Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 26.02.2007 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme von Kosten in Höhe von 748,47 EUR im Zusammenhang mit dem Einzug in eine neue Wohnung.
Der Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin seit dem 01.01.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Diese wies ihn mit Schreiben vom 24.04.2006 darauf hin, dass die Unterkunftskosten für die Wohnung D-straße in Höhe von 311,06 EUR unangemessen seien. Angemessen sei eine Miete von 247,85 EUR. Soweit die Aufwendungen den angemessenen Umfang überstiegen, könnten sie als Bedarf nur solange berücksichtigt werden, als es dem Antragsteller noch möglich oder nicht zuzumuten sei, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate. Bis 31.10.2006 könnte maximal die bisherige Miete im Rahmen der Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende berücksichtigt werden. Über dieses Datum hinaus könne grundsätzlich nur noch die angemessene Miete als Bedarf anerkannt werden.
Mit Schreiben vom 20.09.2006 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, zur Senkung seiner Unterkunftskosten beizutragen bzw. Hinderungsgründe anzugeben. Ab 01.11.2006 könne nur noch die angemessene Miete berücksichtigt werden. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 12.10.2006 stimmte die Antragsgegnerin dem Umzug des Antragstellers in die neue Wohnung T-straße in E zu.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 16.11.2006 beantragte der Antragsteller u.a. die Übernahme von Renovierungskosten für die neue Wohnung, ohne diese Kosten näher zu beziffern. Erforderlich seien ein Tapezieren der Wände, ein Streichen des Holzwerkes, ein Teppichboden sowie der Einbau einer Spüle. Des Weiteren beantragte der Antragsteller die Übernahme der Mietkaution sowie die Übernahme von Umzugskosten.
Am 05.12.2006 hat er vor dem Sozialgericht Duisburg (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem er zunächst begehrt hatte, die Antragsgegnerin zu verurteilen, eine Zusicherung für Aufwendungen wegen Renovierungskosten, Kaution von 350,00 EUR und Umzugskosten anlässlich des bevorstehenden Umzugs zu geben.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2006 hat der Antragsteller eine Material- und Kostenaufstellung für die Wohnungsrenovierung überreicht, die eine Gesamtsumme von 748,47 EUR auswies. Auf diese Aufstellung (Bl. 17 der Gerichtsakte) wird konkret Bezug genommen.
In einem Erörterungstermin vor dem SG am 23.02.2007 haben sich die Beteiligten hinsichtlich der Leistungen Mietkaution und Umzugskosten im Wege einer vergleichsweisen Regelung geeinigt und das Verfahren insoweit für erledigt erklärt.
Der Antragsteller hat anschließend noch beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Kosten für die Renovierung der Wohnung T-straße in Höhe von 748,47 EUR vorläufig bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag vom 16.11.2006 zu erstatten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, dass Kosten für eine Wohnungsrenovierung aus dem Regelsatz zu bestreiten seien.
Durch Beschluss vom 26.02.2007 hat das SG die beantragte einstweilige Anordnung erlassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund als Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung glaubhaft gemacht worden seien. Soweit der Antragsteller die Übernahme der Kosten für eine Küchenspüle mit Spültischarmatur in Höhe von 109,98 EUR, ein Duschstangenset für 29,90 EUR und einen Spiegelschrank für das Bad für 36,99 EUR begehrt, ergebe sich sein Anspruch aus § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Hiernach könnte einmalige Beihilfen für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gewährt werden. Derartige Leistungen seien nicht von der Regelleistung erfasst. Zu den Erstausstattungen zählten alle Einrichtungsgegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig seien und die dem Hilfebedürftigen ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichten. Eine Erstausstattung komme in zeitlicher Hinsicht in Betracht bei einer Erstanmietung einer Wohnung, aber auch dann, wenn ein notwendiger Einrichtungsgegenstand oder ein Haushaltsgerät in der bisher bewohnten Wohnung nicht vorhanden sei. Im Gegensatz hierzu sei der Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf aus der Regelleistung zu decken. Ausweislich der glaubhaften Erklärung des Antragstellers im Erörterungstermin sei davon auszugehen, dass die in seiner bisherigen Wohnung vorhandene Küchenspüle sowie der Spiegelschrank im Eigentum des Vermieters stünden, so dass es sich bei der von ihm beantragten Leistung nicht um einen Erhaltungsaufwand oder eine Ersatzbeschaffung handele. Diese Gegenstände gehörten auch zu den nach den herrschenden Lebensgewohnheiten üblichen Einrichtungsgegenständen. Hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Renovierungskosten ergebe sich ein Anordnungsanspruch aus § 22 Abs. 1 S. 1 SBG II. Nach dieser Norm würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Die angemessenen Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II umfassten nicht nur die laufenden Kosten, sondern auch einmalige Aufwendungen, die mit Bezug, Unterhaltung und Wechsel der Unterkunft zusammenhingen. Der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch sei nicht bereits durch die Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II abgegolten.
Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und die einmaligen Leistungen in den §§ 22 und 23 SGB II seien zwar so ausgestaltet, dass mit dem allgemeinen Regelsatz alle kleineren Schönheitsreparaturen in einer Wohnung abgegolten seien. Im Regelsatz sei auch ein Anteil für Instandhaltungs- und Renovierungsaufwendungen enthalten. Indessen handele es sich im vorliegenden Fall nicht um einen derartigen Bedarf, da dieser durch die Notwendigkeit beim Einzug in die neue Wohnung geprägt sei und zudem den Umfang kleinerer Schönheitsreparaturen übersteige. Die vom Antragsteller in seiner mit Schriftsatz vom 23.12.2006 eingereichten Kostenaufstellung enthaltenen Aufwendungen seien angemessen und sozialleistungsrechtlich gerechtfertigt. Ausgehend von der Größe der Wohnung ergäben sich keine Zweifel daran, dass sie vom Antragsteller realistisch kalkuliert seien und sich im Rahmen der bei einem Einzug notwendigen Renovierungsarbeiten halten würden. Der Antragsteller habe auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er stehe im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Somit stünden ihm keine weiteren laufenden Einkünfte oder Vermögen zur Verfügung, welche für den geltend gemachten Bedarf eingesetzt werden könnten. Der Antragsteller habe bereits seit November 2006 Miete für seine bisherige Wohnung nicht mehr vollständig und ab Januar 2007 gar nicht mehr zahlen können. Es sei ihm zwar gelungen, eine Verlängerung eines Mietvertrages für seine bisherige Wohnung bis Ende April 2007 zu erreichen, es sei jedoch nicht zu erwarten, dass sich seine finanzielle Situation in diesem Zeitraum so verbessert, dass er aus eigenen Mitteln die Renovierung durchführen könne. Im Übrigen seien die Leistungsbezieher nach dem SGB II regelmäßig nicht in der Lage, die Kosten für eine Einzugsrenovierung durch Ansparungen aus den Regelsatzleistungen rechtzeitig aufzubringen. Die Antragsgegnerin gewähre grundsätzlich nach dem Hinweis an die Leistungsbezieher, dass die Kosten der bisherigen Wohnung unangemessen hoch seien, die tatsächliche Miete noch für 6 Monate. In diesem Zeitraum seien die Leistungsbezieher nicht in der Lage, Rücklagen für eine notwendige Einzugsrenovierung, die regelmäßig mehrere 100,00 EUR betrage, aus den Regelsatzleistungen anzusparen.
Gegen diesen, ihr am 06.03.2007 zugestellten, Beschluss hat die Antragsgegnerin am 16.03.2007 Beschwerde eingelegt. Der gleichzeitig gestellte Antrag, die Vollziehung des Beschlusses auszusetzen, ist durch Beschluss des Vorsitzenden vom 04.04.2007 abgelehnt worden. Daraufhin hat die Antragsgegnerin den Betrag in Höhe von 748,47 EUR an den Antragsteller ausgezahlt.
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Antragsgegnerin vor, dass weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht sei. So gehöre ein Duschstangenset zum Preis von 29,90 EUR, ein Spiegelschrank fürs Bad für 36,99 EUR, Teppichböden und Einviertelstäbe für insgesamt 350,83 EUR sowie Gardinenhalter und Laufschiene zum Gesamtpreis von 34,28 EUR nicht zum notwendigen Lebensunterhalt. Die Renovierungskosten und die Anschaffungskosten für die Küchenspüle hätte der Antragsteller durch Ansparungen aus den Regelsatzleistungen aufbringen können. Dies ergebe sich bereits daraus, dass er mindestens 6 Monate vor dem eigentlichen Umzug durch die Antragsgegnerin darüber informiert worden sei, dass ein Umzug erforderlich sei. Ab diesem Zeitpunkt sei es dem Antragsteller durchaus möglich gewesen, sich auf die ihn wahrscheinlich belastenden Kosten anlässlich des vorzunehmenden Umzugs vorzubereiten und Rücklagenzuweisung zu bilden. Im Übrigen bleibe festzustellen, dass das SG pauschal sämtliche vom Antragsteller geltend gemachten Ansprüche als Renovierungskosten eingestuft habe. Es seien aber bezüglich der Einzelnen Gegenstände unterschiedliche rechtliche Erwägungen einzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 26.02.2007 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er bezweifelt die Zulässigkeit der Beschwerde vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin die zuerkannte Summe mittlerweile gezahlt habe. In der Sache hält er die Ausführungen des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
II.
