I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsgegner trotz Kündigung einer Leistungsvereinbarung im Sinne des § 93 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) weiterhin daran gebunden ist.
Die Antragstellerin betreibt am Standort B. Einrichtungen der Behindertenhilfe, darunter eine Schule, eine Förderstätte sowie das hier streitgegenständliche Wohnheim mit 38 Plätzen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die in der Regel am selben Ort die Schule besuchen und im Heim Hilfe bei allen täglichen Verrichtungen, Einzelzuwendung, Einzelbetreuung und Erziehung erhalten. Für diesen Einrichtungsteil (Leistungstyp A.1.2.2) schlossen die Beteiligten wiederholt Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen im Sinne von § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG ab, zuletzt am 29. Dezember 2003, wobei ausschließlich für die Vergütungsvereinbarung (dort Entgeltvereinbarung genannt) eine Laufzeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2005 vereinbart wurde.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2004 kündigte der Antragsgegner die vorgenannte Leistungsvereinbarung zum Ablauf der Geltungsdauer der Vergütungsvereinbarung. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vereinbarten Stellenschlüssel seien – zumindest im Gruppendienst – mehr oder weniger willkürlich aus Koeffizienzziffern ermittelt worden. Dieses System entspreche nicht mehr dem seit 1. Juli 2004 geltenden Rahmenvertrag gemäß § 93d BSHG, wonach bedarfsgerechte Stellenschlüssel in den einzelnen Hilfebedarfsgruppen zu vereinbaren seien. Die bestehende Leistungsvereinbarung solle deshalb nicht fortgeführt werden.
Mit Schreiben vom 25. November 2005 teilte der Antragsgegner sinngemäß mit, er beabsichtige aufgrund seiner zu Kosteneinsparungen nötigenden Haushaltslage die Neuverhandlung der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen mit dem einen Ziel, dass eine Betreuung von fünf Tagen pro Woche in der Regel und eine Betreuung von sieben Tagen pro Woche nur dann zu vergüten wäre, wenn das aufgrund einer Einzelfallprüfung erforderlich sei. Zum anderen wurden die Unterschiede bei den Vergütungssätzen für Kinder in Höhe von 120,00 Euro täglich und Jugendlichen in Höhe von 150,00 Euro täglich in Frage gestellt. Diese seien mit einem entsprechenden Betreuungsaufwand nicht zu begründen. Falls ab dem 1. April 2005 keine neue Vereinbarung zustande komme, liefen die bestehenden Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen inhaltsgleich weiter, jedoch längstens bis zum 31. August 2006. Ab diesem Zeitpunkt erfolge die Kostenübernahme nach Maßgabe des § 75 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII).
Auf den sich daran anschließenden Schriftverkehr, in dem die Antragstellerin im Wesentlichen dem Ansinnen des Antragsgegners widersprach, Änderungen bei dem System der Vergütungen herbeizuführen, und dieser darauf hinwies, dass zumindest nach den über § 61 Satz 2 des Sozialgesetzbuches – Zehntes Buch (SGB X) anwendbaren Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Möglichkeit bestehe, die Vereinbarung ordentlich zu kündigen mit der Wirkung, dass ab dem 1. September 2006 der von § 75 Abs. 4 SGB XII vorausgesetzte vertragslose Zustand herrsche, wird Bezug genommen.
Am 12. Juni 2006 beantragte die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten bei dem Sozialgericht Augsburg,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorbehaltlich der Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, die Leistungsvereinbarung vom 29. Dezember 2003 betreffend Eingliederungshilfe für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in vollstationären Einrichtungen ohne tagesstrukturierende Angebote (Leistungstyp A.1.2.2) für das Wohnheim in B. weiter als wirksam zu behandeln.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die ordentliche Kündigung von Vereinbarungen im Sinne von §§ 75 Abs. 3 SGB XII sei im Gesetz nicht geregelt. Soweit sie überhaupt möglich sei, müsse sie der Träger der Sozialhilfe ermessensfehlerfrei begründen, ansonsten sei sie unwirksam. Denn zugunsten des Einrichtungsträgers bestehe hinsichtlich des Abschlusses einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII ein Rechtsanspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Diese sei jedoch fehlerhaft, wenn wie im vorliegenden Fall dieselbe Leistungsvereinbarung inhaltsgleich wieder abgeschlossen werden müsste. Der von dem Antragsgegner gesehene Anpassungsbedarf beziehe sich allein auf die Vergütungsvereinbarung im Sinne von § 76 Abs. 2 SGB XII und könne daher nur durch das Verlangen von Neuverhandlungen und im Falle von deren Scheitern durch Anrufung der Schiedsstelle herbeigeführt werden. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, nachdem der Antragsgegner erklärt habe, ab dem 1. September 2006 Leistungen nur noch nach Maßgabe des sowohl für die behinderten Menschen als auch für den Einrichtungsträger mit empfindlichen Nachteilen verbundenen § 75 Abs. 4 SGB XII erbringen zu wollen.
