Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.02.2010 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Veranlagung seines Unternehmens zum Gewerbezweig Mietwagenunternehmen im 23. Gefahrtarif der Beklagten.
Die Beklagte trug das klägerische Unternehmen mit Bescheid vom 11.11.1996 in das Unternehmerverzeichnis ein und veranlagte den kaufmännischen und verwaltenden Teil in der Gefahrtarifstelle 1 des 20. Gefahrtarifs. Den übrigen Teil des Unternehmens veranlagte sie zur Gefahrtarifstelle 8 (Personenbeförderung mit Pkw). Mit Veranlagungsbescheid vom 23.03.1997 nahm sie die gleiche Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen vor. Mit Bescheid vom 04.12.1999 veranlagte die Beklagte das Unternehmen zu den Tarifstellen 1 (kaufmännischer und verwaltender Teil) und 7 (Mietwagenunternehmen) des 22. Gefahrtarifs.
Mit Bescheid vom 02.01.2005 veranlagte die Beklagte das Unternehmen zu den Tarifstellen 1 (kaufmännischer und verwaltender Teil) und 7 (Mietwagenunternehmen) des 23. Gefahrtarifs. Der Kläger legte mit Schreiben vom 17.01.2005 hiergegen Widerspruch ein und brachte vor, bei der Anmeldung des Unternehmens am 01.11.1996 sei ihm ein Fehler unterlaufen. Er habe irrtümlich den Gewerbezweig Mietwagenunternehmen angegeben. In seinem Unternehmen seien aber lediglich Mitarbeiter im Krankentransportdienst eingesetzt, die sich ausschließlich mit Krankentransporten beschäftigten. Seine Kraftfahrzeuge seien mit einer Krankentrage beziehungsweise einem Tragestuhl ausgestattet, mit denen die Patienten transportiert werden. Andere Kraftfahrzeuge, wie Taxis und Mietwagen seien nicht vorhanden. Deshalb sei er der Meinung, dass das Unternehmen in der Gefahrklasse 3.56 eingestuft werden müsse. Daraufhin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 18.04.2005 dem Kläger mit, das Unternehmen sei korrekt veranlagt worden.
Der Kläger machte weiter geltend, seine Fahrzeuge unterschieden sich nur geringfügig von den Fahrzeugen, die gemäß § 18 des Rettungsgesetzes NRW über eine entsprechende Genehmigung verfügten. Seine Fahrzeuge seien nicht in gleichem Umfang mit Rettungsmitteln ausgestattet wie die Fahrzeuge, die nach § 18 Rettungsgesetz einer weitergehenden Ausstattungsverpflichtung unterlägen. Die Fahrzeuge würden auf entsprechende Vorbestellungen hin von Krankenhäusern, Patienten oder Arztpraxen angefordert und im Rahmen eines entsprechenden Fahrtenplans eingesetzt. Die kranken Patienten würden entweder sitzend oder liegend transportiert. Diese Art von Fahrzeugen habe sich erst in den letzten Jahren entwickelt und habe bei der letzten Erhebung zur Bemessung der Beiträge in den Jahren 1998 und 2003 noch keine Rolle gespielt. Die Fahrzeuge würden nicht zu Blaulichtfahrten eingesetzt. Dadurch mindere sich das Risiko von Kollisionen und Zusammenstößen. Die Fahrzeuge würden regelmäßig morgens und in den Nachmittagsstunden eingesetzt, wenn Patienten aus dem Krankenhaus entlassen werden oder aber zu Arztpraxen transportiert werden müssen, oder von einem Krankenhaus zum anderen, zum Beispiel zur Durchführung von Spezialuntersuchungen, befördert werden müssen. Eine Gleichstellung mit Mietwagen komme daher unter Risikogesichtspunkten nicht in Betracht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger dürfe aufgrund der ihm erteilten Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen zum Zwecke von Krankenfahrten für nicht zu betreuende Sitzend- und Liegendbeförderungen nach dem Personenbeförderungsgesetz lediglich Krankenfahrten, aber keine Krankentransporte durchführen. Die Fahrzeuge seien in der Gruppe der Krankenfahrten erst seit einigen Jahren auf dem Markt und ihre Bedeutung habe sich sprunghaft erhöht nachdem die jeweiligen Krankenkassen erkannt hätten, dass Krankenfahrten bei gleicher Qualität und gleicher Versorgungsgüte für nicht betreuungsbedürftige Patienten wesentlich preisgünstiger am Markt durchgeführt werden könnten und nicht unnötigerweise teure Rettungsfahrzeuge in Anspruch genommen werden müssten.
