Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.02.2014 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern für die Forderung aus Energieschulden in Höhe von 3.185,71 EUR vorläufig ein Darlehen zu gewähren. Die Zahlung in Höhe von 3.185,71 EUR ist unmittelbar an die S AG zu leisten. Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren sowie für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin T aus L bewilligt. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die darlehensweise Übernahme von Stromschulden bei der S AG durch den Antragsgegner.
Die 1988 geborene Antragstellerin und ihr 2009 geborener Sohn, der Antragsteller, bezogen bis August 2011 und beziehen seit August 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 bewilligte der Antragsgegner Grundsicherung in Höhe von 1050,86 EUR monatlich für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.05.2014. Zuvor hatte die Antragstellerin ab September 2011 eine Ausbildung zur staatlich geprüften Sozialhelferin begonnen. Sie bezog Leistungen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BaföG) und Wohngeld.
Die Antragsteller bewohnen eine ca. 60 m² große Wohnung in L. Diese wurde wegen Mietrückständen vom Vermieter gekündigt. Die Zwangsräumung der Wohnung wurde mit Ordnungsverfügungen vom 18.07.2013 und 04.11.2013 verhindert und die Antragsteller zur Vermeidung von Obdachlosigkeit befristet bis zum 05.02.2014 wieder in die Wohnung eingewiesen. Die Stadt L hat die Mietrückstände zwischenzeitlich übernommen, so dass die Antragsteller die Wohnung weiter als Unterkunft nutzen können.
Nachdem die Antragstellerin eine offene Forderung und Abschläge für Haushaltsstrom nicht zahlte, sperrte die S AG am 19.01.2013 die Stromzufuhr, d.h. den Zähler, nachdem Mahnungen erfolglos geblieben sind. Im März 2013 erfolgte die Kündigung des Stromlieferungsvertrages seitens der S AG.
Den Antrag auf Übernahme der Stromschulden vom 26.09.2013 lehnte der Antragsgegner am 22.10.2013 mit der Begründung ab, die "Rückzahlung der Stromschulden müsse selbst geregelt werden". Eine Rechtsbehelfsbelehrung erfolgte nicht. Die Antragsteller legten hiergegen am 17.12.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung wiesen sie darauf hin, dass die S AG mit Schreiben vom 26.09.2013 eine Ratenzahlung abgelehnt habe. Der Antrag auf Übernahme der Mietschulden sei gestellt. Zur Erhaltung des Wohnraums sei die Übernahme der Stromschulden zwingend erforderlich.
Die Antragsteller haben am 20.01.2014 Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt und darauf hingewiesen, dass bei vollständiger Übernahme der Schulden der Stromzähler wieder freigegeben werden könne. Die weitere Inanspruchnahme von Hilfe Dritter komme nicht dauerhaft in Betracht. Zum einen hätten sie nach drei Monaten Aufenthalt bei der Mutter der Antragstellerin dort wieder ausziehen müssen, nachdem es zu Problemen mit dem Stiefvater gekommen sei. Zum anderen sei es nicht möglich, dauerhaft auf die Hilfe einer Freundin, Frau E, zurückzugreifen. Es sei nicht zumutbar, dass sie sich tagsüber immer dort aufhalten, stets dort duschen und Verrichtungen wie Wäsche waschen, Bügeln erledigen. Sie wollten ihre Wohnung wieder nutzen und nicht nur dorthin abends zum Schlafen gehen. Zu berücksichtigen sei auch, dass Frau E selbst Grundsicherung beziehe.
Der Antragsgegner hat betont, dass bereits im August 2011 ein Darlehen in Höhe von 413,84 EUR gewährt worden sei. In diesem Zusammenhang sei die Antragstellerin belehrt worden, dass nur der erstmalige Energiekostenrückstand vom Antragsgegner als "vergleichbare Notlage" gewertet werde, so dass im Wiederholungsfall keine Übernahme erfolge.
Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 18.02.2014 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es fehle an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft. Es bestehe keine gegenwärtige, dringende Notlage. Die Versorgung mit Haushaltsstrom sei schon seit Januar 2013 unterbrochen. Die Wohnung verfüge über eine Heizung und die Antragsteller könnten sich bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiter bei der Freundin aufhalten und dort duschen etc. Das SG hat weiter ausgeführt, dass nicht verkannt werde, dass von der Sperre auch ein vierjähriges Kind betroffen sei. Jedoch sei vorrangig die Antragstellerin als Personenberechtigte verpflichtet, sich um dessen Versorgung zu kümmern. Auch seien keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu befürchten. Körperpflege etc. sei bei der Freundin nach dem Vortrag der Antragstellerin sichergestellt. Auch sei davon auszugehen, dass bei der Mutter der Antragstellerin warme Mahlzeiten zubereitet und eingenommen werden könnten.
Gegen den am 18.02.2014 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 05.03.2014 Beschwerde eingelegt. Sie verfolgen ihr Begehren weiter. Ohne Begleichung der Schulden sei keine Stromzufuhr möglich. Denn der Zähler sei gesperrt. Eigenbemühungen hätten auch stattgefunden. So sei der Antrag beim Antragsgegner gestellt worden und eine Anfrage bei der Stadt. Versuche, sich bei Freunden Geld zu leihen, seien fehlgeschlagen. Zudem könne die Hilfe einer Freundin nicht dauerhaft die Durchsetzung einen staatlichen Anspruch verhindern. Des Weiteren sei nicht berücksichtigt worden, dass in der Bedarfsgemeinschaft ein minderjähriges Kind lebt. Zudem sei der Antragsteller an einem "Kopfpilz" erkrankt. Es sei anstrengend und peinlich, immer bei Dritten zu duschen. Es sei zudem viel zu teuer, auf Dauer nicht in der eigenen Wohnung das Essen zubereiten zu können.
Die Antragstellerin hat auf Aufforderung des Senats zum Nachweis einer Erkrankung des Antragstellers ein Attest des Kinderarztes Dr. P vorgelegt. Dieser bescheinigt, dass der Antragsteller wegen einer Tinea Capitis seit 04.02.2014 in Behandlung ist.
II.
Die Beschwerden der Antragsteller sind zulässig und begründet.
Gemäß § 86 b Absatz 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dies ist dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere, unzumutbare und nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25.10.1988, Az.: 2 B vR 174/88). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden, § 86 b SGG in Verbindung mit den §§ 920 Absatz 2, 294 ZPO. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.08.2001, Az.: B 9 V 23/01 B). Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel zugleich verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches und des Grundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtssuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Verlagerung in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes führen darf. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Soweit es um die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz geht, müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen bzw. wenn dies nicht möglich ist, auf der Basis einer Folgenabwägung auf Grundlage der bei summarischen Prüfung bekannten Sachlage entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 830 ff. mit weiteren Nachweisen, Keller in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Auflage 2012 zu § 86 b Rdnr. 29 a).
Der Bescheid vom 22.10.2013 ist nicht nach § 77 SGG bindend geworden. Die Einlegung des Widerspruchs am 17.12.2013 erfolgte fristgerecht (§ 84 Abs. 2. S. 3, § 66 Abs. 1, 2 SGG).
Im Sinne der Folgenabwägung ist der Antrag auf darlehensweise Übernahme der Energieschulden begründet.
Die Antragsteller haben einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Wohnung der Antragsteller ist seit Ende Januar 2013 nicht mehr mit Strom versorgt. Damit fehlt der Antragstellerin seit mehr als einem Jahr die Möglichkeit, in der Wohnung zu kochen, Lichtquellen zu nutzen, zu waschen etc. und zudem für die Antragstellerin die Möglichkeit, den vierjährigen Sohn in menschenwürdiger Art und Weise zu versorgen. Unbeachtlich ist insoweit, dass der tägliche Aufenthalt bei der Freundin der Antragstellerin diese Verrichtungen sicherstellt. Denn der Leistungsempfänger hat Anspruch auf existenzsichernde Leistungen auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und muss sich nicht auf Dauer auf Hilfeleistungen Dritter verweisen lassen.
Ob ein endgültiger Anspruch auf Gewährung eines Darlehens wegen der Rückstände nach § 22 Abs. 8 SGB II besteht, braucht der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend zu entscheiden.
