Der Antrag des Klägers, den Ordnungsgeldbeschluss vom 28.01.2009 aufzuheben, wird abgelehnt.
Gründe:
I.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2009 hat der Senat gegen den ordnungsgemäß geladenen und im Termin nicht erschienenen Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von 700,00 EUR festgesetzt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18.02.2009 einen Antrag nach § 381 Abs. 1 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) gestellt. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, er habe am Gerichtstermin wegen stressbedingter Herzbeschwerden und -rhytmusstörungen nicht teilnehmen können; diese seien erst im Laufe des Vormittags aufgetreten, daher sei eine vorherige Verständigung des Gerichts bzw. seines Bevollmächtigten nicht möglich gewesen. Dem Antrag beigefügt hat der Kläger ein Attest der Gemeinschaftpraxis F vom 03.02.2009. Darin heißt es:
"Herr Dr. C konnte den Gerichtstermin am 28.1.2009 wegen stressbedingter Herzbeschwerden und Herzrhytmusstörungen nicht wahrnehmen"
Zur Klärung der Frage, inwieweit diese Vorbringen zutrifft, hat der Senat die Beigeladene zu 7) mit Verfügung vom 22.04.2009 um Mitteilung gebeten, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger am Terminstag Patienten behandelt und über die Beigeladene zu 7) abgerechnet hat. Die Beigeladene zu 7) hat unter dem 25.05.2009 eine Liste der am 28.01.2009 durch den Kläger behandelten Patienten übersandt. Diese Liste weist aus, dass der Kläger am Terminstag allein 78 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Patienten behandelt und abgerechnet hat. Hierzu hat der Kläger vorgetragen, eine Rechtsgrundlage für diese Auskunft sei nicht ersichtlich. Er habe nicht behauptet, am Terminstag nicht in der Praxis gewesen zu sein, vielmehr habe er dort bis zur Mittagszeit Patienten versorgt, aufgrund der zunehmenden kardialen Probleme dann jedoch versucht, zunächst seinen behandelnden Arzt Dr. F telefonisch zu erreichen. Das sei nicht gelungen. Nach telefonischer Rücksprache mit einer ihm bekannten Internisten habe er dann entsprechende Medikamente eingenommen und zunächst noch abgewartet. Die Beschwerden hätten sich jedoch nicht gebessert. Er habe dann noch erfolglos versucht, seinen Bevollmächtigten telefonisch zu erreichen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
1. Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen trotz entsprechender Anordnung im Termin nicht erschienenen Beteiligten ist § 141 Abs. 3 ZPO, der über § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entsprechend anwendbar ist. Nach § 141 Abs. 3 ZPO kann gegen einen im Termin ausgebliebenen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet war (§§ 106 Abs. 3 Nr. 7, 111 Abs. 1 Satz 1 SGG), ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Nach § 381 Abs. 1 ZPO unterbleibt die Festsetzung des Ordnungsgeldes, wenn das Ausbleiben des Beteiligten rechtzeitig genügend entschuldigt wird (§ 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die nachträgliche Entschuldigung führt zur Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses (§ 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Kein Ordnungsgeld darf nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO auferlegt werden, wenn der Beteiligte zum Termin einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist.
§ 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO stellt die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts ("kann festgesetzt werden"). Dem Gericht ist damit nicht nur ein Auswahlermessen hinsichtlich der Höhe des Ordnungsgeldes (nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EGStGB 5 bis 1.000 EUR) eröffnet. Es hat vielmehr auch über das "Ob" des Ordnungsgeldes zu befinden (sog. Entschließungsermessen). Sein Beschluss muss dabei erkennen lassen, dass es sein Ermessen erkannt und in beide Richtungen betätigt hat.
2. Der Kläger ist zum Termin ordnungsgemäß geladen worden. Die Ladung mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens ist ihm mittels Zustellurkunde vom 31.10.2008 übergeben worden. Er ist ferner auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen worden (§ 111 Abs. 1 Satz 2 SGG). Im Termin ist er nicht erschienen und hat auch keinen geeigneten Vertreter entsandt (nachfolgend a). Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist nach Grund und Höhe angemessen (nachfolgend b). Schließlich hat sich der Kläger nicht genügend entschuldigt (nachfolgend c).
a) Nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann ein Ordnungsgeld nicht festgesetzt werden, wenn die Partei zur Verhandlung eine Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Sachverhalts in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Hiernach müssen zwei Voraussetzungen vorliegen, damit ein Ordnungsgeld ausscheidet. Der Vertreter muss aa) sachverhaltskundig und bb) zur Abgabe der gebotenen Erklärungen bevollmächtigt sein. Das war im Termin vom 28.01.2009 nicht der Fall. Im Einzelnen:
aa) Sachverhaltskundig ist der Vertreter, wenn er die klärungsbedürftigen Vorgänge aus eigener Anschauung kennt oder so umfassend informiert ist, dass er wie die Partei Auskunft geben kann (Peters in: Münchner Kommentar, ZPO, 1992, § 141 Rdn. 21; Zöller/Greger, 2009, 27. Auflage, § 141 Rdn. 17). Ein Anwalt, der nur über die schriftsätzlichen Erklärungen der Partei informiert ist, ist als Vertreter der Partei iS von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ungeeignet (OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.1978 – 17 WF 61/78 U – JZ 1978, 689). Die Partei gilt dann als nicht erschienen (HK-ZPO/Wöstmann, 1. Auflage, 2006, § 141 Rdn. 5; Stadler in: Musielak, ZPO, 6. Auflage, 2008, § 141 Rdn. 18). Die Partei muss den Vertreter in die Lage versetzen, dass er im Termin über diejenigen Fragen unterrichtet ist, die sich auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes und der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Partei nach sorgfältiger Prüfung des Streitstoffs aus Sicht der Partei als klärungsbedürftig ergeben (OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.02.1991 – 11 W 4/91 – NJW 1991, 2090; OLG München, Urteil vom 03.11.1983 – 24 U 185/83 – NJW 1984, 807, 808). Insoweit gilt, dass die Anwesenheit des anwaltlichen Prozessbevollmächtigten im Termin nicht mit der Entsendung eines Vertreters im Sinne von § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO gleichgesetzt werden kann. Zwar erscheint es nicht generell ausgeschlossen, dass in einem Ausnahmefall auch der anwaltliche Prozessbevollmächtigte als Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO auftreten kann. Regelmäßig ist dies jedoch nicht der Fall; denn die Anwesenheit eines Vertreters im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO muss der persönlichen Anwesenheit der Partei in jeder Hinsicht gleichwertig sein. Schon die Notwendigkeit, auf einzelne Sachverhaltsnachfragen oder auf Fragen nach der Möglichkeit einer gütlichen Einigung telefonische Rücksprache mit der Partei halten zu müssen, widerlegt die Eignung des Prozessbevollmächtigten als Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO zu fungieren (Zöller/Greger a.a.O. Rdn. 16). So liegt es hier. Der Bevollmächtigte hat Fragen des Senats zum Sachverhalt unter Hinweis darauf, dass sich hierzu nur der Kläger äußern könne, nicht oder nur unvollständig beantworten konnte.
bb) Letztlich kommt es hierauf nicht an, denn weitere Voraussetzungen des Absehen von Ordnungsgeld ist, dass der Vertreter die entsprechenden Erklärungen abgeben darf und kann (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Auflage, 2009, § 141 Rdn. 49). Insoweit gilt, dass die bei jedem im Termin auftretenden Rechtsanwalt vorhandene Prozessvollmacht für eine Ermächtigung im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht ausreichend ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12.06.2007 – VI ZB 4/07 – MDR 2007, 1090, 1091). Eine "Ermächtigung" gem. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO meint vielmehr – im Unterschied zur "Vollmacht" – eine Befugnis des Terminsvertreters im Innenverhältnis gegenüber der Partei, im Termin ohne Rücksprache mit der Partei über den Streitgegenstand in vollem Umfang zu verfügen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.09.2004 – 15 W 3/04 – VersR 2005, 1103). Die Ermächtigung setzt mithin voraus, dass der Vertreter befugt ist, Erledigungserklärungen oder Anerkenntnisse abzugeben bzw. einen unbedingten Prozessvergleich im Termin abzuschließen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Auflage 2009, § 141 Rdn. 50). Ausgehend hiervon muss der Vertreter auch ermächtigt sein, ggf. die Klage zurückzunehmen. Zwar wird eine Prozessvollmacht (§ 73 Abs. 6 SGG) diese Befugnis in der Regel enthalten, dies schließt indessen nicht aus, dass der Bevollmächtigte angewiesen wird, keine verfahrensbeendenden Erklärungen abzugeben und den Rechtsstreit entscheiden zu lassen. In einem solchen Fall sind die Voraussetzungen des § 143 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht erfüllt. Der Bevollmächtigte ist dann gehindert, die ggf. gebotene Erklärung (z.B. Klagerücknahme) abzugeben. Er ist damit kein Vertreter i.S.d. § 143 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit der Folge, dass gegen den nicht erschienen Beteiligten ein Ordnungsgeld verhängt werden kann, wenn das Gericht nunmehr entscheiden muss (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 25.05.2009 – L 11 KA 78/08 -). So liegt es hier. Der Bevollmächtigte des Klägers sah sich trotz eindeutiger Sach- und Rechtslage und deren ausführlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung (15.30 Uhr bis 17.00 Uhr) unter Hinweis auf den abwesenden Kläger nicht in der Lage, die offenkundig aussichtslose Berufung zurückzunehmen. Letztlich kann dies dahinstehen, wenn der Auffassung gefolgt wird, dass § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO wegen § 118 Abs. 3 SGG im SGG-Verfahren ohnehin nicht anwendbar ist (so Zeihe, SGG, Stand 11/2009, § 111 Rdn. 7a).