Hiergegen richtet sich die am 13.11.2007 erhobene Klage. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft der Kläger die im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Argumente. Eine rein formale Betrachtung dürfe nicht erfolgen. Es gebe kein öffentliches Interesse daran, den Krankentransport, der nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolge, quer zu subventionieren. Dies widerspreche den Grundlagen der gleichmäßigen Risikoverteilung auf die Mitglieder der Berufsgenossenschaft und sei daher unzulässig.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.02.2010 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.
Gegen den am 12.02.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.03.2010 Berufung eingelegt. Er bringt weiter vor, das klägerische Unternehmen werde im Verhältnis zu Unternehmen mit Krankentransportfahrzeugen, die in der Regel auch nachts eingesetzt werden und insbesondere auch dann, wenn es um Notfälle gehe, ungleich behandelt und benachteiligt. Die Beklagte belaste Mietwagen, obwohl über die Abrechnung mit den Krankenkassen deren im öffentlichen Interesse entfaltete Tätigkeit mit höheren Abgaben belastet werden, als dies bei der Vergleichsgruppe der nach § 18 Rettungsgesetz fahrenden Krankentransportfahrzeugen der Fall sei. Die Beklagte weigere sich beharrlich, überhaupt die Existenz der Liegemietwagen als besondere Gruppe zur Kenntnis zu nehmen. Sie habe bisher keine einzige Risikoberechnung vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.02.2010 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.11.2007 zu verurteilen, das klägerische Unternehmen ab dem 01.01.2005 zur Tarifstelle 6, Gewerbezweig Krankentransport/Rettungsdienst, Gefahrklasse 3.56 des 23. Gefahrtarifs der Beklagten zu veranlagen,
ferner, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Gründe des Widerspruchsbescheides und des Gerichtsbescheides Bezug.
Der Verband des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs Nordrhein-Westfalen VSPV e. V. teilte auf Anfrage des Senats unter dem 16.4.2012 mit, vor etwa 20 Jahren hätten die ersten Unternehmer damit begonnen, sogenannte Liegemietwagen einzusetzen. Die Krankenkassen hätten sehr bald erkannt, dass es nun eine deutlich preiswertere Alternative zu dem relativ teuren qualifizierten Krankentransport im Sinne des Rettungsgesetzes gebe. Anfangs seien die Fahrzeuge überwiegend von Taxi- und Mietwagenunternehmen eingesetzt worden. Diese hätten neben normalen PKWs meist schon Behindertentransportkraftwagen vorgehalten. Mit den Liegemietwagen sei das Angebot gegenüber den Krankenkassen komplettiert worden. Viele Krankenkassen hätten nun die Möglichkeit gesehen, Verträge über die Durchführung und Vergütung solcher Fahrten direkt mit den Unternehmen und nicht mit den Berufsverbänden abzuschließen. Aus einigen Dutzend Unternehmen seien bis zum Jahr 2005 knapp 350 Unternehmen geworden, die Liegemietwagen zum Einsatz brachten. Im vergangenen Jahr sei die Zahl in Nordrhein-Westfalen auf über 500 gestiegen. Etwa 50 % der Betriebe hätten sich auf den Einsatz dieser Fahrzeuge spezialisiert. Die anderen setzten auch noch Taxen und Mietwagen ein. Der deutsche Taxi- und Mietwagenverband e. V. teilte mit, es lägen keine belastbaren Zahlen darüber vor, wie viele Liegemietwagen bundesweit existierten. Soweit bekannt führe niemand darüber eine Statistik. Es gebe solche Angebote in Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen. In den Flächenländern existierten solche Unternehmen im Übrigen aber nur in einigen Landkreisen, nicht im kompletten Land.
