Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des LSG vom 15.06.11 aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Neues AZ = L 9 SO 488/12 ZVW !!!
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.11.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger der verstorbenen Heimbewohnerin Frau X von dem beklagten Sozialhilfeträger Sozialhilfezahlungen für die Hilfe zur Pflege in Einrichtungen für die Zeit vom 27.02.2008 bis zum 30.09.2008 gemäß § 19 Abs. 6 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. §§ 61 ff. SGB XII. Die Beteiligten streiten dabei über den fiktiven Verbrauch von Vermögen.
Die am 00.00.1946 geborene und am 00.01.2009 verstorbene Frau X war in der Zeit vom 00.02.2008 bis zu ihrem Tod als Wachkomapatientin im H Haus in L untergebracht, das als Pflegeheim von dem Kläger betrieben wird. Sie erhielt bis zum 31.03.2008 Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach Pflegestufe II und ab dem 01.04.2008 nach Pflegestufe III. Ihr 1927 geborener Ehemann Herr X verstarb am 00.09.2008.
Der Beklagte wurde am 15.11.2007 telefonisch durch die Bevollmächtigte der Verstorbenen, Frau T, darüber informiert, dass Frau X in absehbarer Zeit in ein Pflegeheim aufgenommen werden müsse. Sie bat den Beklagten um Informationen, welche Hilfe Frau X erhalten könnte, und stellte einen Antrag auf Übernahme der Heimkosten. Am 27.11.2007 übersandte der Beklagte entsprechende Unterlagen zur Beantragung von Sozialhilfe. Er wies die Bevollmächtigte in dem Anschreiben darauf hin, dass neben dem Einkommen auch das gesamte verwertbare Vermögen zur Deckung der Heimkosten einzusetzen sei. Neben weiteren Nachweisen seien daher "Nachweise über Rückkaufswerte eventuell bestehender Lebens- oder Sterbeversicherungen" dem Antrag beizufügen. Ein Vermögen sei bis zu einer Grenze von 2.600 EUR geschont. Solange wie ein Einkommens- und Vermögenseinsatz unterbliebe, stehe "das vorhandene Vermögen der Gewährung der beantragten Hilfe ständig aufs Neue entgegen". Dies gelte selbst dann, "wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum" decke. Bei Streit über die Einsetzungsverwertbarkeit des Vermögens sei es möglich, "dass am Ende eines Rechtsstreites Sozialhilfe nicht gewährt wird, obwohl das vorhandene einzusetzende Vermögen erheblich geringer ist als der Gesamtbedarf für die Dauer des Rechtsstreites". Diese nachteilige Folge könne nur vermieden werden, wenn "Einkommen und Vermögen rechtzeitig zur Deckung der Heimkosten eingesetzt werden".
Der Beklagte vereinbarte mit der Bevollmächtigten am 21.02.2008 telefonisch einen Beratungstermin für den 11.03.2008, in dem auch die "Antragsaufnahme" erfolgen sollte. Im Termin am 11.03.2008 reichte die Bevollmächtigte den Antrag auf Sozialhilfe nebst einem Teil der angeforderten Nachweise ein. Dabei wiesen bereits die Bankunterlagen in Form von Kontoauszügen und Depotauszügen einen Umfang von 100 Seiten auf. Der Beklagte forderte die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 12.03.2008 auf, noch fehlende Nachweise zu erbringen. Insbesondere seien Nachweise über die bestehenden Versicherungen erforderlich. Das Schonvermögen betrage nach Prüfung wegen des gesetzlichen Ehestands 3.214,00 EUR. Am 19.03.2008 reichte die Bevollmächtigte weitere Nachweise ein. Der Beklagte schrieb die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 10.04.2008 abermals an und forderte diese auf, Bescheinigungen über die Rückkaufswerte der Lebensversicherungen bei der I Versicherung vorzulegen. Am 17.04.2008 und am 16.05.2008 reichte die Bevollmächtigte weitere Unterlagen ein. Mit Schreiben vom 19.05.2008 forderte der Beklagte die Bevollmächtigte nach Sichtung der eingereichten Unterlagen auf, die von ihm aufgeführten noch ausstehenden Nachweise zu erbringen. Am 10.06.2008 und am 13.06.2008 gingen weitere Unterlagen bei dem Beklagten ein, unter anderem eine Mitteilung der T Versicherung über die Rückvergütung der dort bestenden Lebensversicherung. Mit Schreiben vom 01.07.2008 teilte der Beklagte der Bevollmächtigten von Frau X mit, dass noch nicht alle Nachweise erbracht worden seien. Anhand der bislang vorliegenden Unterlagen sei jedoch eine Berechnung des Vermögensstandes der Verstorbenen vorgenommen worden. Aus den vorgelegten Unterlagen ergäben sich folgende Vermögenswerte:
