Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.12.2006 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 01.08.2007 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen wegen erheblicher Pflegebedürftigkeit.
Der im Jahre 1926 geborene Kläger leidet unter einem Morbus Bechterew, Kniegelenksverschleiß, Hüftgelenksverschleiß, einer aktivierten Schulterarthrose links, einer Herzschwäche mit pektangiösen Beschwerden, einem Herzklappenfehler, einem Zustand nach beidseitiger Katarakt-Operation, wiederholten Migräneattacken und einer psychisch-physischen Überlastungssituation. Er ist anerkannter Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 und den Merkzeichen "G", "aG" und "B". Er lebte zunächst gemeinsam mit seiner 85-jährigen Ehefrau in einer zirka 70 qm großen Wohnung im Erdgeschoß eines Mehrfamilienhauses. Während des Berufungsverfahrens zog er in eine Seniorenwohnung.
Am 14.12.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit. Er gab an, er benötige regelmäßig Hilfe beim Duschen/Baden und bei der Reinigung der Wohnung. Bei der Untersuchung des Klägers in häuslicher Umgebung stellte der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten fest, dass der Kläger im Bereich der Grundpflege keinerlei Hilfe benötige und für die erforderlichen Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung insgesamt 2 Stunden wöchentlich erforderlich seien.
Mit Bescheid vom 19.01.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit ab, weil in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität nur gelegentliche bzw. keine Hilfeleistungen erforderlich seien. Auf den Widerspruch des Klägers wurde dieser erneut in häuslicher Umgebung durch den SMD der Beklagten begutachtet. Auch bei dieser Begutachtung wurde kein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege ermittelt, während der gutachterlich festgestellte Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung einen Zeitaufwand von zwei Stunden wöchentlich umfasste. Es wurde ausgeführt, der Kläger sei in der Lage, die Körperpflege komplett selbstständig durchzuführen, auch wenn dies möglicherweise nicht immer zur gleichen Zeit erfolgen könne. Die bestehenden Gesundheitsstörungen stellten zwar ein Erschwernis bei der Körperpflege dar, begründeten jedoch keinen Hilfebedarf bei der Grundpflege. In Phasen von Migräneattacken sei es ohnehin sinnvoll, dass der Kläger Ruhe einhalte. Dass die Gesundheitsstörungen die hauswirtschaftliche Versorgung nur eingeschränkt ermöglichten, sei dagegen durchaus nachvollziehbar; insbesondere betroffen sei das Reinigen der Wohnung. Dieser Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung begründe jedoch noch keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes.
Daraufhin wurde der Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28.03.2006 zurückgewiesen.
Am 04.04.2006 hat der Kläger zum Sozialgericht Aachen Klage erhoben, mit der er die Gewährung von Pflegeleistungen begehrte. Er hat vorgetragen, weder seine 85 Jahre alte Ehefrau noch er selbst könnten einen Haushalt dauerhaft führen. Es sei zumindest eine Hilfskraft für 3 Stunden wöchentlich im Haushalt sowie zweimal wöchentlich beim Duschen erforderlich.
Schriftsätzlich hat der Kläger sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2006 zu verurteilen, ihm Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.
Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes zunächst einen Befundbericht von dem Arzt für Innere Medizin Dr. K eingeholt. Dieser hat einen Hilfebedarf des Klägers beim Duschen, Baden und Treppensteigen sowie bei der hauswirtschaftlichen Versorgung gesehen. Sodann hat das Gericht von Amts wegen ein Gutachten zum Hilfebedarf des Klägers von dem Arzt für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. K I eingeholt. Dieser hat den Kläger am 06.10.2006 in häuslicher Umgebung begutachtet und im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 13 Minuten ermittelt.
Mit Urteil vom 07.12.2006 hat das Sozialgericht Aachen die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen wegen erheblicher Pflegebedürftigkeit. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der beim Kläger vorhandene Pflegeaufwand für die Grundpflege erreiche nicht den gesetzlich erforderlichen Zeitaufwand. Dies entnehme das Gericht sowohl den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des SMD der Beklagten als auch dem Gutachten des gerichtlich gehörten Sachverständigen sowie den Angaben des Klägers selbst.
Gegen das am 08.01.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.02.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er stimme den Ausführungen des Gutachters zu. Diese gelten jedoch nur unter normalen Umständen. Er leide bei Schlechtwetterphasen unter periodisch auftretenden Migräneattacken. Dagegen sei er praktisch hilflos und bettlägerisch. Seine Ernährung bestehe dann aus Dosenkost und an Auto fahren sei nicht zu denken. Sollte sein Ableben in so eine Zeit fallen, sei es möglich, dass dies unbemerkt bliebe.
Innerhalb des Berufungsverfahrens beantragte der Kläger am 12.06.2000 erneut die Gewährung von Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit. Nach entsprechender Begutachtung durch den SMD lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.08.2007 den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Kläger sei insgesamt nur von einem Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege von 12 Minuten auszugehen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.12.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2006 sowie des Bescheides vom 01.08.2007 zu verurteilen, ihm Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung zurück und die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide, insbesondere nach den weiteren Ermittlungen für rechtmäßig.
Der Senat hat Beweis erhoben und zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. K, Internist, hat ausgeführt, der Kläger sei geistig allseits orientiert und müsse nicht durch Dritte versorgt werden. Dr. M, Orthopäde, hat ausgeführt, Einschränkungen der geistigen Fähigkeiten seien nicht aufgefallen, der Kläger benötige Hilfestellungen bei der täglichen Hygiene. Der Senat hat den Entlassungsbericht der F-Klinik (Rehabilitationsmaßnahme des Klägers nach Operation des Kniegelenks am 16.10.2007) beigezogen. Dort wird ausgeführt, dass Gangbild sei mit einem Rollator sicher. Der Kläger könne Treppen aufwärts und abwärts durch Beistellen des operierten Beines bewältigen.
Der Senat hat Dr. S, Arzt für Neurologie und Geriatrie, mit einem Gutachten beauftragt. Er hat nach Hausbesuch am 16.09.2008 ausgeführt, der Kläger sei in seiner Mobilität durch Funktionsstörungen im Skelettsystem eingeschränkt. Bezüglich der Pflegerelevanz sei er aber in der Lage, in vielen Bereichen der Grundpflege noch selbstständig Verrichtungen zu übernehmen; dies zum Teil auch im hauswirtschaftlichen Bereich. So sei er noch in der Lage, selbst zu kochen und teilweise auch allein einzukaufen sowie Arztbesuche selbstständig durchzuführen. Die Mindestvoraussetzung für die Gewährung der Pflegestufe 1 lägen nicht vor.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.12.2006 und die Klage gegen den Bescheid vom 01.08.2007 sind unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Beklagte hat darüberhinaus während des Berufungsverfahrens zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Pflegeleistungen hat.
Insoweit bezieht sich der Senat zunächst auf die zutreffenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 SGG). Darüberhinaus stützt der Senat seine Entscheidung auf das Gutachten von Dr. S, einem erfahrenen Sachverständigen auf dem Gebiet der Pflegeversicherung, der überzeugend und widerspruchsfrei dargelegt hat, dass bei dem Kläger nicht von einem ausreichenden Pflegebedarf für die Pflegestufe 1 auszugehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Erstellt am: 21.04.2009
Zuletzt verändert am: 21.04.2009