Die Beklagte führte auf Anfrage des Gerichts aus, mit Ablauf des 23. Gefahrtarifs am 31.12.2010 seien im Bestand 388 Unternehmen mit den Gewerbszweig 234 (Krankentransport/Rettungsdienst), 27.194 Unternehmen mit den Gewerbszweig 530 (Taxiunternehmen) und 13.931 Unternehmen mit dem Gewerbszweig 532 (Mietwagenunternehmen) eingetragen gewesen. Ihr sei nicht datenhaltungsmäßig bekannt, wie viele der unter der Tarifstelle 7 des 23. Gefahrtarifs veranlagten Unternehmen ein mit dem Berufungskläger vergleichbares Geschäftsmodell hätten. Diese Informationen könnten auch nicht maschinell ausgewertet werden. Die Änderungen in dem ab 01.01.2011 geltenden 24. Gefahrtarif dienten der klareren Differenzierung zwischen den Krankentransporten im Sinne der Rettungsdienstgesetze der Länder und sonstiger Krankenbeförderungen, zum Beispiel mittels Liegemietwagen. Die gesonderte Beobachtung von Liegemietwagen-Unternehmen sei nicht vorgesehen. Die Selbstverwaltung der Beklagten habe keine Notwendigkeit dafür gesehen, weil diese Unternehmen ihrer Art nach den Mietwagenunternehmen zuzurechnen seien. Auf weitere Nachfrage des Senats hat der Verband der Ersatzkassen e. V. mitgeteilt, die Gesamtzahl der Mietwagenunternehmen, die ausschließlich Krankenfahrten durchführen, sei nicht bekannt. Verträge bestünden zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit 87 Unternehmen. Es könne nicht beziffert werden, wie viele Unternehmen Ende der Neunzigerjahre am Markt existierten. Eine Zunahme von Anfragen zum Abschluss von Verträgen zur Durchführung von Krankenfahrten mittels Liegemietwagen sei nach Inkrafttreten der neuen Krankentransport-Richtlinien seit Jahresbeginn 2005 zu verzeichnen gewesen.
Der Unternehmerverband privater Rettungsdienste Nordrhein-Westfalen e.V. teilte mit, es seien insgesamt 38 private Unternehmer mit 1600 Mitarbeitern dort organisiert. Bundesweit existierten 288 Rettungsdienststandorte mit ca. 6000 hauptamtlichen Mitarbeitern. Der Verband nimmt Bezug auf das Gutachten von Christian Kühn mit dem Titel "Patienten- und Personenbeförderung, Zulassungs-, betriebs- und sicherheitstechnische Begutachtung aktueller Fahrzeugumbauten, Stand April 2008. Die AOK Nordwest teilte mit, dort lägen valide Daten für den Taxen- und Mietwagenbereich für die Region Westfalen-Lippe und für den Zeitraum ab 2010 vor. Daraus ergebe sich, dass bei insgesamt steigenden Transportzahlen die bei ihr abgerechneten Fahrten mit Liegemietwagen im Verhältnis zu den Fahrten mit Krankentransportwagen kontinuierlich zunähmen. Die Auskunft auf eine telefonische Anfrage des Klägers sei in einem anderen Sachzusammenhang erfolgt. Dem Schreiben ist eine Tabelle beigefügt, wonach die Liegemietwagenfahrten im Verhältnis zu den Fahrten mit Krankentransportwagen in der Region Westfalen-Lippe im Jahre 2010 einen Anteil von 65,57%, im Jahre 2011 einen Anteil von 67,69% und im Jahre 2012 einen Anteil von 70,08% hatten.