Nach § 22 Abs. 8 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (§ 22 Abs. 8 S. 4 SGB II). Wegen der vergleichbaren Notlage bei Energierückständen für sonstigen Haushaltsstrom, der als Teil des Regelbedarfs eigentlich nicht den Unterkunftskosten zuzuordnen ist, können auch Energieschulden im Rahmen des § 22 Abs. 8 SGB II übernommen werden (LSG NRW Beschluss vom 19.09.2013 – B 7 AS 1591/13 B ER; Beschluss vom 18.07.2012 – L 7 AS 1256/12 B ER Beschluss vom 15.06.2012 – L 19 AS 728/12 B ER; Beschluss vom 13.05.2013 L 2 AS 313/13 B ER; Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011 § 22 Rn 193 m. w. N.; Boerner in Löns/Herold-Tews, 3. Aufl. 2011 § 22 Rn 125 m. w. N.). Die Sperrung der Energieversorgung ist eine Notlage, die die Bewohnbarkeit der Wohnung beeinträchtigt und die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Sicherung der Unterkunft i.S.v. § 22 Abs. 8 S. 1 SGB II indiziert. Ist die Sperrung nicht nur angekündigt, sondern bereits durchgeführt, entspricht dies drohender Wohnungslosigkeit i.S.v. § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II (LSG NRW Beschluss vom 25.06.2013 L 7 AS 765/13 B ER; Beschluss vom 13.05.2013 L 2 AS 313/13 B ER). Das Jobcenter kann dann die Gewährung eines Darlehens zum Ausgleich der bestehenden Schulden beim Energieversorger nur in atypischen Fällen ablehnen (Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 244).
Nach summarischer Prüfung ist danach die darlehensweise Übernahme gerechtfertigt.
Der Antragsgegner erbringt für die Antragsteller laufende Leistungen nach § 22 Abs.1 SGB II. Dem Grunde nach kommt eine darlehensweise Übernahme der Schulden in Betracht. Die Übernahme der aufgelaufenen Schulden ist im Sinn von § 22 Abs. 8 SGB II objektiv geeignet, die Energieversorgung wieder herzustellen und prognostisch gesehen dauerhaft zu sichern. Die bestehende Notsituation kann durch die darlehensweise Übernahme der Leistungen behoben werden, so dass die Wohnung wieder bewohnbar wäre. Zudem ist ein vierjähriges Kind betroffen, bei dem zwischenzeitlich auch eine gesundheitliche Beeinträchtigung festgestellt worden ist, so dass nach Ansicht des Senats bei der hier gebotenen summarischen Prüfung Verschuldensgesichtspunkte – der Hinweis auf die Belehrung im Rahmen der Darlehensgewährung im August 2011 – im Rahmen der Ermessensausübung regelmäßig zurücktreten müssen.
Schonvermögen, dass die Antragsteller gem. § 22 Abs. 8 S. 3 SGB II vorrangig zur Behebung der Notlage einzusetzen hätten, besteht nach dem derzeitigen Sachstand nicht. Nicht abschließend klären lässt sich im Rahmen des Eilverfahrens, ob die darlehensweise Übernahme der Schulden im Sinn von § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II endgültig gerechtfertigt ist. Dies wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein. In Betracht kommt die Schuldenübernahme nur, wenn diese objektiv geeignet ist, die Energieversorgung (dauerhaft) zu sichern und die Leistungsberechtigten die zumutbaren Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft haben. Ob die Antragstellerin die ihnen zumutbaren Möglichkeiten zur Selbsthilfe (vgl. hierzu LSG NRW Beschluss vom 20.08.2012 – L 2 AS 1415/12 B ER; Beschluss vom 18.07.2012 – L 7 AS 1256/12 B ER; Beschluss vom 16.04.2012 – L 19 AS 556/12 B ER; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 13.03.2012 – L 2 AS 477/11 B ER; LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 13.01.2012 – L 3 AS 233/11 B ER; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.09.2011 – L 14 AS 1533/11 B ER; Beschluss vom 05.08.2011 -L 5 AS 1097/11 B ER m.w.N.; Berlit a.a.O. § 22 Rn. 194) ausreichend ausgeschöpft hat, kann bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht abschließend beurteilt werden. Allerdings ist derzeit nicht ersichtlich, welche weiteren Selbsthilfemöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Die S AG hat eine Ratenzahlungsvereinbarung ausgeschlossen. Nach der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin hat sie erfolglos versucht, sich das Geld zur Begleichung der Stromschulden zu leihen. Zudem hat der Antragsgegner keine Alternativen aufgezeigt oder der Antragstellerin, wie nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats notwendig, mit Rat und Tat zur Seite gestanden (vgl. hierzu LSG NRW Beschluss vom 14.08.2013 – L 7 AS 1143/13 B ER). Der Verweis darauf, dass die Rückzahlung der Stromschulden selbst geregelt werden müsse, reicht nicht aus.