Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.9.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine beim Kläger aufgetretene Augenerkrankung (Grauer Star/Katarakt) als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 51 Berufskrankheitenverordnung der DDR (BKVO) /DDR anzuerkennen ist.
Der 1950 geborene Kläger absolvierte von 1964 bis 1967 eine Lehre als Hauer im Steinkohlebergbau. Bis 1968 arbeitete er sodann in einem Steinkohlebergwerk unter Tage, danach war er bis 1978 bei der Nationalen Volksarmee (NVA) im Rahmen der Fliegerabwehr tätig. Im Anschluss daran war er bis August 1990 im Uranerzbergwerk der DDR (SDAG -Sowjetisch Deutsche Aktiengesellschaft- Wismut) als Sprenghauer beschäftigt. 1990 siedelte er in die Bundesrepublik über und arbeitete dort zunächst als Maschinenführer in einem Aluminiumpresswerk und im Anschluss daran in der Sägerei.
In einem vor dem Sozialgericht Düsseldorf gegen die Bergbau-Berufsgenossenschaft (BBG) als Rechtsvorgängerin der Beklagten geführten Klageverfahren (S 16 (24) KN 113/04) machte er seinerzeit geltend, bei Ausübung seiner Tätigkeit als Sprenghauer sei ihm am 4.11.1981 radioaktiv kontaminiertes Grubenwasser in das rechte Auge gelaufen. Daraus habe sich als Unfallfolge ein grauer Star entwickelt, für den ihm als Entschädigung eine Unfallrente zustehe. Den Antrag hatte die BBG, gestützt auf ein Gutachten des Augenarztes Dr. L vom 7.4.2004, abgelehnt (Bescheid vom 11.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2004). Der Arbeitsunfall habe keine Folgen hinterlassen, bereits vor dem Unfall habe der Kläger ausweislich der beigezogenen Unterlagen unter Entzündungen der Regenbogenhaut gelitten. Das Sozialgericht wies die Klage ab und stützte sich dabei auf das im Klageverfahren von Amts wegen eingeholte Gutachten des Augenarztes Prof. Dr. H vom 08.10.2005, der nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis gekommen war, die bestehenden pathologischen Veränderungen des rechten Auges seien eindeutig auf die rezidivierenden Entzündungen (Iritiden) zurückzuführen und nicht auf den Arbeitsunfall (Urteil vom 9.3.2007). Die dagegen eingelegte Berufung (L 2 KN 76/07 LSG NRW) nahm der Kläger zurück.
In dem Verfahren hatte der Kläger den Antrag auf Feststellung einer BK nach Nr. 51 BKVO DDR gestellt. Im Rahmen der Ermittlungen holte die BBG eine Auskunft der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers (jetzt Wismut GmbH) ein, in der diese am 22.1.2007 ausführte, bei der vom Kläger in der Zeit von 1978 bis 1990 ausgeübten Tätigkeit sei von einer externen Exposition durch Gamma Strahlung von 65,3 mSv auszugehen. Der technische Aufsichtsdienst (TAD) der BBG ging in seiner Stellungnahme vom 21.3.2007 davon aus, beim Kläger habe lediglich eine Exposition von 16,28 mSv vorgelegen. Maßgeblich sei nur der Zeitraum vom 2.5.1978 (Aufnahme der Tätigkeit als Sprenghauer) bis 24.11.1980. An diesem Tag sei die Berechnung einzustellen, da hier die Diagnose der Iridozylitis gestellt worden sei.
Der Gewerbearzt Schumacher führte in seiner Stellungnahme vom 22.5.2007 aus, aufgrund der Vorerkrankung des Klägers sei es nicht wahrscheinlich, dass die Augenerkrankung Folge einer Exposition (ionisierende Strahlen (Ziffer 2402 der Anlage 1 der BKVO)) sei. Ionisierende Strahlen seien generell geeignet, Augenschäden hervorzurufen. Es handele sich dabei um deterministische Schäden, bei denen der biologische Effekt erst nach Überschreiten einer Schwellendosis zu beobachten sei. Nach bisheriger Lehrmeinung liege dieser Schwellenwert bei 2 Sv. Nach Teilkörperexposition könnten auch akute Strahlenschäden in Gestalt einer Entzündung (Konjunktividen) auftreten; dass eine Entzündung der Regenbogenhaut damit in Verbindung gebracht werde, habe er der eingesehenen Literatur aber nicht entnehmen können. Es gebe aber auch Stimmen (z.B. Frau Schmitz-Feuerhake), die bei deutlich geringeren Dosiswerten von einer Kataraktbildung ausgingen. Die Verursachungswahrscheinlichkeit (stochastischer Schaden) nehme mit der Dosis zu. Inwieweit diese Ansichten bereits zur herrschenden Lehrmeinung gehörten, entziehe sich seiner Kenntnis. Vorliegend sei aber auch in Betracht zu ziehen, dass eine andere Erkrankung (Iridozyklitis) vorgelegen habe, die ebenfalls als Ursache für einen Grauen Star in Betracht kommt. Der Zusammenhang im Fall des Klägers sei daher fraglich, zumal eine einseitige Augenerkrankung vorliege.