Die deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See teilte mit, zu der Frage, wie viele Unternehmen bundesweit bekannt seien, die Krankentransporte in Mietwagen durchführen, könnten keine Angaben gemacht werden. Eine bundesweite oder landesweite Auswertung sei mit den zur Verfügung stehenden elektronischen Mitteln nicht möglich. Man könne feststellen, dass seit 2004 eine deutliche Verlagerung des Transports der Patienten von qualifizierten Krankentransportwagen zu unqualifizierten Liegemietwagen und Rollstuhltransporten stattfinde. Diese Entwicklung lasse sich aber nicht für jedes Bundesland feststellen. So gebe es z. B. in Rheinland-Pfalz keine Anbieter von billigen Mietwagen. Dort erfolge die Beförderung mit Krankentransportwagen auf relativ niedrigem Preisniveau, so dass es sich für einen privaten Unternehmer nicht lohne, in diesen Markt einzusteigen. Etabliert habe sich das System insbesondere in Nordrhein-Westfalen. Dem Schreiben sind Tabellen beigefügt, in denen die Anzahl der Fahrten mit einem behindertengerechten Fahrzeug einerseits und mit Krankentransportwagen andererseits gesondert für Nordrhein-Westfalen und das gesamte Bundesgebiet in den Jahren von 2007-2012 ausgewiesen sind.
Auf weitere Nachfrage des Gerichtes hat das Statistische Bundesamt mitgeteilt, Zahlen zu dieser Fragestellung seien aus der amtlichen Statistik nicht verfügbar. Dem Schreiben ist der Bericht des Bundesministeriums für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung über die Sondererhebung zum Taxen- und Mietwagenverkehr vom Stand 31.12.2008 beigefügt. Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen teilte mit, Daten über die Anzahl der Liegemietwagenunternehmen in Nordrhein-Westfalen lägen dort nicht vor. Das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen teilte mit, die angefragten Daten lägen dort ebenfalls nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 02.01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.11.2007 über die Veranlagung des klägerischen Unternehmens zur Tarifstelle 7 (Mietwagenunternehmen) des 23. Gefahrtarifs der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der angefochtene Bescheid beruht auf den wirksamen satzungsrechtlichen Regelungen des 23. Gefahrtarifs der Beklagten. Der vorangehende 22. Gefahrtarif war gemäß § 157 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) gesetzlich auf sechs Jahre befristet bis zum Ende des Jahres 2004. Der darauf beruhende Veranlagungsbescheid vom 04.12.1999 hatte sich infolge dessen gemäß § 39 Abs. 2, 4. Alternative Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Ablauf des Jahres 2004 erledigt. Dem 23. Gefahrtarif und der Gefahrklasse 8,54 liegen die von der Beklagten ermittelten Entschädigungsleistungen und die Entgelte aus dem Beobachtungszeitraum von 1998 – 2002 zugrunde, wie es §157 Abs. 3 SGB VII voraussetzt. Der Gefahrtarif wurde am 17.11.2004 von der Vertreterversammlung der Beklagten beschlossen und am 26.11.2004 vom Bundesversicherungsamt genehmigt. Die Veranlagung des kaufmännischen und verwaltenden Teils des klägerischen Unternehmens zur Tarifstelle 1 und zur Gefahrklasse 1 des 23. Gefahrtarifs begegnet keinen Bedenken und wird auch vom Kläger nicht infrage gestellt. Den mit Krankentransport in dafür ausgerüsteten Kraftfahrzeugen befassten Unternehmensbereich des klägerischen Unternehmens hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 02.01.2005 zu Recht zum Gewerbezweig Mietwagenunternehmen, zur Tarifstelle 7 und zur Gefahrklasse 8,54 (Mietwagenunternehmen) veranlagt. Die Veranlagung zum Gewerbezweig Krankentransport/Rettungsdienst, zur Tarifstelle 6 und zur Gefahrklasse 3,56 kann der Kläger in diesem Zeitraum nicht beanspruchen. Die Veranlagung des klägerischen Unternehmens im nachfolgenden Zeitraum ab 01.01. hat das Gericht nicht zu prüfen, da der auf dem 23. Gefahrtarif beruhende angefochtene Bescheid sich mit Ablauf des Jahres 2010 durch Zeitablauf erledigt hat und es für den Folgezeitraum der gesonderten Veranlagung auf der Grundlage des 24. Gefahrtarifs bedarf.
