I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Maier wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller leidet laut ärztlichem Zeugnis vom 2. Mai 2005 an einer hirnorganischen Wesensänderung bei Alkoholkrankheit, Korsakow-Syndrom. Bei ihm liegt laut Mitteilung der LVA Oberbayern vom 9. Mai 2005 seit 3. Oktober 1998 eine volle dauernde Erwerbsminderung ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage vor. Er hat seit 8. Februar 2001 einen Grad der Behinderung von 70.
Am 2. März 2005 beantragte er durch die Regens-Wagner-Stiftung L. in L. beim Bezirk Oberbayern die Kostenübernahme für ein durch die genannte Stiftung ambulant betreutes Einzelwohnen. Die Stiftung betreibt am Standort L. Behinderungen, in der der Antragsteller seit August 2002 unter der Kostenträgerschaft des Bezirks Oberbayern vollstationär wohnte. Zur Begründung wurde vorgebracht, der Antragsteller habe wiederholt seinen Unmut über das Leben in der Wohngruppe geäußert. Er sei inzwischen genügend selbständig für das Leben in einer eigenen Wohnung. Mit am 7. März 2005 eingegangenem Schreiben vom 3. März 2005 leitete der Bezirk Oberbayern den Antrag zuständigkeitshalber an den Beigeladenen weiter.
Dort stellte der Antragsteller denselben Antrag am 16. März 2005 durch seinen Betreuer. Laut vorgelegter Bestallungsurkunde des Amtsgerichts Memmingen vom 11. Februar 2004 ist für den Antragsteller Betreuung mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern angeordnet.
Am 11. April 2005 teilte der Antragsteller dem Beigeladenen durch seinen Betreuer mit, er werde am 12. April 2005 eine Wohnung in L. anmieten, die er zum 1. Mai 2005 beziehen werde, und beantragte ab diesem Zeitpunkt Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe bei Krankheit nach dem Vierten und Fünften Kapitel des Sozialgesetzbuchs – Zwölftes Buch (SGB XII). Zugleich wurden zahlreiche vom Beigeladenen angeforderte Belege eingereicht. Am 15. April 2005 beantragte er bei dem Beigeladenen die Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen durch Übernahme der Kosten für ein ambulant betreutes Einzelwohnen.
Am 10. und 12. Mai 2005 wandte sich der Beigeladene an den Antragsgegner mit der Bitte um zuständige Übernahme des Hilfefalles. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beigeladene sei aufgrund der ihm vorliegenden Informationen über den Aufenthalt des Antragstellers in den vergangenen Jahren zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht er, sondern nach § 98 Abs. 5 SGB XII der Antragsgegner der für den Hilfefall örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe sei. Laut vorgelegtem Schreiben des Therapiezentrums C. – Übergangseinrichtung für chronisch Suchtkranke und psychisch Kranke vom 20. Dezember 2001 an den Bezirk Oberbayern habe der Antragsteller vom 15. Dezember 1997 bis 10. Februar 2001 im Haus S. in K. gewohnt. Vom 11. Februar bis 10. März 2001 habe er sich ohne festen Wohnsitz im Allgäu aufgehalten und vom 11. März bis 16. September 2001 sei er in der JVA Kempten inhaftiert gewesen. Ca. Mitte Oktober 2001 sei er nach K. gefahren, um sich wieder im Haus S. vorzustellen. Nachdem er dort mangels eines freien Platzes keine Aufnahme gefunden habe, habe er sich für ca. 14 Tage in K. aufgehalten, wobei er in Pensionen und bei Bekannten genächtigt habe. Ende Oktober 2001 sei er freiwillig ins Bezirkskrankenhaus G. zur Entgiftung gegangen.
Unstreitig hat sich der Antragsteller unmittelbar anschließend vom 7. November 2001 bis 8. August 2002 im Therapiezentrum C. in T. aufgehalten, bevor er von der Regens-Wagner-Stiftung L. übernommen wurde.
Am 1. Juli 2005 lehnte der Antragsgegner die Übernahme des Hilfefalles gegenüber dem Beigeladenen ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Zuständigkeitsbestimmung richte sich im vorliegenden Fall nach § 98 Abs. 2 SGB XII. Damit komme es auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Antragstellers nach seiner Haftentlassung am 16. September 2001 bis zu seiner Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. am 15. Oktober 2001 an. In diesem Zeitraum habe er sich zwar in K. aufgehalten, aber unter Umständen, die nicht auf die Begründung eines dortigen gewöhnlichen Aufenthalts schließen ließen.