Der Antragsgegner beantragte (sinngemäß),
den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, eine Überprüfung der Leistung und Neuverhandlungen über Leistungsvereinbarungen ließen sich rechtlich nur mit dem Mittel der Kündigung durchsetzen. Verhandlungen über eine Reduzierung der bestehenden Leistungsvereinbarungen würden ins Leere laufen, wenn der Träger der Einrichtung mögliche Reduzierungen nicht akzeptiere. Wegen der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung wurde auf das Schreiben an die Antragsgegnerin vom 18. Januar 2006 Bezug genommen. Eine neue Leistungsvereinbarung sei zwar durch die bestehenden heimaufsichtlichen Bescheide der Regierung von Oberfranken, die es zu beachten gelte, eingeschränkt. Diese Bescheide enthielten allerdings beispielsweise keine Vorgaben für Verwaltungs-, Hauswirtschafts- und Küchenpersonal. Es bestehe daher ein erheblicher Verhandlungsspielraum über den Umfang einer neuen Leistungsvereinbarung, so dass der Antragsgegner nicht verpflichtet sei, die bestehende Leistungsvereinbarung in gleichem Umfang wieder abzuschließen.
Die Antragstellerin widersprach der Argumentation des Antragsgegners, Neuverhandlung über die Leistungsvereinbarung würden ohne den Druck der Kündigung der bisherigen ins Leere laufen. Die Kündigung einer bestehenden Leistungsvereinbarung sei nur dann ermessensfehlerfrei, wenn zumindest deutliche Hinweise dafür dargelegt werden könnten, dass die bisher vereinbarten Leistungen nicht mehr den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprächen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 136 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – analog).
II.
Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag (1.) in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, (2.) in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, (3.) in den Fällen des § 86a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen. Soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend. Der Antragsteller hat demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, zu § 86b, Rdnr. 42).
Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin nicht den nach den obigen Ausführungen erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Dem Begehren, mit Hilfe einer – hier je nach Betrachtungsweise gleichermaßen in Betracht kommenden – Sicherungsanordnung wie auch einer Regelungsanordnung den Antragsgegner zu verpflichten, die Leistungsvereinbarung vom 29. Dezember 2003 trotz der ausgesprochenen Kündigung(en) weiter als wirksam zu behandeln, kann nicht entsprochen werden, weil die genannte Leistungsvereinbarung, wenn sie nicht schon seit dem 1. Januar 2003 unwirksam war, was hier offen bleiben kann, auch ohne Kündigung jedenfalls seit dem 1. April 2004 die Beteiligten nicht mehr bindet. Diese befinden sich längst in dem von § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII vorausgesetzten vertragslosen Zustand, den der Antragsgegner mit seinen Kündigungen zum Ablauf des 31. August 2006 herbeiführen und die Antragstellerin mit dem vorliegenden gerichtlichen Antrag verhindern will.
Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG war der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme der Vergütung für die von einer Einrichtung erbrachte Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Leistungsvereinbarung, eine Vergütungsvereinbarung und eine Prüfungsvereinbarung bestand. Nach § 93b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BSHG waren die Vereinbarungen im Sinne von § 93 Abs. 2 BSHG vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen. Diese Vorschriften sind wortgleich in § 75 Abs. 3 und § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB XII übernommen worden. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut ist davon auszugehen, dass auch dann, wenn Leistungsvereinbarungen und Prüfungsvereinbarungen in aller Regel eine längere Laufzeit als Vergütungsvereinbarungen haben, erstere nicht unbefristet abgeschlossen werden können (Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, zu § 93b, Rdnr. 4). Soweit es ausreichen soll, dass sie eine bestimmte Laufzeit vorsehen und zusätzlich bestimmt ist, dass sie auch nach dieser Laufzeit weitergelten, wenn sie nicht rechtzeitig "gekündigt" worden sind (so Schellhorn/Schellhorn, a.a.O., ohne Beleg), kann dem ersten Teil dieser Aussage noch zugestimmt werden, wohingegen der zweite dazu in innerem Widerspruch steht und deshalb nicht wörtlich genommen werden darf. Denn das befristete Dauerschuldverhältnis endet durch Fristablauf, das unbefristete durch Kündigung (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2005, Einl vor § 241, Rdnr. 22). Aus alledem folgt, dass mit Ausnahme der Fälle des § 93b Abs. 3 BSHG bzw. § 77 Abs. 3 SGB XII und des § 93c Satz 1 und 2 sowie § 93c Satz 3 SGB XII i.V.m. § 59 SGB X, deren Vorliegen hier von keinem der beiden Beteiligten behauptet wird und die auch nach Auffassung des Gerichts ausscheiden, die Kündigung einer Leistungsvereinbarung vom Gesetzgeber nicht zugelassen ist und es daher auch für einen Rechtsstreit über deren Wirksamkeit keinen Raum gibt.
Im vorliegenden Fall ist, soweit aus den vorgelegten Akten ersichtlich, die Leistungsvereinbarung vom 30. November 2001 zunächst in gesetzmäßiger Weise für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2002 abgeschlossen worden, dann aber im Zusammenhang mit dem Abschluss der beiden weiteren Vergütungsvereinbarungen (mit Laufzeiten vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 und vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2005) jeweils unbefristet fortgeschrieben worden. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 93b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BSHG, der, weil nach 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag nur begründet, geändert oder aufgehoben werden kann, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, zur Unwirksamkeit der gesamten Leistungsvereinbarung ab 1. Januar 2003 geführt haben dürfte. Alternativ könnte im Wege der Vertragsauslegung (§ 61 Satz 2 SGB X, §§ 133, 157, 242 BGB) allenfalls noch angenommen werden, dass die Geltungsdauer der Leistungsvereinbarungen stillschweigend an die der jeweils befristet abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen gebunden werden sollte. In diesem Fall wäre die hier streitige Leistungsvereinbarung durch Zeitablauf am 31. März 2005 ausgelaufen, ohne dass es dazu einer Kündigung des Antragsgegners bedurfte. In jedem Fall folgt daraus, dass in dem nach dem oben Gesagten maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine der Kündigung unterliegende Leistungsvereinbarung zwischen den Beteiligten (mehr) besteht.
Das Fehlen einer wirksamen Leistungsvereinbarung seit dem 1. April 2005 hat zugleich die weitere Folge, dass auch die Vergütungsvereinbarung nicht nach § 93b Abs. 2 Satz 4 BSHG bzw. § 77 Abs. 2 Satz 4 SGB XII weitergilt (BayVGH vom 12.09.2005 – 12 CE 05.1725 – VGHE BY 58, 236 = ZFSH/SGB 2006, 151 = NDV-RD 2006, 64). In dieser Entscheidung wird überzeugend dargelegt, dass nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG bzw. § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, die Vergütung der vom Einrichtungsträger erbrachten Leistungen zu übernehmen, davon abhängt, dass zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Einrichtungsträger – kumulativ – wirksame Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen, die Vergütung und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen bestehen. Fehlt daher eine wirksame Leistungsvereinbarung, kommt eine Anwendung der Vergütungsvereinbarung nicht (mehr) in Betracht. Daran vermag auch die in § 93b Abs. 2 Satz 4 BSHG bzw. § 77 Abs. 2 Satz 4 SGB XII geregelte Fortwirkung von abgelaufenen Vergütungsvereinbarungen bis zum Abschluss neuer Vergütungen nichts zu ändern. Die gesetzlich angeordnete Fortgeltung erfasst ausschließlich die Vergütungsvereinbarung. Die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG bzw. § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII setzt aber ungeachtet dieser Fortgeltung voraus, dass auch die Leistungs- und die Prüfungsvereinbarung bestehen. Fehlt es an einer von ihnen, ist der Antragsgegner nicht verpflichtet "zur Übernahme der Vergütung für die Leistung" im Sinne der genannten Vorschriften (BayVGH, a.a.O.).
