungsprinzip bei Statusdeutschen i.S. des Art 116 Abs 1 GG im Ausland durch eine dort versicherungspflichtige Beschäftigung erworbenen Rechtspositionen in eine durch die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützte rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition transformiert hat (vgl BSG, Urteil vom 01.12.1999, B 5 RJ 26/98 R, BSGE 85, 161, 167 ff = SozR 3 – 5050 § 22 FRG Nr. 7, S 26 ff). Auch in diesem Fall stünde aber der Grundrechtsschutz aus Art 14 GG dem Statusdeutschen erst nach Aufnahme in Deutschland zu. § 1 Buchst. a FRG setzt für die Anwendung des FRG auf Spätaussiedler deren Anerkennung voraus, die wiederum von der Begründung des ständigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland abhängt (§ 4 Abs 1 BVFG; vgl dazu auch BSG, Urteil vom 23.06.1999, B 5 RJ 44/98 R, SozR 3 – 5050 § 1 FRG Nr 4, S 11 f). Da durch Art 14 Abs 1 GG allein der konkret vorhandene Bestand einer eigentumsgleichen Rechtsposition im Zeitpunkt der zu prüfenden gesetzgeberischen Maßnahme geschützt wird (vgl BVerfG, Beschluss vom 14.01.1987, 1 BvR 1052/79, BVerfGE 74, 129, 148, mwN), könnte sich die Klägerin daher auf eine derartige nur durch die Eingliederung begründete Rechtsposition schon deshalb nicht berufen, weil sie vor ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland keine derartige Rechtsposition gegenüber der deutschen Rentenversicherung erwerben konnte und zum Zeitpunkt ihres Zuzugs das Rentenrecht in der Ausgestaltung vorgefunden hat, die es durch das WFG erhalten hat (vgl BSG, Urteil vom 03.07.2002, aaO sowie Urteil vom 30.08.2001, aaO, mwN). Das gilt entsprechend auch für die Frage, ob der Gesetzgeber durch das WFG gegenüber den ab dem Stichtag (07.05.1996) zugezogenen Spätaussiedlern das aus dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot abzuleitende Rückwirkungsverbot verletzt haben könnte. Dieses setzt nach der Rechtsprechung des BVerfG überhaupt nur ein, wenn durch neue gesetzliche Vorschriften auf (vorrangig grundrechtlich) geschützte Rechtspositionen eingewirkt wird, sei es in Form einer "echten", verfassungsrechtlich nur ausnahmsweise zulässigen, oder in Form einer sogenannten "unechten", unter leichteren Voraussetzungen zulässigen Rückwirkung (vgl BSG, Urteil vom 03.07.2002, mwN). Daran fehlt es. Solange sich die Klägerin noch in Rußland aufhielt, stellten sich ihre nach einer späteren Übersiedlung möglichen Ansprüche nach dem FRG vielmehr als bloße Hoffnung oder Chance dar. Ein schützenswertes Vertrauen auf volle Eingliederung in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland bestand nicht.
Die Ungleichbehandlung der Klägerin als Neuzuzüglerin gegenüber allen in der Bundesrepublik Deutschland in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Personen und Rentnern im Beitrittsgebiet sowie gegenüber Spätaussiedlern, die bis zum 07.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, die darin liegt, dass der den Neuzuzüglern durch das FRG idF des WFG zugewiesene Rentenanspruch sich – wie dargelegt – an der Eingliederungshilfe des Arbeitsförderungsrechts orientiert, so dass die konkrete Ermittlung von EP nach § 22 Abs 1 und 2 FRG und die in § 22 b FRG vorgesehenen Kürzungen dieser EP im Zusammenhang nur noch der Feststellung dienen, ob im Einzelfall eine Rentenhöhe auf der Grundlage von weniger als 25 EP für Alleinstehende in Betracht kommt, ist nicht verfassungswidrig.