Am 21. Juli 2005 beantragte der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten beim Sozialgericht München nach § 86b SGG,
im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der Antragsgegner vorläufig verpflichtet ist, die Kostenübernahme seit 1. Mai 2005 für ein ambulant betreutes Einzelwohnen Grundsicherungsleistungen und Krankenhilfe bzw. Anmeldung nach § 264 SGB V seit demselben Zeitpunkt zu bewilligen.
Gleichzeitig wurde beantragt,
dem Antragsteller unter Beiordnung von Rechtsanwalt Maier Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Zur Begründung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Anordnung wurde vorgetragen, der Antragsgegner sei der zur Leistungsgewährung örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe, weil zur Auslegung des hier einschlägigen § 98 Abs. 5 SGB XII nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs. 2 SGB XII zurückgegriffen werden könne. Die Voraussetzungen des § 98 Abs. 5 SGB XII lägen für den Beigeladenen nicht vor, weil sich der Antragsteller vor seinem erstmaligen Eintritt in eine Einrichtung, nämlich am 15. Oktober 2001 in das Bezirkskrankenhaus G., nicht im Bereich des Beigeladenen aufgehalten habe. Der Antragsgegner erfülle die Voraussetzungen des § 98 Abs. 5 SGB XII allein deshalb, weil der Bezirk Oberbayern einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Landkreises Rosenheim angenommen habe. Auf die weitergehende Frage, ob der Antragsteller unmittelbar vor seiner Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. in K. seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, komme es damit nicht mehr an. Der Antragsgegner könne gegen den gerichtlichen Antrag nicht mit Erfolg einwenden, ihm fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil er sich etwa vorrangig an den nach § 14 SGB IX oder § 43 SGB I vorläufig leistungspflichtigen Beigeladenen hätte halten können. § 14 SGB IX sei für die hier beantragten Leistungen der Grundsicherung und Krankenhilfe nicht einschlägig. Die Voraussetzungen des § 43 SGB I lägen weder gegen den Antragsgegner noch gegen den Beigeladenen vor. Der erstangegangene Träger der Sozialhilfe sei vorliegend der Bezirk Oberbayern gewesen, der den Anspruch bereits unter Hinweis darauf abgelehnt habe, dass er als überörtlicher Träger über- ein Umweg über eine Inanspruchnahme des Bezirks Oberbayern eine unnötige Förmelei wäre.
Der Antragsgegner beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Das Sozialgericht München hat sich mit Beschluss vom 2. August 2005 (Az.: S 50 SO 291/05 ER) für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Augsburg verwiesen, wo er am 4. August 2005 anhängig geworden ist.
Mit Beschluss vom 9. August 2005 wurde der Landkreis Unterallgäu zum Verfahren beigeladen. Er stellte keinen Antrag, hält den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung aber für begründet. Er trug vor, § 98 Abs. 5 SGB XII sei die für alle Arten der dem Antragsteller zu gewährenden Sozialhilfeleistungen einschlägige Zuständigkeitsbestimmung. Sie regle die örtliche Zuständigkeit abweichend von den allgemeinen Vorschriften des § 98 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII speziell, um die Einrichtungsorte vor ungerechtfertigten Kostenbelastungen zu schützen und Doppelzuständigkeiten zu vermeiden. Maßgeblich sei, wo sich der Hilfeempfänger vor Beginn der Maßnahme tatsächlich (außerhalb von Einrichtungen) aufgehalten habe. Derjenige (örtliche) Sozialhilfeträger, der bei Gewährung der Hilfe in seinem Bereich (örtlich) zuständig gewesen wäre, bleibe demnach (örtlich) zuständig, auch wenn die Hilfe in Form ambulant betreuten Wohnens nicht in seinem Bereich gewährt werde. Da sich der Antragsteller die letzten Tage vor der Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. im Raum K. aufgehalten habe, sei der Antragsgegner vor Eintritt in die jetzige Wohnform zuletzt örtlich und sachlich zuständig gewesen. Es bestehe auch keine Vorleistungspflicht des Beigeladenen gemäß § 43 SGB I, da nicht er, sondern der Bezirk Oberbayern erstangegangener Träger gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 136 Abs. 2 Satz 1 SGG analog).