Lebensversicherungen bei der I Versicherung mit folgenden Rückkaufswerten: Versicherungs- Nr.: xxx 1.644,92 EUR (ausgezahlt am 01.09.2008) Versicherungs- Nr.: xxx 1.234,73 EUR (ausgezahlt in Höhe von 1.390,21 EUR am 30.10.2008)
Versicherungs- Nr.: xxx 217,97 EUR
Versicherungs- Nr.: xxx 271,10 EUR
Kapital-Lebensversicherung bei der T Versicherung:
Versicherungs- Nr.: xxx 993,74 EUR
Unter Berücksichtigung eines Gesamtwertes der Lebensversicherungen in Höhe von 4.362,45 EUR ergebe sich nach Abzug einer Vermögensfreigrenze in Höhe von 3.214,00 EUR ein einzusetzendes Vermögen in Höhe von 1.148,45 EUR. Dieses sei vorrangig zur Deckung der Heimkosten einzusetzen. Sofern es nicht eingesetzt werde, stehe es Monat für Monat eine Hilfegewährung entgegen. Der Beklagte forderte die Bevollmächtigte auf, ihm den Einsatz des Vermögens in Höhe von 1.148,45 EUR nachzuweisen.
Mit Schreiben vom 04.09.2008 übersandte die Bevollmächtigte dem Beklagten einen Kontoauszug, woraus sich eine Überweisung an den Kläger vom 03.09.2008 in Höhe von 1.468,00 EUR ergibt. Sie teilte mit, dass dies der "Überweisungsbeleg für den Vermögensüberschuss" sei. Am 24.11.2008 übersandte die Bevollmächtigte ein Schreiben der I Versicherung vom 30.10.2008 und eine Rechnung des mit der Beisetzung des verstorbenen Herrn X beauftragten Bestattungshauses T vom 04.11.2008. Diesen Schreiben lässt sich entnehmen, dass die Lebensversicherung mit der Versicherungs- Nr.: xxx in Höhe von 1.390,21 EUR fällig geworden und für die Bestattung des verstorbenen Ehemannes von Frau X aufgewendet wurde.
Am 13.01.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimunterbringungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe i.S.d. § 19 Abs. 6 SGB XII bei dem Beklagten.
Mit Bescheid vom 27.01.2009 bewilligte der Beklagte für die Zeit ab 01.03.2008 bis 13.01.2009 Sozialhilfe in Form der Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Für die Zeit vom 27.02.2008 bis zum 29.02.2008 lehnte er die Bewilligung wegen des vorhandenen Einkommens und Vermögens insgesamt ab. Für die Zeit vom 01.03.2008 bis 30.09.2008 berücksichtigte er bei der Leistungsgewährung neben dem Einkommenseinsatz, den Leistungen der Pflegeversicherung und des Pflegewohngeldes einen Einsatz von einzusetzendem Vermögen in Höhe von 1.148,45 EUR. In dem Bescheid führte der Beklagte erneut aus, dass Vermögen Monat für Monat einem Sozialhilfebezug entgegenstehen könne.
Gegen den Bescheid vom 27.01.2009 erhob der Kläger mit Schreiben vom 19.02.2009 Widerspruch, den er am 24.08.2009 begründete. Er sei Rechtsnachfolger der Verstorbenen und habe als solcher einen Anspruch auf Leistungen oder auf Pflegegeld, weil er die Pflegeleistung erbracht habe. Dem Bezug von Sozialhilfe stehe das berücksichtigte Vermögen nicht entgegen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Vorgängervorschrift des § 90 SGB XII sei nicht ohne Weiteres auf die §§ 61 ff. SGB XII zur Deckung der Heimpflegekosten zu übertragen. Schließlich habe das Bundesverwaltungsgericht in der oben bezeichneten Entscheidung über den Anspruch eines schwerstbehinderten Kindes auf Gewährung von Pflegegeld nach § 69 Abs. 4 Satz 1 BSHG a.F. entschieden. Seinem Anspruch durfte ein Vermögen der Eltern entgegengehalten werden. Nach Ansicht des Klägers sei dies dadurch gerechtfertigt, dass das schwerstbehinderte Kind trotz des Rechtsstreits damit rechnen konnte, dass es seine Eltern weiterpflegen. Mit diesem Fall sei das streitgegenständliche Verfahren daher nicht zu vergleichen. Pflegebedürftigen Heimbewohnern drohe ansonsten bei einem mitunter langjährigen Rechtsstreit über den Einsatz und die Verwertbarkeit von Vermögen der Verlust des Heimplatzes. Schließlich liefen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung Schulden des Heimbewohners zur Deckung von Heimkosten bei dem Heimträger auf, die den Wert des Vermögens übersteigen würden.