Eine Auslegung des Antragsbegehrens dahin, dass anstelle der Anordnung der vorläufigen Weitergeltung der früheren Leistungsvereinbarung die Anordnung einer neuen Leistungsvereinbarung mit gleichem Inhalt wie früher begehrt wird, kommt nicht in Betracht, weil hierfür kein Rechtsschutzinteresse ersichtlich ist.
Mittlerweile ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass zugunsten der Einrichtungsträger ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen über den Abschluss einer Vereinbarung besteht (Münder in LPK-SGB XII, 7. Aufl. 2005, zu § 75, Rdnr. 15, m.w.N.). Diese Vereinbarung besteht nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII aus drei voneinander zu unterscheidenden Teilvereinbarungen. Hiervon scheint die Prüfungsvereinbarung für die Beteiligten die unstrittigste zu sein, weil sie weder im Verfahren erwähnt wird noch der dem Gericht vorgelegten Behördenakte beigefügt ist. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen des § 75 Abs. 3 SGB XII nach den obigen Ausführungen sowie der zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auch dann nicht gegeben sind, wenn auch nur die Prüfungsvereinbarung gegen das Befristungsgebot des § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB XII verstößt. Das Gericht hat jedoch gegenwärtig keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der Antragsgegner bereit ist, sich ohne Umschweife auf eine Befristung der Prüfungsvereinbarung einzulassen und daher einstweiliger Rechtsschutz nicht erforderlich ist.
Die Leistungsvereinbarung ist sowohl der von dem Antragsgegner in den Mittelpunkt seines Änderungsinteresses gestellte als auch wörtlich zum Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens gemachte Teil der Gesamtvereinbarung. Insoweit kann der Abschluss einer Vereinbarung zulässigerweise zum Gegenstand eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemacht werden, wobei allerdings der allgemeine Grundsatz zu beachten ist, dass eine solche in Fällen, in denen dem Antragsgegner wie vorliegend ein Ermessen eingeräumt ist, nur dann in Betracht kommt, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt.
Bei einer Würdigung des mit "Leistungsangebot gem. § 93 Abs. 2 Nr. 1 BSHG" unterschriebenen Dokuments am – jetzt maßgeblichen – Maßstab des § 76 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XII fallen schon bei oberflächlicher Betrachtung auf Anhieb zwei gravierende Mängel auf, darunter ein systematischer, die zur Unzumutbarkeit der Annahme dieses von der Antragstellerin an den Antragsgegner herangetragenen Angebots führen. Zum einen fehlt es an der nach § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erforderlichen Verpflichtungserklärung der Antragstellerin, im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen. Diese wird nicht durch § 5 des Bayerischen Rahmenvertrags gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII entbehrlich (Münder, a.a.O., zu § 79, Rdnr. 12), sondern bedarf der Erklärung durch den jeweiligen Einrichtungsträger (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 des Bayerischen Rahmenvertrags gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII). Zum anderen fehlt es an einer nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erforderlichen Beschreibung der Qualifikation des Personals sowie der erforderlichen personellen Ausstattung. Diese Beschreibungen sind unter den Gliederungsnummern 3.1.5, 3.2.2, 3.2.7 und 3.3 kurz angerissen. Erforderlich wäre hier jedoch eine ins einzelne gehende Auflistung der einzusetzenden personellen Kräfte nach Zahl, Qualifikation und Beschäftigungszeit. Auf eine solche wird in der Leistungsvereinbarung nicht verwiesen. In der Vergütungsvereinbarung, wo sie detailreich enthalten ist, hat sie nichts zu suchen, weil ihr Zweck, wie schon die Bezeichnungen "Leistungsvereinbarung" und "Vergütungsvereinbarung" nahe legen, gerade darin besteht, den Beteiligten und den Leistungsberechtigten die Feststellung zu ermöglichen, welche konkrete Leistung dem Vergütungsanspruch gegenübersteht. Der Personaleinsatz ist eindeutig der Leistungsseite und nicht der "Preisliste" zuzuordnen.