Die speziellen Gleichbehandlungsgebote des Art 33 Abs 1 und Art 3 Abs 3 GG, die dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs 1 GG vorgehen, sind nicht berührt. Nach Art 33 Abs 1 GG hat jeder Deutsche in jedem Land die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. Danach sind nur Ungleichbehandlungen verboten, für welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bundesland maßgebend ist. Eine derartige Differenzierung nimmt § 22 b FRG nicht vor. § 22 b FRG beruht auch nicht auf einer verfassungswidrigen Benachteiligung wegen der Heimat oder Herkunft als einem nach Art 3 Abs 3 GG unzulässigen Differenzierungskriterium. Das SGB VI erkennt als Beitragszeiten nur solche Zeiten an, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 SGB VI); die Ungleichbehandlung von Personen, die keine Beiträge nach Bundesrecht gezahlt haben, und solchen, bei denen dies der Fall ist, hat ihre Ursache daher nicht in ihrer Herkunft, sondern in unterschiedlichen Versicherungsverläufen. Insofern bevorzugt das Fremdrentenrecht Spätaussiedler gegenüber Deutschen, die ihr Arbeitsleben im Ausland außerhalb der Vertreibungsgebiete in Ländern verbracht haben, mit denen keine Sozialversicherungsabkommen bestehen (vgl BSG, Urteil vom 03.07.2002, aaO; Urteil vom 30.08.2001, B 4 RA 87/00 R, BSGE 88, 274 = SozR 3 – 5050 § 22 b FRG Nr 1, S 15).
Auch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt, dass die rechtliche Unterscheidung in sachlichen Gründen eine ausreichende Stütze findet. Dabei ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche einzelnen Elemente eines zu regelnden Lebenssachverhaltes er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansehen will; Grenzen ergeben sich aus dem Willkürverbot, bei personenbezogenen Unterscheidungen weitergehend auch aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip (vgl zB BVerfG, Urteil vom 06.03.2002, 2 BvL 17/99, SozR 3 – 1100 Art 3 GG Nr 176, S. 173 mwN). Dabei ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers weiter bemessen, wenn Regelungen zur Beseitigung der beim Zusammenbruch des deutschen Reiches vorhandenen Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand und zur Beseitigung sonstiger Kriegsfolgelasten getroffen sind (BVerfG, Beschluss vom 12.11.1996, 1 BvL 4/98, BVerfGE 95, 143, 155 mwN). Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfG, Urteil vom 06.03.2002, aaO); Entsprechendes gilt für eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (vgl BVerfG, Beschluss vom 23.03.1994, 1 BvL 8/85, BVerfGE 90, 226, 239 = SozR 3 – 4100 § 111 Nr 6 S 29 f). Bei Beachtung dieser Grundsätze verstößt § 22 b Abs 1 FRG nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, weil für den mit der Regelung generell vollzogenen Systemwechsel zu einer bloßen Fürsorgeleistung im Sinne einer Grundsicherung durch die Rentenversicherung hinreichende sachliche Gründe vorlagen. Der Gesetzgeber ging davon aus, das Ziel des FRG, die Vertriebenen und Spätaussiedler, die infolge der Auswirkungen des 2. Weltkrieges ihre soziale Sicherung in den Herkunftsländern verloren hatten, in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern, sei weitgehend erreicht worden und eine Beibehaltung der auf dieses Ziel hin für einen Übergangszeitraum konzipierten, ein hohes Rentenniveau sichernden Regelung über 50 Jahre nach Kriegsende sei sachlich nicht mehr zu rechtfertigen; einschränkende Regelungen erschienen auch zur Erhaltung der Akzeptanz der Leistungen nach dem FRG erforderlich (vgl BT-Drucks. 13/4610, 19). Dabei ging es dem Gesetzgeber darum, die Rentenversicherung zur Vermeidung sonst in erheblichem Umfang erforderlicher Beitragserhöhung durch Leistungskürzungen zu entlasten, indem insbesondere Leistungen zurückgeführt wurden, die nicht durch Beiträge gedeckt sind und die im Hinblick auf die Beitragsbezogenheit der Rente sowie die angespannte Gesamtlage der Rentenversicherung und die damit verbundene Notwendigkeit zu Einsparungen als unangemessen erscheinen konnten (BT-Drucks. 