Der Antrag vom 26. September 2008 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 25. September 2008 gegen den Bescheid vom 12. September 2008 wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten des Antragstellers sind nicht zu ersetzen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Absenkungsbescheides, mit dem die Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld II des Antragstellers in der Zeit zwischen 01.10.2008 und 31.12.2008 vollständig gekürzt hat. Der Antragsteller bezieht Leistungen von der Antragsgegnerin seit Beginn des Jahres 2005. In der Zeit zwischen Juni 2007 und September 2008 hat die Antragsgegnerin in nicht weniger als sieben Absenkungsbescheiden die Leistungen des Antragstellers zuletzt vollständig in Wegfall gebracht.
Mit Bescheid vom 12.09.2008 bewilligte die Antragsgegnerin auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers vom 29.08.2008 hin dessen Leistungen für den Bewilligungszeitraum 01.09.2007 bis 28.02.2008. In dieser Leistungsbewilligung hat die Antragsgegnerin einen Bedarf des Antragstellers in Höhe von 360,68 EUR monatlich zu Grunde gelegt. Im Zusatzblatt zu diesem Bescheid verfügte sie jedoch die vollständige Absenkung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.10.2008 bis 31.12.2008. Hintergrund dieser Absenkungsentscheidung war der Umstand, dass der Antragsteller sich geweigert hatte, eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung als Hilfsarbeiter bei der A. auszuführen. Bei dieser gemeinnützigen GmbH handelte es sich um eine Gründung des Projektes "A.", ein gemeinnütziges Arbeitsprojekt, das auf Initiative des Gesundheitsamtes der Stadt Augsburg im Jahr 1995 ins Leben gerufen worden ist. Über die gGmbH wickelt der Verein "A." aus haftungsrechtlichen Gründen sein gesamtes operatives Geschäft ab. Hierzu gehören vor allem die Rechtsbeziehungen mit Dritten, insbesondere der Betrieb des Sozialkaufhauses Augsburg, in dem gebrauchte Waren kostengünstig an hilfebedürftige Bevölkerungsgruppen abgegeben werden.
Die Antragsgegnerin hatte dem Antragsteller am 18.08.2008 diese Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nachgewiesen. Der Antragsteller sollte als Hilfsarbeiter im Sozialkaufhaus beim Transport, bei der Aufbereitung und beim Auf– und Abbau von Möbeln helfen. Er sollte ferner bei der Ausgestaltung und Renovierung der Lagerräume mitarbeiten sowie in der Verwaltung und im Lager der Sozialkaufhauses Hilfsarbeiten beim Sortieren und Registrieren der Waren leisten und ähnliche Arbeiten verrichten. Die Tätigkeit war bis zum 31.01.2009 befristet, der zeitliche Umfang auf 20 Stunden wöchentlich begrenzt. Die Lage und Verteilung der Arbeitszeit konnte flexibel gestaltet werden. Als Mehraufwandsentschädigungen war ein Betrag von 1,50 EUR je Stunde vorgesehen. Der Stellennachweis, der an den Antragsteller gesandt worden war, enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung.
Der Antragsteller hat sich in der Folge nicht um diese Arbeitsgelegenheit beworben. Ein Widerspruch des Antragstellers vom 25.09.2008 gegen den Absenkungsbescheid, wonach von ihm in Zeiten, in denen er von der Antragsgegnerin kein Arbeitslosengeld II erhalte, auch keine gemeinnützige Arbeit im Rahmen eines 1-EUR-Jobs verlangt werden könne, blieb erfolglos. Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2008 als unbegründet zurück.
Bereits am 26.09.2008 hatte sich der Antragsteller in einem Eilantrag an das Sozialgericht Augsburg gewandt. In seinem Antragsschriftsatz macht er umfangreiche Ausführungen zur politischen Geschichte sowie zur sozialpolitischen Motivierung der so genannten Hartz-IV-Gesetze. Darüber hinaus erörtert der Antragsteller umfänglich die Arbeitsmarktpolitik der Bundesagentur und des lokalen Trägers der Antragsgegnerin. Zur Rechtmäßigkeit der Absenkungsentscheidung trägt er vor, dass er nicht zur Leistung gemeinnütziger Arbeit verpflichtet gewesen sei, weil er in der fraglichen Zeit kein Arbeitslosengeld II von der Antragsgegnerin erhalten habe. Die Eilbedürftigkeit seines Rechtsschutzbegehrens ergebe sich aus der täglichen Verschlechterung seiner Lebensbedingungen. Aufgrund der ausbleibenden Leistungen drohe ihm Verschuldung.