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Ihm fehlt bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreichen konnte (Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, zu § 86b, Rdnr. 7 und Vor § 51, Rdnr. 16a). Denn er hätte sich die ihm zustehenden Leistungen wesentlich einfacher im Wege der Geltendmachung eines Anspruchs auf vorläufige Leistungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I gegen den Beigeladenen verschaffen und diesen Anspruch ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auch durchsetzen können. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind einfach zu prüfen und zulasten des Beigeladenen erfüllt, ohne dass Einwendungen gegen seine vorläufige Inanspruchnahme ersichtlich wären. Anschließend hätte im Hauptsacheverfahren geklärt werden können, ob der Antragsgegner oder der Beigeladene leistungspflichtig ist. Dass der Antragsteller die Problematik erkannt hat und dafür sensibilisiert war, ergibt sich aus den umfangreichen höchstvorsorglichen Ausführungen seiner Bevollmächtigten hierzu, die jedoch nicht stichhaltig sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist, der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Zunächst ist zwischen allen Beteiligten unstreitig, dass zugunsten des Antragstellers ein auch dem Umfang nach nicht in Abrede zu stellender, jedenfalls von keinem Beteiligten angezweifelter Leistungsanspruch hinsichtlich der beantragten Sozialhilfeleistungen nach dem Vierten und Fünften Kapitel des SGB XII sowie der beantragten Eingliederungsleistungen besteht. Ferner liegt auf der Hand, dass zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist. Daraus folgt, dass, nachdem der Berechtigte Leistungen beantragt hat, der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen zu erbringen hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers und des Beigeladenen kommt als zuerst angegangener Leistungsträger nicht der Bezirk Oberbayern, sondern ausschließlich der Beigeladene in Betracht. Zwar ist der Antrag des Antragstellers auf Erbringung von Sozialhilfeleistungen zuallererst bei dem Bezirk Oberbayern eingegangen. Dieser ist aber nicht der "unter ihnen" zuerst angegangene Leistungsträger im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Vielmehr ist unstreitig, dass der Bezirk Oberbayern aus Gründen, die noch näher darzustellen sein werden, für die ambulante Weiterbetreuung des Antragstellers nicht zuständig ist. Nur zwischen dem Beigeladenen und dem Antragsgegner ist dagegen streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist. Von diesen beiden ist offensichtlich der Beigeladene der zuerst, nämlich am 7. und 16. März 2005 angegangene Leistungsträger.
Der Antrag hätte, wenn er nicht schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig wäre, auch in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag (1.) in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, (2.) in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, (3.) in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen. Soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Der Antragsteller hat demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, zu § 86b, Rdnr. 42).
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller nicht den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn der Antragsgegner ist für den streitigen Hilfefall des Antragstellers örtlich nicht zuständig.
Nach § 98 Abs. 1 SGB XII ist für die Sozialhilfe örtlich zuständig der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der gewöhnliche Aufenthaltsort des Leistungsberechtigten liegt. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.
Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend.
Nach § 98 Abs. 5 SGB XII bleibt für die Leistungen an Personen, die Leistungen in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt örtlich zuständig war. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit § 98 Abs. 5 SGB XII zunächst einschlägig, denn der Antragsteller ist eine Person, die Leistungen in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhält. § 98 SGB XII unterscheidet nicht zwischen örtlichem und überörtlichem Träger der Sozialhilfe und regelt damit die örtliche Zuständigkeit von örtlichen und überörtlichen Trägern der Sozialhilfe gleichermaßen. Damit ist anzunehmen, dass auch § 98 Abs. 5 SGB XII nicht eine von beiden Arten von Trägern von vornherein aus seinem Anwendungsbereich ausnimmt. Die Vorschrift ist demnach wörtlich dahin auszulegen, dass ausschließlich der "zuletzt", also für die dem ambulant betreuten Wohnen unmittelbar vorausgehende Leistungsgewährung örtlich zuständige Träger, der nach Maßgabe landesrechtlicher Vorschriften (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) ein örtlicher oder ein überörtlicher im Sinne des § 97 Abs. 1 SGB XII sein kann, örtlich zuständig bleibt. Daraus würde für den vorliegenden Fall zunächst zu folgern sein, dass der Bezirk Oberbayern der nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe wäre. Das Gericht stellt insoweit auf die tatsächlich wahrgenommene, also subjektiv begründete örtliche Zuständigkeit ab. Sollte stattdessen eine rein objektiv-rechtliche Betrachtungsweise geboten sein, also der Träger der Sozialhilfe zuständig bleiben, der, am Maßstab des hier einschlägigen § 98 Abs. 2 SGB XII geprüft, zuletzt örtlich zuständig war (im Sinne von gewesen wäre), käme angesichts der Aufenthaltsorte des Antragstellers in den letzten Jahren allenfalls noch der Bezirk Schwaben als örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe in Betracht. Das kann hier jedoch offen bleiben, weil es für das Gesamtergebnis letztlich nicht relevant ist.