b) Die Festsetzung des Ordnungsgeldes ist nach Grund und Höhe angemessen.
aa) Umstritten ist, ob das Gericht ein Ordnungsgeld verhängen kann, wenn es trotz Nichterscheinens in der Sache entscheidet (Ordnungsgeld verneinend: BGH, Beschluss vom 12.06.2007 – VI ZB 4/07 -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2009 – L 13 AS 5633/08 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.10.2008 – L 5 B 1180/08 AS -; KG Berlin, Beschluss vom 15.08.2007 – 18 WF 128/07 -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.06.2004 – L 3 B 14/04 U -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 02.08.1993 – L 3 B 62/93 -; Stadler in Musielak, ZPO, 6. Auflage, 2008, § 141 Rdn. 13; Peters in Münchener Kommentar, ZPO, 1992, § 141 Rdn. 12 / Ordnungsgeld bejahend: LAG Köln, Beschluss vom 13.02.2008 – 7 Ta 378/07 – (Kammertermin); LAG Hessen, Beschluss vom 29.05.2007 – 4 TA 157/07 -; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.02.2007 – 1 Ta 202/06 – (Gütetermin); LAG Hessen, Beschluss vom 16.02.2006 – 4 Ta 20/06 – (Gütetermin); LAG Köln, Beschluss vom 19.03.2006 – 14 (5) Ta 2/06 – (Kammertermin); LSG Thüringen, Beschl. v. 23.10.2003 – L 2 B 36/03 KN -; OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.1978 – 17 WF 61/78 U – JZ 1978, 689; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Auflage, § 141 Rdn. 52, 54; Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, 2009, § 141 Rn. 12; Gk-ArbGG-Schütz, 2007, § 51 Rdn. 36: Kolmetz in Jansen, SGG, 2009, 3. Auflage, § 111 Rdn. 10; Freudenberg, jurisPR-SozR 10/2009 Anm. 6; Zeihe, SGG, Stand 11/2009, § 111 Rdn. 7a). Der Senat hat im Beschluss vom 25.05.2009 – L 11 KA 78/08 – nochmals deutlich gemacht, dass er letztgenannter Auffassung folgt.
Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde: Der Auffassung, bei Entscheidungsreife des Rechtsstreites sei eine Verhängung von Ordnungsgeld bei Ausbleiben des Klägers nicht zulässig, steht der Wortlaut des § 141 Abs. 3 ZPO entgegen. Dieser Bestimmung lässt sich nicht entnehmen, dass Ordnungsmaßnahmen zu unterbleiben haben, wenn das Ausbleiben eines Beteiligten eine Verzögerung des Verfahrens und der Entscheidung nicht bewirkt. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass das Gericht in jeder Phase des Rechtsstreits auf eine gütliche Lösung des Rechtsstreits hinwirken soll und hierzu das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen kann. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dagegen, die Verhängung von Ordnungsgeld nur dann für zulässig zu erachten, wenn durch das Ausbleiben eine Verzögerung des Verfahrens eintritt (LSG Thüringen, Beschluss vom 23.10.2003 – L 2 B 36/03 KN -). Soweit hiervon abweichend die Auffassung vertreten wird, dass die Verhängung von Ordnungsgeld nur dann zulässig sei, wenn das persönliche Erscheinen des Klägers zur Aufklärung des Sachverhalts angeordnet worden ist (so z.B. LSG Berlin, Beschluss vom 10.06.2004, – L 3 B 14/04 U -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 31.03.1983 – L 3 Sb 18/83 -; Knittel in Hennig, SGG, Stand: Oktober 2005, § 111 Rn. 9; Rohwer-Kahlmann, SGG, Stand Juni 2005, § 106 Rn. 31), überzeugt das nicht. Begründet wird dies vor allem mit dem Zweck des § 141 ZPO, der dem Gericht die Anordnung des persönlichen Erscheinens nur dann erlaube, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheine (Abs. 1 Satz 1). Das greift zu kurz. Vielmehr gilt: Der Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens kann der Versuch einer Aufklärung des Sachverhalts (vgl. § 141 Abs. 1 ZPO), die gütliche Beilegung des Rechtsstreits (§ 279 Abs. 2 ZPO) aber auch eine sachgemäße Verfahrensförderung sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.03.1994 – 5 W 5/94 -; LSG Hamburg, Beschluss vom 06.03.2006 – L 5 B 159/04 AL -; Zeihe a.a.O. § 111 Rdn. 4c; LSG Sachsen, Beschluss vom 28.04.1999 – L 1 B 38/97 KR -). Insofern besteht die zweite Säule, auf die ein Ordnungsgeld gestützt werden kann, darin, die Parteien zur Mitarbeit an Versuchen zu kooperativen Konfliktlösungen zu veranlassen, um auf diese Weise das Verfahren zu fördern und zu beschleunigen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.03.2001 – 1 W 887/01 – MDR 2001, 954; OLG Bremen, Beschluss vom 30.12.1987 – 4 U 90/87 – MDR 1988, 417). Die Regelungen des § 111 SGG i.V.m. § 141 ZPO sollen überdies verhindern, dass der Wert einer mündlichen Verhandlung vor Gericht dadurch beeinträchtigt wird, dass sich Beteiligte auf nach Aktenlage vorgefasste Auffassungen und starre Forderungen zurückziehen und sich einer argumentativen Erörterung ihrer Ansicht unter Einbeziehung der Meinung des Gerichts und anderer Verfahrensbeteiligter schlicht entziehen. Die Möglichkeit der Anordnung des persönlichen Erscheinens dient damit auch dem Rechtsfrieden, der nur erreicht werden kann, wenn die Beteiligten bereit sind, die Rechtsauffassungen des Gerichts und andere Verfahrensbeteiligter zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihnen argumentativ auseinander zu setzen (hierzu auch LAG Hessen, Beschluss vom 01.11.2005 – 4 Ta 475/05 -). Die Präsenz der Beteiligten dient namentlich auch der Prozessförderung in vorher nicht absehbaren Situationen. Überdies ist zu beachten, dass die mündliche Verhandlung das "Kernstück" des gerichtlichen Verfahrens ist (vgl. BSG, Beschluss vom 05.08.2004 – B 13 RJ 206/03 -; Frehse in Jansen, SGG, § 153 Rdn. 13 m.w.N). Dieser Bedeutung müssen sowohl das Gericht als auch die Verfahrensbeteiligten gerecht werden, anderenfalls die mündlichen Verhandlung zu einem lediglich formalen, zeitaufwändigen Akt denaturiert, die lediglich um ihrer selbst Willen durchgeführt wird. Dies setzt voraus, dass die Beteiligten erscheinen und wie das Gericht flexibel agieren/reagieren können. Fehlt es hieran, etwa weil ein Verfahrensbeteiligter uneinsichtig auf seinem Standpunkt beharrt oder sich von vornherein jedem Rechtsgespräch und den ggf. notwendigen prozessnahen Konsequenzen entzieht, verstößt er gegen die auch ihm auferlegte Mitwirkungspflicht, missbraucht staatliche Ressourcen und verkennt namentlich die Funktion der mündlichen Verhandlung (Senat, Beschluss vom 25.05.2009 – L 11 KA 78/08 -). Demgemäß wird zu § 141 ZPO die Auffassung vertreten, dass der Vorsitzende von der Anordnung des persönlichen Erscheinens beider Parteien nach dem Willen des Gesetzgebers ("soll") und zur Intensivierung der mündlichen Verhandlung regelmäßig Gebrauch machen sollte (Zöller/Greger a.a.O. § 141 Rdn. 3). Abschließend: Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift spricht ohnehin dafür, dem Ordnungsgeld (auch) Strafcharakter beizumessen. Erst durch Art. 5 EGStGB i.d.F. vom 02.03.1974 (BGBl. I, 469 ff.) ist der bis dahin verwendete Begriff der "Ordnungsstrafe" durch das Wort "Ordnungsgeld" ersetzt worden. Dadurch sollte klargestellt worden, dass die Maßnahme keine Vergeltung für kriminelles Unrecht darstellt, das Wort "Ordnungsgeld" soll vielmehr nur verdeutlichen, dass es um eine reine Ungehorsamsfolge gegen eine prozessuale Ordnungsvorschrift geht (OLG Köln, Beschl. v. 10.10.1977 – 16 W 111/77 – NJW 1978, 2515 m.w.N.). Ausgehend hiervon teilt der Senat die Auffassung, dass das Ordnungsgeld eine strafähnliche Sanktion darstellt (so auch LAG Hessen, Beschluss vom 29.05.2007 – 4 Ta 157/07 -; Leipold in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Auflage, § 141 Rdn. 52, 54; GK-ArbGG-Schütz, Stand 2007, § 51 Rdn. 36).