Die Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 22.03.2007) ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin im Hinblick darauf, dass sie ihrer Verpflichtung aus der einstweiligen Anordnung nachgekommen ist und den Betrag in Höhe von 748,47 EUR an den Antragsteller ausgezahlt hat. Die Antragsgegnerin bei diesem Verfahrensstand auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (so das LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.10.2006 – L 10 B 654/06 AS ER -, allerdings in einem Fall, in dem ein Aussetzungsantrag nach § 199 Abs. 2 SGG nicht gestellt wurde), würde ihre Rechtsposition unzulässig beschränken. Denn bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung im Beschwerdeverfahren wäre der Antragsteller unmittelbar nach allgemeinen Prozessrechtsgrundsätzen verpflichtet, der Antragsgegnerin den gezahlten Betrag zu erstatten (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller, § 87 b SGG Rz. 22 und 49, unter Bezug auf BSG, BSGE 63, S. 74; vgl auch LSG Sachsen, Beschluss vom 27.07.2006 – L 3 B 300/05 AS-ER). Solange der Antragsteller Leistungen nach dem SGB II bezieht, wäre ein solcher Erstattungsanspruch zwar schwerlich durchsetzbar. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Antragstellers nicht bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens fortbestehen muss. Die Möglichkeit der Durchsetzung eines Erstattungsanspruches bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens ist ausreichend, um ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin für die Beschwerde zu bejahen.
Die Beschwerde ist indes unbegründet. Das SG ist im Ergebnis zu Recht davon ausge-gangen, dass bezüglich des zuerkannten Betrages von 748,47 EUR sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund vorliegen. Mit dem SG sieht der Senat jedenfalls dem Grunde nach einen Anspruch des Antragstellers auf eine einmalige Beihilfe für die Erstausstattung einer Wohnung (§ 23 Abs. 3 S. 2 SGB II) als gegeben an. Auch die Auffassung des SG, dass einmalige Aufwendungen, die mit dem Bezug, der Unterhaltung und dem Wechsel der Unterkunft zusammenhängen, insbesondere also auch Renovierungskosten, nicht durch die Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II abgegolten, sondern zu den nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II erstattungsfähigen Unterkunftskosten zu zählen sind, teilt der Senat. Der ausführlichen und überzeugenden Begründung des SG schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung in vollem Umfang an. Dieses Ergebnis entspricht auch den in Schrifttum und Rechtsprechung überwiegend vertretenen Meinungen (vgl. zum Problem der Erstaustattung nur Behrend in jurisPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 23 Rz. 79 ff. mwN.; zum Problem der Renovierungskosten Piepenstock in jurisPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rz. 36 mwN.)
Zuzugeben ist dem Antragsgegner, dass das SG den Betrag aus der Material- und Kostenaufstellung des Antragstellers vom Dezember 2006 übernommen und alle Positionen pauschal entweder als Aufwendungen für Erstausstattungen oder aber als Renovierungskosten beurteilt hat. Diese Vorgehensweise hält der Senat im einstweiligen Anordnungsverfahren jedoch für zulässig. Das Anstellen unterschiedlicher rechtlicher Erwägungen bezüglich aller Positionen einer umfangreichen Kostenaufstellung hält der Senat jedenfalls dann für entbehrlich, wenn die Gesamtsumme, wie im vorliegenden Fall, plausibel ist und Kosten, die typischer Weise mit einer Renovierung und Neueinrichtung einer Wohnung zusammenhängen, nicht eklatant übersteigt. Denn das Einstweilige Rechtsschutzverfahren soll nach seinen Sinn und Zweck das Hauptsacheverfahren nicht in allen Einzelheiten vorweg nehmen. Außerdem ist der Rechtsgedanke des § 287 Abs. 2 ZPO heranzuziehen. Danach kann das Gericht nach freier Überzeugung über die Höhe einer Forderung entscheiden, wenn die vollständige Aufklärung aller hierzu maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Dies ist hier der Fall, wobei ergänzend berücksichtigt werden muss, dass es sich bei der Kostenaufstellung des Antragstellers um eine Schätzung der anfallenden Kosten und noch nicht um eine konkrete Kostenabrechnung handelt.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 22.06.2007
Zuletzt verändert am: 22.06.2007