Der Bezirk ist allerdings von der örtlichen Zuständigkeitszuweisung durch § 98 Abs. 5 SGB XII deshalb nicht betroffen, weil er für die Gewährung von Leistungen an Personen, die Leistungen in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, sachlich nicht zuständig ist. Sachliche und örtliche Zuständigkeit sind unabhängig voneinander zu prüfen und müssen kumulativ bejaht werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Bejahung oder Verneinung einer örtlichen Zuständigkeit im Sozialhilferecht einen Einfluss auf die Bejahung oder Verneinung der sachlichen Zuständigkeit und umgekehrt haben könnten, sind nicht ersichtlich. Gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII wird die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe nach Landesrecht bestimmt. Art. 11 AGSGB i.d.F. des Gesetzes vom 27. Dezember 2004 (GVBl. S. 541) sieht für die dem Antragsteller seit 1. Mai 2005 zu gewährenden Leistungsarten keine sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe vor. Also verbleibt es bei der grundsätzlichen sachlichen Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe gemäß § 97 Abs. 1 SGB XII.
Die Beteiligten haben die Konsequenz dieser wörtlichen Auslegung, die im vorliegenden wie in einer Vielzahl von anderen Fällen gleichsam zu einer Null-Zuständigkeit führen würde, mit Recht ausgeschlossen und – mit unterschiedlichen Ergebnissen, aber wohl einig im Ausgangspunkt – die Auffassung vertreten, dass nicht "der" Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig sein soll, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt örtlich zu- zuständig war.
Diese Auffassung wird vom Gericht nicht geteilt. Indem die Beteiligten von vornherein die überörtlichen Träger der Sozialhilfe aus dem Anwendungsbereich des § 98 Abs. 5 SGB XII herausnehmen, nehmen sie zwar zutreffend eine rechtstechnisch hier gebotene teleologische Reduktion des zu groß geratenen Anwendungsbereichs der Norm vor. In Wirklichkeit ist die Lösung aber nicht teleologisch, also an Sinn und Zweck der Vorschrift orientiert, sondern willkürlich, weil das Zurückschreiten in der Betreuungszuständigkeit des Leistungsberechtigten bis zum zuletzt objektiv-rechtlich oder faktisch zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe reine Zufallsergebnisse liefert.