Der Kläger nahm dabei Bezug auf das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23.07.2003 (Az.: 4 LB 178/ 03), in dem dieses einen fiktiven Verbrauch bei dem "bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss" nach § 13 des Niedersächsischen Pflegegesetzes a.F. bejaht hatte. Nach Ansicht des Klägers sei von dem Beklagten bei der Leistungsgewährung in den Fällen des § 19 Abs. 6 SGB XII ebenso ein "fiktiver Verbrauch" des Vermögens zu Gunsten des Heimträgers zu berücksichtigen. Nur so sei einem drohenden Verlust des Heimplatzes in Folge der Überschuldung entgegenzuwirken. Der Kläger führte weiter aus, dass das einzusetzende Vermögen von dem Beklagten unzutreffend ermittelt worden sei. Für den streitgegenständlichen Zeitraum seien dauerhafte Bankschulden der Eheleute X zu berücksichtigen. Darüber hinaus vertrat der Kläger die Ansicht, dass die Verwertung des entsprechenden Betrages aufgrund der finanziellen Situation der Eheleute X und deren Beerdigung eine soziale Härte i.S.d. § 90 Abs. 2 SGB XII darstelle. Bei dem zu berücksichtigenden Vermögen handele es sich um einen angemessenen Bestattungsvorsorgevertrag, der bei der Gewährung von Sozialhilfe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 18.03.2008, B 8/9b SO 9/06 R) nicht zu berücksichtigen sei. Abschließend führte der Kläger aus, dass ein Versäumnis eines Heimbewohners oder seines gesetzlichen Vertreters bei dem Einsatz und der Verwertung von Vermögen nicht dem Heim als Anspruchsberechtigten anzulasten sei. Daher sei bei § 19 Abs. 6 SGB XII ein "fiktiver Verbrauch" zu berücksichtigen. Schließlich entspreche es nicht der gesetzgeberischen Wertung des § 19 Abs. 6 SGB XII, dass der Leistungserbringer auf seinen Kosten sitzen bleibe. Zu Lebzeiten des Heimbewohners gebe es schließlich keine Einflussmöglichkeiten auf diesen oder dessen gesetzlichen Vertreter, um ein einzusetzendes Vermögen vollständig zu verwerten.
Der Kläger forderte zudem den Beklagten per E- Mail auf, eine Neuberechnung wegen geänderter Pflegesätze für den Monat Januar 2009 vorzunehmen. Mit Änderungsbescheid vom 12.03.2009 änderte der Beklagte die Bewilligung für Januar 2009 ab und berücksichtigte die geänderten Pflegesätze.
Im Übrigen jedoch wies der Landschaftsverband Rheinland mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2009 den Widerspruch des Klägers zurück. Ein Anspruch des Klägers nach § 19 Abs. 6 SGB XII bestehe nur insoweit, wie ein Anspruch der Verstorbenen auf die Gewährung von Hilfe zur Pflege existiere. Es komme lediglich ein Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten in Betracht. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1b und Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII seien dabei nach Abzug eines Freibetrages die bereits aufgeführten Lebensversicherungen in Höhe von 1.148,45 EUR als einzusetzendes Vermögen richtigerweise berücksichtigt worden. Diese Summe stehe einem Sozialhilfeanspruch Monat für Monat als einzusetzendes Vermögen bis zum Vermögenseinsatz am 03.09.2008 entgegen. Dies gelte unter Bezugnahme auf das Urteil des LSG NRW vom 28.07.2008 (L 20 SO 17/08) auch dann, wenn das einzusetzende Vermögen nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt hätte. Das vom Kläger zur Begründung des Widerspruchs angeführte Urteil des OVG Lüneburg passe nicht auf das streitgegenständliche Verfahren. Es ginge darin nicht um eine Hilfegewährung nach dem SGB XII, sondern um die Gewährung eines bewohnerorientierten Aufwendungszuschusses nach § 13 des Niedersächsischen Pflegegesetzes. Desweiteren stelle der Einsatz des Vermögens in Form von Rückkaufswerten in der Lebensversicherung keine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Durch die Verwertung sei unter Bezugnahme