Die BBG lehnte daraufhin die Anerkennung einer BK ab (Bescheid vom 6.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.9.2007).
Die dagegen gerichtete Klage S 6 U 110/07) wies das Sozialgericht Düsseldorf ab (Urteil vom 16.11.2010). Das eingeleitete Berufungsverfahren (L 4 KN 27/11 U LSG NRW) endete mit Abschluss eines Vergleichs, nachdem der Senat darauf hingewiesen hatte, es sei problematisch, wenn im angefochtenen Bescheid auf die Schwellendosis von 2 Sv abgestellt werde. Ob das noch dem aktuellen medizinischen Wissenschaftsstand entspreche, bedürfe nach Aktualisierung des Merkblattes zur BK 2402 (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen) der Anl. 1 der BKVO der Überprüfung. Die Beklagte verpflichtete sich daraufhin, die Augenerkrankung des Klägers unter dem Gesichtspunkt einer Strahlenschädigung gutachterlich prüfen zu lassen und darüber einen neuen Bescheid zu erteilen.
Nachdem die Beklagte aktuelle Stellungnahmen des Präventionsdienstes vom 4.2.2015 und 18.11.2015 eingeholt hatte, beauftragte sie den Strahlenbiologen Prof. Dr. T, Universitätsklinikum F, mit der Begutachtung. In seinem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 18.03.2016 gelangte er zu dem Ergebnis, es bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den beruflich verursachten Strahlenexpositionen und der Iriserkrankung. Da ionisierende Strahlen eine Katarakterkrankung hervorrufen könnten, bestehe jedoch ein Zusammenhang zwischen den Strahlenexpositionen und der Katarakterkrankung am rechten Auge. Im Fall des Klägers lägen zu möglichen Expositionen keinerlei Messungen vor, Daten seien lediglich zu Konzentrationen von radioaktiven Stoffen in Wassern von verschiedenen Gruben vorhanden. Der Bereich erstrecke sich von 2,57 bis 405 kBq pro Liter. Da der Kläger im November 1981 im rechten Auge mit Grubenwasser kontaminiert worden sei, es in den Jahren 1982 bis 1985 immer wieder Verletzungen mit Entzündungen gegeben habe und durch Reiben der Augen weiteres Grubenwasser habe eindringen können, erscheine es annehmbar, von einer Strahlenexposition von 200 mS pro Jahr auszugehen. Nehme man für das Bestehen der Wunden und der Entzündungen im rechten Auge einen Zeitraum von insgesamt etwa zwei Jahren an, resultiere aus diesem Expositionspfad eine Strahlendosis von von etwa 478,62 mS im Zeitraum November 1980 bis August 1990. Er schlage die Anerkennung als BK vor und bewerte die MdE seit April 1991 (Leistungs- und Versicherungsfall) mit 20 v.H.
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. G, H, ein. Er führte unter dem 22.4.2016 aus, inwieweit der von Prof. Dr. T vorgenommenen Dosisabschätzung die für die BK-Anerkennung erforderliche Vollbeweiskraft eingeräumt werde, bedürfe der versicherungsrechtlichen Beurteilung. Für die Verursachung einer Katarakterkrankung seien eine Reihe nichtradiogener Faktoren bekannt und beim Kläger auch belegt. Neben arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2 mit Spätfolge einer Polyneuritis und rezidivierenden Regenbogenhautentzündungen sei er über einen Zeitraum von 35 Jahren mit einem Verbrauch von 15 bis 20 Zigaretten belastet gewesen. Beim Aufeinandertreffen von mindestens vier, im Gegensatz zur Strahlenbelastung sicher belegten Risikofaktoren, sei von einer Verursachung des Grauen Stars durch vorrangig außerberuflich wirkende Einflüsse auszugehen.
Mit Bescheid vom 25.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Katarakterkrankung als BK nach Nr. 51 BKVO DDR (Erkrankung durch ionisierende Strahlung mit Ausnahme bösartiger Neubildungen) ab.
Hiergegen hat der Kläger am 13.9.2016 vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben. Die Katarakterkrankung seines rechten Auges sei durch die ionisierende Strahlung hervorgerufen worden und demzufolge als BK anzuerkennen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 25.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.8.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, anzuerkennen, dass eine BK nach Nr. 51 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung DDR (BKVO/ DDR ) vorliegt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die angefochtene Entscheidung sei rechtmäßig.
Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 15.9.2017 abgewiesen. Ob für die Anerkennung der streitigen BK ein Schwellenwert zu verlangen sei, werde mittlerweile infrage gestellt. Das ergebe sich aus der aktuellen wissenschaftlichen Stellungnahme zur BK 2402 der Anlage 1 zur BKVO. Die wissenschaftliche Diskussion dazu sei aber nicht abgeschlossen. Das habe Prof. Dr. T in seinem Gutachten aufgezeigt. Wie mit seinen Aussagen umzugehen sei, bemesse sich nach den rechtlichen Grundlagen des Unfallversicherungsrechts. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 27.6.2006 – B 2 U 20/04 R-) bedürfe es eines wissenschaftlichen Konsenses, wenn man die arbeitstechnischen Voraussetzungen für alle Versicherten gleich beurteilen wolle. Dieser Konsens sei noch nicht erzielt worden, so dass es bis dahin bei der angenommenen Schwellendosis von 2 Sv als Beurteilungsgrundlage zu verbleiben habe.
Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 13.10.2017 zugestellt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 10.11.2017, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht verkenne, dass es sich bei der Auffassung von Prof. Dr. T nicht um eine vereinzelte Auffassung irgendeines Wissenschaftlers handele, er sei anerkannter Strahlenbiologe.
Der Kläger beantragt nach dem Inhalt seiner Schriftsätze,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.9.2017 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.8.2016 zu verurteilen, bei ihm eine Katarakterkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 51 der Anlage zur BKVO der ehemaligen DDR anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt nach dem Inhalt ihrer Schriftsätze,
die Berufung zurückzuweisen.
Die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
Der Senat hat zu der Frage, ob weiterhin für die Anerkennung der streitigen BK von deterministischen Effekten mit einhergehenden Schwellenwerten auszugehen sei oder ob neuere Erkenntnisse vorliegen würden, die auch geringere Dosen als ausreichend ansehen würden, eine Auskunft zum aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion bei dem Arzt für Augenheilkunde Prof. Dr. Dr. U, Universitätsklinikum N, eingeholt. Auf den Inhalt der Stellungnahme vom 30.6.2018 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten sowie der Streitakten S 6 U 110/07 SG Düsseldorf bzw. L 4 KN 27/11 LSG NRW, die der Senat beigezogen und deren Inhalt er seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, sowie auf den Vortrag der Beteiligten im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind mit Schreiben des Senats vom 16.1.2019 auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 25.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.8.2016 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Bescheid ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung seiner Katarakterkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 51 der Anlage zur BKVO DDR (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen mit Ausnahme bösartiger Neubildungen) bzw. Nr. 2402 der Anl. 1 der BKVO (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen).
Der erhobene Anspruch auf Anerkennung einer BK richtet sich vorliegend nicht ausschließlich nach dem im Zeitpunkt der Exposition und dem Auftreten der Erkrankung damals geltenden Recht der ehemaligen DDR, vielmehr ist der Anspruch auch nach dem bis zum Inkrafttreten des Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) geltenden bundesdeutschen Rechts der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu beurteilen. Das ergibt sich aus § 1150 Abs. 2 S. 2 RVO, der nach §§ 212, 215 Abs. 1 SGB VII in der am Tag vor Inkrafttreten des SGB VII (1. Januar 1997) geltenden Fassung für die Übernahme der vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Krankheiten als BKen der gesetzlichen Unfallversicherung weiter anzuwenden ist. Nach § 1150 Abs. 2 S. 1 RVO gelten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und BKen der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und BKen im Sinne des Dritten Buches der RVO. Nach S. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift gilt das jedoch nicht für Krankheiten, die einem ab 1. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt geworden sind und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären. Die Vorschrift greift vorliegend ein, da die Katarakterkrankung beim Kläger bereits im April 1985 aufgetreten ist, aber erst im Februar 2003 der Rechtsvorgängerin der Beklagten als zuständigem Unfallversicherungsträger der Verdacht auf das Vorliegen einer BK angezeigt worden ist. Die Erkrankung kann daher nur dann als BK anerkannt werden, wenn die Voraussetzungen dafür sowohl nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht als auch nach der RVO erfüllt sind (vgl. BSG Urteil vom 18.8.2004, Az. B 8 KN 1/03 U R mwN).
Nach § 221 Arbeitsgesetzbuch der DDR vom 16. Juni 1977 ist eine BK eine Erkrankung, die durch arbeitsbedingte Einflüsse bei der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten bzw. Arbeitsaufgaben hervorgerufen wird und die in der vom Minister für Gesundheitswesen in Übereinstimmung mit dem Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes herausgegebenen Liste der BKen genannt ist. Erkrankungen durch ionisierende Strahlen sind mit Ausnahme der bösartigen Neubildungen in Nr. 51 erfasst.