Aus alledem folgt, dass der Senat nicht gehindert war, trotz Entscheidung in der Sache gegen den nicht erschienenen Kläger ein Ordnungsgeld zu verhängen.
bb) Die Höhe des Ordnungsgeldes bemisst sich nach dem persönlichen Verschulden und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. LAG Hessen, Beschluss vom 29.05.2007 – 4 TA 157/07 -). Naturgemäß kann in einer mündlichen Verhandlung vielfach nicht geklärt werden, aus welchen Gründen der betreffende Kläger nicht erschienen ist und ob ggf. vom Bevollmächtigten behauptete Gründe zumindest glaubhaft sind. Hierzu bedarf es – von Ausnahmefällen abgesehen – weiterer Sachaufklärung. Dieser Sachlage wird das Gesetz insofern gerecht, als das Ordnungsgeld bereits dann verhängt werden kann, wenn die Partei nicht erscheint (§ 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO: Regeltatbestand). Auf die in der mündlichen Verhandlung vielfach nicht bekannten Gründe für das Ausbleiben kommt es hiernach zunächst nicht an. Das Ordnungsgeld kann allein deshalb verhängt werden, weil die Partei nicht erschienen ist. Hiervon ist dann abzusehen, wenn das Ausbleiben der Partei rechtzeitig genügend entschuldigt wird (§ 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO: Ausnahmetatbestand). Dieser auch im Sinne einer Beweislastregel zu verstehende Ausnahmetatbestand rechtfertigt es, die nähere Sachaufklärung in das der Verhängung des Ordnungsgeldes ggf. nachfolgende "Entschuldigungsverfahren" zu verlagern. Das bedeutet vorliegend: Der Bevollmächtigte hat im Termin lediglich vorgetragen, der Kläger sei durch ein spontane Erkrankung gehindert gewesen, den Termin wahrzunehmen. Ob und inwieweit diese Behauptung zutrifft, hat der Kläger im Termin weder bewiesen noch glaubhaft gemacht. Damit war die Verhängung eines Ordnungsgeldes angezeigt.
Soweit es die Höhe anlangt, hat der Senat lediglich 700,00 EUR festgesetzt. Hierdurch ist der Kläger nicht beschwert. Im Beschluss vom 25.05.2009 – L 11 KA 78/08 – hat der Senat ausgeführt: "Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist die max. Höhe des Ordnungsgeldrahmens (1000,00 EUR) in Relation zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Spektrums der Klägerklientel zu setzen, die um Rechtsschutz vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nachsuchen. So liegt es nahe, gegen einen Kläger, der eine Rente oder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende einklagt, ein etwaiges Ordnungsgeld unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eher im unteren Bereich des Rahmens anzusetzen. Um insoweit ungerechtfertigte Privilegierungen einer finanziell eher gut situierten Klägerklientel auch vor dem Hintergrund von Art. 3 Grundgesetz zu vermeiden, neigt der Senat dazu, ein ggf. gegen Vertragsärzte festzusetzendes Ordnungsgeld unter Berücksichtigung der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung veröffentlichten Grunddaten zu Umsatz und Honorar tendenziell im oberen Bereich des Rahmens zu fixieren."