auf das Urteil des LSG NRW vom 19.03.2009 (L 9 SO 5/07) eine angemessene Lebensführung oder eine Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung nicht wesentlich erschwert. Das vom Kläger im Widerspruchsschreiben zitierte Urteil des BSG vom 18.03.2008 (B 8/9 b SO 9/06 R) sei insofern auf das streitgegenständliche Verfahren nicht übertragbar. Das BSG habe über die Verwertbarkeit eines Bestattungsvorsorgevertrages als Vermögen entschieden. Solche Verträge unterschieden sich jedoch maßgeblich von Vermögenswerten in Form von Rückkaufswerten von Lebensversicherungen darin, dass sie gebundenes Vermögen seien. Darüber hinaus sei der Ansicht des Klägers, dass die Konzeption des § 19 Abs. 6 SGB XII für einen "fiktiven Verbrauch" spreche, nicht zu folgen. Der Anspruch des Berechtigten gehe nach dessen Tode gemäß § 19 Abs. 6 SGB XII nur in dem Umfang auf den leistungsberechtigten Kläger über, in dem dieser zu Lebzeiten dem Berechtigten zugestanden hätte. Dies bedeute, dass sich der Kläger "als Gläubiger" alle aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem verstorbenen Berechtigten und dem Träger der Sozialhilfe ergebenden Einwendungen entgegenhalten lassen müsse. Folglich habe sich der Kläger den verspäteten Einsatz des Vermögens zur Deckung der Heimkosten entgegenhalten zu lassen.
Hiergegen hat der Kläger am 05.11.2009 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben.
Zur Begründung hat er an seinen Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren festgehalten. Ergänzend hat er ausgeführt, dass die Rechtsprechung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts auf die hier in Rede stehende Sachlage ohne Weiteres übertragbar sei, da es ebenfalls um ungedeckte Heimpflegekosten gehe. Der Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten aus Mitteln der Sozialhilfe datiere vom 11.03.2008. Der Bewilligungs- und Leistungsbescheid sei hingegen erst nach fast einem Jahr am 27.01.2009 erlassen worden. Somit habe Ungewissheit über die Einsetz- und Verwertbarkeit des Vermögens der Verstorbenen bestanden. Wäre über den Antrag zeitnah entschieden worden, so wäre das Vermögen aller Voraussicht nach entsprechend eingesetzt worden. Wegen der in diesem Zeitraum aufgelaufenen Schulden beim Heimträger habe – wie in dem von dem OVG Lüneburg entschiedenen Fall – der Verlust des Heimplatzes gedroht, ohne dass dies mit dem Einsatz des Vermögens hätte verhindert werden können.
Zur weiteren Begründung hat der Kläger nach dem Hinweis des SG Duisburg im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 21.06.2010, wonach ein fiktiver Vermögensverbrauch nach der Rechtsprechung der 16. Kammer des SG Duisburg (S 16 (27) SO 81/06) nicht in Betracht komme, auf die Urteile des SG Aachen vom 09.12.2009 (S 19 SO 99/08) und vom 20.11.2007 (S 20 SO 27/07) Bezug genommen. Danach sei ein fiktiver Vermögensverbrauch mit dem Bedarfsdeckungsgrundsatz des Sozialhilferechts ausnahmsweise vereinbar, wenn ein sozialhilferechtlich relevanter Bedarf bestehe, die Kosten aber noch nicht feststünden bzw. dem Hilfesuchenden noch nicht in Rechnung gestellt worden seien. In Ermangelung einer Kostenforderung habe das Vermögen der Verstorbenen nicht eingesetzt werden können, selbst wenn diese es, wie vom Sozialhilfeträger gewollt, eingesetzt hätte. Es folge "letztlich aus Billigkeitsgesichtspunkten", ausnahmsweise von dem Grundsatz des Verbots eines fiktiven Verbrauchs abzuweichen. Denn sonst hätte der Heimträger, der gegenüber dem Hilfebedürftigen keine unmittelbaren Einwirkungsmöglichkeiten habe, das volle wirtschaftliche Risiko des Entgeltausfalls zu tragen. Darüber hinaus könnten einem Leistungsanspruch des Klägers keine Einwendungen des Trägers der Sozialhilfe entgegen gehalten werden.