Gemäß § 157 Abs. 2 SGB VII wird der Gefahrtarif nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden. Gemäß § 157 Abs. 3 SGB VII werden die Gefahrklassen aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet. Die Beklagte hat zulässigerweise die Gefahrengemeinschaften nach Gewerbezweigen differenziert. Ein solcher gewerbezweigorientierter Gefahrtarif findet seine Rechtfertigung in der Gleichartigkeit der Versicherungsfallrisiken und der Präventionserfordernisse in den Betrieben. Die Gefährdungsrisiken werden ihrerseits durch die hergestellten Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt. Dies setzt in der Regel voraus, dass die in einer Tarifstelle zusammengefassten Unternehmen strukturelle, technologische und wirtschaftliche Gemeinsamkeiten aufweisen (BSG, U. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, UV-Recht Aktuell 2013, 846).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann das klägerische Unternehmen schon deshalb nicht dem Gewerbezweig Krankentransport/Rettungsdienste zugeordnet werden, weil dem Kläger nicht die nach § 18 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (Rettungsgesetz NRW – RettG NRW) vom 24.11.1992 (GV. NW. S. 458) erforderliche Genehmigung erteilt wurde. Diese Genehmigung ist für Unternehmer, die nicht zu den Rettungsdiensten der Kreise und kreisfreien Städte gehören, zwingend erforderlich, wenn sie Aufgaben der Notfallrettung oder des Krankentransports wahrnehmen wollen. Das klägerische Unternehmen führt hingegen Krankenfahrten im Sinne des § 7 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V – Krankentransport-Richtlinien) in der Fassung vom 22.01.2004 (Bundesanzeiger 2004; Nr. 18, S. 1342, zuletzt geändert am 21.12.2004, Bundesanzeiger 2005, Nr. 41, S. 2937, in Kraft getreten am 02.03.2005) durch. Dabei handelt es sich gemäß § 7 Abs. 1 Krankentransport-Richtlinien um Krankenfahrten, die aufgrund ärztlicher Verordnung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen durchgeführt werden können. Zu den Mietwagen zählen auch Wagen mit behindertengerechter Einrichtung zur Beförderung von Rollstuhlfahrern. Anders als bei den Krankentransportfahrzeugen findet eine medizinisch-fachliche Betreuung der transportierten Personen in den Fahrzeugen des klägerischen Unternehmens nicht statt. Nach den Angaben des Klägers und nach den von ihm vorgelegten Unterlagen führt sein Unternehmen Krankenfahrten mit Kraftfahrzeugen durch, die jeweils mit einer Krankentrage und einem Krankenstuhl ausgerüstete sind. Eine Genehmigung nach § 49 Personenbeförderungsgesetz wurde erteilt. Die Fahrzeuge sind nach den Angaben des Klägers nicht in gleichem Maße wie die Krankentransportfahrzeuge der Rettungsdienste mit Rettungsmitteln ausgestattet. Infolge dessen ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das klägerische Unternehmen dem Gewerbezweig der Mietwagenunternehmen zugeordnet hat. Dabei handelt es sich um den Gewerbezweig, dem das klägerische Unternehmen im maßgeblichen Zeitraum am ehesten vergleichbar war.