Gleichwohl erschließt sich dem Gericht nicht, an welcher Stelle der Antragsgegner einen erheblichen Einwand gerade gegen den – nachzubessernden – Inhalt der Leistungsvereinbarung erhoben hätte. Es ist überhaupt nicht ersichtlich, weshalb er aus seiner Sicht gerade die Leistungsvereinbarung "kündigen" wollte. Die Punkte, auf die sich der von ihm angemeldete Änderungsbedarf auswirkt, sind, soweit sie überhaupt Änderungen herausfordern und nicht besser außerhalb der Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zu regeln sind, nach Auffassung des Gerichts ausschließlich Gegenstand der Vergütungsvereinbarung.
Soweit der Antragsgegner bewirken will, dass eine Betreuung von fünf Tagen pro Woche in der Regel und eine Betreuung von sieben Tagen pro Woche nur dann zu vergüten wäre, wenn das aufgrund einer Einzelfallprüfung erforderlich ist, ist hiervon zunächst der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 SGB XII berührt, nach dem sich bestimmt, ob für einen zu betreuenden Heimbesucher eine fünf- oder eine siebentägige Betreuung pro Woche erforderlich ist oder nicht. Diese Entscheidung ist hoheitlicher Natur und geht einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII jedenfalls vor. Insoweit besteht allenfalls ein Bedürfnis, für die solchermaßen differenzierten Leistungsfälle eine Vergütungsregelung zu treffen, die einerseits dem in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII aufgerichteten Sparsamkeits- und Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht, wonach der Leistungsumfang bedarfsgerecht zu minimieren ist – das sieht das Gericht aufgrund der Vereinbarung von Tagessätzen (anstelle von Wochen- oder Monatssätzen) bereits als erfüllt an -, und andererseits dem berechtigten Interesse des Heimträgers an der kalkulatorischen Berücksichtigung seiner auch an den Wochenenden anfallenden Vorhaltekosten Rechnung trägt, d.h., es wird vermutlich eine Vergütungsregelung getroffen werden müssen, die für die fünf Tage pro Woche unterzubringenden Heimbewohner zu einem höheren Betrag als 5/7 der sich für eine Sieben-Tage-Woche errechnenden Vergütung vorsieht. Die Leistungsvereinbarung ist davon indessen nicht betroffen.
Soweit der Antragsgegner anstrebt, die Unterschiede bei den Vergütungssätzen für Kinder in Höhe von 120,00 Euro täglich und Jugendlichen in Höhe von 150,00 Euro täglich – vermutlich nach unten – zu nivellieren, liegt auf der Hand, dass es sich hierbei um eine Frage handelt, die in der Vergütungsvereinbarung und nicht in der Leistungsvereinbarung zu regeln ist.
Nach alledem kommt das Gericht zu dem Schluss, dass sich auf dem Gebiet der Leistungsvereinbarung zwar aus Rechtsgründen erheblicher redaktioneller Nachbesserungsbedarf ergibt, der aber nach dem Parteivorbringen zumindest im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht strittig ist, und die strittigen Fragen die – nach den obigen Ausführungen derzeit suspendierte – Vergütungsvereinbarung betreffen. Hierbei handelt es sich um eine solche nach § 76 Abs. 2 SGB XII. Kommt eine Vereinbarung nach § 76 Abs. 2 SGB XII innerhalb von sechs Wochen nicht zustande, nachdem eine Partei schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert hat, entscheidet die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII auf Antrag einer Partei unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte (§ 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Erst gegen deren Entscheidung – und nicht schon gegen die Aufforderung zu Verhandlungen, die vorliegend mit den Schreiben des Antragsgegners vom 16. Juli 2004 und 25. November 2005 erfolgt ist – ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben (§ 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII).
Der Antrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, §§ 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG, § 53 Abs. 3 Nr. 4, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) iVm dem Streitwertkatalog.
Erstellt am: 02.01.2007
Zuletzt verändert am: 02.01.2007