13/4610, 18). In diesem Zusammenhang war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die Leistungen der Rentenversicherung für Spätaussiedler von dieser Zielsetzung auszunehmen, und er durfte insbesondere für Neuzuzügler die Alterssicherung auch grundsätzlich anders ausgestalten als für den von der bisherigen Regelung begünstigten Personenkreis (vgl BSG, Urteil vom 03.07.2002, aaO; vom 30.08.2001, aaO, mwN). Der für die Neuregelung gewählte Stichtag (07.05.1996) knüpft sachlich gerechtfertigt an den Zeitpunkt der Kabinettsentscheidung über die Einbringung des WFG und die darauf folgende Unterrichtung der Öffentlichkeit an; damit verbundene Härten sind hinzunehmen (vgl BSG, Urteil vom 01.12.1999, aaO, mwN). Auch die Ungleichbehandlung der nach dem FRG berechtigten Spätaussiedler gegenüber Rentnern im Beitrittsgebiet ist nicht sachwidrig. Die Gründe, welche das Eingliederungsprinzip für Übersiedler aus der DDR in die alte Bundesrepublik getragen und gerechtfertigt hatten, waren mit der Herstellung der deutschen Einheit entfallen (BVerfG, Beschluss vom 12.08.1996, 1 BvL 4/88, BVerfGE 95, 143, 157). Mit der Berücksichtigung von in der DDR zurückgelegten Versicherungszeiten folgt das SGB VI der Zielsetzung des Einigungsvertrages, nämlich im Bundesgebiet nach dem Beitritt einheitliche Lebensverhältnisse zu schaffen, und den dort getroffenen Festlegungen für ein einheitliches Rentenrecht; die in der Rentenversicherung der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften werden dabei aufgrund und nach Maßgabe des Einigungsvertrages in die bundesdeutsche Rentenversicherung überführt. Eine vergleichbare Ausgangslage, Zielsetzung oder Zusicherung besteht hinsichtlich der von Spätaussiedlern in ihren Herkunftsgebieten erworbenen Rentenansprüchen nicht (vgl BSG, Urteil vom 03.07.2002, aaO; Urteil vom 01.12.1999, aaO; Urteil vom 09.09.1998, B 13 RJ 5/98 R, SozR 3 – 5050 § 22 FRG Nr 6, S 17).
Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 GG kommt nicht in Betracht. Nimmt der Gesetzgeber Differenzierungen vor, die zum Nachteil von Ehe und Familie wirken, so verpflichtet ihn Art 6 Abs 1 GG, den besonderen Schutz zu beachten, den der Staat Ehe und Familie schuldet (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992, 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234, 256). Eheleute dürfen nicht deswegen schlechter als Ledige gestellt werden, nur weil sie verheiratet sind; unabhängig davon kann die eheliche Lebensgemeinschaft aber Anknüpfungspunkt für eine zulässige Differenzierung bei staatlichen Leistungen sein, wenn sich aus der Natur der geregelten Lebensverhältnisse einleuchtende Sachgründe für die Differenzierung ergeben (vgl BVerfG, Beschluss vom 16.06.1987, 1 BvL 4, 6/84, BVerfGE 75, 982, 93, mwN). Indem der Gesetzgeber im Rahmen des § 22 b Abs 1 FRG generell ein Systemwechsel zu einer bloßen Fürsorgeleistung vollzogen hat, die alle "Berechtigten" trifft, hat er bei Alleinstehenden keine Regelungen geschaffen, die zum Nachteil von Ehe und Familie wirken. Das gilt auch, wenn Hinterbliebenenleistungen insoweit einbezogen werden. Denn die Obergrenze der Fürsorgeleistung gilt einheitlich für alle Betroffenen. Da aber selbst die einschränkende Regelung des § 22 b Abs 3 FRG nicht gegen Art 3 GG iVm Art 6 GG verstößt, weil sich die Höchstgrenze für Eheleute unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit in zulässiger Typisierung an dem gegenüber Alleinstehenden geringeren Bedarf der Eheleute orientiert (vgl BSG, Urteil vom 03.07.2002, mwN), ist erst recht nichts gegen die einheitliche Grenze im Rahmen des § 22 b Abs 1 FRG einzuwenden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 Abs 1 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er von dem Urteil des BSG vom 30.08.2001, B 4 RA 118/00 R, BSGE 88, 288 = SozR 3 – 5050 § 22 b Nr 2 FRG abweicht.
Erstellt am: 12.03.2004
Zuletzt verändert am: 12.03.2004