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Leistungsberechtigte hinsichtlich rückständiger Energiekosten stets auf zivilgerichtlichen Eilrechtsschutz verwiesen werden darf. Denn nach der Rechtsauffassung mehrerer Zivilgerichte ist der Energieversorgungsträger zu einer Wiederaufnahme der unterbrochenen Energieversorgung erst dann verpflichtet, wenn zuvor die gesamten rückständigen Energiekosten getilgt worden sind (vgl. zur zivilrechtlichen Rechtslage Gotzen, ZfF 2007, S. 248, 249 f.). Zudem entbindet eine Mitwirkungsobliegenheit des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach der Rechtsprechung des Senats (LSG NRW Beschluss vom 15.10.2012 L 7 AS 1730/12 B ER) den Grundsicherungsträger nicht von seiner in § 17 SGB I begründeten Förderungspflicht. Der Grundsicherungsträger muss dafür Sorge tragen, dass dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur die Mitwirkung abverlangt wird, die objektiv und subjektiv zumutbar ist.
Andere Einzelfallumstände, die eine Schuldenübernahme klar als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen würden, sind nicht erkennbar. Insbesondere vermag allein die Tatsache, dass die Antragstellerin die Entstehung der Rückstände möglicherweise zu einem nicht unerheblichen Teil selbst verursacht hat und diese sich über einen langen Zeitraum summiert haben, einer Schuldenübernahme nicht entgegenzustehen. Die Übernahme von Schulden ist nicht allein bei wirtschaftlich unvernünftigem (vorwerfbarem) Verhalten des Leistungsberechtigten abzulehnen. Die Regelung des § 22 Abs. 8 SGB II liefe sonst leer, weil Schulden im dort genannten Sinn in aller Regel auf ein Fehlverhalten des Leistungsberechtigten zurückzuführen sind (BSG Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 58/09 R – Rn. 31). Für einen absichtlichen Leistungsmissbrauch, der die Übernahme der Schulden möglicherweise als missbräuchlich erscheinen lassen würde, bestehen vorliegend jedenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Letztendlich hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass jedenfalls im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den erkennenden Senat keine andere Möglichkeit für die zukünftige Sicherstellung der Versorgung mit Strom außer der Inanspruchnahme eines Darlehens nach § 22 Abs. 8 SGB II besteht.
Ohne die beantragten Leistungen drohen der Antragstellerin und den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen existentielle Nachteile, die sie aus eigener Kraft nicht abwenden können. Demgegenüber hat der Antragsgegner "nur" finanzielle Nachteile zu gewärtigen, wenn die Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren nicht durchdringen sollten. Von ausschlaggebender Bedeutung war für den Senat auch die Mitbetroffenheit des vierjährigen Antragstellers sowie die Gesichtspunkte, dass die Antragstellerin wohl tatsächlich innerhalb eines Jahres eben entgegen der Rechtsauffassung des SG gerade nicht in der Lage war und ist, "als Personenberechtigte die Versorgung des Antragstellers sicherzustellen" und dass die Bewohnbarkeit der Wohnung garantiert werden muss.
Da der Antrag in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg hat, war der Antragstellerin für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren (§§ 73a SGG, 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Im Prozesskostenhilfe – Beschwerdeverfahren werden Kosten nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 09.04.2014
Zuletzt verändert am: 09.04.2014