Unter Bezugnahme auf das Urteil des BVerwG vom 19.12.1997 (5 C 7/96) hat der Kläger weiter vorgetragen, dass es das "eigene Risiko" des Berechtigten sei, wenn dieser sich in ungerechtfertigter Weise weigere, verwertbares Vermögen einzusetzen. Mangels Einflussnahmemöglichkeiten auf den Heimbewohner könne von einem "eigenen Risiko" des Heimträgers nicht ausgegangen werden. Daher könne das "Risiko" nicht zu Lasten des Heimträgers auf diesen übergehen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass Träger von Pflegeeinrichtungen überragend wichtige Gemeinwohlaufgaben wahrnähmen. Sofern sie als gemeinnützige Rechts- und Organisationsformen ohne Gewinnerzielungsabsichten betrieben würden, sei es unbillig, ihnen das wirtschaftliche Risiko erheblicher Einnahmeausfälle allein aufzubürden. Das Verbot des fiktiven Vermögensverbrauchs könnte dazu führen, dass Heimträger aus Kostengründen künftig diejenigen Hilfebedürftigen abwiesen, bei denen die Kostenübernahme nicht von vornherein abschließend geklärt sei.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 21.06.2010 vor dem SG Duisburg haben die Beteiligten übereinstimmend die Höhe des Renteneinkommens der Verstorbenen sowie die Berechnung des Einkommensansatzes, die Berechnung des einzusetzenden und verwertbaren Vermögens in Höhe von 1.148,45 EUR, die Höhe des Heimentgeltes, die Leistungen der Pflegekasse sowie die Höhe des Pflegewohngeldes für unstreitig erklärt. Streitig blieb der in der Zeit vom 27.02.2008 bis zum 30.09.2008 angerechnete monatliche Vermögenseinsatz in Höhe von 1.148,45 EUR.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 27.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2009 zu verurteilen, für die Zeit vom 27.02.2008 bis 30.09.2008 weitere Hilfe zur Pflege in Einrichtungen für die verstorbene Frau X nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren verwiesen.
Mit Urteil vom 09.11.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Kläger habe als Rechtsnachfolger der verstorbenen Heimbewohnerin nach § 19 Abs. 6 SGB XII gegenüber dem Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Hilfe zur Pflege in Einrichtungen. Einer Leistungsgewährung stehe Vermögen in Höhe von 1.148,45 EUR in dieser Zeit entgegen.
Nach § 90 Abs. 1 SGB XII sei das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Dabei dürfe nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII die Gewährung von Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Beträge oder sonstiger Geldwerte. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII seien kleinere Beträge der Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel des SGB XII Summen bis 3.214,00 EUR. Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dürfe Sozialhilfe ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für denjenigen, der das Vermögen einzusetzen hätte, eine Härte bedeuten würde. Dies sei bei Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel insbesondere dann der Fall, wenn eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würden. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.03.2008, B 8/9b SO 9/06 R) sei für den gesamten streitigen Zeitraum (27.02.2008 bis 30.09.2008) zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen.
Für den streitigen Zeitraum liege wegen der Rückkaufswerte der Lebensversicherungen ein Vermögen in Höhe von insgesamt 4.362,45 EUR vor. Unter Berücksichtigung des Vermögensfreibetrages in Höhe von 3.216,00 EUR habe der Heimbewohnerin während der gesamten Zeit zur teilweisen Deckung der Heimkosten ein einzusetzendes und verwertbares Vermögen in Höhe von 1.148,45 EUR zur Verfügung gestanden. Erst mit der Auszahlung und Verwendung eines Betrages in Höhe von 1.468,00 EUR zur Deckung der Heimkosten im Oktober 2008 sei der Vermögensfreibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII unterschritten worden.
Ein fiktiver Verbrauch des Vermögens käme im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Betracht. Dies sei sowohl ständige Rechtsprechung des BSG zum Recht der Arbeitslosenhilfe als auch des BVerwG zum Bundessozialhilfegesetz. Ein fiktiver Verbrauch finde im Gesetz keine Stütze. Auch lägen keine Gründe einer effektiven Anspruchsgewährleistung und effektiven Rechtsschutzes vor, die den Kläger vor dem Verlust eines einmal gegebenen Sozialhilfeanspruchs schützen könnten, wenn über dessen Bestand Streit herrsche und der Anspruch deswegen unerfüllt geblieben sei. Dies würde voraussetzen, dass die materiellen Anspruchsvoraussetzungen der Hilfeleistung in dem für das Einsetzen der Sozialhilfe maßgeblichen Zeitpunkt erfüllt seien. Im streitgegenständlichen Verfahren bestünde aufgrund des vorhandenen Vermögens ein solcher Sozialhilfeanspruchs aber gerade nicht.
Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des OVG Lüneburg, weil diese nicht zu den Regelungen des SGB XII ergangen sei. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des LSG NRW (Entscheidung vom 28.07.2008, L 20 SO 17/08) finde ein fiktiver Verbrauch von vorhandenem Vermögen nicht statt. Auch die Rechtsprechung des SG Aachen führe zu keinem anderen Ergebnis, da auch diese Verfahren mit dem Vorliegenden nicht vergleichbar seien. Dort sei ein fiktiver Vermögensverbrauch dann für möglich gehalten worden, wenn die Kosten des Heimaufenthalts noch nicht feststünden bzw. dem Hilfesuchenden noch nicht in Rechnung gestellt worden sein. Im streitgegenständlichen Verfahren sei hingegen nicht ersichtlich, dass der Kläger Frau X die anfallenden Kosten nicht zeitnah in Rechnung gestellt habe. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus § 19 Abs. 6 SGB XII, in dem ein gesetzlicher Gläubigerwechsel zu sehen sei. Der Kläger müsse sich Einwendungen des Beklagten entgegenhalten lassen, was Ausfluss des gesetzlich geregelten Gläubigerwechsels sei. Die Verwertung der Lebensversicherungen stelle auch keine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar, da es sich bei den genannten Versicherungen nicht um reine Sterbeversicherungen handele. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des LSG NRW (Urteil v. 19.03.2009, L 9 SO 5/07) seien die Versicherungen verwertbare kapitalbildende Lebensversicherungen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 15.11.2010 zugestellte Urteil Duisburg hat der Kläger am 09.12.2010 Berufung erhoben.
Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, dass die vom SG Duisburg berücksichtigte Rechtsprechung des LSG NRW (Entscheidung vom 28.07.2008, L 20 SO 17/08), wonach ein fiktiver Verbrauch von vorhandenem Vermögen nicht stattfinde, zu einem anderen Sachverhalt ergangen sei. Es sei dort um ein bipolares Rechtsverhältnis (Behörde – Hilfesuchender) gegangen, wogegen es im streitgegenständlichen Verfahren wie im vom OVG Lüneburg entschiedenen Fall um ein "tripolares Rechtsverhältnis" (Behörde – Hilfesuchender – Heimträger) gehe. Außerdem zeige die vom SG Duisburg zitierte Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe, dass in bestimmten Sonderkonstellationen ausnahmsweise ein fiktiver Verbrauch des Vermögens möglich sei. Dies hätte auch das SG Aachen in den bereits zitierten Entscheidungen erkannt. Desweiteren sei trotz einer Rechtsnachfolge eine Risikoverteilung auf den Fall des § 19 Abs. 6 SGB XII nicht zu übertragen. Denn es sei unbillig, wenn ein Heimträger trotz fehlender Einwirkungsmöglichkeiten auf den Heimbewohner auf den durch diesen verursachten Kosten sitzen bleibe. Das BSG habe, wenn auch in einem anderen Kontext, in dem Urteil vom 13.07.2010 (B 8 SO 13/09) zum Ausdruck gebracht, dass Pflegeeinrichtungen in ihrem Vertrauen auf die Gewährung von Leistungen besonders schutzwürdig seien. Schließlich sei der Kläger auch von der Körperschaftssteuer befreit und als gemeinnützig anerkannt. Damit der gesetzgeberische Wille nicht konterkariert werde, sei ihm als Heimträger vorhandenes Vermögen nur einmal – und nicht Monat für Monat – entgegenzuhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.11.2010 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 27.01.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.03.2009 und des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2009, zu verurteilen, für die Zeit vom 27.02. bis zum 30.09.2008 weitere Hilfe zur Pflege in Einrichtungen für die verstorbene Frau X nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen und ohne die Berücksichtigung eines vom Beklagten monatlich angerechneten Vermögenseinsatzes von jeweils 1.148,45 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er schließt sich den im erstinstanzlichen Urteil dargelegten Entscheidungsgründen in vollem Umfang an.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG Duisburg hat mit Urteil vom 09.11.2010 die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen. Der Beklagte hat die Sozialhilfeleistungen mit Bescheid vom 27.01.2009 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.03.2009 sowie des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2009) rechtmäßig festgesetzt.
