Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 08.05.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 09.05.2007 nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet. Der Senat ist ebenso wie das Sozialgericht der Auffassung, dass die Antragsteller keinen Anspruch auf vorläufige Zahlungen von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) statt nach § 3 AsylbLG haben. Ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) besteht nicht.
Die Antragstellerin zu 1. gehört als Besitzerin einer Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zum Kreis der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG genannten Leistungsberechtigten. Sie hat nach § 2 Abs. 1 AsylbLG Anspruch auf Leistungen entsprechend dem SGB XII, wenn sie insgesamt 36 Monate lang Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten hat und die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat. Zwischen den Beteiligen ist unstreitig, dass die erste Voraussetzung bei der Antragstellerin zu 1. zu bejahen ist.
Ebenso wie das Sozialgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Antragstellerin 1. ihren Aufenthalt rechtsmissbräuchlich beeinflusst hat, weil sie nicht in ausreichendem Umfang an der Klärung ihrer Staatsangehörigkeit sowie an der Beschaffung von Passpapieren mitgewirkt hat, obwohl ihr dies möglich und zumutbar war. Das Bundessozialgericht (Urteil vom 08.02.2007, B 9b AY 1/06 R) hat ausgeführt, dass unter rechtsmissbräuchlicher Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer im Sinne der genannten Vorschrift auch eine von der Rechtsordnung missbilligte, subjektiv vorwerfbare und zur Aufenthaltsverlängerung führende Nutzung der Rechtsposition, die ein Ausländer durch vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) erlangt hat, fällt. Darunter ist auch der Verbleib eines Ausländers in Deutschland zu verstehen, dem es möglich und zumutbar wäre, auszureisen. Die Rechtsordnung verlangt von Ausländern für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet einen Aufenthaltstitel in Form eines Visums, eine Aufenthalts- oder einer Niederlassungserlaubnis (§ 4 Abs. 1 AufenthG). Wer, wie die Antragstellerin zu 1., darüber nicht oder nicht mehr verfügt, ist unverzüglich oder bis zum Ablauf einer ihm gesetzten Frist zur Ausreise verpflichtet (§ 50 Abs. 1 und 2 AufenthG). Kommt er dem nicht nach, ist die Ausreise zwangsweise durchzusetzen. Der Ausländer wird abgeschoben (§ 58 Abs.1 AufenthG). Ist dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich, wird die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt (§ 60a Abs. 2 AufenthG). Durch die Duldung bleibt die Ausreisepflicht unberührt (§ 60a Abs. 3 AufenthG). Diese Vorschriften beachtend hat das Bundessozialgericht der Auffassung eine Absage erteilt, die bloße Nichtausreise beeinflusse durch eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung des geduldeten Ausländers seine Aufenthaltsdauer nicht rechtsmissbräuchlich. Insofern gibt der Senat seine bisher in ständiger Rechtsprechung vertretene gegenteilige Meinung auf.
Der Senat teilt die von der Antragstellerin zu 1. im Beschwerdeverfahren vorgetragene Auffassung nicht, es sei ihr nicht zumutbar gewesen, trotz der ihr erteilten Duldung in den Libanon auszureisen. Bereits das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass die lange Aufenthaltsdauer der Antragstellerin zu 1. die Ausreise nicht unzumutbar macht. Der eigentliche Grund für den Verbleib der Antragstellerin zu 1. in Deutschland lag nicht in einem sie jahrelang begünstigenden Abschiebestop, sondern an der bisher ungeklärten Staatsangehörigkeit, wozu unten noch nähere Ausführungen folgen. Nach ihrer Einreise wurde der Abschiebestop in den Libanon aufgehoben, mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.09.1993 wurde der Antragstellerin zu 1. die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis versagt und die Abschiebung angedroht. Die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ist durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 27.12.1993 und durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 09.05.1995 bestätigt worden.
Die Antragstellerin zu 1. hat sich nicht ernsthaft um die Beschaffung eines libanesischen Passes bemüht, um in den Libanon zurückkehren zu können. Für die libanesische Staatsangehörigkeit ist es entweder notwendig, den Beweis der libanesischen Staatsangehörigkeit des Vaters zu führen (Artikel 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung 15/S) oder die Geburt auf großlibanesischem Boden (Artikel 1 Nr. 2 Verordnung 15/S) nachzuweisen (vgl. hierzu Bergmann/Ferid,Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stichwort Libanon). Bereits im Februar 2005 ist sie darauf hingewiesen worden, dass die Beschaffung eines Passes erforderlich ist. Sie hat sich daraufhin zwar einige Tage später an die libanesische Botschaft gewandt, allerdings nur mit einem Antrag auf Neuausstellung bzw. Verlängerung eines Laissez-Passer. Weitere Bemühungen zur Klärung ihrer Statsangehörigkeit lassen sich aus den Verwaltungsvorgängen, insbesondere aus der beigezogenen Ausländerakte, bis auf einen im Januar 2007 bei der libanesischen Botschaft eingegangenen Antrag nicht entnehmen. Am 12.02.2007 hat sie selbst zur Niederschrift erklärt, dass sie bis heute keine Bemühungen unternommen habe, um einen Nationalpass zu beantragen. Sie habe lediglich eine Geburtsurkunde bei der libanesischen Botschaft beantragt. Dass sie sich erst ca. zwei Jahre nach einem Antrag auf Neuausstellung eines Laissez-Passer im Januar 2007 erneut an die libanesische Botschaft gewandt hat, deutet nicht auf die Nachhaltigkeit ihrer Bemühungen hin. Dass sich der Vater der Antragstellerin zu 1., der ebenfalls Leistungen nach dem AsylbLG bezieht, weigert, seine Staatsangehörigkeit nachzuweisen und sie in ihren Bemühungen nicht unterstützt, kann sich nicht zu ihren Gunsten auswirken. Immerhin bleibt der Antragstellerin zu 1. die Möglichkeit, durch einen Geburtsnachweis ihre libanesische Staatsangehörigkeit nachzuweisen und sich darum tatkräftig zu bemühen.
Dass ein solcher Nachweis nicht ganz unmöglich ist, zeigt das Beispiel ihrer Mutter. Ihr ist es gelungen ist, derartige Nachweise vorzulegen, deren libanesische Staatsangehörigkeit ist nunmehr geklärt. Aus diesem Umstand kann die Antragstellerin zu 1. jedoch keine rechtlichen Vorteile ableiten, weil sich nach libanesischem Recht die Staatsangehörigkeit von der Staatsangehörigkeit des Vaters ableitet.
Dass der im Jahre 2005 geborene Antragsteller zu 2. keinen Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG hat, weil er noch nicht drei Jahre alt ist, hat das Sozialgericht bereits ausgeführt.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, auf die Ausführungen des Sozialgerichts zu verweisen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 08.08.2007
Zuletzt verändert am: 08.08.2007