c) Der Kläger hat sich nicht hinreichend entschuldigt. Er hat seine Verhinderung nicht glaubhaft gemacht. Der Bevollmächtigte hat im Termin vorgetragen, der Kläger sei infolge einer spontanen Erkrankung gehindert gewesen, den Termin wahrzunehmen. Diese Behauptung setzt voraus, dass der Bevollmächtigte Kenntnis vom aktuellen Gesundheitszustand des Klägers hatte. Das aber ist nach eigenem Vorbringen nicht der Fall. Der Bevollmächtigte hat zwar vorgetragen dass "in der vergangenen Woche bereits ein anderer Termin aufgrund kardiologischer Probleme durch den Kläger abgesagt werden musste" (Schriftsatz vom 11.05.2009). Hiermit allerdings lässt sich nicht ansatzweise die Behauptung rechtfertigen, der Kläger sei auch am 28.01.2009 infolge spontaner Erkrankung verhindert gewesen. Allenfalls hätte der Klägerbevollmächtigte dies als Vermutung äußern können. Im Übrigen ist das Vorbringen des Bevollmächtigten widersprüchlich. So hat er vorgetragen, der Kläger habe noch versucht ihn telefonisch zu erreichen, was aber nicht gelungen sei (Schriftsatz vom 22.06.2009). Hieraus folgt denknotwendig: Wenn der Kläger seinen Bevollmächtigten nicht erreichen konnte, ist es schlechterdings ausgeschlossen, dass er – der Bevollmächtigte – positive Kenntnis davon hatte, der Kläger sei infolge einer Spontanerkrankung verhindert. Die weiteren Ermittlungen des Senats haben sodann ergeben, dass der Kläger tatsächlich nicht verhindert war. Er hat nach Auskunft der Beigeladenen zu 8) am Terminstag 78 Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt. Ob und inwieweit dieses Volumen infolge der Behandlung von Privatpatienten zu erhöhen ist, mag dahinstehen. Jedenfalls ist die Behauptung des Klägers, (nur) bis zur Mittagszeit Patienten versorgt zu haben, nicht glaubhaft. Ausgehend von einer – angenommenen Behandlungszeit – von 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr hätte der Kläger stündlich 15,6 Patienten betreut, d.h. er hätte für jeden Patienten lediglich knapp 4 Minuten Behandlungszeit aufgewandt. Das erscheint als abwegig. Weitere Ermittlungen hierzu (Vernehmung von Praxishelferinnen pp.) erübrigen sich, denn letztlich kann dies dahinstehen. Der Versuch des Klägers, mittels des Attestes vom 03.02.2009 eine Verhinderung aus gesundheitlich Gründen nachzuweisen, bleibt erfolglos. Das Attest ist sechs Tage nach dem Termin vom 28.01.2009 von der Gemeinschaftspraxis F ausgestellt worden. Mutet schon dieser Zeitrahmen befremdlich an, ist dem Attest jedenfalls deswegen keinerlei Beweiskraft beizumessen, weil der Kläger die Praxis F nach eigenem Vorbringen am Terminstag telefonisch nicht erreichen konnte. Damit liegen mindestens ernsthafte Zweifel hinsichtlich des Beweiswertes des Attestes vor (vgl. auch BAG, Urteil vom 15.07.1992 – 5 AZR 312/91 – zu Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.04.2009 – 5 Sa 412/08 -). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch eine rückwirkenden Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur an bis zu zwei Tagen zulässig ist (§ 5 Abs. 3 Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien; vgl. auch BSG, Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 37/06 – ). Ein besonderer Beweiswert kommt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohnehin nicht zu (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 18/04 R -). Diese Grundsätze lassen sich auf das vom Kläger vorgelegte Attest übertragen. Losgelöst hiervon hat das Attest auch deswegen keinen Beweiswert, weil weder dargetan noch ersichtlich ist, dass der Kläger sich zeitnah zur Behandlung in die Praxis F begeben hat und von diesen Ärzten untersucht worden ist (vgl. Uhlenbruck/Lauffs, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, 2002, § 53 Rdn. 6 m.w.N.). Woraus diese Ärzte die Erkenntnis herleiten, der Kläger am Nachmittag des 28.01.2009 den Gerichtstermin infolge stressbedingter Herzbeschwerden und Herzrhythmusstörungen nicht wahrnehmen können, bleibt unerfindlich. Nach alledem hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht (vgl. BFH, Beschluss vom 25.11.2008 – III B 161/07 -), am Termin nicht teilnehmen zu können.
Der Antrag war daher zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 06.05.2010
Zuletzt verändert am: 06.05.2010