1. Der Beklagte dort gegenüber dem Kläger als Rechtsnachfolger der verstorbenen Frau X i.S.d. § 19 Abs. 6 SGB XII mit Erfolg eingewendet, dass einem Anspruch einsetz- und verwertbares Vermögen in der Zeit vom 27.02.2008 bis zum 30.09.2008 in Höhe von 1.148,45 EUR entgegensteht.
a) Der Kläger hat Pflege geleistet gemäß § 19 Abs. 6 SGB XII. Nach dem Tod von Frau X stand ihm nach dieser Norm der Anspruch auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld zu, soweit die Leistung den Berechtigten (hier Frau X) erbracht worden wäre. Ein Anspruch nach § 19 Abs. 6 SGB XII setzt damit voraus, dass gegenüber dem verstorbenen Berechtigten die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen einer Leistungsgewährung erfüllt gewesen sein müssen.
Daran scheitert ein Anspruch des Klägers. Denn für die Zeit, für die eine Leistung durch den Kläger als Rechtsnachfolger beansprucht wird, muss insbesondere die Bedürftigkeit des verstorbenen Berechtigten gemäß § 19 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB XII vorgelegen haben (Grube in: Grube/ Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl. 2010, § 19 Rn. 40; Schoch in: LPK- SGB XII, 8. Aufl. 2007, § 19 Rn. 55). Es war die Intention des Gesetzgebers "nur den Anspruch des Hilfesuchenden, soweit er bis zu dessen Tode zu erfüllen gewesen wäre, auf einen Dritten übergehen" zu lassen (vgl. Bundestag-Drucksache 13/3904 S. 45; zur Vorgängernorm auch Zeitler in: NDW 1997, S. 5). Dem Träger der Sozialhilfe stehen daher alle Einwendungen zu, die er dem verstorbenen Berechtigten gegenüber hätte geltend machen können.
Der Sinn und Zweck des § 19 Abs. 6 SGB XII, wonach das Vertrauen des Heimträgers gestärkt und eine schnelle Hilfe durch Dritte garantiert werden soll, wird dadurch entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht konterkariert.
Es handelt sich bei § 19 Abs. 6 SGB XII um eine anspruchsbegründende bzw. -erhaltende Sonderregelung (vgl. Grube, a.a.O., § 19 Rn. 36; Schoch, a.a.O., § 19 Rn. 54; Neumann in: Hauck/ Noftz, SGB XII, K § 19 Rn. 62). Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts war ein Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld höchstpersönlich und unvererblich (BVerwG, Urteil vom 10.05.1979, 5 C 79.77, BVerwGE 58, 68 m.w.N.). Wegen der Nichtvererbbarkeit von Sozialhilfeansprüchen gingen die nunmehr Leistungsberechtigten bis zur Einführung des § 28 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), der Vorgängervorschrift des heutigen § 19 Abs. 6 SGB XII, zu Gunsten der Sozialhilfeträger regelmäßig leer aus. Diese Kostentragung wurde allgemein als ungerechtfertigt angesehen (vgl. Zeitler in: NDW 1997, S. 4). Denn die Bewilligung von Sozialhilfe zu Lebzeiten der Verstorbenen scheiterte oftmals an einem sich zeitlich hinziehenden Verwaltungsverfahren. Auf dieses hatte der Leistungsberechtigte im Gegensatz zum Träger der Sozialhilfe keinen Einfluss. Es war daher gerechtfertigt, dem Träger der Sozialhilfe die Kosten aufzuerlegen, zu deren Tragung er gegenüber dem verstorbenen Berechtigten zu Lebzeiten ohnehin verpflichtet gewesen wäre. Seit der Einführung des § 28 Abs. 2 BSHG war der Anspruch des Berechtigten auf Sozialhilfe daher an denjenigen vererbbar, "der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat".
Eine darüber hinausgehende Kostentragungspflicht des Trägers der Sozialhilfe begründet § 19 Abs. 6 SGB XII als Nachfolgeregelung nicht. Das BSG hat entschieden (Urteil vom 13.07.2010, B 8 SO 13/09 R, Rn. 11 a.E.), dass die Regelung des "§ 19 Abs. 6 SGB XII [ …] keinen originären Anspruch im Sinne eines subjektiven Rechts [begründet]. Die in § 19 Abs. 6 SGB XII genannten Personen treten bei Vorliegen der in der Vorschrift geregelten Voraussetzungen vielmehr in die Rechtsstellung des verstorbenen Hilfeempfängers ein."
Dem Kläger ist darin zu folgen, dass die Gründe, weshalb Vermögen nicht eingesetzt wird, nicht aus der Sphäre der Pflegeeinrichtung herrühren. Sie stammen jedoch auch nicht aus der Sphäre des Sozialhilfeträgers, sofern und soweit dieser das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß zügig (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)) zum Abschluss bringt.