Nach § 581 Abs. 1. Nr. 2 iVm §§ 548, 551 RVO gilt eine BK als Arbeitsunfall, für den eine Verletztenrente gezahlt wird, wenn die Erwerbsfähigkeit um wenigstens ein Fünftel gemindert ist. BKen sind Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleiden. In der Liste der BKen sind unter Nr. 2402 übereinstimmend mit Nr. 51 BKVO DDR ebenfalls Erkrankungen durch ionisierende Strahlen erfasst.
Die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt der Kläger nicht, denn es lässt sich nicht feststellen, dass die bei ihm vorliegende Katarakterkrankung durch ionisierende Strahlen hervorgerufen worden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der sozialgerichtlichen Entscheidung, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend weist der Senat daraufhin, dass das einen Zusammenhang zwischen der Strahlenexposition und der Katarakterkrankung des Klägers bejahende Gutachten des Prof. Dr. T vom 18.3.2016 der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden kann. Das Gutachten genügt nicht den Anforderungen an Kausalitätsbeurteilungen in der gesetzlichen Unfallversicherung. Soweit der Sachverständige eine Strahlenbelastung des Klägers in Höhe von 478,62 mS annimmt, ist dieser Wert nicht bewiesen. Prof. Dr. T führt selbst aus, dass zur möglichen Exposition beim Kläger keinerlei Messungen vorliegen, Daten seien lediglich in Studien zu Konzentrationen von radioaktiven Stoffen in Grubenwassern vorhanden, unter deren Zugrundelegung erscheine es annehmbar, von einer Strahlenexposition von 200 mS pro Jahr auszugehen, die auf 400 mS zu erhöhen sei, wenn man für das Bestehen der Entzündungen und Wunden im rechten Auge von einem Zeitraum von 2 Jahren ausgehe. Hierbei handelt es lediglich um eine Mutmaßung, die nicht die Anforderungen an den im Vollbeweis zu führenden Nachweis der Schadstoffexposition erfüllt. Die sich anschließende Frage, ob der unterstellte Wert überhaupt ausreichend ist, kann daher dahingestellt bleiben. Gegen die Überzeugungskraft des Gutachtens spricht auch die Tatsache, dass der Sachverständige auf weitere Risikofaktoren für das Entstehen von Katarakterkrankungen hinweist und ausführt, von diesen Risikofaktoren lägen beim Kläger ein Hypertonus, Diabetes, vorausgehende Augenverletzungen sowie ein Nikotinabusus vor. Die dazu erforderliche Kausalitätsdiskussion unterbleibt jedoch, der Sachverständige unterstellt lediglich, durch den Diabetes habe eine stark erhöhte Sensibilität vorgelegen, die zu einer Katarakterkrankung durch relativ kleine Dosen führe. Eine Begründung dafür lassen die Ausführungen vermissen.
Auch das Ergebnis der vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Prof. Dr. Dr. U hat in seiner Stellungahme vom 30.6.2018 ausgeführt, dass Katarakterkrankungen durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden und benennt neben genetischen Prädispositionen in Übereinstimmung mit Prof. Dr. T die bereits von diesem aufgeführten systemischen Erkrankungen. Soweit er weiter darauf hinweist, dass geringere Expositionen als bisher angenommen eine Katarakterkrankung hervorrufen könnten, ist diese Aussage nicht geeignet, den Kausalzusammenhang als wahrscheinlich anzusehen, denn die Erkenntnis geht über die Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht hinaus. Auch wenn die internationale Strahlenschutzkommission aufgrund durchgeführter Studien laut Prof. Dr. Dr. U keinen Schwellenwert festlegen kann, unterhalb dessen eine Eintrübung der Augenlinse ausgeschlossen werden kann, und als Konsequenz aus diesen Studien in Übereinstimmung mit der nationalen Strahlenschutzkommission empfiehlt, den Schwellenwert für die Augenlinse drastisch auf 20 mS/pro Jahr abzusenken, ergibt sich daraus keine abweichende Beurteilung. Hierbei handelt es sich nach den Ausführungen des Sachverständigen lediglich um Überwachungs- und Schutzmaßnahmen. Sie ändern an der Tatsache nichts, dass es nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft trotz der Notwendigkeit der Senkung des Schwellenwertes nicht möglich ist, kausale Verursachungsmöglichkeiten herzustellen, weil die Diskussion darüber noch nicht abgeschlossen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe sind nicht gegeben (§160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 20.11.2019
Zuletzt verändert am: 20.11.2019