Sinngemäß beantragte er, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 25.09.2008 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.09.2008 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen.
Es bestehe weder ein Anordnungsanspruch, da die Absenkungsentscheidung rechtmäßig sei, noch sei ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 25.07.2008 ist zulässig aber unbegründet.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist die statthafte Rechtsschutzform für das Begehren des Antragstellers. Im Bescheid vom 12.09.2008 hat die Antragsgegnerin mehrere trennbare Regelungen im Sinne separater Verwaltungsakte getroffen. Sie hat in einem Verwaltungsakt die Leistungen des Antragstellers dem Grunde nach festgesetzt und sie hat in einem weiteren Teil dieses Bescheides, im Zusatzblatt, diese Leistungsbewilligung durch eine Absenkungsentscheidung für drei Monate (Oktober bis Dezember 2008) wieder eingeschränkt. Diese unterschiedlichen Verwaltungsakte in einem Bescheid können selbständig und unabhängig voneinander angefochten werden. Aus dem Vortrag des Antragstellers wird deutlich, dass die Höhe Arbeitslosengeldes II von ihm nicht angegriffen wird. Seine Beschwer liegt ausschließlich in der Absenkungsentscheidung. In der Hauptsache erreicht er somit sein Rechtsschutzziel durch isolierte Anfechtung und Kassation der Absenkungsentscheidung. Bei dieser Sachlage liegt im Verfahren über den einstweiligen Rechtsschutz ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vor (§ 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Dieser Antrag wurde auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil mittlerweile ein Widerspruchsbescheid (07.10.2008) ergangen ist. Das Ende der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs tritt nicht bereits mit Erlass des Widerspruchsbescheides ein, sondern erst mit der Unanfechtbarkeit des Widerspruchsbescheides beziehungsweise mit Klageerhebung (vgl Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage 2005, Randnummer 87). In diesem Zeitraum könnte daher grundsätzlich die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet werden, gegebenenfalls auch mit der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung als zeitlichem Ende.
Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag unter anderem in den Fällen, in denen der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch des Antragstellers vom 02.06.2008 hat im vorliegenden Fall aufgrund von § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Nach dieser Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung bei Rechtsbehelfen gegen Verwaltungsakte über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Bei einem Absenkungsbescheid handelt es sich um einen derartigen Verwaltungsakt. Für die Entscheidung über die Anordnung der von Gesetzes wegen entfallenen aufschiebenden Wirkung bedarf es einer Interessenabwägung, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts und das Aussetzungsinteresse des Betroffenen gegeneinander abzuwägen sind; dabei sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs in den Blick zu nehmen.
Danach kann die aufschiebende Wirkung angeordnet werden, wenn der Hauptsacherechtsbehelf – hier also der Anfechtungswiderspruch – offensichtlich begründet ist.
Auch wenn wegen § 39 Nr. 1 SGB II im Regelfall der durch den Verwaltungsakt Betroffene das Vollzugsrisiko zu tragen hat, besteht in einem derartigen Fall grundsätzlich kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug eines aller Voraussicht nach aufzuhebenden Verwaltungsaktes. Dies gilt (vgl. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG) auch schon bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, wenn also der Erfolg lediglich wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg.
Abzulehnen ist hingegen der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, wenn der Rechtsbehelf offensichtlich keinen Erfolg hat.
Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens sind das vom Gesetzgeber generell angenommene Sofortvollzugsinteresse und das individuelle Suspensivinteresse gegeneinander abzuwägen. Überwiegt das Suspensivinteresse, was in entsprechender Anwendung von § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG auch der Fall ist, wenn der Sofortvollzug für den Betroffenen eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interesse gebotene Härte zur Folge hätte, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Übersteigt das Suspensivinteresse das öffentliche Vollzugsinteresse nicht, hat es bei der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes zu verbleiben (vgl. auch Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.04.2005 – 4 VR 1005/04 – in Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 69).
Im vorliegenden Fall kann die Kammer keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Absenkungsbescheides vom 12.09.2008 erkennen.
Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1d SGB II wird das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn dieser sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine Arbeit gegen Mehraufwandsentschädigung auszuführen. Bei einer ersten wiederholten Pflichtverletzung nach Abs. 1 wird das Arbeitslosengeld II um 60 % gemindert. Bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung wird das Arbeitslosengeld II um 100 % gemindert (§ 31 Abs 3 Satz1 SGB II).
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor, die Antragsgegnerin durfte das Arbeitslosengeld II im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum für die Monate Oktober bis einschließlich Dezember 2007 vollständig absenken.
Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 18.08.2008 eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II bei der "A." angeboten. Der zeitliche Umfang dieser Tätigkeit mit 20 Stunden pro Woche und freier Verteilung der Arbeitszeit nach Absprache, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dem Antragsteller verblieb bei dieser zeitlichen Belastung sowie bei der weiterhin gegebenen zeitlichen Flexibilität genügend Freiraum, sich um eine Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt zu bemühen.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die weiteren Voraussetzungen eines "1-EUR-Jobs" nicht vorgelegen hätten. Sowohl der Trägerverein "A." als auch die gemeinnützige GmbH erfüllen die Anforderungen des § 16 Abs. 2 SGB II. Insbesondere bei der Tätigkeit im Sozialkaufhaus handelt es sich um ein Arbeitsfeld, das im öffentlichen Interesse liegt. Dort werden Gebrauchtmöbel und Gebrauchtgegenstände günstig an hilfebedürftige Bürger abgegeben. Bei der für den Antragsteller vorgesehenen Tätigkeit handelt es sich auch um zusätzliche Arbeit im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Das Merkmal der Zusätzlichkeit dient dazu, den erwerbswirtschaftlichen Bereich vom gemeinnützigen abzugrenzen und eine Beeinträchtigung des ersten Arbeitsmarktes durch 1-EUR-Jobs zu verhindern. Bei Trägern, die Aufgaben erfüllen, die ihrer Natur nach nicht wirtschaftlich rentabel erbracht werden können, kann dem Merkmal der Zusätzlichkeit neben der Gemeinnützigkeit keine eigenständige Bedeutung zukommen. So liegt es zur Überzeugung der Kammer auch bei der Tätigkeit, die der Antragsteller im Sozialkaufhaus verrichten sollte. Da im gesamten Konzept des Sozialkaufhauses keine erwerbswirtschaftliche, auf Gewinnerzielung ausgerichtete Zielsetzung erkennbar ist und es insoweit auch nicht darum geht, etwa kommunale Pflichtaufgaben mit "billigen Arbeitskräften" zu erledigen, bestehen insoweit gegen die angebotene Arbeitsgelegenheit keine Bedenken.
Anders als der Antragsteller meint ist die angebotene Aufwandsentschädigung nicht unangemessen. Bei wöchentlich 20 Stunden hätte die Aufwandsentschädigung wöchentlich 60 EUR betragen. Dieser Betrag reicht ersichtlich aus, um einen eventuellen zusätzlichen Aufwand des Antragstellers abzudecken, vor allem deshalb, weil sich die Arbeitsgelegenheit im örtlichen Nahbereich befunden hat.
Der Antragsteller hat sich auch geweigert, diese Tätigkeit auszuführen. Er hat sich bei der angegebenen Stelle nicht vorgestellt; dieses Verhalten ist als Weigerung zu verstehen.
Schließlich ergeben sich weder aus den Akten noch aus dem Vortrag des Antragstellers Anhaltspunkte dafür, dass die nachgewiesene Arbeitsgelegenheit dem Antragsteller nicht zumutbar gewesen wäre. Insbesondere stellt es keinen wichtigen Grund dar, wenn der Antragsteller diese Arbeiten in einer Zeit hätte verrichten müssen, in der ihm wegen früherer Pflichtverletzungen das Arbeitslosengeld II bereits vollständig abgesenkt worden war. Auch in Zeiten, in denen ein Hilfebedürftiger wegen vorangegangener Pflichtverletzungen keine Leistungen erhält, untersteht er weiterhin tatsächlich und rechtlich den Rechten und Pflichten des SGB II. Dies hat die Kammer schon im Verfahren S 16 AS 735/08 entschieden. Wenn der Antragsteller sich dem Regime des Forderns und Förderns im SGB II entziehen will, mag er auf Leistungen nach diesem Gesetzbuch verzichten beziehungsweise seinen Antrag auf Leistungen zurücknehmen.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen war der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Das Gericht sieht sich veranlasst die Beteiligten darauf hinzuweisen, dass bei der Vielzahl der zwischen ihnen mittlerweile vor dieser Kammer anhängigen Verfahren ein wechselseitiges Bemühen um Deeskalation geboten ist. Das Gericht wird die Hauptsachen ehemög-lichst terminieren und erwartet von den Beteiligten, dass sie sich bemühen, nicht neuen Anlass für weiteren Rechtsstreit zu schaffen.
Erstellt am: 23.02.2009
Zuletzt verändert am: 23.02.2009