Sofern ein Sozialhilfeträger das Verwaltungsverfahren nicht ordnungsgemäß zügig durchgeführt, sondern dies in vorwerfbarer Art und Weise in die Länge ziehen sollte, wäre aus Sicht des erkennenden Senates zu erwägen, ob sich der Sozialhilfeträger dann wegen widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium" als Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben entsprechend § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) ggf. nicht mehr auf die rechtsmindernde bzw. -vernichtende Einwendung des einsetz- und verwertbaren Vermögens wirksam berufen kann. Für ein solches Verhalten des Beklagten liegen hier jedoch keine Anhaltspunkte vor. Der Beklagte hat das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Er hat die Bevollmächtigte der Verstorbenen frühzeitig darüber in Kenntnis gesetzt, dass und in welcher Form Einkommen und Vermögen einen Leistungsanspruch ausschließen können und darauf bis zur Beibringung der erforderlichen Nachweise mehrfach hingewiesen. Er hat das Verwaltungsverfahren zügig betrieben und die Bevollmächtigte der Verstorbenen zeitnah darauf hingewiesen, dass sich nach Sichtung der Nachweise ein einzusetzendes Vermögen ergibt.
b) Dem Beklagten stehen damit gegenüber dem Kläger dieselben Einwendungen zu, die er bereits einem Anspruch der verstorbenen Frau X mit Erfolg entgegenhalten konnte.
Die Verstorbene erfüllte die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der §§ 61 ff. SGB XII im streitgegenständlichen Zeitraum nicht, weil sie wegen ihres einzusetzenden und zu berücksichtigenden Vermögens nicht hilfebedürftig gemäß § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII war.
Gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII erhält derjenige keine Sozialhilfe, der sich durch den Einsatz seines Vermögens selbst helfen kann. Das SG Duisburg hat anhand der §§ 19 Abs. 3, 90 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 9, Abs. 3 S. 1 SGB XII zutreffend ausgeführt, dass einsetzbares und verwertbares Vermögen in Höhe von 1.148, 45 EUR einem Sozialhilfeanspruch der Verstorbenen Monat für Monat in der Zeit vom 27.02.2008 bis zum 30.09.2008 entgegenstand.
c) Ein fiktiver Verbrauch von Vermögen ist im SGB XII nicht zu berücksichtigen, auch nicht in den Fällen des § 19 Abs. 6 SGB XII.
Zum fiktiven Vermögensverbrauch fehlt es an einer hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage. Dem SGB XII ist keine legislative Wertentscheidung zu entnehmen, die in diese Richtung weisen könnte (vgl. ebenso zum Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) BSG, Beschluss vom 30.07.2008, B 14 AS 14/08 B, m.w.N.). Solange und soweit Vermögen vorhanden ist, wirkt es also im SGB XII anspruchsmindernd bzw. -vernichtend.
Die Regelung des § 19 Abs. 6 SGB XII ist nach dem zuvor Ausgeführten keine vom Verbot des fiktiven Vermögensverbrauchs abweichende Ausnahmevorschrift (vgl. BVerwG, Urteil v. 19.12.1997, 5 C 7/96; LSG NRW, Beschluss v. 28.07.2008, L 20 SO 17/08), sondern (ausschließlich) eine Norm, die den Eintritt in die Rechtsstellung des verstorbenen Hilfbedürftigen regelt.
Eine Ausnahme von dem Verbot des fiktiven Verbrauchs folgt auch nicht daraus, dass die Einrichtung des Klägers ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und infolgedessen möglicherweise geringere finanzielle Rücklagen vorhanden sind als dies bei gewinnorientierten Einrichtungen der Fall sein kann. Eine solche Differenzierung findet weder in der Entstehungsgeschichte noch im Wortlaut oder dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 19 Abs. 6 SGB XII eine Stütze.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers steht er mit dem hier gewonnenen Ergebnis auch nicht schutzlos dar. Denn er wird bereits dadurch privilegiert, dass er in die Rechtsstellung des Verstorbenen eintritt, obwohl Sozialhilfeansprüche ansonsten mit dem Tod des Hilfebedürftigen regelmäßig erlöschen dürften. In dieser Schutzfunktion erschöpft sich der Regelungsgehalt des § 19 Abs. 6 SGB XII. Anhaltspunkte dafür, dass die Gesetzgebung einen darüber hinausgehenden Schutz beabsichtigt haben sollte, bestehen, wie ausgeführt, nicht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
3. Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob im SGB XII ein "fiktiver Vermögensverbrauch" zu berücksichtigen ist, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.
Erstellt am: 28.12.2012
Zuletzt verändert am: 28.12.2012