Nach den Gesetzesmaterialien soll der mit dem SGB XII am 1. Januar 2005 neu eingeführte § 98 Abs. 5 SGB XII die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sicherstellen, der vor Eintritt der Person in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig war (BT-Drs. 15/1514 S. 67). Der Begriff "betreute Wohnmöglichkeiten" soll sich dabei an dem des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren (a.a.O.). Daraus kann gefolgert werden, dass es sich für den bisherigen Träger der Sozialhilfe nicht lohnen soll, die Unterbringung missbräuchlich an einem Leistungsort außerhalb seines örtlichen Zuständigkeitsbereichs zu veranlassen. Eine Gefahr in dieser Richtung ist aber dann nicht gegeben, wenn der Leistungsempfänger zwischen der Betreuung durch einen örtlichen Sozialhilfeträger und der Betreuung in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten sich in mehr oder weniger langdauernder Betreuung durch einen Dritten, nämlich den überörtlichen Sozialhilfeträger befunden hat. Die dem Normerlass zugrunde liegenden Überlegungen spielen somit keine Rolle bei Fallgruppen wie der hier inmitten stehenden, in denen ein Leistungsberechtigter aus der stationären Betreuung eines überörtlichen Trägers der Sozialhilfe in eine ambulante Wohnform wechselt. Zwar kann auch in solchen Fällen nicht ausgeschlossen werden, dass der überörtliche Träger sachwidrigen Einfluss auf den künftigen Leistungsort nimmt, jedoch hat der Gesetzgeber diesen Fall entweder nicht bedacht oder bewusst ungeregelt gelassen. Im vorliegenden Fall ergeben sich insoweit keinerlei Bedenken. Der Antragsteller ist ausweislich der vorgelegten Behördenakten gebürtiger M.er. Er hat sich zwar jahrelang im Regierungsbezirk Oberbayern aufgehalten, wohnt aber seit August 2002 wieder im Landkreis Unterallgäu. Seine Wohnung im selben Landkreis hat er sich möglicherweise mit Hilfestellung der Regens-Wagner-Stiftung L. gesucht. Für eine (sachwidrige) Einflussnahme des Bezirks Oberbayern auf diese Wohnortwahl ergeben sich aus den Akten keine Anhaltspunkte.
Auch eine Missbrauchsgefahr von Seiten des Antragsgegners, der es zu begegnen gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist nicht einsehbar, zu welchem Zweck, der auch nur annähernd der Missbrauchsverhütung dient, es § 98 Abs. 5 SGB XII erfordern oder rechtfertigen soll, den Antragsgegner für die ambulante Weiterbetreuung des Antragstellers für örtlich zuständig zu erklären, obwohl sich dieser lediglich zwischen zwei "stationären" Unterbringungen, wenn man die Justizvollzugsanstalt Kempten hier einmal so bezeichnen möchte, vor vier Jahren kurzfristig als Obdachloser in seinem Gebiet aufgehalten hat.
Nach Auffassung des Gerichts ist hier zwar eine teleologische Reduktion geboten, aber in der Weise, dass der Geltungswille des § 98 Abs. 5 SGB XII als lex specialis gegenüber den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen des § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII sich in der Anwendbarkeit auf Fälle erschöpft, in denen unmittelbar vor der Betreuung in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten ein örtlicher Träger der Sozialhilfe örtlich und sachlich zuständig war. Eine weiterreichende Bedeutung im Sinne einer umfassenden, die allgemeinen Vorschriften vollständig verdrängenden Zuständigkeitsregelung für Personen, die Leistungen in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Norm nicht beizumessen. Der Gesetzgeber hatte bei der Regelung des § 98 Abs. 5 SGB XII offenbar nur den Fall im Blick, dass ein in der Leistungsgewährung eines örtlichen Trägers der Sozialhilfe stehender Leistungsberechtigter missbräuchlich an den örtlichen Sozialhilfeträger des Unterbringungsortes für Leistungen in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten abgegeben werden soll. Ist der Anwendungsbereich des § 98 Abs. 5 SGB XII dergestalt teleologisch reduziert, so ist für die dann nicht geregelten Fälle wie unter dem zeitlichen Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes auf die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften zurückzugreifen.
Somit steht zum einen fest, dass für eine Zuständigkeitszuweisung an den Antragsgegner kein Raum bleibt. Über die örtliche Zuständigkeit des Beigeladenen ist damit nicht entschieden und im vorliegenden Verfahren auch keine Entscheidung zu treffen. Die Voraussetzungen des § 75 Abs. 5 SGG würden nicht einmal in einem Hauptsachverfahren vorliegen. Es spricht jedoch nach dem oben Ausgeführten alles dafür, hier auf die allgemeine Zuständigkeitsregel des § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zurückzugreifen. Danach ist der Beigeladene örtlich zuständig, weil der Antragsteller seit Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Sinne von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I im Landkreis Unterallgäu hat.
Der Antrag war mit der nach § 193 Abs. 1 SGG auszusprechenden Kostenfolge, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht veranlasst ist, abzulehnen.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Maier war abzulehnen, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen war und dementsprechend die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, §§ 114 ff. ZPO bot.
Erstellt am: 07.09.2005
Zuletzt verändert am: 07.09.2005