Die Beklagte war während der Geltungszeit des 23. Gefahrtarifs auch nicht verpflichtet, in Anbetracht eines von dem Gewerbezweig der Mietwagenunternehmen abweichenden Gefährdungsrisikos das klägerische Unternehmen einem anderen, gegebenenfalls neu zu bildenden Gewerbezweig zuzuordnen. Dabei kann offen bleiben, ob die Unternehmen, die wie das klägerische Unternehmen sich auf Krankenfahrten spezialisiert haben, dem Unternehmensgegenstand nach den Mietwagenunternehmen zuzuordnen sind, wie die Beklagte meint, oder ob sie wegen des abweichenden Gefährdungsrisikos einem anderen Gewerbezweig zuzuordnen sind. Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnen lässt. Den Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Gewerbezweigen sind Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion des Gefahrtarifs ergeben (BSG, U. v. 05.07.2006, B 2 U 32/03 R, BSGE 95, 47 = Breithaupt 2007, 88 mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 04.03.1982, 1 BvR 34/82, SozR 2200 § 734 Nr. 2).
Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Ermittlungen kann der Senat diese Voraussetzungen für eine Differenzierung bei dem klägerischen Unternehmen im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2010 und insbesondere für den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über den 23. Gefahrtarif der Beklagten nicht feststellen. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See und die AOK Nordwest haben zwar Erkenntnisse gewonnen, wonach es im Zeitraum seit dem Jahre 2004 eine deutliche Verlagerung von Patiententransporten von den Krankentransportunternehmen zu den Unternehmen gibt, die Liegemietwagen und Rollstuhltransporte anbieten. Diese Entwicklung lässt sich jedoch nicht für jedes Bundesland feststellen. Während in Nordrhein-Westfalen der Anteil der Krankenfahrten mit Liegemietwagen und Krankenstühlen schon damals erheblich zugenommen hatte, hat es in Rheinland-Pfalz kaum derartige Unternehmen gegeben. In anderen Flächenländern sind solche Unternehmen nur in einzelnen Städten und Landkreisen tätig, wie der Deutsche Taxi- und mietwagenverband e. V. mitgeteilt hat. Eine bundesweite Statistik über die Entwicklung gibt es nicht. Nach Angaben des Verbandes des privaten gewerblichen Straßentransportverkehrs Nordrhein-Westfalen e. V. gab es bis zum Jahr 2005 350 Unternehmen, die Liegemietwagen zum Einsatz brachten. Etwa die Hälfte davon hatte sich ganz darauf spezialisiert. In Nordrhein-Westfalen ist nach diesen Angaben die Zahl der Unternehmen bis zum Jahr 2011 auf über 500 gestiegen. Dem gegenüber hatte die Beklagte bis zum Ablauf des Geltungszeitraumes des 23. Gefahrtarifs bundesweit 13.931 Mietwagenunternehmen (Gewerbezweig 532), 27.194 Taxiunternehmen (Gewerbezweig 530) und 388 Unternehmen im Gewerbezweig 234 (Krankentransport/Rettungsdienst) im Bestand. Daran wird deutlich, dass die Anzahl der Unternehmen, die wie das klägerische Unternehmen Liegemietwagen einsetzen und Krankenfahrten durchführen, im Verhältnis zur Gesamtzahl der Taxi- und Mietwagenunternehmen auch bis zum Ablauf der Geltungsdauer des 23. Gefahrtarifs und des darauf beruhenden angefochtenen Bescheides einen geringen Prozentsatz ausmachte. Infolge dessen ist es nicht zu beanstanden, dass die in Rede stehenden Unternehmen dem im 23. Gefahrtarif der Beklagten ausgewiesenen Gewerbezweig zugeordnet wurden, mit dem sie strukturelle, technologische und wirtschaftliche Gemeinsamkeiten aufweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 183 SGG und § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Anlass zur Revisionszulassung besteht nicht, da die gemäß § 160 Abs. 2 SGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Erstellt am: 02.07.2014
Zuletzt verändert am: 02.07.2014